Antrag auf Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000
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Antrag auf Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000
Oö. Umweltanwaltschaft 4021 Linz • Kärntnerstraße 10-12 Geschäftszeichen: UAnw-.550218/45 -2012-Don Direktion für Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht Kärntnerstraße 10 - 12 4021 Linz Bearbeiter: HR Dipl.-Ing. Dr. Martin Donat Tel: (+43 732) 77 20-134 51 Fax: (+43 732) 77 20-2134 59 E-Mail: [email protected] www.ooe-umweltanwaltschaft.at Linz, 26. Juni 2012 _ 1. "Verbindung Klápa – Hrani ník" / Reischlberg – Erweiterung des Schigebietes Hochficht auf tschechischer Seite Antrag auf Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 2. Schigebiet Reischlberrg / "Klápa – Hrani ník" Neuerrichtung des tschechischen Reischlberg Schigebiets und damit verbunden Erweiterung / Anpassungen auf österreichischer Seite (Schiarena Hochficht / Reischlberg) Antrag auf Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Oö. Umweltanwaltschaft liegen Unterlagen zum Projekt "Verbindung Klápa – Hrani ník" und Schiarena Hochficht / Reischlberg auf. In der Tschechischen Republik läuft eine Umweltprüfung zum Vorhaben „Regulierungsplan der Verbindung Klápa – Hrani ník“, während auf österreichischer Seite die naturschutzrechtliche Verhandlung für den ersten Teil der Erweiterung des Schigebiets Hochficht durch die Schiarena ausgeschrieben wurde. a. Schigebiet Reischlberg / Klápa – Hrani ník auf tschechischer Seite Im tschechischen Teil des Reischlbergs ist die Erweiterung des Schigebietes Hochficht durch die Verbindung Klápa – Hrani ník geplant. Die Umweltprüfung durch das Prager Umweltministerium läuft. Antragsgegenstand ist die Errichtung einer neuen Aufstiegshilfe in Form einer Personenseilbahn mit Tal- und Bergstation, einem Restaurant, einer Talabfahrt "Reischlberg" mit Beschneiungsanlage samt Speicherteich, sowie die Errichtung von Parkplätzen und einer neuen Zufahrtsstraße. Alle geplanten Anlagenteile befinden sich im Gebiet des tschechischen Nationalparks "Sumava". DVR: 0652334 (C:\Users\P09518701\AppData\Local\Microsoft\Windows\Temporary Internet Files\OLK5634\550218-45-UVP-Feststellungsantrag_ReischlbergHochficht.doc) Zum Projekt "Schigebiet Reischlberg - Verbindung Klápa – Hrani ník " gibt es auf tschechischer Seite Planungen zu 4 Varianten (Varianten A bis D). Auf österreichischer Seite ist eine Neuanlage des Reischlbergliftes, eine Verbreiterung der Pisten und die Anlage einer Schiarena samt Nebenanlagen geplant (siehe unten). In den ursprünglichen Planungen war darüber hinaus auf tschechischer Seite zwischen Reischlberg und Hochficht auch ein Funpark geplant, dessen Herzstück die nun u.a. beantragte Aufstiegshilfe darstellt. Wesentlich ist somit nicht nur der Winterbetrieb, sondern auch der Sommerbetrieb mit den vom Liftareal ausgehenden Sport- und Freizeitaktivitäten. Der tschechische Projektteil besteht im Detail – nach den uns bis dato vorliegenden Unterlagen aus folgenden Teilen (Maßnahmen) Vier Varianten (A, B, C, D) einer Erschließung des Schigebiets Hochficht auch von tschechischer Seite wurde untersucht: Variante A: Verkehrsinfrastruktur - Personenseilbahn: Länge = 2.710 m und einer Beförderungskapazität von 1.540 – 2.700 Personen pro Stunde, LWL-Fernmeldekabel zur Verbindung der Seilbahnstationen - Piste für