Berlins Top 200 stellen weiter ein

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Berlins Top 200 stellen weiter ein
Berliner
Morgenpost
Berlins Top 200
GETTY IMAGES/PHOTOGRAPHER'S CHOICE /GAVIN HELLIER
Berlins Top 200
stellen weiter ein
Die größten Arbeitgeber stocken ihre
Belegschaften im Schnitt um 1,5 Prozent auf
Berliner Spitzen Am Potsdamer Platz arbeitet unter anderem die Konzernspitze der Deutschen Bahn (Mitte), der größte Arbeitgeber der Hauptstadt
T VON MICHAEL GNEUSS
Die 200 größten Arbeitgeber
Berlins stocken ihre Belegschaften in der Hauptstadt weiter auf.
Im vergangenen Jahr kletterte
die Zahl der Mitarbeiter im
Durchschnitt um 1,5 Prozent.
Das ist zwar deutlich weniger als
im Jahr zuvor, als die Berliner
Morgenpost bei ihrer jährlichen
Umfrage „Berlins Top 200“ einen
Anstieg von drei Prozent ermitteln konnte, aber mehr als in den
Jahren davor. Der Grund für das
starke Beschäftigungswachstum
2010 war der unerwartet schnelle Aufschwung nach der Rezession 2009, als die Belegschaften
der größten Arbeitgeberum 0,3
Prozent schrumpften. 2006 und
2007 stieg die Zahl der Mitarbeiter um 1,1 und 1,3 Prozent.
Der
Dienstleistungssektor
trägt das Beschäftigungswachstum bei den großen Berliner Arbeitgebern stärker als der Industriesektor. Während die Dienstleistungsunternehmen 1,7 Prozent
mehr
Mitarbeiter
beschäftigten, kam die Industrie
nur auf 1,2 Prozent. Mit 72 Prozent stellen Dienstleister den
größten Anteil der Top-200-Unternehmen.
Das Unternehmen mit den
meisten Mitarbeitern in Berlin
ist nach wie vor die Deutsche
Bahn mit 17.800 Beschäftigten
vor dem Vivantes-Netzwerk für
Gesundheit (13.938 Mitarbeiter)
und Siemens (13.386) sowie der
Charité (12.580). Auf Platz fünf,
ebenfalls noch mit mehr als
10.000 Arbeitnehmern kommt
die BVG (10.869). Während Vivantes, Siemens und die BVG am
Standort mehr Mitarbeiter einstellten, verringerten die Deutsche Bahn und die Charité ihre
Belegschaft in Berlin.
Zu den eindruckvollsten Aufsteigern im Ranking der Berliner
Morgenpost gehören zwei Unternehmen aus der digitalen
Wirtschaft. Der Onlinehändler
Zalando wird in der neuen
Top-200-Liste mit 1000 Mitarbeitern auf Platz 84 geführt. Das
Schnäppchenjagd-Portal Groupon liegt mit 800 Beschäftigten
in Berlin auf Platz 106.
Unter den Industrieunternehmen sind Stadler Pankow (plus
22,3 Prozent auf 900) und BASF
(plus 17,7 Prozent auf 1092) die
expansivsten Unternehmen in
der Hauptstadt. ZF Lenksysteme erhöhte die Zahl der Mitarbeiter am Standort Berlin um
15,2 Prozent auf 749. Der zweite
große Bahnhersteller der Stadt,
Bombardier, ist um 12,3 Prozent
auf 528 Mitarbeiter gewachsen.
Auch im Einzelhandel fallen
einige Unternehmen mit hohem
Beschäftigungswachstum auf.
Die Drogeriemarktkette dm etwa mit einem Plus von 23,9 Prozent auf 901 Mitarbeiter. Konkurrent Rossmann beschäftigte 10,5
Prozent mehr Mitarbeiter (1350)
als 2010. Edeka stockte die Belegschaft um 17,6 Prozent 5483.
