Wirtschaftregional Liechtensteiner Vaterland 31

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Wirtschaftregional Liechtensteiner Vaterland 31
Region| 3
Wirtschaftregional | 31. Januar 2015
Motel erhält einen grossen Bruder
Hotellerie Das «b_smart motel» in Sevelen beherbergt Geschäftsreisende und Touristen, die in der Region eine preisgünstige
Übernachtungsmöglichkeit suchen. Der Erfolg des Motels hat die Initianten dazu bewogen, ein Businesshotel in Bendern in Angriff zu nehmen.
Bäckerei übermittelt, die daraufhin
frühmorgens die dafür benötigte
Menge an Backwaren liefert. So können Frühaufsteher bereits ab 6.30 Uhr
ihr Frühstück geniessen, ohne dass
dafür Personal benötigt wird. «So können wir die laufenden Betriebskosten
tief halten und den Gästen ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis anbieten», sagt Bargetze.
VON PATRICK STAHL
D
as Motel fällt auf den ersten
Blick nicht gross auf. Weder
Leuchtreklamen noch ein
Eingangsbereich – wie man
es von einem Hotel kennt – machen darauf aufmerksam, dass im Obergeschoss des neuen Geschäftshauses
beim Bahnhof in Sevelen Zimmer zur
Übernachtung angeboten werden.
Dabei herrscht dort reges Treiben.
Auslastung von über 50 Prozent
Das «b_smart motel» hat seinen BeDie Initianten ziehen nach den erstrieb im Mai vergangenen Jahres aufge- ten neun Monaten eine positive Zwinommen. Hinter dem Projekt stehen schenbilanz: Weit mehr als tausend
vier Unternehmer aus der Region. Sie Übernachtungen hat das Motel nach
sind überzeugt, dass preisgünstige ihren Angaben bisher bereits gezählt.
Übernachtungsmöglichkeiten in der Die Auslastung der acht Zimmer liegt
Region sehr gefragt sind. «Viele Unter- momentan im Schnitt bei über 50 Pronehmen schicken ihre Geschäftspart- zent. «Wir sind zufrieden, wie das
ner und Kunden bisher
Motel am Markt aufgeaus Kostengründen nach
nommen worden ist»,
Vorarlberg, anstatt diese
erklärt Bargetze.
in der näheren Region zu
Den Gästen fehlt die
beherbergen», sagt Uwe
persönliche Betreuung
Bargetze, Verwaltungsrat
offenbar nicht, wie die
der Muttergesellschaft
Zahlen belegen. Die
Zimmer wird das
BHO AG.
Gäste kommen aus aller
neue Businesshotel
Welt und teilen sich jein Bendern haben
weils zur Hälfte in GeNeues Konzept
schäftsleute und TourisDiesem Trend wollen
die Initianten des «b_smart motel» ent- ten auf. Während der Woche sind es vor
gegenwirken. Dazu beitragen soll vor allem Kunden und Lieferanten einheiallem ein innovatives Buchungs- und mischer Unternehmen, die beruflich im
Check-In-Konzept: Die Zimmer können St. Galler Rheintal oder in Liechtenstein
online oder telefonisch reserviert wer- unterwegs sind und vor Ort übernachden. Der Gast erhält online seinen ten müssen. An den Wochenenden und
Code, mit welchem er den Schlüssel- in den Ferienwochen beherbergt das
badge vor Ort aus dem Check-In-Auto- Motel insbesondere Touristen, welche
maten abholen kann – egal zu welcher die Region erkunden wollen.
Uhrzeit er dort eintrifft.
«Im Gegensatz zur traditionellen Grosser Bruder eröffnet 2016
Hotellerie, die sehr personalintensiv
Der Erfolg des Motels in Sevelen hat
ist, haben wir versucht, möglichst viel die Fantasie der Initianten beflügelt.
zu automatisieren», erklärt Bargetze. Anfang 2016 soll ein neues BusinesshoEin Beispiel: Die Zimmerbelegung wird tel in Bendern die Tore eröffnen. Das
in der Nacht jeweils an eine örtliche «b_smart hotel» mit 57 Zimmern ent-
57
steht auf einem Grundstück direkt an
der Benderer Strasse – in unmittelbarer
Nähe zu Firmen wie Ospelt, LGT, Ivoclar
Vivadent, Hilcona, ThyssenKrupp Presta, Hilti und anderen. Der grosse Bruder
des Motels soll ebenfalls in erster Linie
Geschäftsreisende ansprechen. Die Initianten rechnen mit einer Zimmerauslastung von 50 bis 60 Prozent.