Bergungs- und Rettungsdienst: Länge = 2.810 m, beanspruchte Fläche: 8,6 ha - Parkplatz mit 432 Stellplätzen für die Pkw und 10 Busse in der 1. Etappe, weitere ca. 500 Stellplätze als Platzreserve für die 2. Ausbauetappe - Zugangsstraße von Nová Pec - Untere Seilbahnstation (Nutzfläche gesamt 7.840 m²) - Obere Seilbahnstation inkl. Restaurant, Aussichtsturm (gesamt 940 m²) - Technische Infrastruktur: Trinkwasserleitung (Standort Klápa und Hrani ník); Abwasserleitung (Standort Klápa und Hrani ník) ; Gas (Standort Klápa) ; Elektrische Energie (Standort Klápa und Hrani ník) - Beschneiungsanlage (Piste) samt Speicherteich und Wasserentnahme aus dem Bach Rasovka Seilbahn, Pisten, Talstation und Parkplatzbereiche und Zufahrtsstraße aus Nova Pec. sind ident, Unterschiede bestehen bei Beschneiung, der Bergstation und Versorgungs-Infrastruktur (Zuleitungen): Bergstation: Variante A: 3teilig; Liftstation, Restaurant, Turm; 1 Keller, 1-2 Etagen, gesamt: 940 m2 Variante B. Bergstation mit Restaurant und Turm Variante C und D: Bergstation, gesamt: 58 m² Technische Infrastruktur Variante A bis C: Wasser, Kanal, Gas, Strom Variante D: zusätzlich Beschneiungsanlage samt Speicherteich Die Variante C hat keine Beschneiungsanlage In Summe ergibt sich daraus eine Gesamtfläche von über 10 ha plus Zufahrtsstraße-neu, die durch das Vorhaben beansprucht werden. Im abschließenden Bericht wird Variante A aus Umweltsicht als die schlechteste Variante dargestellt, gefolgt von D, B, C. Aus der Sicht der sozialwirtschaftlichen Auswirkungen ist diese Reihenfolge umgekehrt, C vor B, D, und A. Seite 2 b. Schigebietserweiterung Hochficht / Reischlberg auf österreichischer Seite Die Hochficht Seilbahnen GmbH, Aigen i.M. beabsichtigt parallel zu oben dargestellten Vorhabensteilen, in der Gemeinde Klaffer die Erweiterung des bestehenden Schigebiets Hochficht wie folgt: - Umgestaltung und Errichtung eines neuen Infrastrukturgebäudes Errichtung zusätzlicher Parkplätze Verlegung des Kinderlandes Errichtung einer neuen Pistengerätegarage Verbreiterung der Reischlberg-Piste (Reischlbergabfahrt, Hochwald-Abfahrt) (ca. 3,8 ha) Pistenverbreiterung Rehberg (378 m²) Neuerrichtung des Reischlbergliftes auf österreichischer Seite Mit Naturschutzbescheid der BH Rohrbach vom 14.09.2010 (N10-236-2010-Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz) wurde überdies eine Parkplatzerweiterung um 80 Stellplätze (ca. 2.900 m²) bewilligt. Die Errichtung der Schiarena mit neuem Infrastrukturgebäude, Parkplätzen, Verlegung einer Forststraße, Verlegung des Kinderlandes und Nebengebäude sind nun in einem ersten Bewilligungsantrag (Teilantrag) zur naturschutzrechtlichen Verhandlung ausgeschrieben. c. Bestehende Schutzgebiete und schützenswerte Zonen auf tschechischer Seite Sonderschutzgebiete: Das Projektsareal "Verbindung Klápa – Hrani ník" befindet sich im Nationalpark Böhmerwald und im Landschaftsschutzgebiet Böhmerwald. Der Böhmerwald ist Biosphären-Reservat der UNESCO. Natura 2000: Das Projektsareal "Verbindung Klápa – Hrani ník" ist FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet Böhmerwald Gebietssystem der Ökostabilität: Das Projektsareal "Verbindung Klápa – Hrani ník" liegt teilweise im überregionalen Schutzbereich Smr ina und teilweise auch im örtlichen Schutzbereich der Aue des Baches Rasovka Prägende Landschaftselemente: Über 90 % des Projektsareals "Verbindung Klápa – Hrani ník" befinden sich in zusammenhängenden Waldbeständen Wasserquellen: Das Projektsareal "Verbindung Klápa – Hrani ník" liegt teilweise in der Quellschutzzone der Trinkwasserleitung der Gemeinde Nová Pec. d. Bestehende Schutzgebiete und schützenswerte Zonen auf österreichischer Seite Natura 2000: FFH-Gebiet Böhmerwald und Mühltäler (AT3121000) Faktisches Vogelschutzgebiet: Auf Grund der Erhebungen auf tschechischer Seite und den von der EU-Kommission veröffentlichen Erhebungsergebnisse auf tschechischer und österreichischer Seite ist von einem "Faktischen Vogelschutzgebiet" im Sinne der Vogelschutz-RL auszugehen. Prägende Landschaftselemente: Die zusammenhängenden Waldbeständen des Nordkamms als Teil des Grünen Bandes und somit eines Biotopverbundsystems von europäischem Rang Seite 3 e. Fachliche Aspekte zur Beurteilung des Gesamtvorhabens Das beantragte Vorhaben befindet sich auf österreichischer Seite inmitten des Schigebietes "Hochficht – Böhmerwald", auf tschechischer Seite sind Flächen des Nationalparks "Sumava" betroffen. Diese Bergfichtenwälder bzw. totholzreichen Wälder sind Teil des "Grünen Bandes". Bei eine Steigerung der Nutzung und damit eine Erhöhung des Beunruhigungspotentials durch zusätzliche Erschließungen (sowohl Winter- als auch Sommerbetrieb) ist mit wesentlichen und nachhaltigen negativen Auswirkungen auf diese Ruhe- und Rückzugszonen mit guter Habitatausstattung zu rechnen. auf tschechischer Seite Im abschließenden Gutachten des Prof.RNDr. Vladimír Bej ek, CSc zum Vorhaben „Regulierungsplan der Verbindung Klápa – Hrani ník“ hält dieser fest, dass … Variante A "… bedeutende negative Auswirkungen auf die Integrität des Vogelschutzgebiets Böhmerwald und des Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung Böhmerwald und noch dazu hat die bedeutende negative Auswirkung auf einen Schutzgegenstand (Auerhahn) im Vogelschutzgebiet Böhmerwald, vier Schutzgegenstände im Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung Böhmerwald (9110 Hainsimsen-Buchenwald Luzulo-Fagetum, 9130 WaldmeisterBuchenwald Asperulo-Fagetum, 9410 Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Vaccinio-Piceetea, Eurasischer Luchs) und einen Schutzgegenstand im FFH-Gebiet Böhmerwald und Mühltäler (Eurasischer Luchs). Das Vorhaben hat ferner mäßig negative Auswirkungen auf sechs Schutzgegenstände im Vogelschutzgebiet Böhmerwald (Schwarzstorch, Schwarzspecht, Dreizehenspecht, Haselhuhn, Sperlingskauz, Raufußkauz) und ein Schutzgegenstand im Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung Böhmerwald (91E0)." Die Bewertung der übrigen Varianten ist grundsätzlich vergleichbar, lediglich gering graduell günstiger. auf österreichischer Seite Das Gebiet Reischelberg-Hochficht ist vor allem ein zentraler Auerhuhn-Lebensraum. Bruthinweise liegen über die vergangen Jahre von der österreichischen Seite vor. Die tschechischen Kartierungen zeigen jedoch klar eine Verbreitung um beide Berge bis direkt an die österreichische Grenze. Es ist davon auszugehen, dass sich – bei systematischer Fortsetzung der Kartierungen auch auf österreichischer Seite – ein ähnliches Bild ergibt, welches ja durch die österreichischen Einzelnachweise bestätigt scheint. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die Vitalität der Auerhuhn-Bestände auch tschechischer Seite für das Überleben des Auerwilds auf österreichischer Seite essentiell ist. Durch eine Verschlechterung der Habitatbedingungen auf tschechischer Seite würde das Verschwinden des Auerwilds auf österreichischer Seite wissentlich in Kauf genommen. Der Dreizehenspecht ist am Grenzkamm zwischen Hochficht und Reischelberg regelmäßig anzutreffen. Fluktuationen in der Population ergeben sich bedingt durch das BorkenkäferManagement. Der Dreizehenspecht zählt aber unverändert zu einer Leitart dieses Gebietes. Zum Habichtskauz gab es auf österreichischer Seite immer wieder unbestätigte Hinweise aus dem Hochfichtgebiet. Auf tschechischer Seite gab es 2010/11 eine Beobachtung. Neben Habichtskauz sind Rauhfußkauz und Sperlingskauz im Gebiet anzutreffen. Für den Luchs stellt dieses Gebiet einen wertvollen und zentralen Lebensraum dar, weil es sich um ein bis dato gut zusammenhängendes großes Waldgebiet und eine Ruhezone handelt. Dieses Ruhegebiet war bis dato auf tschechischer Seite ganzjährig und bietet ideale Möglichkeiten zur Aufzucht der Jungen (Felsgruppen, Totholz, sonnige Stellen, etc.) Seite 4 Im abschließenden Gutachten des Prof.RNDr. Vladimír Bej ek, CSc zum Vorhaben „Regulierungsplan der Verbindung Klápa – Hrani ník“ hält dieser ferner für die österreichische Seite fest: "Im Rahmen des FFH Gebiets Böhmerwald und Mühltäler ist als bedeutend negativ die Auswirkung auf den natürlichen Standort 9410 Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Vaccinio-Piceetea und als mäßig negativ die Auswirkung auf den Prioritätsstandort 91D0 Moorwälder bewertet." Grundsätzlich sind aber auch die übrigen Einwände hinsichtlich der Schutzgüter auf tschechischer Seite auch für die österreichische Seite zutreffend. Es ist somit offenkundig, dass die vier vorgeschlagen Varianten signifikante negative Auswirkungen auf Natur haben, sowohl auf tschechischer als auch auf österreichischer Seite. f. Rechtliche Aspekte zur Beurteilung des Gesamtvorhabens zum Vorhabensbegriff Die Kosenswerberin hält in ihren Unterlagen unmissverständlich fest: "Das Vorhaben, für das der Regulierungsplan erstellt wurde, wird auch bedeutende grenzüberschreitende Auswirkungen haben, da es direkt auf das Skiareal Hochficht im Österreich anknüpft. Das österreichische Areal besuchen jetzt in großem Maß auch tschechische Skiläufer. Man kann erwarten, dass im Fall der Realisierung des Vorhabens wird sich die Anzahl der tschechischen Besucher im Areal Hochficht noch vergrößert." zum "Faktischen Vogelschutzgebiet" auf österreichischer Seite Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (Kommission/Irland; Kommission/Italien; Kommission/Frankreich; Kommission/Niederlande; Lappel-Bank; Santona) sind Regelungen über den Gebietsschutz jedoch auch auf „faktische Vogelschutzgebiete“ unmittelbar anwendbar (vgl Schmelz/Schwarzer, UVP-G (2011), Rz 32 zu Anhang 2), selbst wenn diese nicht auf Grund innerstaatlicher Rechtsakte als solche ausgewiesen sind. Die relevante Spruchpraxis von VwGH und US geht nämlich davon aus, dass derartige faktische Vogelschutzgebiete – abseits der zweifelsfreien Notwendigkeit einer Naturverträglichkeitsprüfung – ebenfalls als Schutzgebiete der Kategorie A (gemäß Anhang 2 UVP-G 2000) zu qualifizieren sind1 (VwGH 16.04.2004, 2001/10/0156 mwN; US 23.12.2008, 8A/2008/15-54, Gössendorf/Kalsdorf; uam). Anhang I zur Richtlinie 79/409/EG („Vogelschutz-RL“) weist etwa …. besondere