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Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Liebe Leserinnen und Leser, es ist meine traurige und betrübende Pflicht, euch mitzuteilen, dass es sich bei dieser Ausgabe, die ihr jetzt in den Händen haltet, um die letzte Ausgabe des Distelblatts handelt. Nach so vielen Jahren, in denen das Distelblatt nicht nur die Oberstufe, sondern die gesamte Schülerschaft, mit vielen Artikeln, Reportagen, Kommentaren, News und vielem mehr versorgt hat, kommt jetzt das Aus. Im Laufe der letzten Jahre hatte sich die Redaktion immer weiter verkleinert bis sie zuletzt auf einen Minimumstand von vier Redakteuren gesunken ist, von denen zwei nach Ablauf dieses Schuljahres die Schule verlassen. Zwar haben sich auf die vielen Aufrufe vor kurzem fünf Schüler aus der 7c gemeldet, die Interesse am Projekt Schülerzeitung haben und auch schon in dieser Ausgabe vertreten sind, doch es fehlt noch ein Betreuungslehrer für nächstes Halbjahr und es mangelt an einem Layouter und an einem geeigneten Chefredakteur. Leider ließ sich für diese drei wichtigen Posten noch kein Ersatz finden und so wird wohl der Schule in der nächsten Zeit etwas wichtiges, die Schülerzeitung als Medium der Schüler, verloren gehen. Da uns die Geschichte lehrt, die Hoffnungn nicht aufzugeben, wollen wir einmal annehmen, dass es vielleicht bald zu einer Neugründung oder Wiederbelebung der Schülerzeitung am MPG kommen wird – ein paar wenige Redakteure gibt es noch. Und vielleicht gibt es auch irgendwann wieder das Interesse. Freundliche Grüße Christian Griesinger Chefredakteur Distelblatt 2 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 2 Vorwort 3 Inhalt 4 zur Schulklingel + Distelclick 5 über Handys 6 der große Krieg 7 Die Hellermannschen Gesetze 9 DVD TIPP: MEMENTO 11 Spieletipp: Black and White 12 Rächtschreibfeeler! 14 Spieletipp: die Sims 2 15 Der Große KULI-TEST 20 2 Berichte aus der 13 27 Der Sinn des Lebens 28 Gott ja! oder Gott nein! ? 30 Was passiert mit unseren Altkleidern? 31 Reihe: Rettet uns 32 zum Rhetorikwettbewerb 33 die Gewinnerrede des Rhetorikwettbewerbes 3 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Schulinterne Ansage: Kommentar zur Abschaffung des Klingelzeichens kurzen Pause daran erinnert werden, dass sie nun wieder zurück in die Klassen müssen. Aber das Beste kommt ja noch, denn da das Klingeln nach den Stunden auch abgeschafft wurde, können die Lehrer nun die Stunde beenden, wann sie wollen. Dadurch wird die Fünf-Minuten-Pause verkürzt und wertvolle Minuten der Freizeit der Schüler vergeudet. Doch Gott sei Dank ist uns das erlösende Geräusch nach der sechsten Stunde geblieben. Doch was können die Schüler schon gegen den Entschluss der höheren Gewalt am MPG tun? Klar, wir könnten einen Streik anzetteln, aber das würde das Vorurteil bestätigen, dass die Klingel Aggressionen aufbaue. Also müssen wir uns der Entscheidung beugen und können nur hoffen, dass irgendwann unsere heiß geliebte Klingel zurückkommt. Jeder kennt es, dieses nervige, viel zu laute, ohrenbetäubende, aber immer wieder gern gehörte Klingelzeichen. Und nun sollte der beste Freund des Schülers für immer verschwinden. Aber warum? Wer hat denn die Schüler aus ihrem Tiefschlaf geholt, wenn der Unterricht mal wieder stinklangweilig war, und wer hat denn den Schülern immer ein Zeichen gegeben, dass der Lehrer nun kommt und dass nun die noch zu erledigenden Hausaufgaben weggepackt werden müssen? Genau - es war unsere gute alte Klingel! Doch da sie angeblich Aggressionen fördere, musste sie weg. Aber, als ob dass nicht genug wäre, bleibt das Klingelzeichen nach der Pause erhalten (Satz?????). Aber gerade hier können Aggressionen entstehen, wenn die Schüler nach der viel zu DISTELCLICK (www …) Hier ein paar interessante und auch lustige Seiten und Chat-Rooms aus dem Internet, die wir euch empfehlen können: Bambussratte.de Hier gibt’s lustige Sachen zu sehen und zu machen Witzigste Seite im Internet Lustich.de Hier findet man Daten über alle bekannten Leute Weltchronic.de Wikipedia.de ICQ5 Habbohotel Hier kann jeder seine Informationen zu einem bestimmten Thema abladen Größter und bekanntester Chat-room Nicht so bekannter Chat-room, wo man mit seinem eigenen Männchen in einem Hotel herumläuft gesamte Seite: Johannes Recht 4 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 FKKFKKFurchtbar Konservative Kirche Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, ich möchte ein paar Worte zu jenen summenden, vibrierenden und sündhaft teueren Geräten, die ihr „Handys“ nennt, loswerden: Ihr glaubt diese Geräte wurden erschaffen, um die Göttin der Telekommunikation „Vodafonis“ zu beschwören, um an jeder Ecke ein Wort mit Freund oder Feind reden und um den Götterboten Hermes um den Transport eurer sinnlosen Buchstabenkombinationen, die ihr „SMS“ nennt, zu bitten. die wissen wollen, wie ihr es mal wieder geschafft habt, mit eurem Handy 472 €uro unters Volk zu jubeln. Wenn die Ausreden wie „ Gestern Nachmittag ist das Festnetztelefon bei uns ausgefallen, und ich konnte meinen Freund in Tokio nur via Handy anrufen“ wie üblich nicht greifen, müsst ihr eine Tracht Prügel über euch ergehen lassen oder noch schlimmer: arbeiten. Nachdem ihr dann einen Monat lang eure Finger beim Abwasch mit den Essensresten von anderen Leuten verdreckt habt, geht das Ganze von vorne los. Mein Rat: Lasst die Finger von diesem Hokus Pokus, oder wenn ihr schon ein „Handy“ habt, trennt euch davon. Werft es einfach aus dem nächsten Fenster heraus. Lasst die Finger von allen Telefonen und unterhaltet euch einfach, wie früher, mit Zurufen (bei Entfernungen über 100 Meter empfehle ich eine anständige Mikrofonanlage). Guten Tag. Nein, sind sie nicht! Sie wurden von dem Satan und seinem Nebenmann Jambaes im Auftrag raffgieriger Mobilfunkkonzernchefs geschaffen. Wenn ihr euch ein solch harmlos aussehendes „Handy“ kauft, wisst ihr nicht, welche Gefahren da drin stecken: Viele von diesen „Handys“ haben eine Fotokamera. Mit ihr fangt ihr die Seele eures Freundes oder Feindes ein und schickt sie per „MMS“ zu einem anderen Freund oder Feind. Doch Jambaes hat sich auch etwas einfallen lassen: Er macht auf Sendern wie MTV oder VIVA Reklame - Computerprogrammierte Männchen, die auf eurem Handydisplay herumspringen und irgendeinen Blödsinn singen. Jambas saugt euch so das Geld aus eurem Sparschwein, Sparstrumpf oder wo auch sonst ihr es immer aufbewahrt. Und das Schlimmste: Einmal im Monat hört ihr einen Schrei nach eurem Namen. Das sind eure Eltern, Pfarrer Braun (alias Raphael Zinsgen, 7c) FKKFKK Furchtbar Konservative Kirche 5 Der große Krieg Heute gehen wir in die Zukunft und zwar 1000 Jahre. Wir begeben uns in die Sicht eines Menschen, der diesen Krieg miterlebt hat... Obwohl beide Städte sich dessen Es war ein warmer Sommertag, aber bewusst war, hörten sich nicht auf, man merkte, dass es Herbst wurde, zu kämpfen. Als Bevelle ihre die ersten Blätter fielen und ein stärkste Maschine einsetzen wollte, frischer Wind wehte mir ums verfinsterte sich der Himmel. Ich Gesicht. Vor wenigen Wochen erst spürte die Angst in meinen Gliedern war der Bürgermeister Kaharien in zucken und auch die anderen Retardo zu Besuch gewesen. Dabei verspürten Angst. Aus dem Meer hatte es einen schweren Streit stieg plötzlich eine riesige Welle. gegeben, jedoch wusste niemand, Diese stieg aus dem Meer und wurde worum es ging. In dieser Zeit war in zu einer Kugel, in der sich etwas unserer Welt namens Jeon der aufhielt. Ehe ich mich versah, kam beliebteste Sport Blitzball. Und wie eine Energiewelle auf den Strand zu es der Zufall wollte, war ich der und tötete auf einen Schlag Starspieler der Retardo Abes. Bei mindestens 1000 Soldaten. Da ich dem Meisterschaftsspiel gegen die mich hinter einem Felsen versteckt Kaharian Beasts fing der Krieg an. hatte, traf mich die Welle nicht. Die Zuschauer aus Kaharien Nach dieser Massentötung bewegte zündeten eine Flarebombe, die alles sich die Wasserkugel Richtung in der Umgebung in sich hinein zog. Retardo. Plötzlich wurde mir übel, Bei diesem Ereignis wurden so viele ich übergab mich und sank zu Menschen verletzt und getötet, dass Boden. Drei Stunden später wachte eine Woche später an den Grenzen ich auf. Ich lag im Verletztenzelt, in schon der Krieg tobte. Auch ich einem Bett. Ein Arzt kam zu mir und musste an die Front, um zu kämpfen. sagte: „Ich muss ihnen mitteilen, In der ersten Woche bereits starben dass Retardo zerstört wurde!“ bis zu 500 Leute. Zuerst wurde mit Mich durchfuhr eine Wut und ich leichten Maschinen gekämpft, doch schrie. „Aaaa!