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Der vierte Drahtseilakt
Oliver Hartmann zählt ohne Zweifel zu den
gefragtesten deutschen Musikern im Rock- und
Hard Rock-Bereich, denn sowohl als Gitarrist
als auch als Sänger zählt er zu den Besten
seines Faches. Mit seiner eigenen Band
HARTMANN veröffentlicht er dieser Tage das
vierte reguläre Studioalbum mit dem Titel
Balance, zu dem wir mit ihm das nachfolgende
Interview für euch geführt haben.
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AOR Heaven Newsletter 06-2012
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Das letzte HARTMANN-Album “3” kam bereits
2009 auf den Markt. Warum hat der Nachfolger
solange auf sich warten lassen? Lag das an
deinen diversen Tour-Verpflichtungen, u. a. mit
AVANTASIA und ROCK MEETS CLASSIC?
„Das hat mit Sicherheit eine Rolle gespielt. Durch die
beiden Tourneen und andere Projekte war die Arbeit
am neuen Album immer wieder unterbrochen und
so ist das Songwriting im Prinzip in verschiedenen
Etappen gelaufen. Letztendlich war das für uns
allerdings sogar von Vorteil, denn einerseits hatten
wir absolut keinen Zeitdruck, das Album fertig stellen
zu müssen, und andererseits hatten wir zeitlich immer
wieder ein bisschen Abstand zu den bereits fertigen
Songs, was der nötigen Objektivität dient, um zum
Beispiel Arrangements oder andere Feinheiten noch
mal zu überarbeiten. Wir hatten diesmal am Ende
auch einige Songs mehr im Kasten als auf das Album
passten, also sind auch wirklich nur die aus unserer
Sicht besten Tracks auf Balance gelandet.“
Wann habt ihr das Songmaterial für den neuen
Longplayer geschrieben? Sind die Stücke
schon während deiner diversen Tourneen
entstanden oder bist Du jemand, der nicht so
gerne on the road an Songs schreibt?
„Nachdem das letzte Album „3“ im Kasten war, habe
ich erstmal ein sogenannte kreative Pause eingelegt,
da aufgrund der anstrengenden Produktion der Akku
einfach ziemlich leer war und ich danach eben auch
mit vielen anderen Dingen beschäftigt war. Mit
dem Songwriting speziell für HARTMANN habe ich
dann im Herbst 2010 wieder angefangen. Natürlich
hatte ich auch während den beiden Touren einige
Songideen, die ich dann aber nur grob auf meinen
Laptop festgehalten habe, da man unterwegs einfach
nicht die Zeit hat, um sich richtig in eine Song
hineinzudenken, was für mich aber extrem wichtig ist.
Wenn ich einen Song schreibe, bin ich auch durchaus
mal tagelang mit nichts anderem beschäftigt und
quasi geistig und musikalisch in meinem Studio
abgetaucht, was auf Tour aber natürlich nicht geht.“
Das neue Album Balance erscheint über das
noch relativ junge Label Avenue Of Allies. Wie
kam dieser Deal zustande?
„Das letzte Album ist ja erstmals auf meinem eigenen
Label Sonic11 Records rausgekommen. Einerseits
hatten wir dadurch zwar die volle Kontrolle über die
Produktion, die Promotion und alles andere, aber ich
musste auch feststellen, dass dabei natürlich das
Eigentliche, nämlich das Musikmachen, immer weiter
in den Hintergrund tritt und man einfach wesentlich
mehr mit dem Geschäftlichen zu tun hat als mit dem
Musikmachen an sich. Also haben wir uns letztlich
doch entschlossen, wieder im konservativen Sinne
bei einem Label unter Vertrag zu gehen, um einfach
wieder mehr Zeit für die Musik zu haben. Ich glaube,
wir haben mit Avenue Of Allies diesbezüglich auch
einen wirklich tollen Partner gefunden, der voll hinter
dem steht, was wir tun. Zudem ist es für uns auch neu,
ein Management zu haben, wobei aber alles, was
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an Entscheidungen ansteht, immer in gegenseitiger
Absprache passiert und uns vieles erleichtert.“
Das letzte Album „3“ setzte teilweise auf
etwas ruhigere und auch etwas modernere
Töne. Balance verfolgt hingegen wieder den
Stil der ersten beiden Scheiben „Out In The
Cold“ und „Home“. Habt ihr eine bewusste
„Kurskorrektur“ vorgenommen?
„Eigentlich überhaupt nicht. Wir haben einfach
da weiter gemacht, wo wir mit 3 aufgehört haben.