Schutzwürdigkeit zu, welche die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3ff Vogelschutz-RL zur Ausweisung entsprechender Schutzgebiete verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist das Bundesland Oberösterreich hinsichtlich des Gebietes des Böhmerwalds (insbesondere des Bereichs Reischlberg - Hochficht) bislang offenbar in pflichtwidriger Weise nicht nachgekommen und die konkrete Ausweisung von Schutzgebieten in diesem Areal fehlt bis dato. Unabhängig davon besteht jedoch auf Grund des bereits fachkundig untermauerten Bestehens geschützter Vogelpopulationen im gesamten projektsgegenständlichen Gebiet sowie der ebenfalls bereits festgestellten, schwerwiegenden Beeinträchtigung genannter Vogelpopulationen durch die Zerstörung von Lebensräumen und Brutstätten sowie erhebliche Barriere- und Kollisionswirkungen kein Zweifel am Eingriff in faktische Vogelschutzgebiete: In jedem Fall liegt der Flächenverbrauch auf tschechischer Seite laut bisher vorliegenden Unterlagen deutlich über dem nach österreichischem UVP-G geltenden Schwellenwert von mehr 1 Christian Schmelz, Stephan Schwarzer, Kommentar zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, Manz, Wien 2011 Seite 5 10 ha in Schutzzonen der Kategorie A. Die Anlage liegt zur Gänze im Nationalpark Sumava, also einer Schutzzone der Kategorie A nach österreichischem Recht und einem tatsächlichen bzw. "faktischen Vogelschutzgebiet" nach EU-Recht auch auf tschechischer bzw. österreichischer Seite. Die Pistenerweiterungen und Liftneubauten auf österreichischer Seite liegen in einem "faktischen Vogelschutzgebiet" nach EU-Recht und somit einer Schutzzone der Kategorie A nach österreichischem UVP-Recht. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung besteht aus Sicht der Oö. Umweltanwaltschaft aus zwei Gründen UVP-Pflicht auch auf österreichischer Seite: Variante 1: Das tschechische Schigebiet "Verbindung Klápa – Hrani ník" / Reischlberg – ist eine Erweiterung des österreichischen Schigebiets Hochficht auf tschechischer Seite Die Aufstiegshilfe Reischlberg samt Pisten, Infrastruktur und Nebenanlagen auf tschechischer Seite stellt eine Erweiterung des bestehenden Schigebiets Hochficht auf österreichischer Seite dar: Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung des österreichischen Projekts durch ein tschechisches Schigebiet, das sowohl nach tschechischen Recht offenkundig (allein für sich schon) UVP-pflichtig ist und bei dem die Erweiterung des österreichischen Schigebiets auch auf tschechische Seite die UVP-Schwellenwerte überschreitet. Variante 2: Die Erweiterungen des Reischlberglifts (samt Schiareana Hochficht) auf österreichischer Seite ist Teil der UVP-pflichtigen Neuerrichtung des tschechischen Schigebietes "Reischlberrg / Klápa – Hrani ník" Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung des tschechischen, UVP-pflichten Projekts auf österreichischer Seite: Die Vergrößerung der Pisten und des Reischlberglifts auf österreichischer Seite (im bestehenden Schigebiet Hochficht) und somit Erweiterung des Schigebiets Hochficht ist auf Grund des neuen Schigebeites auf der tscheischen Reischlbergseite kapazitätsmäßig notwendig und auch durch den Zustrom aus Tschechien auf Grund der neuen Aufstiegshilfe erforderlich. Es ist dabei irrelevant, ob eine Erweiterung der Pisten auf österreichischer Seite auch ohne Schigebietserschließung