“ Nach diesem Schock da der Krieg kein Ende nahm, hatte ich mich, wie durch ein wurden die Maschinen immer Wunder, erholt und trat die stärker, bis auf beiden Seiten Rückreise nach Retardo an ... Maschinen waren, die ganz Jeon zu vernichten drohten. …Fortsetzung folgt… …unter der Voraussetzung, dass ihr [die Leser] aktiv werdet und euch für ein Wiederauferstehen einer Schülerzeitung engagiert! Tobias Wagner Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Die Hellermannschen Gesetze Die Hellermannschen Gesetze stellen ein Beweisverfahren für die Einsteinsche Formel E=mc² dar. Sie wurden durch den berühmten Physiker Hellermann zusammengestellt, der mir freundlicherweise seine Manuskripte hinterließ. 1. Gesetz: Das Stimmungsgesetz Für die Stimmung S von Schülern gilt das Hopfsche Axiom. Es gilt einfach, also braucht man sich auch keine Gedanken darüber zu machen: ∞ 1 sinh( x ) n (1 + ) n ] + sin 2 ( x ) + cos ²( x) − ∑ ( ) × cosh n +1 ( x) × 2 1 − tanh ²( x ) S = ln[lim n →∞ n n =0 sinh(2 x ) 2. Gesetz: Das Motivationsgesetz Ferner gilt nach der Ogorschen Motivationsfeldtheorie für die Motivation eines Schülers Folgendes: m= Sk log(Tk − Tr ) Tk ist die Körpertemperatur die Raumtemperatur der Klasse. Die des Schülers, Tr Konzentrationsfähigkeitsvariable k gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Schüler alle von ihm geforderten Aufgaben korrekt und konzentriert löst. Es gilt daher für k folgende Einschränkung: 0 < k < 1. 3. Gesetz: Das Weg-Zeit-Gesetz Die Schülerkraft K eines Schülers ist proportional zu seiner Masse ms, proportional zum Quadrat der Entfernung d seines Hauses zur Schule, antiproportional zu seiner Schulzeit und seiner täglichen Unterrichtszeit (ts und tu) und sie abhängig von der Schulzischen Konstanten. K= s × ms × d ² kg × m² t s × tu s² Die durchschnittliche tägliche Unterrichtszeit beträgt 6 × 45 × 60 Sekunden, die durchschnittliche Schulzeit 13 × 365 × 24 × 60 × 60 Sekunden, während die mittlere Entfernung der Schüler zur Schule ungefähr 5 Kilometer beträgt. s × ms × 5² × 10 6 kg × m² s × ms × 10³ kg × m² = 6 × 45 × 60 × 13 × 365 × 24 × 60 × 60 s ² 265659264 s ² Die einheitslose universelle Schulzische Konstante beträgt 2,390933376 ×10 22 . ⇒K= Daraus ergibt sich für die Schülerkraft: K= 2,390933376 × 10 25 kg × m² kg × m² kg × m² kg × m² × ms = 9 ×1016 × ms = (3 *108 )² × ms = c ² × ms 265659264 s² s² s² s² Wie wir sehen, ergibt sich aus der mittleren Schul- und Unterrichtszeit sowie der mittleren Schüler-Schule-Entfernung und der universellen Schulzischen Konstante die Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat. Die Herleitung der Schulzischen Konstante erfordert Kenntnisse höherer Mathematik, daher sei hier auf einschlägige Fachliteratur verwiesen. 4. Gesetz: Das Kraft-Energie-Gesetz Gemäß dem nicht mehr zu beweisenden Griesingerschen Dogma gilt K + M = E (Schülerkraft + Motivation = Energie). Der mathematisch Interessierte stellt fest, dass gemäß den Gesetzen 1 und 2, M = 0 Geltung hat. ⇒ E = K ⇔ E = ms × c ² 7 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Somit ist dank der hervorragenden Arbeit der Physiker im Dürrenmattschen Sinne Griesinger, Hopf, Ogor und Schulz die Relativitätstheorie endgültig bewiesen worden. Anwendung von E = mc² Wir wenden nun einmal die Formel E=mc² an, um die Praxisnähe der Einsteinschen Theorien zu beweisen. Möchte man nun die Masse des allseits beliebten Physikers Maximilian Hopf, bekannt durch das Hopfsche Axiom, verdoppeln, so muss man ihn - gemäß Formel - erst einmal auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Die dazu benötigte Energie berechnet sich wie folgt, wenn man einmal Hopf auf 60 kg schätzt: E = 60 × 9 ×1016 kg × m² kg × m² = 5,4 × 1018 s² s² Jetzt, da Hopf sich mit Lichtgeschwindigkeit im Teilchenbeschleuniger bewegt, wird jedes bisschen Energie in erhöhte Masse umgewandelt. Um schließlich die Masse zu verdoppeln, muss man noch einmal die oben berechnete Energie aufwenden, also E = 1,08 × 1019 kg × m² . Dieser Wert war einfach zu berechnen, s² doch man hat leider noch keine Vorstellung davon, wie viel Energie das eigentlich ist. Dazu möchte ich hier ein paar Vergleichswerte aus dem Alltag zitieren. Die selbe Kraft braucht man, um einen Wasserwürfel mit der Kantenlänge a = 3 10,8 ×1015 km = 3 10,8 ×10 5 km = 221,04km um einen Meter pro Sekunde² zu beschleunigen. Dieser Wasserwürfel würde übrigens Polen mit einer Höhe von 34,538 km bedecken und Malta mit einer Höhe von 34.219,654 km, was dem 3.880fachen der Höhe des Mount Everest entspricht. Man bräuchte ungefähr 5,4 ×1016 Citröen Berlingo HDI, die alle gleichzeitig Maximalkraft liefern, um diese doch recht große Menge an Energie zu liefern. Eine ebenfalls recht große Menge Geld benötigt man, um dem Citröen-Konzern die ganzen Autos abzukaufen. Bei einem durchschnittlichen Lieferpreis von 15.000 Euro müsste man 8,1×10 20 Euro aufwenden wofür ein Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Nettoverdienst von 2500 Euro monatlich circa 2,7 ×1016 Jahre arbeiten müsste, was das 415.384.615,4fache der Zeitspanne ist, vor der die Dinosaurier ausstarben. Bei dieser Rechnung wurden jedoch die steigenden Spritkosten nicht mit berücksichtigt. Damit man endlich die Masse Hopf verdoppeln kann, müsste jeder Bundesbürger ungefähr 10 Billionen Euro beisteuern. Betrachtet man den aktuellen Schuldenstand Deutschland von ungefähr 1.457.160.000.000 Euro, also 1,45716 ×1012 Euro, dann sieht man, dass das Ziel zwar noch in weiter Ferne liegt, aber unter dem richtigen Finanzminister schon in wenigen Jahren realisiert werden kann. Man kann also sagen, dass dieses unglaublich wichtige und äußerst wünschenswerte Ziel, Hopfs Masse zu verdoppeln, schon bald nicht mehr Utopie sein wird. Christian Griesinger 8 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Der DVD-Tipp MEMENTO Hallo liebe Leser und Leserinnen, zur wahrscheinlich und dann natürlich leider letzten Ausgabe des Distelblatts (mit dieser Ausgabe halten Sie übrigens schon die 57. Ausgabe in den Händen) möchte ich Ihnen noch ein letztes Mal ein absolutes Glanzstück der neueren - wenn nicht der gesamten - Filmgeschichte präsentieren: es geht um den Ausnahmethriller „Memento“. „Memento“ ist bereits der zweite Film des englischen Regisseurs Christopher Nolan (geboren 1970). Nolans neuster Film ist der Blockbuster „Batman Begins“. Sein erster Film „Following“ bezieht seine Stärke genau wie „Memento“ aus seiner außergewöhnlichen und neuen Handlung. Der Plot von „Memento“ stammt nebenbei noch aus einer Novelle von Christopher Nolans Bruder Jonathan Nolan, weswegen man sich fragt, ob Filme eines filmemachendes Brüdergespanns immer so gut werden wie zum Beispiel die der Coen Brüder (Fargo, The Big Lebowski). Doch nun zurück zu „Memento“ und zu seiner genialen Besetzung: Die Hauptrolle übernimmt Guy Pearce (The Time Machine), der als guter Cop in „L.A. Confidential“ durch seine spitzen Gesichtszüge sehr kühl rüberkam, in „Memento“ passt eben dieser etwas kühle Aspekt bestens zum Charakter des Exversicherungsermittlers Leonard Shelby. Der zweite große Name wird wohl den meisten Lesern bekannt sein, da es sich um die Schauspielerin Carrie-Anne Moss handelt, die sich, wir schauen alle auf unser Matrix Plakat, als taffe Trinity an der Seite ihres geliebten Neos durch Matrix I bis III prügelte. Carrie-Anne Moss spielt die Rolle der geheimnisvollen Natalie und auch sie wirkt emotional etwas distanziert. Das etwas lustigere und lockere Gegengewicht dazu bildet Joe Pantoliano als der nette aber ebenfalls geheimnisvolle Teddy. Nun, wer ist Joe Pantoliano? Wir schauen erneut auf unser Matrix Plakat und sehen überrascht, dass Pantoliano den fiesen und gemeinen Verräter mimt. Diese drei Personen stehen primär im Vordergrund und wir sehen, dass die Rollen zwar nicht mit den ganz großen Hollywood-Topstars, aber dennoch mit großen Namen besetzt sind. Schauspielerisch befindet sich dieser Film also schon mal auf einem sehr hohen Niveau. Aber was bedeutet eigentlich der Filmtitel: „Memento“? … Dieses Wort haben wir doch alle schon irgendwo mal gehört… Richtig! „Memento mori!“, so lautet der lateinische Spruch, der da übersetzt bedeutet: „Bedenke, dass du sterben wirst!