Die beiden
Internetfirmen
Groupon und
Zalando sind die
eindrucksvollsten
Aufsteiger
Bei den einzelnen Branchen
fallen die Sicherheitsdienstleister auf, die um 21,8 Prozent gewachsen sind. Securitas beschäftigt mittlerweile 5000 Mitarbeiter (plus 22,9 Prozent). ASK Allgemeine
Sicherheitsund
Kontrollgesellschaft wächst mit
515 (plus 12,4 Prozent) ebenfalls
deutlich. Ebenso sind die Wirtschaftsprüfungsunternehmen
am Standort offenbar erfolgreich. Sie haben ihren Personalbestand im Schnitt um 14,9 Prozent erweitert.
Branchen, die ein besonders
großes Gewicht unter den Top
200 haben, sind der Verkehrssektor mit der Deutschen Bahn und
der BVG. Die Unternehmen aus
diesem Bereich beschäftigen
33.671 Mitarbeiter, das sind zehn
Prozent der Top 200. Die Unternehmen der Gesundheitsversorgung kommen sogar auf 48.198
Beschäftigte, das sind 14,5 Prozent der Top 200. Mit Gebäudedienstleistungen sind 22.227
Berliner in den Top-200-Unternehmen beschäftigt, was 6,6 Prozent entspricht. 14.580 Berliner
arbeiten im Automobilsektor –
bei Herstellern, Zulieferern oder
Händlern. Der Bankensektor
kommt auf 18.244 Mitarbeitern.
Bei den Versicherern sind es 5111.
Für das laufende Jahr sind die
Aussichten indes nicht so gut wie
im Vorjahr. Die Berliner Morgenpost hat auch die Tendenz
der Beschäftigungsentwicklung
2012 abgefragt. Geäußert haben
sich 134 Unternehmen, von denen 50 einen Beschäftigungsaufbau angaben, sechs Unternehmen bauen ab. Im vergangenen
Jahr wollten von 164 Unternehmen, die geantwortet haben, 68
einstellen, vier wollten kürzen.
Angekündigt wurden insgesamt
2498 (Vorjahr 5151) neue Stellen
in diesem Jahr. 106 (167) Arbeitsplätze sollen in den Top 200 wegfallen.
Weiterhin werden auch Neuansiedlungen in die Top 200 einziehen. So gelang es den Wirtschaftsförderern, Fujitsu und
Amazon für Berlin zu begeistern.
Beide haben jeweils angekündigt, die neuen Standorte auf etwa 400 Mitarbeiter auszubauen.
In der Zukunft soll es eine
neue Qualität in der Berliner
Wirtschaftsförderung
geben.
Angekündigt wurde die Fusion
von TSB Innovationsagentur
und Berlin Partner. Berlin Partner sieht darin einen wichtigen
und konsequenten Schritt in der
Weiterentwicklung der Clusterpolitik des Landes – der Konzentration auf bestimmte Branchen
und der Förderung von der Idee
über Forschung, Entwicklung
und Produktion bis zur Markteinführung.
2
BERLINS TOP 200
SONNTAG, 28. OKTOBER 2012 | BERLINER MORGENPOST
Hoch qualifizierte Arbeitnehmer
zieht es nach Berlin. Zahlreiche
Firmen kommen hinterher
CHRISTIAN KIELMANN
Lockruf der
Hauptstadt
Gut vernetzt Melanie Bähr, Geschäftsführerin von Berlin Partner, an einem Kunstwerk in den Räumen der Wirtschaftsförderer
T VON LENA BULCZAK
Berlin lockt – als Party-Metropole, als Bildungsstätte und als kultureller Hotspot. Als attraktiver
Wirtschaftsstandort wird die
Hauptstadt dagegen nur selten
wahrgenommen. Doch das wandelt sich gerade. Zwischen 2008
und 2011 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,8 Prozent gestiegen – im aktuellen Bundesländerranking der Initiative Soziale
Marktwirtschaft und der „Wirtschaftswoche“ heißt das Rang
eins für Berlin in puncto Dynamik. Das Bundesmittel lag bei 1,3
Prozent. Und auch im ersten
Halbjahr 2012 wuchs die Wirtschaft in keinem Bundesland stärker als in der Hauptstadt.
Die Aufholjagd hat die Hauptstadt bitter nötig. Im Vergleich
der absoluten Zahlen hinkt Berlins Wirtschaft noch immer hinterher. Die Arbeitslosenquote ist
mit 13,3 Prozent die höchste aller
Bundesländer, das Pro-Kopf-Einkommen eines der niedrigsten.