auf tschechischer Seite stattfinden könnte. Allein entscheidend ist der Umstand, dass eine solche Schigebietserweiterung auf österreichischer Seite mit durch die Erschließung auf tschechischer Seite bedingt wird. Da das tschechische Schigebiet für sich bereits UVP-Pflichtig ist, ist es auch die Erweiterung desselben auf österreichischem Gebiet. Für das Vorhaben insgesamt ist somit sowohl auf tschechischer als auch auf österreichischer Seite ein UVP-Verfahren abzuführen. Auf Basis der Erkenntnisse des EuGH sind grenzüberschreitende Vorhaben als Einheit zu sehen, auch wenn die jeweils national abzuführenden UVP-Verfahren für Teile separat abzuführen, die Auswirkungen grenzüberschreitend zu beurteilen und die Bescheide miteinander junktimiert werden müssen (z.B. mit Hilfe bescheidauflösender Bedingungen). Bei beiden Varianten ist es – sowohl nach nationalem als auch nach EU-Recht – irrelevant, ob die Erweiterung auf der jeweils andere Seite formell intendiert ist oder nicht. Allein die Tatsache der Erweiterung und der beide Teile umfassende Vorhabensbegriff der UVP-Richtlinie – an welchem sich die nationalen Umsetzungen derselben zu orientieren haben – begründet die UVP-Pflicht. Seit der Entscheidung des EuGH vom 21.9.1999, C-392/96, Kommission gegen Irland, steht unumstößlich fest, dass die Umgehung der UVP-Pflicht durch die Splittung eines Gesamtprojekts in Einzelprojekte, welche jeweils unterhalb der UVP-Schwelle liegen, unzulässig ist. In dieser Entscheidung hat der EuGH klargestellt, dass die UVP-Richtlinie bei Einhaltung der UVP-Pflicht auf eine Gesamtbeurteilung abstellt, wobei jedenfalls Vorsorge zu treffen ist, dass das Regelungsziel nicht durch die Aufsplittung von Projekten umgangen werden kann. Seite 6 Auf Basis der Rechtsprechung ist der Vorhabensbegriff gemäß § 2 Abs 2 UVP-G 2000 als sehr weit zu verstehen und insbesondere im Hinblick auf den Regelungszweck des UVP-G als vorgeschaltete Evaluierung der Umweltauswirkungen eines einheitlichen Gesamtvorhabens zu interpretieren. Auf Basis der Leitentscheidung des europäischen Gerichtshofes ist es zwischenzeitlich ständige Spruchpraxis der österreichischen Umweltsenate und des österreichischen VwGH, dass mehrere Einzelprojekte - selbst wenn es sich um verschiedene Genehmigungswerber handelt - als einheitliches Gesamtvorhaben zu beurteilen sind (US 11.9.2001, 8A/2001/5-25 (Twimberg); US 4.7.2004, 5B/2001/1-20 (Ansfelden II); VwGH 23.5.2001, 99/06/0164; 18.10.2001, 2000/07/0047; 18.11.2003, 2001/05/0918; 7.9.2004, 2003/05/0218). Unbeachtlich ist dabei, dass im gegenständlichen Fall lediglich als Teilprojekte oder Einzelprojekte förmlich beantragt ist. Schon der Wortlaut „Vorhaben“ beinhaltet zukünftige Projekte und stellt nicht ausschließlich auf realisierte und/oder beantragte Projekte ab (US 27.5.2002, 7B/2001/10-18 (Sommerein)). Vielmehr kann sich ein „Vorhaben“ im Sinne des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 als einheitliches Gesamtprojekt auch aus den besonderen Umständen im Einzelfall ergeben. Der VwGH hat beim Projekt „Spielberg“ judiziert, dass nicht nur bereits zur Genehmigung eingereichte Projekte bei einer Entscheidung nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 zu berücksichtigen sind, sondern auch Projekte in einem früheren Stadium: Es ist auch bereits judiziert, dass die Sperrwirkung des UVP-G 2000 eine Verkleinerung