“. Außerdem finden sich Teile des Wortes „Memento“ auch im englischen 9 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Wort „memory“ wieder, welches man im Kontext des Filmes „Memento“ wohl am besten mit Erinnerung beziehungsweise Erinnerungsvermögen übersetzt. Denn in unserem Film geht es um den ehemaligen Versicherungsermittler Leonard Shelby, der nach dem Vergewaltiger und Mörder seiner Frau sucht um Rache zu nehmen. Klingt vielleicht nach einem düsteren Rachethriller mit viel Gewalt und ohne Gnade. So würde es vielleicht auch sein, wenn Leonard Shelby seit dem Mord an seiner Frau nicht sein Kurzzeitgedächtnis verloren hätte und sich nur noch Dinge in einem zeitlichen Rahmen von zwei bis fünf Minuten am Stück merken kann, dann alles wieder vergisst und praktisch wieder von vorne anfängt. Die einzigen Erinnerungen, die ihm geblieben sind, sind die vor dem Tod seiner Frau und das Wissen, dass sie Tod ist und dass er sie rächen muss. Jetzt klingt die ganze Aktion plötzlich unmöglich, doch Leonard hat ein System entwickelt: er macht sich Berge von Notizen, macht Fotos von seinen „Bekannten“, seinem Auto, seinem Wohnort und besonders wichtige Dinge und Fakten zur Aufklärung des Mordfalls lässt er sich auf seinen Körper tätowieren. Mit diesem, nicht gerade kleinen, Handicap ermittelt Shelby nach dem Täter. Mehr oder weniger zur Seite stehen ihm seine Freunde oder auch nicht Freunde (man vergisst es ja ständig) Natalie, eine Bedienung und Teddy, über dessen Machenschaften wir erst später erfahren. Allein dieser Inhalt ist schon außergewöhnlich, jedoch die Präsentation desselbigen ist absolut genial: die Handlung des Films wird nicht wie gewöhnlich vorangetrieben, sie wird erst einmal in zwei Handlungsstränge unterteilt, der eine in Farbe, der andere in Schwarz/Weiß. Beide Handlungsstränge wechseln sich gegenseitig ab. Die Handlung in Farbe beginnt in der Gegenwart und führt von da an kontinuierlich in die Vergangenheit. Der Strang in Schwarz/Weiß beginnt in einem Hotelzimmer und führt in die Zukunft. Wir haben also zwei Handlungsstränge, die einmal farbig und einmal nicht farbig sind, die sich abwechseln und die auf der Zeitachse gegeneinander laufen. Wenn dass jetzt in irgendeiner Art und Weise verwirrend für Sie klingt, dann ist das erstens verständlich und zweitens von Regisseur Nolan so gedacht. Viel mehr kann ich leider nicht verraten, sonst müsste ich den Enthüllungen und Wendungen, die diesen Film ausmachen, schon zu weit vorgreifen und würde damit den filmischen Genuss zunichte machen. Als Fazit bleibt mir noch zu sagen: Wer von sich behauptet, einen guten Filmgeschmack zu haben, darf diesen Film nicht verpassen und wird ihn lieben! DVD Facts: Drehbuch und Regie: Christopher Nolan Darsteller: Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano Die Bonus-DVD bietet zwar üppige, aber keine umwerfenden Specials Lauflänge ca. 109 Minuten Farbe; S/W deutscher und englischer 5.1 Ton ab 16 Jahren Doppel-DVD sollte für 10 Euro zu haben sein (gesehen bei Media Markt) Peter Lames 10 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Gott sein – voller Güte oder abgrundtief böse? Endlich gibt es die Fortsetzung des hochgelobten Spiels „Black & White“ von Peter Molyeux und Ron Millar. Schlüpfe in die Rolle eines mächtigen Gottes, der dank eines Gebetes in die einst so idyllische Welt Eden zurückkehrt, um die Griechen vor den Azteken, die mit aller Gewalt versuchen, das Land an sich zu reißen, zu schützen. Mit Hilfe einer riesenhaften Kreatur, die du von nun an aufziehen, ernähren und für den Kampf rüsten musst, verschaffst du dir Respekt und Verehrung der Einheimischen und kämpfst gegen feindliche Stämme. Es ist dir überlassen, wie du das schaffst – sei es mit Liebe oder mit Gewalt. Wähle dir eine von vier Kreaturen aus, kümmere dich um sie und schicke sie in den Kampf. Erbaue riesige Städte, verwalte sie und versorge die Einwohner, da ohne sie nichts läuft. Deine Kreatur kann friedlich sein, sich um die Einwohner kümmern und bei der Rohstoffbesorgung helfen. Oder du machst sie zu einem Soldaten, mit dem du in Schlachten ziehst oder die Einwohner quälst. Alle Bilder: http://www. lionhead.com/bw2/screenshots.html Genre Echtzeit-Strategie Entwickler Electronic Arts / Lionhead Plattform PC Altersfreigabe ab 12 Jahre Spieleranzahl 1 Spieler Preis 45 Euro Website www.electronic-arts.de / www.lionhead.com Felix Daniel Busch 11 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Dumme Rächtschreibfeeler!!! Hier wieder einige alltägliche Beispiele für „kleine“ Rechtschreibpannen: Wer könnte dieses Schild aufhängen, ohne den Fehler zu bemerken? Aber das muss doch jemandem aufgefallen sein?! Genau das denkt man immer wieder, wenn man sich so durch die Rechtschreibung in der deutschen Öffentlichkeit schlägt und einen Fehler nach dem anderen entdeckt. Hier einige Highlights, die sicherlich einen Auslöser für den oben genannten Gedanken darstellen. Ob der Besitzer wohl jemals noch eine Pizza verkaufen wird, ist bei Beibehaltung dieser Werbestrategie fraglich. 12 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Hoffentlich wird man bei dieser Angelegenheit nicht allzu nass! Vielleicht sollte man bei diesem Angebot doch konservativ bleiben und bei der guten alten deutschen Bratwurst bleiben. Was man nicht alles tut, um auch mal ein bisschen kreativ zu sein, damit man sich einmal im Leben von der großen grauen Masse unterscheiden kann? Und zu guter Letzt die Entdeckung einer neuen, bisher unbekannten, aber überaus femininen Fischart: Zusammenstellung: Felix Daniel Busch 13 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Übernimm die Kontrolle für „Die Sims 2“! Der Nachfolger des Erfolgreichsten PC-Spiels aller Zeiten, der 2004 erschienen ist, kommt nun mit vielen neuen Features für die Konsolen, Handhelden und das Handy heraus! Wieder heißt es: Erschaffe deine eigenen Sims, passe die Umgebung ihren Bedürfnissen an, hilf ihnen bei der Wahl ihrer Laufbahn und erfülle ihre Wünsche. Zum ersten Mal kannst Du Deine Sims direkt steuern und mit Hilfe eines neuen, kreativen Systems, kannst Du tausende von eigenen Musikmixen, Kleidungsstücken und Rezepten das Leben der Sims etwas aufpappen. Auch das gemeinsame Spielen mit einem Freund über geteilten Bildschirm ist möglich! Die Sims 2 – jetzt neu für Konsole, Handheld und Handy! Da die Steuerung für die Konsolen anders ist, als die für PC, sind natürlich auch alle Menüs umgestaltet. Jedoch ist es nun viel komplizierter ein Haus zu bauen und den Überblick zu behalten ist schon eine Meisterleistung! Diese und weitere Mängel werden aber durch viele zusätzliche Gegenstände und Extras wieder wettgemacht. Alle Bilder: http://images.google.de/images?q=Die+Sims+2+Playstation&hl=de Genre Simulation Entwickler Electronic Arts / Maxis Plattform PS2 / GBA / Xbox / PSP / NGC / NDS / Mobile Version Altersfreigabe ohne Altersbeschränkung Spieleranzahl 1 bis 2 Spieler Preis je nach Konsole zwischen 50 und 60 Euro Website www.electronic-arts.de / www.diesims2.de Felix Daniel Busch 14 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Liebe Leser und Leserinnen, das Sprichwort: „Kost nix, is nix!“, wird euch sicher bekannt sein. Aber falls es überhaupt gilt, gilt es dann auch für Werbekulis? Um diese absolut weltbewegende und unheimlich wichtige Frage nach der Qualität eines Werbegeschenkkugelschreibers zu beantworten, testet das Distelblatt acht Kulis in den Kategorien: Komfort des Gehäuses, Komfort der Mine, Design, Qualität und Größe der Mine. Wer also wissen will, welche Werbekulis man dankend annehmend und welche man den Werbenden sonst wohin stecken sollte, wird an diesem gnadenlosen Enthüllungsbericht nicht vorbeikommen. Doch bevor wir mit den einzelnen Kategorien beginnen, stellen wir doch erst einmal die Kandidaten vor und geben ein paar Infos zu Aufschrift und Farbe. Der erste Kuli kommt von der LandesschülerInnenvertretung des hiesigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz und trägt die überaus provokante Aussage: „Schulkritik = Gesellschaftskritik“. Dazu gibt sich das Äußere des Kulis als eine aggressive Mischung aus Ferrarirot und Konservativschwarz … 15 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Kandidat zwei ist der Kuli mit der Aufschrift „Heizungsbau Scheibe“ und vertritt mit seinem Kulikollegen von Hornbach die Handwerkskulifraktion. Der Schreiber besteht farblich aus einer Rot-Weiß-Gelb-Komposition, wirkt aber etwas altbacken. Nicht fehlen darf Kandidat drei. Mit der „Fahrschule Horst Marx“ aus Thalfang haben wir einen Vertreter der Schulen, bei denen man noch Geld bezahlt um geprüft zu werden. Nummer vier ist der weißblaue Raiffeisenbankkugelschreiber. Der Debeka-Kuli mit der Inschrift: „Versichern - Bauplanen“, ebenfalls in weiß und blau, stellt unsre Nummer fünf dar. Schreiberling sechs ist der eben schon erwähnte Jajajabaajippijippijäi - es gibt immer was zu tun - Hornbach Kuli im hornbachtypischen Orange. Mit Stil, Charme und mit Schwarz, Gold kommt Kandidat sieben vom Trierer Bistumsblatt Paulinus daher. 