Natürlich klingt jedes Album etwas anders, aber das
ist ja auch gut so, denn wir wollen ja eben keinen
Einheitsbrei abliefern um auf Nummer sicher zu
gehen. Einige Songs auf dem letzten Album waren
um einiges härter als man es von uns gewohnt ist,
z. B. “I Won’t Get Fooled Again”, “Broken Down oder
Brothers, das Duett mit Tobias Sammet. Aber es
waren einfach richtig gute Songs und deshalb wollten
wir sie auf dem Album haben. Balance ist insgesamt
wieder etwas melodischer ausgefallen, was ich
aber nicht als Kursänderung sehe und auch keine
bewusste Entscheidung von uns war, sondern einfach
bei Songwriting automatisch so entstanden ist. Das
Moderne im Sound ist, denke ich, immer noch da und
es ist uns auch wichtig, genau das beizubehalten, da
es, wie ich finde, ein wichtiger Teil von HARTMANN
ist.“
Was hat es mit dem Albumtitel „Balance“
auf sich? Ist er eine Anspielung darauf, dass
ihr mit dem neuen Album euer stilistisches
Gleichgewicht (wieder)gefunden habt?
„In gewisser Weise hat es damit natürlich auch
etwas zu tun. Mit jedem Album haben wir bis jetzt
auch stilistisch und musikalisch einen Schritt nach
vorne gemacht und so empfinde ich es auch für
das neue Album. Es hat in sich eine bestimmte
Ausgewogenheit und ein gutes musikalisches
Gleichgewicht, auch was die Auswahl der Songs
betrifft. Bei der Suche nach einem geeigneten Namen
kam unser Gitarrist Mario Reck auf Balance und nach
kurzem Überlegen hielten wir es eigentlich alle für
den absolut perfekten Titel. Daneben spielt aber auch
eine Rolle, dass es im Leben einfach darum geht, das
richtige Gleichgewicht für sich selbst zu finden. Das
Leben ist oft ein ständiges Auf und Ab und bildlich
gesprochen auch manchmal ein Drahtseilakt, bei
dem man letztendlich nur mit einer gewissen inneren
Balance weiter vorwärts kommt. In Song Dance
On The Wire“ geht es wiederum um jemanden,
der immer noch auf dem Seil tanzt, obwohl schon
alles um ihn herum am Wackeln ist oder gar schon
zusammenbricht – also quasi ein Traumtänzer, haha
Euer langjähriger Keyboarder Jürgen Wüst wird
in der Pressemitteilung zum neuen Album nur
noch als Gastmusiker aufgeführt. Hat er sich
aus der fixen Bandbesetzung verabschiedet?
„So sieht es aus. Er hatte aufgrund von
verschiedensten Bandprojekten einfach kaum mehr
Zeit, speziell auch was das Touren und Livespielen
anbelangt, und so mussten wir dann leider ab Mitte
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2010 letztendlich ganz auf ihn verzichten. Das ist
natürlich einerseits wirklich schade, zumal Jürgen
auch ein hervorragender Sänger ist, aber mittlerweile
hat sich bei uns alles sehr gut auf eine Vier-MannBesetzung eingegroovt. Unser Drummer Dario hat
in der Zwischenzeit auch live viele Chorparts und
zweiten Stimmen übernommen und macht da bei
HARTMANN einen riesigen Job! Ein paar Keys auf
dem neuen Album stammen noch von Jürgen, z. B. bei
„Fall From Grace“; bei einigen anderen Songs habe
ich selbst gespielt. Auf dem Track „After The Love Is
Gone“ hat Xaver Fischer, ein Wahnsinns-Keyboarder
aus Köln, der auch schon mit vielen bekannten Acts
unterwegs war, noch ein paar Spuren eingespielt.“
Bei den Backgroundgesängen wirst Du
auf Balance tatkräftig von Tiffany Kirkland
unterstützt, die euch auch schon beim
Handmade-Album begleitet hat. Was schätzt Du
an ihrer Stimme und wird sie euch bei künftigen
Liveauftritten ebenfalls begleiten?
„Tiffany ist eine tolle Sängerin, die ich schon seit
Jahren kenne und sehr schätze. Sie hat neben
Handmade auch bereits für Home einige Chöre
beigesteuert und so auch diesmal wieder. Zuletzt
waren wir sogar wieder live zusammen unterwegs,
allerdings nicht mit HARTMANN sondern bei ROCK
MEETS CLASSIC. Bei HARTMANN gehört sie nicht
zum normalen Live-Line-up, aber wir werden im Juli
noch mal eine spezielle Liveshow im UnpluggedFormat machen, bei der dieselbe Besetzung wie bei
der „Handmade“-DVD am Start ist, d. h. auch mit
Tiffany und, was uns sehr freut, ebenfalls mit Jürgen
Wüst an den Keyboards.“
Einer meiner Lieblingssongs auf dem neuen
Album ist die schöne Ballade After The Love
Is Gone. Kannst Du uns ein wenig mehr über
dieses Stück erzählen?
„Das Stück ist auch einer meiner Favoriten auf dem
Album, insofern ich das selbst überhaupt sagen kann.