Die Initianten wollen auch hier auf
Schnickschnack verzichten, um die Betriebskosten tief zu halten: «Die Zimmer
werden hinsichtlich ihrer Ausstattung
einem Vier-Sterne-Hotel entsprechen,
aber zu einem Drei-Sterne-Preis angeboten», erklärt Bargetze. Im Gegensatz
zum Motel in Sevelen wird das Businesshotel in Bendern allerdings über
einen betreuten Empfangsbereich mit
Rezeption verfügen. Dort sollen künftig
sowohl die Gäste des Businesshotels betreut als auch die Anfragen der Motelgäste beantwortet werden.
Pakete für Veranstalter schnüren
Das Konzept hat auch den Südtiroler
Hotellerieexperten Thomas Plank überzeugt. Er baute das Sheraton Hotel in
Bozen auf und leitete den Betrieb während neun Jahren, bis er sich 2011 selbstständig machte. Plank berät die Initianten sowohl als Verwaltungsrat der Hotelals auch der Motelgesellschaft. «Ich bin
überzeugt, dass dieses Hotel dazu beitragen wird, den Standort noch attraktiver zu machen», sagt Plank (siehe Interview). Nach seiner Ansicht sollte jeder
Mensch einmal in seinem Leben in
Liechtenstein gewesen sein, so wie etwa
im Vatikan oder in Venedig. Wichtig sei
es, dabei interessante Pakete für Veranstalter zu schüren – sei dies für Firmenanlässe oder Reisegruppen. Die Initianten wollen eng mit den Touristikern von
Liechtenstein Marketing und lokalen
Leistungserbringern zusammenarbeiten, um das Hotel mit Leben zu füllen.
Thomas Plank (links) und Uwe Bargetze wollen das Konzept des «b_smart
motels» in Sevelen auf das Businesshotel in Bendern übertragen. Bild: Elma Korac
«Potenzial für kleinere und spezialisierte Tagungen»
INTERVIEW: PATRICK STAHL
Herre Plank, was reizt Sie daran, sich
am Businesshotel in Bendern zu beteiligen?
Thomas Plank: Das neue «b_smart
hotel» in Bendern wird sich hauptsächlich als Businesshotel, aber in der Ferienzeit auch als Zwischenübernachtungs- und Kurzurlaubshotel etablieren. Es ist für mich sehr reizvoll, in diesem, für Europa exotischen Standort
ein neues, innovatives Hotelkonzept
mit zu entwickeln und auch realisieren
zu dürfen. Meiner Meinung nach muss
jeder Mensch einmal in Liechtenstein
gewesen sein, so wie im Vatikan oder
in Venedig. Ich bin überzeugt, dass die-
ses Hotel dazu beitragen wird, den
Standort noch attraktiver zu machen.
Warum sollten Unternehmen ihre
Kunden und Lieferanten in Bendern
unterbringen, wenn sie dies preisgünstig im unmittelbaren Grenzgebiet können?
Jedes Hotel, egal ob neu oder alt, muss
versuchen, sich auf dem Markt klar zu
positionieren. Ich bin sehr zuversichtlich, dass bei unserem Konzept das
Preis-Leistungs-Verhältnis dazu beitragen wird, dass es sich für viele Gäste
lohnen wird, in Liechtenstein zu übernachten. Ich habe mehrere Hotels eröffnet und jeweils die Erfahrung gemacht, dass neue und innovative Ho-
tels von den Gästen, aber auch von der
Einwohnerschaft sehr positiv, ja sogar
mit ein bisschen Stolz angenommen
werden. Das hilft bei der Vermarktung
sehr.
Die Liechtensteiner Hotellerie steckt
seit einigen Jahren in einem Tief. Welches Potenzial sehen Sie, um den Tourismus in Liechtenstein zu beleben?
Liechtenstein hat klein strukturierte
Hotels. Viele Kunden können gewisse
Veranstaltungen oder Nächtigungsgruppen nicht im Land unterbringen,
weil schlicht die Kapazität fehlt. Ich
glaube, dass wir durch unsere Marketingbemühungen mithelfen werden,
den Standort insgesamt noch be-
kannter zu machen. Wir werden uns
sehr bemühen, dass Touristen den
Standort Liechtenstein nicht als Tagesausflugsziel sehen, sondern vermehrt Zwei- oder Dreitagespakete
nutzen. Der Standort bietet ja sehr
viel: Kulturelles, Kulinarisches und
auch Shopping ist in Liechtenstein
und in der Region spannend. Insofern
werden wir versuchen, zusammen
mit Liechtenstein Marketing sowie lokalen Leistungserbringern interessante Pakete für Meeting- und Incentiveagenturen sowie Reiseveranstalter
zu schnüren.
Die Liechtensteiner Regierung sieht
Potenzial im Kongress- und Seminar-
tourismus. Welche Voraussetzungen
müssen dafür erfüllt sein, um Kongresse und Seminare ins Land zu locken?