16 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Der aber mit Abstand wichtigste Teilnehmer ist der weißgrüne Bierbraukuli mit dem kompromisslosen Forderung: „Bitte ein Bit“. Der spaßige Teil ist nun vorbei, kommen wir zu den Tests. In jedem Testaspekt gibt es drei Bewertungen: Minus: - ; ein Minus bedeutet: Kuli, du hast es versaut Null: 0 ; die Null kennzeichnet den Standard: Nix dolles, aber wenigstens nicht versaut Plus: + ; was das Plus heißt, könnt ihr euch selber denken erste Testkategorie: Komfort des Gehäuses. Als Gehäuse bezeichnen wir den gesamten Kuli minus die darin befindliche Mine. In dieser Kategorie achten wir darauf, wie der Kugelschreiber in der Hand liegt und wie komfortabel seine Minenaus- und einfahrfunktion umgesetzt ist. Nun gut, wenn sich alle Modelle darauf beschränken, den Kuli zur Spitze hin gleichmäßig zu verjüngen, wird man zwar bei niemandem sagen können, dass sich der Stift nicht anständig halten lässt und man deswegen jedes zweite Wort falch (dieser Rechtschreibfehler ist ausnahmsweise gewollt) schreibt. Phänomenal gut liegen diese Kulis allerdings auch nicht in der Hand und deswegen kommen fast alle Kulis mit einer langweiligen Null davon. Wenn wir hier von fast allen Kulis sprechen, nehmen wir den Schülervertretungskuli aus, da dieser mit seinem zu geringen Gewicht und den zu grob gelungenen Riffeln echt mies in der Hand liegt. Genauso unspektakulär geht es mit den „Mine-Raus“ und „Mine-Rein“Funktionen weiter. Bei den meisten ist stupides Obendraufdrücken angesagt. Lediglich unser Bitburger Kandidat setzt auf eine innovative Drehtechnik, die jedoch zu schwerfällig geraten ist und somit im Null-Bereich bleibt. Ebenfalls ein Plus verschenkt der Paulinus: das Ein- und Ausfahren der Schreibmine funktioniert zuverlässig und butterweich, jedoch der Drückkopf ist so spitz geraten, dass das Drücken ungemütlich wird. Negativ fällt der Hornbach auf, da sich der Drückknopf störend mit dem inneren Mechanismus mitdreht und zudem unzuverlässig ist, außerdem lässt sich dieser Kuli als einziger in diesem Test nicht zum Minenwechsel öffnen. Kandidat Hornbach ist also überraschenderweise unpraktikabel und handelt sich damit ein Minus ein. 17 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 zweite Kategorie: Komfort der Mine. Hier testen wir, wie gut und flüssig die Minen schreiben. Diese Kategorie war eine der schwierigsten, da sich die Unterschiede nur sehr langsam offenbaren, aber am Ende doch klar sind. Alle Kulis machen eine anständige Figur und bekommen dafür eine versöhnliche Null, der Schülervertretungskuli aber fällt mit seiner rauen und etwas schwach deckenden Schrift leicht negativ auf und bekommt ein Minus. Ein Plus dagegen bekommen der Raiffeisen und der Hornbach für ihre besonders weiche und deckende Schreibe. dritte Kategorie: Größe der Mine. Hier machen wir es uns einfach. Es gibt nur ein Minus für eine billige Minimine und ein Plus für eine generöse Supermegamonstermine. Immerhin die Hälfte der manipulativen Geschenke ist mit einer fetten Mine und damit mit einem Plus gesegnet. Auf der Heizungsbaumine steht sogar für die Ungläubigen unter uns: „Super-Großraummine“! Vielen Dank dafür. Der Rest bedient uns nur mit einer kleinen Popelmine und von uns kriegen sie dafür ein Minus. Gut, bei Hornbach können wir aus oben genannten Gründen nicht mal nachschauen, aber als Strafe dafür gibt’s dann unabhängig von der Mine ein Minus. vierte Kategorie: Qualtität. Das ist wohl das Manko bei den Gratiskulis. Überall kann man noch unsaubere Ränder, kurzlebige Plastikgewinde und abgeriebene Werbeschriften feststellen. Qualität steht also nicht im Vordergrund. Betrachtet man dieses Problem aber mit etwas Verstand, ist die Qualität eigentlich scheißegal, da man damit nicht die Welt retten muss, sondern einfach nur hin und wieder mal ein paar Worte zu Papier bringen möchte. Außerdem praktisch: Ist ein Kuli einmal kaputt oder leer, hol ich mir einfach einen neuen. Kostet ja nix. Für alle also eine Null. fünfte Kategorie: Design. Die fünfte und letzte Kategorie ist mit dem Komfort des Kulis so ziemlich das Wichtigste an einem Kuli. Denn schreiben kann jeder Kuli, dabei aber noch cool aussehen ist das weitaus schwierigere Unterfangen. Wie auch schon beim Komfort des Gehäuses erwähnt, setzt keiner der Testkandidaten auf eine extraordinäre Form, alle Teilnehmer sehen also mehr oder weniger wie ein Kuli aus. 18 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Die meisten Kandidaten machen zwar einen etwas altbacken Eindruck und sind zwar alles andere als echte Hingucker, aber weil sie nicht alle potthässlich sind, geben wir ihnen doch noch eine Null. Nur der Schülervertretungskuli sieht so lieblos und absolut undesignt aus, dass man diesem Ausrutscher durchaus zwei mal ein Minus geben könnte. Besonders hervorheben wollen wir aber noch zwei Plus-Kandidaten: Zum einen ist das der Paulinus, der mit seinem stilvollen Äußeren durchaus an teure Prollkulis erinnert und einen edlen Eindruck macht. Der zweite mit einem Plus ausgezeichnete Kuli ist der Bitburger, der allerdings nur dank seinem „Bitte ein Bit“-Spruch überzeugt, der pure Kuli ohne den Aufdruck ist dagegen lediglich eine bessere Null. Hier noch einmal eine Tabelle mit allen Ergebnissen: Griffigkeit Mine rein/raus Komfort Mechanismus der Mine Landesschüler0 vertretung Heizungsbau 0 0 0 Fahrschule 0 0 0 + Raiffeisenbank 0 0 Debeka 0 0 0 + Hornbach 0 Paulinus 0 0 0 Bitburger 0 0 0 Größe der Mine - + + + + Qualität Design 0 - 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 + + Das kleine Fazit: Als Gewinner dieses enorm aufwendigen und teuren Tests steht nun der Kuli … fest. Gut, wir geben es zu: der Test ist zu undifferenziert um genau einen Gewinner küren zu können. Raiffeisenbank, Paulinus und Bitburger sind mit jeweils zwei Pluspunkten gleich auf. Dafür einen herzlichen Glückwunsch. Das Einzige, was man aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass der Schülervertretungskuli, auch wenn er für uns gedacht ist, richtig versagt hat und voller Schmach, als hässlichstes Exemplar seiner Gattung gebrandmarkt, nach Hause gehen muss. Das große Fazit vom Fazit zum großen Kulitest: Wer nun einen Gewinnerkuli besitzt, darf sich freuen, wer einen anderen Kuli hat, kann mit dem weiterschreiben, wer einen Schülervertreterkuli hat, hat verloren und ist ein Versager, kann aber auch damit weiterschreiben. Das Testteam, bestehend aus dem Typen, der am Ende der Seite unten rechts steht, verabschiedet sich und freut sich auf das nächste Mal, wenn es wieder heißt: Teste das, was jeder schon hat, im Grunde aber niemand braucht! Auf Wiedersehen. Peter Lames 19 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 2 Berichte aus der 13ten Klasse Nachfolgend findet ihr zwei Artikel geschrieben von Michael Dickerhoff und Karin Bergtraum im Laufe eines Deutschprojektes bei Herrn Kornmüller. Der erste Text thematisiert die Reaktionen der Westdeutschen Bevölkerung auf den Mauerfall, während der zweite sich mit der hetigen jüdischen Gemeinde befasst. Der Mauerfall aus Sicht der Westberliner Es ist der 9. November 1989, spät abends, gegen 23.00 Uhr, als Günter Dickerhoff entspannt in seinem Auto am Flughafen Tempelhof vorbei, in Richtung Lichterfelde West fährt. Kaum ein paar Straßen weiter in östlicher Himmelsrichtung befindet sich die von Soldaten der NVA schwer bewachte Grenzanlage der Berliner Mauer und der dahinter liegende Todesstreifen. Und hier geschieht plötzlich und ganz unverhofft ein tief in die deutsche Vergangenheit und Zukunft einschneidendes Ereignis: In die Berliner Mauer wird das erste Loch geschlagen. Kurz darauf erfährt es auch Günter Dickerhoff über das Autoradio, dessen Berichterstattung nicht die volle Tragweite der Geschehnisse erfassen konnte. „Wird wohl schon nichts Weltbewegendes sein“, und er setzt die Fahrt nach Hause zu seiner Frau fort, die bereits auf seine Rückkehr vom Basketballtraining wartet. „Beinahe wöchentlich passiert irgendetwas an der Grenze. Wegen ein paar sich aufspielender Grenzsoldaten oder einer erneuten Demo verschwende ich nicht meinen Feierabend.“, meint Günter Dickerhoff. Die in der Beziehung zur Berliner Mauer hartgesottenen Westberliner lassen sich von einem kleinen Loch in der Mauer nicht so schnell beeindrucken. Schließlich hören sie häufig Meldungen über Schüsse und Tote an der Grenze, Bürger der DDR, die die Flucht in den Westen wagten. Während die Familie Dickerhoff den Abend gemütlich zu Hause verbringt, wie sicherlich die Mehrheit der Westberliner, herrscht am Brandenburger Tor Volksfeststimmung. Gerade die Westberliner, die sich unmittelbar in der Nähe des Brandenburger Tors befinden, kommen an die Grenze, um die Massen an Ostberliner Willkommen zu heißen. Diese kommen in einem einzigen riesigen Trabbi- Treck, zahlreiche auch zu Fuß, um die Grenze in den Westen zu überschreiten, der ihnen lange Zeit verschlossen blieb. Sie werden von den wenigen Westberlinern mit offenen Armen und Champagner begrüßt. Die Feier am Brandenburger Tor, der die ratlosen NVA-Grenzbeamten von Beginn an zusehen und die von der Situation und den Ausmaßen des Ereignisses sichtlich übermannt sind, dauert bis zum nächsten Morgen an. Jetzt werden durch die Morgennachrichten auch alle Westberliner über die jüngsten Geschehnisse an der Mauer aufgeklärt und man begibt sich auf den Weg zum Brandenburger Tor. Auch die großen Firmen, die in Westberlin ansässig sind, erfahren es durch die Nachrichten und entsenden zahlreiche LKWs, beladen mit Südfrüchten und Schokolade. 