Japaner angelockt
Doch jetzt wird Berlin auch bei
Unternehmen beliebter. Vor allem Dienstleister wie Beratungsfirmen siedeln sich gerne an, auch
wenn ihre Kunden – die Großunternehmen – meist nicht vor Ort
sind. „Der wichtigste Pluspunkt
für die Firmen ist, dass hoch qualifizierte Arbeitskräfte einfach
gerne nach Berlin kommen“, sagt
Klaus-Heiner Röhl, Berlin-Experte beim Institut der deutschen
Wirtschaft Köln.
Ob Computerhersteller Fujitsu
Technology Solutions oder Inter-
nethändler Amazon – die beiden
großen Ansiedlungserfolge des
vergangenen Jahres begründen
ihre Entscheidung für Berlin damit, dass ihnen die Stadt Zugang
zu hoch qualifizierten Mitarbeitern bietet. Fujitsu richtet in Berlin ein Inside Sales Center mit 400
Beschäftigten ein. Für genauso
viele Mitarbeiter errichtet Amazon ein Kundenzentrum. Auch
den japanischen Pharmakonzern
Takeda hat die pulsierende Metropole angelockt. Von hier aus
will der Pharma-Riese sich strategisch neu ausrichten.
„Aus einer internationalen Perspektive von Talenten betrachtet
ist Wolfsburg gleich Volkswagen,
München gleich BMW, Stuttgart
gleich Daimler und Berlin gleich
Party und junge Leute“, sagt Melanie Bähr, Geschäftsführerin bei
Berlin Partner. „Hier hat die Stadt
ein riesiges Potenzial, das sie
durch ein geschicktes Talent-Marketing wecken kann.“
Angesichts sinkender Geburtenraten werden die Talente immer rarer – und der Wettbewerb
um sie härter. Mit einem berlinweiten Talent Marketing will Berlin Partner daher dafür sorgen,
dass es die Spitzenkräfte auch
künftig in die Hauptstadt zieht
und Studenten am Wegzug hindert. Auf der Internetseite
www.talent-in-berlin.com sollen
künftig alle Stellen für Fach- und
Führungskräfte in den Zukunftsfeldern der Urban Technologies,
Life Sciences, IT, Medien, Kreativwirtschaft, Dienstleistungen
und Tourismus gebündelt werden. Begrüßt werden sollen sie
Neuankömmlinge demnächst mit
Kommentar
Peinlich
Björn Hartmann über den Flughafen BER
erlins Wirtschaft wächst
stärker als die aller
anderen Bundesländer, die Gründerszene ist nirgends in Deutschland so rege wie
an der Spree, gut
ausgebildete internationale Fachkräfte zieht es
wegen des kreativen Umfelds in die
Stadt – und sie
schafft es, sich mit
einem Prestigeprojekt weltweit zu
blamieren. Der
neue Großflugha-
B
fen BER ist bisher
ein Desaster.
Das Problem ist
nicht so sehr, dass
der Flughafen
später fertig wird
als geplant, sondern, dass die
Probleme trotz
Hinweisen nicht
rechtzeitig auffielen, offenbar
niemand wirksam
gegensteuerte und
es jetzt so wirkt,
als werde nicht
ordentlich aufgeräumt. In der
Stadt fehlt offenbar die Fähigkeit,
einem „Talent Welcome Package“, das gerade entwickelt wird.
Ausschlaggebend wird Berlins
Attraktivität für Talente besonders dann, wenn die Firmen international rekrutieren. Mit Produktionsstandorten auf dem Land
lassen sich die klugen Köpfe
schwerlich locken. So hat sich das
von Thyssen Krupp Elevator
(Aufzüge) neugegründete Escalator BusinessCenter für Berlin entschieden. Und auch Corning Cable Systems – bekannt als Hersteller extrem dünner Glasscheiben
ein solches Mammutprojekt durchzuziehen. Das
schmerzt.
Für den Standort ist jetzt wichtig, dass der Flugbetrieb beim
nächsten vorgesehenen Eröffnungstermin, dem
27. Oktober 2013,
auch tatsächlich
beginnt. Denn
sollte Berlins Wirtschaft so weiter
wachsen wie bisher, ist auch ein
adäquater Flughafen nötig.
für die Displays namhafter
Smartphone-Hersteller – hat sich
mit einem Forschungszentrum in
Adlershof niedergelasssen.