Es geht letztendlich um eine gescheiterte Beziehung,
bei der einem der Partner irgendwann wie ein
Fremder vorkommt. Trotz allem bleibt natürlich immer
etwas aus der Vergangenheit hängen, weshalb man
den anderen dann auch eventuell auch nach dem
Beenden einer Beziehung trotzdem vermisst. Man
weiß aber eben nie, wie die Gefühlswelt danach
genau aussieht und davon handelt der Song.“
Das für mich herausragende Stück ist die
Ballade From A Star, die aus der Feder von
Bassist Armin Donderer stammt. Da hat er einen
echten Geniestreich geleistet, oder?
„Ein super Song, da gebe ich Dir absolut Recht. Er hat
sich bei dieser Produktion auch noch wesentlich mehr
ins Songwriting eingeklinkt als vorher, worüber ich
sehr froh bin, und mit From A Star“ eine tolle Ballade
geschrieben, die auch stilistisch wie die Faust aufs
Auge zu HARTMANN passt.“
Das Album enthält mit Shout die Coverversion
eines alten TEARS FOR FEARS-Klassikers.
Warum habt ihr euch ausgerechnet an diese
Nummer gewagt? Sie gefällt mir ausgesprochen
gut, unterscheidet sich aber doch sehr deutlich
vom Rest des Albums!?
„Die Version von Shout schlummert schon sei einigen
Jahren bei uns in der Schublade, eigentlich schon
seit Home, nur wollte sie bisher nicht so recht auf
eines unserer Alben passen. Wir haben den Song, der
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übrigens einer meiner Favoriten aus den Achtzigern
ist, für Balance“ dann aber noch mal überarbeitet
und sind mit dieser Version jetzt eigentlich genau da
gelandet, wo wir hin wollten. Sie steht irgendwie für
sich und passt dennoch gut zu dem, was wir sonst mit
HARTMANN machen und bisher gemacht haben.“
Auch auf Handmade hattet ihr mit John Miles
Music bereits eine Coverversion am Start. Was
macht für euch den Reiz aus, eine Coverversion
aufzunehmen? Und an welchen Song würdest
du dich gerne mal heranwagen bzw. welchen
würdest du aus Ehrfurcht nie wagen zu covern?
Music war vor der Produktion von Handmade auch
schon mal als Studioversion im Gespräch, aber da ich
beim besten Willen nicht weiß, was man da besser
oder anders machen könnte, haben wir’s gelassen,
haha… In der Unplugged-Version für die DVD war es
ein toller Song, weil es gut geklappt hat, das Ganze
akustisch umzuarrangieren und damit einen ganz
eigenen Charme bekommen hat. Der Song begleitet
mich live seit fast 20 Jahren und es ist für mich
immer noch ein Highlight ihn mit HARTMANN ab
und an zu singen und zu spielen. Ansonsten muss bei
einer Covernummer generell irgendwie der Reiz da
sein, den Song in ein neues, aber für dich passendes
Gewand zu stecken. Ein guter Song bleibt auch
denke ich immer ein guter Song, d. h. egal in welcher
Version man ihn spielt, aber manche Titel kann man
eben wie schon gesagt nicht wirklich besser machen,
deshalb muss man sich gut überlegen, an was man
sich wagt.“
Habt ihr bereits konkrete Pläne um Balance
auch live vorzustellen? Wann und wo können
wir mit euch rechnen?
„Wir sind neben einigen einzelnen Liveterminen
im Frühjahr und Sommer gerade in der Planung für
eine größere Supporttour im August, aber Näheres
kann ich noch nicht sagen. Auf jeden Fall arbeiten
wir gerade daran, in der Zukunft einfach mehr live
unterwegs zu sein als in der Vergangenheit und vor
allen Dingen auch über die Grenzen von Deutschland
hinaus. Mal sehen was kommt. Wir sind auf jeden
Fall selbst gespannt!“
Die US-Band KAMELOT ist aktuell auf der
Suche nach einem neuen Frontmann. Sie
sind, genauso wie du, sehr eng mit Produzent
Sascha Paeth verbunden, außerdem würdest
Du auch stimmlich sehr gut zu ihnen
passen. Gab es vielleicht irgendwelche
„Transferverhandlungen“?
„Es gab über Sascha Paeth, der ja auch dieses
Album wieder gemischt hat, da durchaus Kontakt
aber keine Verhandlungen, da es für mich nicht
wirklich interessant wäre, in die Fußstapfen eines
Sängers zu treten, der für eine Band das absolute
Aushängeschild war und eigentlich nur mehr als
schwer zu ersetzen ist. Das war bei MASTERPLAN
ähnlich. Außerdem möchte ich mich neben allen
anderen Sachen, die mache, auch einfach mehr auf
Hartmann konzentrieren, was bei Bands in dieser
Größenordnung einfach nicht mehr ginge. Und ich bin
eigentlich ganz zufrieden mit dem was ich tue und so
soll’s auch bleiben.“
Interview by Marco Spaeth
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