20 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Diese wirft man von den Wagen hinunter in die feiernde Menge. Die Menschen befinden sich in einem Freudentaumel. Auch die Familie Dickerhoff trifft am Morgen des 10. Novembers am Ort des Geschehens ein. Uschi Dickerhoff denkt bereits jetzt an die Folgen, die dieses Spektakel, was sich ihnen hier bietet, nach sich ziehen wird. Mit nüchternem Blick betrachtet sie die Tausenden Ostberliner, die dankbar und triumphierend die Geschenke des Westens annehmen. „Die glauben Westberlin wäre das Schlaraffenland. Die Lebensmittel werden von LKWs geworfen und das Geld liegt auf der Straße. Die werden noch enttäuscht sein.“ Die Vorstellung dieses „Goldenen Westens“ bestand in der DDR schon lange Zeit vor dem Mauerfall. „Wenn wir zu Verwandten in die DDR gefahren sind, haben wir grundsätzlich den ganzen Kofferraum voller Lebensmittel gehabt. Als wir dann mit unserem Auto bei unseren Verwandten geparkt haben, befand sich kurz darauf eine Traube staunender Kinder um das Auto, das sie noch nie zuvor gesehen hatten. Für unseren Besuch war alles vorbereitet, es wurde ein Festessen serviert und man nahm unsere Geschenke dankbar an. Wir waren wie Weihnachtsmänner.“ Am 10. November jedoch wird unbeachtet der Folgen weitergefeiert und Günter Dickerhoff ärgert sich, dass er nicht die Nacht zuvor zur Grenze gefahren ist um die erste Stunde der deutschen Wiedervereinigung mitzuerleben. An der Berliner Mauer wimmelt es bereits vor „Mauerspechten“. Jeder will ein kleines Stück dieses historischen Objekts als Erinnerung besitzen. Bald werden schon wie auf einem Flohmarkt an kleinen Ständen alte DDRUniformen und Abzeichen verkauft. Nach dem 10. November hält jedoch der Alltag wieder Einzug in das Leben der Westberliner. Wenige Tage später machen sich schon die Auswirkungen des Mauerfalls bemerkbar, besonders zum Ärger der Westberliner. Die Straßen in Westberlin sind verstopft mit Trabbis und die Kaufhäuser werden regelrecht ausgeplündert durch den Ansturm der Ostberliner auf die westlichen Waren. „Schon früh morgens waren die Supermärkte leergekauft und als ich abends nach dem Dienst einkaufen wollte, boten sich mir größtenteils leere Regale“, meint Uschi Dickerhoff. „Wir Westberliner sagten schon ein paar Wochen nach der Grenzöffnung im Spaß: ‚Zieht bloß die Mauer wieder hoch!’ “ Auch das Verhalten vieler „Ossis“, die nun endlich die starke Wirtschaft und den damit verbundenen Lebensstil des Westens genießen können, stört die Westberliner: „Die fühlten sich wie die Könige“. Natürlich freut man sich über den Mauerfall und die dadurch entstandene Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Im Alltag jedoch verursachen die Ostberliner im Westen nur Unannehmlichkeiten. 21 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Erst viele Wochen später kann man wieder von einem geordneten Tagesablauf sprechen. Westliche Waren werden nun auch in Ostberlin an die Kaufhäuser geliefert und der Ansturm auf Westberlin beruhigt sich allmählich. Mit großer Erwartung verfolgen die Menschen auf beiden Seiten der Grenze die politische Entwicklung und die Verhandlungen, die schließlich auf die deutsche Wiedervereinigung hinauslaufen. Nach dem Tag des offiziellen Beitritts der DDR zur BRD treten die erwarteten Konsequenzen der Vereinigung auf. Arbeitslosigkeit und die sich am Boden befindliche DDR-Wirtschaft erfordern umfangreiche Wirtschaftshilfe von der Bundesrepublik. In diesem Zusammenhang wird unter anderem der „Solidaritätsbeitrag“ von der Bundesregierung eingeführt. Quasi eine Zusatzsteuer, die den „Aufbau Ost“ finanzieren sollte. Die Westdeutschen blicken allgemein etwas unzufrieden auf diese Erhöhung der Abgaben an den Staat, jedoch zeigt man Verständnis wegen des großen Erfolgs der Wiedervereinigung. Bald aber setzt sowohl in den neuen, als auch in den alten Bundesländern eine allgemeine Phase der Enttäuschung ein. Die Ostbevölkerung erwartet von der Wiedervereinigung einen unmittelbar eintretenden und starken Wirtschaftsaufschwung, der Verbesserungen der Lebensqualität, Wohlstand und Arbeit bringt. Jedoch werden sie enttäuscht von dem harten System des Kapitalismus, in dem jeder für sich selbst sorgen muss und sich nicht auf die „Volksgemeinschaft“ verlassen kann. Eine schnell ansteigende Arbeitslosigkeit ist die Folge der Umstellung auf eine Marktwirtschaft. Die Westdeutschen erwarten wegen ihren Bemühungen und der enormen Wirtschaftshilfe einen gewissen Grad an Anerkennung und Dankbarkeit, die ihnen jedoch verwehrt bleibt. „Mit unserer Verwandtschaft in der ehemaligen DDR haben wir heute keinen Kontakt mehr.“, erzählt Uschi Dickerhoff, „jahrelang haben wir Kofferraumladungen an Lebensmittel in den Osten gefahren, da sie in der DDR nicht zu kaufen waren und nach der Wiedervereinigung muss ich mir anhören, dass damals mit der SED doch alles besser war.“ Somit bleibt die „Mauer in den Köpfen“ besonders bei vielen Westberlinern und erstaunlicherweise auch bei ehemaligen DDR-Bürgern bestehen. Toleranz und Offenheit begleiten das jüdische Leben Von den meisten Trierern unbemerkt entwickelt sich ein selbstbewusstes jüdisches Gemeindeleben. Äußerst unscheinbar steht das jüdische Gotteshaus in Triers Kaiserstrasse, denn selbst einige Trierer wissen nicht, dass das von außen so einfache Gebäude eine Synagoge ist. Erst auf den zweiten Blick und nach Heben des Kopfes erkennt man den Davidstern, welcher sich auf dem Dach der Synagoge befindet. Beim Eintreten in den Gemeinderaum werde ich von der geborenen Schweizerin Rachel Kyll begrüßt. Sie ist eine Frau mittleren Alters, welche sich neben ihrer Berufstätigkeit als 22 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 selbstständige Unternehmensberaterin ehrenamtlich für ihre Gemeinde arbeitet und sich einsetzt. Am 26. August 1956 wurde der Grundstein für die Synagoge in der Kaiserstrasse gelegt, da die alte Synagoge durch den zweiten Weltkrieg und speziell durch die Übergriffe des Hitlersregimes vollkommen zerstört worden war. Jedoch ist ein altes Element, eine Steintafel, welche die zehn Gebote darstellt, an der Wand in der Synagoge befestigt. Diese Steintafel gehört zu den wenigen Dingen, die aus der alten Synagoge gerettet werden konnte. Heute gehören 470 Mitglieder der Gemeinde Trier an, im nationalen Vergleich eine kleine Gemeinde. Viele Mitglieder stammen aus der ehemaligen Sowjetunion und haben nun die Freiheit ihre Lebens- und Gebetspraxis ohne Angst vor Verfolgung nachzugehen. Die religiöse Gemeinschaft ist autonom und wird auf nationaler Ebene durch den Zentralrat der Juden in Deutschland vertreten. Trotz der strengen und traditionsbewussten Lebens- und Gebetspraxis versucht die Gemeinde Toleranz und Offenheit zu verkörpern. Die Gemeinde pflegt Kontakte zu anderen jüdischen Gemeinden, vor allem auf Landesebene, wenn sich die einzelnen Vorstände treffen, um gewisse Anliegen zu klären, welche auf das Wohl der Gemeinde zielen. Es werden aber auch Kontakte zu christlichen Institutionen gepflegt. „ Der Kontakt nach draußen ist wichtig, um die jüdische Geschichte wie auch jüdische Bräuche präsent zu halten. Somit erhalten vor allem die jungen Gemeindeangehörigen ein Gefühl von Gemeinschaftssinn und Anerkennung ″ , berichtet Rachel Kyll. „ Durch den Kontakt nach außen zeigen sie ihren Glauben und gewinnen zusätzlich an Selbstbewusstsein innerhalb der Gemeinde dazu. ″ Rachel Kyll versucht im Gespräch zu zeigen, dass jüdisches Leben in alle Lebensbereiche eingreift. Sei es im Haushalt oder in der Gemeinde selbst, überall findet man Elemente, welche prägend für ein Leben sind, das nach jüdischem Glauben ausgerichtet ist. Hauptsächlich werden jüdische Traditionen innerhalb der Familie gelebt. „ Dies fängt schon beim Führen des Haushalts an. Den Kindern wird schon früh in der Familie beigebracht den Haushalt koscher zu führen. Dies bedeutet, dass einzelne Lebensmittel nicht zusammen gelagert werden dürfen, “ berichtet Frau Kyll. Diese Regelungen richten sich nach dem jüdischen Speisegesetz. „ Vor allem zu den Hohen Feiertagen, dazu gehört Yom Kippur, das Fest der Versöhnung im September, braucht die Gemeinde Kraft, um gemeinsam das Fasten auszuüben.