des UVPpflichtigen Gesamtprojekts unterhalb der UVP-Schwelle, um damit einzelne Teile „vorweg“ realisieren zu können, verbietet (US 3.12.2004, 5B/2004/11-18 (Spielberg), VwGH 7.9.2004, 2003/05/0218, 0219). Der Vorhabensbegriff nach höchstgerichtlichen österreichischen Entscheidungen, aber besonders auch nach Erkenntnissen des EuGH lässt somit eine Stückelung nicht zu. Im Erkenntnis C-392/96, Kommission gegen Irland, hat der EuGH klar gestellt, dass die vorbeugende Verhinderung von schädlichen Umweltauswirkungen Ziel und Zweck der UVPRichtlinie darstellen - und nicht konkrete Schäden als Folge unvollständiger Umsetzung der Richtlinie nachzuweisen sind. Dazu kommt, dass Vorhabensbegriff und Kumulationswirkung von Projekten europarechtskonform zu interpretieren und auszulegen sind, was auch der Spruchpraxis der Umweltsenate entspricht (vgl. US 14.6.2000, 9/2000/6-13, Baumbachtal; US 23.2.2001, 1/2000/17-17, Pasching; US 2.3.2001, 3/2000/5-39, Orth im Innkreis; US 27.5.2002, 7B/2001/10-18, Sommerein). Der Oö. Umweltanwalt stellt daher den ANTRAG, die Oö. Landesregierung als UVP-Behörde möge ein Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 einleiten und feststellen, dass für das Vorhaben "Verbindung Klápa – Hrani ník" / Reischlberg – Erweiterung des Schigebietes Hochficht auf tschechischer Seite bzw. dass für das Vorhaben Schigebiet Reischlberrg / "Klápa – Hrani ník" - Neuerrichtung des tschechischen Reischlberg Schigebiets und damit verbunden Erweiterung / Anpassungen auf österreichischer Seite (Schiarena Hochficht / Reischlberg) Seite 7 eine Umweltverträglichkeitsprüfung 1. nach dem UVP-G 2000 2. auf Basis der Direktanwendung der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (UVP-Richtlinie) in der geänderten Fassung durchzuführen ist. In diesem Verfahren möge im Rahmen des abzuführenden Ermittlungsverfahrens auch amtswegig durch die Beiziehung von Gutachtern geklärt werden, - ob in vorliegendem Fall ein (allenfalls faktisches) Schutzgebiet der Kategorie A vorliegt und gemäß Anhang 1 Z 12 Spalte 3 UVP-G 2000 eine UVP-Pflicht jedenfalls vorliegt. Damit verbindet sich für die zuständigen Behörden die Verpflichtung zur europarechtskonformen Auslegung der bundesgesetzlichen UVP-Tatbestände des UVP-G 2000 idgF auf Basis der RL 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung. Eine europarechtskonforme Auslegung muss im gegenständlichen Fall zur fortgesetzten UVPPflicht des Projektes „Schigebiet Reischlberg“ führen und die Unzuständigkeit der Materienbehörden bedingen. Schließlich wird auch abzustimmen sein, - - ob mangels (rechtswidriger) Ausweisung von Schutzgebieten der Kategorie A gemäß UVP-G 2000 insbesondere auf österreichischer Seite eine Verletzung von Vorschriften der FFH-RL bzw. der Vogelschutz-RL erfolgt ist und ob auf dieser Grundlage eine UVP-Pflicht auf Basis des Anhang 1 Z 12 Spalte 3 UVP-G 2000 vorliegt. Ergänzend wird angeregt, die zuständige UVP-Behörde möge unter Verweis auf die Nichtigkeitssanktion des § 3 Abs 6 UVP-G 2000 die Aussetzung sämtlicher behängenden materiengesetzlichen Verfahren gemäß § 38 AVG 1991 bis zur rechtskräftigen Feststellung über das Vorliegen einer UVP-Pflicht veranlassen. Mit freundlichen Grüßen! Der Oö. Umweltanwalt: Dipl.-Ing. Dr. Martin Donat Beilagen: Regulacní plán Propojení Klápa - Hranicník http://portal.cenia.cz/eiasea/detail/EIA_MZP382 Seite 8