Sicherlich hat der Standort aufgrund
der zentralen Lage und der hohen
Kompetenz vieler internationaler Konzerne und Banken vor Ort Potenzial im
Kongress- und Seminartourismus. Ich
sehe aber insbesondere eine Chance
darin, sich auf kleinere und spezialisierte Veranstaltungen im Meetingund Incentivebereich zu konzentrieren. Die Organisation ist einfacher,
denn aufgrund der Strukturen im Land
ist es nicht zuletzt infrastrukturell
höchst anspruchsvoll und kostspielig,
grosse Kongresse nach Liechtenstein
zu bringen.
«Mit der neuen Ausrichtung glauben wir, eine Nische zu besetzen»
VON YVES HOLLENSTEIN
BALZERS. Die Bank Frick richtet sich neu
aus: Unter dem Dach der neuen BFC
Group Holding AG wird die Balzner Privatbank im Laufe dieses Jahres zu einer
Gruppe umstrukturiert. Insbesondere
das Dienstleistungsspektrum wird
dabei stark ausgebaut. Dies eröffne der
Bank Chancen, weiter zu wachsen, sagt
CEO Edi Wögerer im Interview.
Herr Wögerer, aus der Privatbank Bank
Frick wird eine Universalbank. Rentiert
klassisches Private Banking nicht mehr?
Edi Wögerer: So pauschal kann man
das nicht sagen. Wir haben einfach vor
einiger Zeit festgestellt, dass für uns Private Banking als alleiniger Standpfeiler
längerfristig nicht ausreicht – zumal der
Markt in den vergangenen Jahren stark
am konsolidieren ist. Andere Bereiche
wie Zahlungsdienstleistungen zählen
wir jedoch klar zu den Wachstumsmärkten. Schauen Sie nur, wie der Onlinehandel boomt. Wir haben deshalb
schon in der Vergangenheit unser
Dienstleistungsspektrum diversifiziert
und in solche Wachstumsmärkte investiert. Mit der Neuausrichtung werden
wir uns jetzt noch stärker auf solche
Märkte fokussieren und diese zu strategischen Standpfeilern machen.
Warum sind Sie überzeugt, dass dies
der richtige Weg ist?
Weil wir uns selber treu bleiben, dem
Kunden nun aber einen viel umfassenderen Service bieten. Zudem sind wir
überzeugt, mit der neuen Ausrichtung
eine Nische besetzen zu können, die
von den Kunden geschätzt und auch
nachgefragt wird. Wir können nun die
ganze Palette an Dienstleistungen aus
einer Hand bieten – und das mit der
von uns gelebten familiären Private-
Banking-Dienstleistungsmentalität.
Sie reagieren damit aber auch auf den
Druck auf die Finanzbranche. Haben
Sie damit eine Art Überlebensstrategie
gewählt?
Nein, das sicher nicht. Für uns ist dies
eine aktive Wachstumsstrategie.
Wäre auch ein Übernahme oder Fusion
denkbar gewesen?
Den Ansatz, den wir jetzt neu verfolgen,
erachten wir als sehr chancenreich. Von
dem her stand ein Verkauf oder eine Fusion nicht zur Debatte. Unser Ziel ist,
weiterzuwachsen. Während die grossen
Banken ihren Fokus eher auf das Massen- oder Retailgeschäft legen, versuchen wir, Nischen zu finden und uns
dort zu positionieren.
Welche Auswirkungen hat die Neuausrichtung auf den Personalbestand?
Es ist nicht geplant, Personal abzubauen. Wir gehen eher davon aus, dass wir
künftig zusätzliches Personal brauchen
werden. Bereits in den vergangenen
zwölf Monaten haben wir konstant ausgebaut. Auch das passt zu unserer
Wachstumsstrategie.
Die Bank Frick verwaltet momentan
knapp drei Milliarden Franken an
Kundenvermögen …
Das ist richtig, und ein Ziel der Neuausrichtung ist sicher auch, das Anlagevermögen weiter zu steigern. Dies, indem
wir in neue Geschäftsfelder vorstossen
oder mit unseren erstklassigen Dienstleistungen beispielsweise Immobilienkunden davon überzeugen können, uns
auch ihr Vermögen zur Verwaltung anzuvertrauen, oder dass wir eine Nachfolgeregelung für sie erarbeiten können.
Von dem her gehen wir davon aus, dass
durch die Neuausrichtung ein positiver
Wachstumsbeitrag für die Bank entstehen wird.
Werden Sie nun auch Chef der neuen
Holding?
Nein, ich bleibe auch weiterhin CEO der
Bank Frick. Wir werden die Gruppe so
strukturieren, dass jede Gesellschaft eigenständig handlungsfähig ist – dies zusammengefasst unter dem Dach einer
Holding. Eine Gruppenführung ist vorerst nicht geplant und auch nicht nötig.
Edi Wögerer,
CEO Bank Frick

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