“ Dieser Zusammenhalt hat oberste Priorität, er wird auch in der Unterhaltung mit Frau Kyll deutlich, denn sie spricht mit großer Freude über ihre Gemeinde und sieht den Zusammenhalt untereinander als sehr wichtig an: „ Genau dies ist ein Teil jüdischen Lebens, sich zu treffen und gemeinsam den Glauben zu zelebrieren und miteinander zu teilen. ″ „ Der jüdische Glauben versucht nicht durch Feste und Gottesdienste neue Mitglieder anzuwerben. Das Judentum ist keine missionierende Religion. Man versucht im jüdischen Leben bewusst zu leben, um sich selbst zu finden ″, erläutert Rachel Kyll. 23 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Bei dieser Selbstfindung spielt die Geschichte eine große Rolle im jüdischen Leben. Sie hilft dem Einzelnen seine Identität und seine Wurzeln zu finden. Jüdisches Leben soll nicht nur im Moment als wichtig angesehen werden, denn auch die Bräuche sind bis heute im Glauben vertreten. Um dies über Generationen vermitteln zu können, hat die jüdische Gemeinde Trier Kinderund Jugendgruppen eingerichtet. Kinder lernen dort auf eine spielerische Art den Glauben und die Tradition kennen. Somit werden sie auf ein jüdisches Leben vorbereitet. Sie entwickeln und entfalten sich innerhalb der Gemeinde und bringen sich als ein Teil der Gemeinschaft ein. Jugendfreizeiten, wie man sie unter anderem aus katholischen Institutionen kennt, finden auch in der jüdischen Gemeinde statt. Italien und Israel sind Ziele der Ferienfreizeiten gewesen. Den Kindern und Jugendlichen werden Werte und Gemeinschaftssinn vermittelt, welche sie auch für ihr weiteres Leben wichtig sein können. „ Hier erkennt und sieht man, dass jüdisches Leben überall gelebt wird. Es findet innerhalb der Gemeinschaft statt, aber auch außerhalb der Mauern der Synagoge, ″ erläutert Frau Kyll im Gespräch. Man merkt an den strahlenden Augen von Rachel Kyll, dass sie ihre Gemeinde als wichtigen Bestandteil jüdischen Lebens, aber auch ihres Lebens sieht. Dies ist auch das Schöne an dieser Religion, denn einerseits wirkt sie verschlossen und unnahbar, jedoch ist sie auf der anderen Seite aufgeschlossen und tolerant gegenüber Mitgliedern verschiedener Glaubensrichtungen. Mit der Stadt Trier steht die Gemeinde in einem engen Kontakt, denn Oberbürgermeister Helmut Schroer ist Schirmherr der israelischen Kulturtage in Trier. Das Museum in Trier plant im Jahre 2007 eine jüdische Abteilung im Gebäude zu errichten, um dem Bürger ein Stück jüdische Geschichte näher zu bringen. Trier und Umgebung waren wichtige Orte für die jüdische Bewegung im Mittelalter. Vor allem das Arye Maimon Institut an der Universität in Trier befasst sich speziell mit der jüdischen Geschichte im lokalem Raum. Toleranz und Offenheit sind das erste was einem nach dem Gespräch mit Rachel Kyll in den Kopf kommt. Die etwa zweistündige Unterhaltung hat das jüdische Leben, als ein Leben mit dem Glauben gezeigt. Beim Verlassen des Gemeinderaumes, stellt Jurastudent Daniel Bortmann, Sohn des Vorstandsvorsitzenden und ehrenamtlich arbeitendes Gemeindemitglied, den Gebetsraum, die Synagoge vor. Die Tür geht auf, doch bevor der 22 jährige den Raum betritt, zieht er sich eine vorschriftsmäßige Kopfbedeckung an, um zu zeigen, dass über ihm Gott steht. Beim Betreten des Raumes stehen links und recht braune Bänke. Jedes Gemeindemitglied hat an den Freitags- und Samstagsgottesdiensten seinen festen Platz. Der Gang zwischen den Bänken führt zu einem Art Podest, auf dem der Rabbiner oder ein Vorbeter den Gottesdienst durchführt. Eine Gemeinde braucht keinen Rabbiner, welcher den Gottesdienst abhält. Eine Min Yang ( Gruppe von 10 Männern ) kann auch den Gottesdienst halten. Der gesamte Gottesdienst wird auf Hebräisch gehalten. Am Ende des abgerundeten Raumes befindet sich ein Schrank, in dem sich hinter einem edlen blauen Vorhang, sich die Thorarollen befinden. Die feierlich verzierten Schriftrollen stammen aus den vorigen Jahrhunderten. Hebt man den Kopf, sieht man eine große Glaskuppel, in der man den dunklen und bewölkten Himmel erkennt. 24 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Beim Betreten des Raumes stehen links und rechts braune Bänke. Jedes Gemeindemitglied hat an den Freitags- und Samstagsgottesdiensten seinen festen Platz. Der Gang zwischen den Bänken führt zu einem Art Podest, auf dem der Rabbiner oder ein Vorbeter die Gebetspraxis durchführt. Die Gemeinde braucht keinen Rabbiner, welcher den Gottesdienst abhält. Eine Min Yang ( Gruppe von 10 Männern ) können auch den Gottesdienst halten. Der gesamte Gottesdienst wird auf hebräisch gehalten. Am Ende des abgerundeten Raumes befindet sich eine Schrank, in dem durch einen edlen blauen Vorhang, sich die Thora- Rollen befinden. Die feierlich verzierten Schriftrollen stammen aus den vorigen Jahrhunderten. Hebt man den Kopf sieht man eine große Glaskuppel, in der man den dunklen und bewölkten Himmel erkennt. Die Fenster unterhalb der Decke sind zum Schutz vor Übergriffen klein gehalten. Daniel Bortmann erklärt, dass sich ein Davidstern ergibt, wenn man die kleinen Fenster zusammen setzen würde. Ein Hauch von Ruhe und Harmonie umgibt den besuch. Vor allem die Ruhe bewirkt, dass man darüber nachdenkt , wie fremd und dennoch vertraut der Ort ist. Über den Glauben hinaus kann es ein Ort sein, an dem man tief in sich geht, um sich selbst zu finden. Man fühlt sich dem stressigen Alltag in einer gewissen Weise entrissen. Trotz der Kälte an diesem verregneten Tag, empfindet man sich geborgen, obwohl man sich doch in einem fremden Raum befindet. Beim Verlassen der Synagoge sieht man jüdisches Leben als Vermittler von Gemeinschaftssinn und moralischen Werten. Dies ist nicht nur wichtig für ein Leben innerhalb der Gemeinde selbst, sondern auch für ein Leben in unser Gesellschaft wichtig. 25 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 26 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Der Sinn des Lebens WARUM lebt man? Und WARUM stirbt man? In diesen traurigen Zeiten werden sich wahrscheinlich viele diese Fragen gestellt haben. Aber hat sich auch jemand diese Fragen gestellt? WARUM kommt in Amerika eine Pizza schneller als ein Krankenwagen? WARUM gibt es einen Behindertenparkplatz vor einer Schlittschuhhalle? WARUM ordern Menschen einen Double Cheeseburger, eine große Pommes und eine Cola light? WARUM gibt es Hot Dog Würstchen in einer 10er und die Brötchen nur in einer 8er Packung? WARUM können Frauen Wimperntusche nicht mit geschlossenem Mund auftragen? WARUM ist das Wort „Abkürzung“ so lang? WARUM muss man um WINDOWS zu schließen das Startprogramm öffnen? WARUM enthält Zitronensaft künstliche Aromen und das Spülmittel echten Zitronensaft? WARUM gibt es kein Katzenfutter mit Mäusegeschmack? WARUM Hundefutter `mit verbessertem Geschmack´, wer hat das getestet? WARUM werden Nadeln für die Euthanasie sterilisiert? WARUM drückt man fester auf die Tasten der Fernbedienung, wenn die Batterie fast leer ist? WARUM waschen wir unsere Handtücher, wird denn nicht angenommen, dass wir sauber sind, wenn wir uns damit abtrocknen? WARUM tragen Kamikazepiloten einen Helm? WARUM laufen Schafe bei Regen nicht ein? WARUM haben Einrichtungen, die 24 Stunden am Tag geöffnet sind, überhaupt Schlösser? Weitere Fragen, die nicht mit WARUM beginnen: Wie kamen die Schilder `Rasen betreten verboten´ überhaupt dorthin? Freuen sich Analphabeten über Buchstabensuppe? Wonach suchte der Mensch eigentlich, als er entdeckte, dass Kühe Milch geben? Woran merkt man, dass im Wörterbuch ein Wort falsch geschrieben ist? Kriegen die LIPTON-Arbeiter auch eine Kaffeepause? Denkt mal drüber nach...! Felix Daniel Busch 27 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Über den Gottesbeweis von Anselm von Canterbury Es gibt Gott - es gibt ihn nicht! Der Gottesbeweis des Anselm von Canterbury soll hier untersucht und wenn möglich widerlegt werden. heißt, die Vorstellung von Maxis Existenz und seine Existenz sind zweifelsohne größer, als nur die Vorstellung seiner Existenz. Damit gäbe es wieder ein größtes Denkbares. Jedoch hat Anselm nun eines nicht betrachtet: Und zwar ist die Existenz Hopfs und die Vorstellung, dass jemand die Vorstellung hat, dass Maxi Hopf existiert, größer als nur die Existenz und deren Vorstellung. Denn jene umfasst diese und dazu noch den, der sie hat. Auch hier hätten wir wieder ein Größtes Denkbares. Doch was ist, wenn ich die Vorstellung habe von jemandem, der die Vorstellung hat, dass jemand die Vorstellung hat, dass Maxi Hopf existiert und er existiert auch noch? Wäre dies denn nicht noch größer? Und könnte ich denn dann nicht die Vorstellung der Vorstellung der Vorstellung der Vorstellung usw. entwickeln? Dieses können wir unendlich oft durchführen und erhalten so niemals etwa, über dem nichts Größeres gedacht werden kann, denn ich kann mir immer etwas Größeres vorstellen. Es ist fast wie ein Bild, dass dasselbe Bild ins sich trägt, welches wiederum dieses Bild in sich birgt, nur dass es in diesem Fall ins unendlich Kleine und nicht ins unendlich Große geht. Also haben wir bewiesen, dass es nichts gibt, über dem nichts Betrachten wir uns den ersten Schritt des Gottesbeweises. Gott wird definiert als „etwas, über dem nichts Größeres gedacht werden kann“. Wenn es möglich wäre, zu beweisen, dass es nichts gibt, über dem nichts Größeres gedacht werden kann, dann wäre der Gottesbeweis schon an seiner Definition gescheitert. Als erstes nehmen wir an, dass es etwas gibt, das gedacht werden kann. Als Beispiel hierfür verwenden wir den Hopf. Gehen wir nun davon aus, dass Maxi Hopf existiert und vergleichen wir ihn mit allen denkbaren anderen Gegenständen und stellen wir fest, dass Maxi Hopf größer ist als alle anderen Gegenstände, so stellen wir fest, dass Maxi Hopf etwas ist, über dem Größeres gedacht werden kann. Wenn wir nun aber denken, dass alle denkbaren Gegenstände nicht mit Hopf verglichen werden können, weil Maxi Hopf diese alle umfasst, dann macht die Gesamtheit dieser Dinge in Hopf eigentlich aus, was wir denken können. Also wäre die Vorstellung von Hopf etwas, über dem nichts Größeres gedacht werden kann. Allerdings gibt es da ein Problem, das auch Anselm gesehen hat. Er hat nämlich entdeckt, dass neben der Vorstellung eines allumfassenden Maxi auch noch in Betracht gezogen werden muss, dass dieser tatsächlich existiert. Das 28 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Anhäufung von Lauten abgespeichert und versucht einen Sinn daraus zu basteln, wenn aber das Gehirn, siehe Maxi, nicht dazu in der Lage ist oder die Laute einfach keinen Sinn ergeben, wie zum Beispiel diese ganze von mir vorgetragene Hausaufgabe, dann können wir nicht von Verständnis oder Vorstellung reden, wenn man etwas gehört hat. Denn, wenn man die Worte „etwas, über dem nichts Größeres gedacht werden kann“ einem Trierer sagt, dann wird er sie wohl kaum verstehen, ganz einfach, weil er eine ganz andere Sprache spricht und nicht, weil er nicht in der Lage wäre, diesen abstrakten Begriff zu fassen. „Eppes üver dem neist mie gedaacht werde kaaan“ würde jedoch im Trierer Verstand aufgenommen werden können, dasselbe gilt für alle anderen Sprachen. „Something over wich nothing greater could be thought“ kann in Frankreich keine Sau verstehen, während „aliquid, super nihil maior potest cogitare“ hierzulande Fragen aufwirft. Der geneigte Leser mag sicherlich noch einige weitere Fehler und Ungenauigkeiten in Canterburys Gottesbeweis finden, doch hierbei sei es belassen. Größeres gedacht werden kann und damit, dass es keinen Gott gibt. Es reichte also die pure Betrachtung der Definition aus, um den Beweis zu widerlegen. Gehen wir aber spaßeshalber davon aus, dass wir diese einfache Widerlegung übersehen hätten und nehmen wir an, die Definition ist richtig, dann finden wir schon in der ersten Überlegung wieder einen Fehler. Anselm sagt, dass der Tor, der Gott leugnet, sobald er die Worte „etwas, über dem nichts Größeres gedacht werden kann“ also Gott hört, dies auch versteht, und was er hört, sei in seinem Verstande. Hier entstehen ganz einfache philologische Probleme. Wieder nehmen wir Maxi Hopf als Beispiel: Maxi Hopf las in der letzten Lateinarbeit einen Satz. In dem Moment, in dem er ihn las, hatte er ihn nach Anselm verstanden. Doch wie wir anhand seiner völlig falschen Übersetzung sehen können, hat er eben dieses nicht. Wir haben also ein ganz anderes Verständnis des Wortes „verstehen“ als der Herr Canterbury. Wenn wir jetzt unter „im Verstand haben“ etwas anderes verstehen, meinetwegen, dass der Begriff im Gehirn abgespeichert ist, so können wir aus heutiger Sicht sagen, dass dies nichts bedeutet, denn Maxis Gehirn hat eine Christian Griesinger 29 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Krasser Enthüllungsjournalismus Wo landen unsere Altkleider? Ein Thema, das ich in letzter Zeit öfters im Fernsehen gesehen habe und das mich dazu bringt zu überlegen, ob ich wirklich meine „alte“ Wäsche in Altkleidercontainer werfen soll, um damit „armen Leuten“ zu helfen. Wochenmärkten weiterverkaufen. Dabei verdienen sie in Westeuropa bis zu 5000 Euro pro Tonne und in Osteuropa und Afrika bis zu 1000 Euro pro Tonne. Und selbst das Rote Kreuz gibt nur etwa ein Zehntel der gesammelten Kleidung ins In- und Ausland weiter, da es mit legal gesammelten 600.000 Tonnen pro Jahr in Deutschland einfach zu viel wird. Der Rest wird an Reißereien weitergegeben und dort zu Putzlappen, Dämmmaterialien, Autositzpolster, usw. verarbeitet und verkauft. Ein Teil dieses Geldes fließt dann in verschiedene Hilfsprojekte. Jetzt würden viele behaupten, dass man einfach nach den Logos auf den Containern schauen kann, doch selbst das Logo bekannter Wohltätigkeitseinrichtungen garantiert keine soziale Verwendung, da die Logos von anderen Firmen gemietet werden können. Jetzt, wo die Winterzeit anfängt und die Sommerklamotten nicht mehr gebraucht werden, gehen viele Leute hin, kramen ihre Kleider zusammen, packen sie in einen Sack, werfen sie in einen Altkleidercontainer und tragen mit dem guten Gewissen: „Ich habe jetzt an die armen Leute in den Entwicklungsländern gespendet.“ ihre Wintersachen. Aber werden die Sachen wirklich in Massen mit dem Schiff oder dem Flugzeug in andere Länder versandt? Das sind doch alles Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz? Sie sollten doch alles guterhaltene Gesammelte weiter versenden, doch dem ist meistens nicht so: Die meisten von den ca. 50.000 in Deutschland zu findenden Altkleidercontainern stammen nicht von Hilfsorganisationen, sondern von Firmen, die die Kleider sammeln und sie zu eigenen Gunsten an Secondhandläden oder auf Also: Entweder ihr behaltet eure alten Klamotten oder erkundigt euch unter www.fairwertung.de, wie ihr mit euren Sachen am sinnvollsten helfen könnt. Quellen: Sendung: Galileo Zeitschrift: P.M. Felix Daniel Busch 30 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Liebe Leser und Leserinnen, normaler Weise finden Sie an dieser Stelle einen Artikel aus unserer Reihe „Rettet uns!“, in dem wir eine vom Aussterben bedrohte Tierart von seinem Elend und der Gefahr berichten lassen. Für diese spezielle Ausgabe haben wir uns entschieden, Ihnen eine ganz besondere vom Aussterben bedrohte Gattung vorzustellen: Hallo, mein Name ist Distelblatt und ich gehöre zur Gattung der Schülerzeitungen. Das ist in der Tat eine schlimme Begebenheit, denn ich, beziehungsweise die Gattung der Schülerzeitung und im speziellen Fall die Art der Distelblätter stirbt aus! Das mag auf den ersten Blick schockierend wirken und klingen. Auf den zweiten Blick wirkt es ebenso schockierend. Ich, also das Distelblatt, existiere schon seit 57 Ausgaben und nun soll auf einmal die 57. Ausgabe die letzte von mir sein? Eure intellektuelle Henkersmalzeit sozusagen? So leid es mir tut und so gerne ich weiterhin mit Artikeln von engagierten Redakteuren zu einem mit bis zu 44 Seiten gefüllten Heft in Schwarz auf Weiß hergestellt werden und erscheinen würde, ist meine Zeit gekommen abzutreten. Doch nicht unbedingt ich sterbe aus, sondern mein Herz, mein Inhalt, meine Essenz, meine Redakteure sterben aus. Vor zehn Jahren war ich eine richtige Schülerzeitung: über 15 Schüler aus allen Klassen, Kursen und Stufen waren an meiner Entstehung beteiligt und an meinem Wohl interessiert. Außerdem lag meine Auflage 1995 bei über 600 Ausgaben. Die Auflage wurde sogar auf 700 erhöht, damit auch alle dazu gewillten Schüler eine Ausgabe erwerben konnten. Dann begann das große Aussterben: Redakteure sprangen ab oder verließen mit dem Abitur in der Tasche diese Schule und der Nachwuchs blieb aus. Irgendwann wurde ich nur noch von neun Redakteuren gefüllt, dann von sechs, dann nur noch fünf und dann sprang meine letzte weibliche Redakteurin ab. Ich muss erkennen, dass nicht ich aussterbe, sondern die Leser und Käufer sterben aus, die interessierten Schüler, diejenigen, die wissen wollen, die Macher! All jene sterben aus und ich verende wie eine Tierart, um die sich keiner kümmert. Deswegen bitte ich euch: rettet mich, rettet eure eigene Schülerzeitung. Die Redaktion gehört euch. Meine weißen Seiten warten nur darauf mit euren scharfsinnigen und bissigen, die kleinen und großen Fehler der Lehrer, der Schule und der Welt aufdeckenden Berichten gefüllt zu werden. Lasst mich nicht aussterben. Wenn ich Arme hätte würde ich eine traurige CD einlegen. Wenn ich dann noch Ohren hätte würde ich diese auch vernehmen. Und wenn ich Augen hätte würde ich bitterliche Tränen der Resignation und des Abschieds weinen. Ich danke euch, also meinen Lesern für euer Interesse und ich hoffe, dass es mich bald wieder gibt, denn Hoffnung kann nicht aussterben. das Distelblatt 31 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Die Teilnahme am Rhetorikwettbewerb des Rotary Club Trier Wie auch in den letzten Jahren veranstaltete der Rotary Club Trier einen Rhetorikwettbewerb für die Gymnasien in Trier. Jedes Trierer Gymnasium durfte bis zu zwei Schüler zu diesem Wettbewerb der Worte entsenden und so schickte das Max-Planck-Gymnasium meine Wenigkeit ins Rennen, um die 400 € Preisgeld für den Redner und die 500 € Fördermittel für die Schule zu erkämpfen. Dank der exzellenten und kompetenten Vorbereitung durch Frau Winter und Herrn Kornmüller gelang es mir, mich gegen die vier anderen Redner, allesamt weiblichen Geschlechts, durchzusetzen und den Titel heimzubringen. Doch dies war nicht der erste Erfolg für das Max-Planck-Gymnasium bei diesem Wettbewerb, so gewann bereits letztes Rebecca Haubrich diesen Preis und weitere zwei Jahre zuvor Johannes Aumüller. Man muss sagen, dass dieser Wettbewerb nicht nur eine ausgezeichente Chance bietet, sein Taschengeld aufzubessern, sondern auch Erfahrungen im Bereich des öffentlichen Auftretens und SichPräsentierens zu sammeln. Es lohnt sich also an dem Wettbewerb teilzunehmen, denn man gewinnt auf jeden Fall – wenn vielleicht nicht einen der Geldpreise, dann doch Wissen, Erfahrung und Selbstbewusstein. Darum alle 11er und 12er: Sprecht doch mal Frau Winter an und fragt sie wegen einer Teilnahme im nächsten Schuljahr. Sie wird euch sicherlich gerne auf den Wettbewerb vorbereiten! Christian Griesinger 32 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 Titel (Rede Rhetorikwettbewerb) ?? Sehr verehrtes Publikum, an diesem Abend werden Sie, meine Damen und Herren, nicht nur Zuschauer und Betrachtende sein, sondern zugleich auch Kritiker einer neuen Inszenierung des vielleicht wichtigsten Werkes in deutscher Sprache, Goethes „Faust“. Sie wird in den folgenden Stunden eine Aufführung erwarten, der folgende Fragen zu Grunde liegen: 1. Warum soll man so alte Stücke wie den Faust immer wieder auf die Bühne bringen? 2. Kann uns heute noch etwas an diesem Werk interessieren und wenn ja, was? 3. Warum eine Neuinszenierung und nicht eine erneute Aufführung? Am einfachsten ist die letzte Frage zu beantworten. Wie wir es in der Physik gelernt haben, gibt es kein Ereignis, dem nicht ein anderes Ereignis vorausgegangen wäre, es gilt also das Prinzip der Kausalität - mit anderen Worten, es muss für diese Neuaufführung auch Gründe gegeben haben. Der erste Grund ist schnell genannt: Die drei anfänglichen Fragen zu stellen und vielleicht sogar zu beantworten war meine eigentliche Absicht, jene wunderbare Geschichte erneut und diesmal anders auf die Bühne zu bringen, als es bislang üblich war. Doch es gab noch einen zweiten Grund: Als ich das Stück zum ersten Mal las, als ich noch jung war und in der Schule, da zog mich der Konflikt von Faust und Mephistopheles gleichsam magisch in seinen Bann. Ihr Gegeneinander, ihr Miteinander, ihr seltsames Katz- und Mausspiel ließ mich seitdem nicht mehr los. Die Faszination für das Stück, die mich seit meiner Jugend ergriffen hatte, musste ich in irgendeiner Weise auch ausleben. Was wäre da besser geeignet, meine Damen und Herren, als eine eigene Inszenierung? Um nun die zweite Frage zu beantworten, was dieses Stück heute noch interessant macht, möchte ich Ihnen zuerst beschreiben, welche Gedanken ich mir während meiner Schulzeit über den Faust gemacht habe. Nach ein paar Wochen des Nachdenkens reifte in mir allmählich der Gedanke, dass dieses enorme Spannungsverhältnis zweier so unterschiedlicher Charaktere nicht einfach nur Nebensache, Nebenhandlung sein kann. Ich suchte nach einer Erklärung für das gegenseitige Ausspielen von Faust und Mephisto, dieses Streben nach Überwältigung und Ausnutzung des Widerparts, dieses Versuchen, den jeweils anderen sich untertan zu machen. So suchte ich nach Bestätigung für mir inne wohnende Vermutungen und dachte sie, mit Hilfe zweier Analogien, gefunden zu haben: Beide finden sich in der griechischen Antike. In der griechischen Philosophie um etwa 300 vor Christus, trafen zwei gegensätzliche Gedankenströmungen aufeinander. Der Hedonismus des Epikur 33 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 auf der einen Seite und die Stoa des Zenon von Kition auf der anderen. Während Epikur das Lustprinzip vertrat und den Genuss des Lebens propagierte, stand im Mittelpunkt des stoischen Strebens die Tugend, insbesondere das Streben nach Erkenntnis. Hier erkennt man unschwer die Positionen des stoischen Faust und des hedonistischen Mephisto. So wie sich beide ethisch-philosophischen Positionen unterscheiden, so unterscheiden sich die beiden Antagonisten der faustischen Tragödie, und doch sind beide Positionen aus ein- und demselben Geist entstanden, dem menschlichen Geist. Die zweite Analogie besteht aus den beiden gegensätzlichen Kunsttrieben der antiken griechischen Kultur, welche Friedrich Nietzsche in seinem Werk „Die Geburt der Tragödie“ treffend beschrieb: In der griechischen Kultur standen sich zwei unterschiedliche Kunsttriebe gegenüber, das Apollinische und das Dionysische. Der eine Trieb, repräsentiert duch den Gott Apollon, den Gott der Weisheit, der Selbsterkenntnis und des Maßes, stand für eine Kunst, die sich aus dem Traum des Individuums heraus ergab und Ausdruck desselben suchte. Der andere Trieb, repräsentiert duch den Wein- und Festgott Dionysos, stand für eine Kunst des Maßlosen, des Sich-Selbst-Verlierens im Rausch und der weltlichen Lustbarkeit. Nietzsche sagte dazu Folgendes: „In zwei Zuständen nämlich erreicht der Mensch das Wonnegefühl des Daseins, im Traum und im Rausch.“ Inspiriert durch diese beiden Vergleiche, schlich sich die Idee wie eine Raubkatze an mich heran, dass Faust und Mephisto im Wesentlichen zwei unterschiedliche Teile einer einzigen Persönlichkeit sind und nicht zwei verschiedene Personen. Stoa und Epikureismus, Apollon und Dionysos, Faust und Mephisto sind alle jeweils Produkte des gleichen menschlichen Geistes gewesen und müssen somit in irgendeiner Art und Weise auch in diesem beheimatet sein und das zur gleichen Zeit. Das Ausschlaggebende, ob jemand Asket oder Sünder ist – wenn es mir erlaubt ist, die christliche Begrifflichkeit für das gleiche Phänomen hier anzuwenden – ist die Frage, welcher der beiden Triebe momentan überwiegt. Nachdem ich nun diese beiden Analogien gefunden hatte, trat ich, einem Chirurgen gleich, mit dem Skalpell meines Verstandes vor das Problem und untersuchte es mit den feinsten mir möglichen Messerschnitten der Dialektik. Wie der Arzt Faser um Faser freilegt, so betrachtete ich die Verse im Faust, um in langwieriger Kleinarbeit die Motivik und Struktur des Stücks zu analysieren. Ob mir dies recht gelungen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, darüber werden Sie heute Abend Richter sein. Am Ende dieser Betrachtung jedenfalls stehen vier Thesen über das, was den Faust heute aufführungswert macht und was nicht: Zunächst du dem, „was nicht“: 1. Das Streben Fausts nach Erkenntnis ist für uns heutige Menschen wenig interessant. In einer Zeit, in der es zwar viele gescheite, aber keine gelehrten Menschen mehr gibt, in einer Zeit der schnellen Veränderungen, in der eine absolute Spezialisierung in allen Wissensbereichen notwendig 34 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 geworden ist, macht eine Gelehrtentragödie nicht mehr viel her – es gibt keine universellen Gelehrten mehr, nur noch Spezialisten in den einzelnen Fachrichtungen. 2. Auch der Typus des christlichen unschuldigen Gretchens ist spätestens mit der sexuellen Revolution des letzten Jahrhunderts ausgestorben, und so lässt sich auch die Gretchentragödie als heute nicht mehr aktuell deklarieren. 3. Die Wette zwischen Gott und Teufel, welche schon nach damaligen Gesichtspunkten nicht im Mittelpunkt des Stückes stand, hat in einer zunehmend atheistischen Gesellschaft ebenfalls wenig Unterhaltungswert. 4. Das auch heute noch Interessante am Faust resultiert aus dem schon angeführten Widerspruch von Faust und Mephisto. Der Konflikt dieser beiden Teile einer Persönlichkeit, der Widerspruch von Verstand auf der einen Seite und Gefühlen wie Trieben auf der anderen Seite, ist ein zentrales Motiv der inneren Zerissenheit, die für jeden Menschen heute noch wichtig ist. Denn früher oder später steht man auch im 21. Jahrhundert vor der Frage: Wer bin ich, was will ich, und wie kann ich dies realisieren? Mit anderen Worten, man steht vor der Frage des Glücklichseins. Wie kann man in einer so menschenunfreundlichen Welt, wie es die heutige ist, glücklich werden? Gibt es für Menschen überhaupt Glück? Nun möchte ich mit zwei Bemerkungen schließen: Die erste Bemerkung antwortet auf die Frage, warum man den Faust immer wieder aufführen sollte und richtet sich an diejenigen, welche den Faust immer wieder gleich aufführen wollen und an die, die in der Erwartung des immer Gleichen zu einer Faustaufführung kommen: Lassen Sie etwas mehr Spielraum auch für auf den ersten Blick ungewohnte oder unangebrachte Interpretationen. Denn hinter einer noch undurchsichtigen Maske versteckt sich vielleicht ein interessantes Gesicht, das es wert ist, kennen gelernt zu werden. Es gibt schließlich nicht nur eine Möglichkeit, die Frage des Glücks zu beantworten, vielleicht entdecken Sie andere Aspekte im Faust, die heute auch noch interessant sein können. Auch wenn eben dieses Vielleicht ein gefährliches ist, über das man weniger gerne redet, schließlich geht dieses Vielleicht einem Wirbelwinde gleich durch die Denkerstube und hinterlässt, wenn es sich nicht schnell bannen lässt, ein heilloses Durcheinander verschiedener Ansichten. Auch wenn es so ist und zum Umdenken zwingt, vielleicht lohnt es sich ja, einmal näher hinzuschauen. Zum Schluss möchte ich sagen: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn!“ Daher mein Wunsch an Sie, meine Damen und Herren: Amüsieren Sie sich heute Abend gut und besuchen Sie uns bald wieder! Christian Griesinger 35 Distelblatt: Ausgabe 57 Herbst 2005 36