Berlin hat sich so inzwischen zu
einem der attraktivsten Investitionsstandorte in Europa gemausert. Das zumindest bescheinigt
ein Ranking der internationalen
Fachzeitschrift „Foreign Direct
Investment Magazine“. Berlin gilt
den Investmentexperten zufolge
als die Stadt mit der besten Ansiedlungsstrategie in ganz Europa. Was das Arbeitskräftepotenzi-
al anbelangt hat sich die Stadt auf
Platz vier unter den Großstädten
Europas vorgekämpft – hinter
London, Paris und Wien.
Überdurchschnittlich zugelegt
hat selbst das Sorgenkind der Berliner Wirtschaft: die Industrie.
2011 ist die Branche um fünf Prozent gewachsen und liegt damit
mit mehr als 105.000 Beschäftigten fast wieder auf dem Niveau
von 2008. In der Energiebranche
hat sich Berlin sogar zum führenden Standort entwickelt. Die
Stadt ist auf dem Weg zur Modellregion für Elektromobilität. Große Bahnhersteller haben ihren
Sitz in der Berlin, mit vielen Industriejobs.
Adlershof als Katalysator
Seit Jahren schon wirkt der Technologiepark Adlershof wie ein
Katalysator für die Berliner Wirtschaftskraft mit mehr als 900 Unternehmen. Ab 2015 kommt mit
dem CleanTech Business Park ein
innerstädtisches Industrieareal
hinzu. Mit 90 Hektar wird es das
größte der Stadt sein. Ansiedeln
sollen sich hier große produzierende Firmen der umwelt- oder
energierelevanten sauberen Technologien.
Auch für die Zukunft stehen die
Zeichen auf Wachstum: Die Investitionsbank Berlin rechnet mit
einem Wirtschaftswachstum von
zwei Prozent für 2013. Sorgen bereitet den Wirtschaftsverbänden
allerdings der Pannenflughafen
BER. Vor allem ein gesicherter
Eröffnungstermin, geplant ist der
27. Oktober 2013, sei wichtig.
Schließlich soll der BER der Region weiter Auftrieb geben.
BERLINS TOP 200
BERLINER MORGENPOST | SONNTAG, 28. OKTOBER 2012
T VON JOST BURGER
Berlin gilt nicht nur in Deutschland als Hotspot der digitalen
Wirtschaft. Viele denken dabei
vor allem an die rege Start-UpSzene. Doch die Lage ist vielschichtig. Neben den medial präsenten Newcomern machen die
digitale Wirtschaft in Berlin auch
viele Unternehmen aus der klassischen Informations- und Kommunikationstechnologie
(IKT)
aus. Gemeinsam ist der Branche
eines: Sie ist zukunftsfähig, sie
schafft Arbeitsplätze – und sie
wächst.
Das zeigen auch die Zahlen aus
der Top-200-Unfrage der Berliner
Morgenpost: Der Online-Händler Zalando findet sich dort mit
1000 Mitarbeitern. Groupon, erfolgreich mit Rabatt- und Kundengutscheinen, meldet 800 Mitarbeiter. Und Jesta Digital, der
Nachfolger des Inhalteanbieters
Jamba, hat in Berlin 360 Beschäftigte. Innerhalb der „etablierten“
IKT-Szene fällt der Internet-Provider Strato mit einer deutlichen
Steigerung auf – von 478 Mitarbeitern vor einem Jahr auf aktuell
513. Und SAP steigerte die Zahl
der Festangestellten in Berlin innerhalb der vergangenen zwölf
Monate von 520 auf 560.
Doch es sind nicht nur die digitalen Dickschiffe, die die Branche
treiben. „Da gibt es einige große
in Berlin gegründete Unternehmen, die schnell wachsen, wie Zalando oder Wooga, aber auch viele kleine Unternehmen, insbesondere aus den Bereichen Web-Games und digitale Medien“, sagt
Andras Jöhrens, Sprecher von
Berlin Partner. Zalando ist ein
Onlinehändler, Wooga entwickelt
Online-Spiele.
TopNews
Auf Erfolg
programmiert
Neu dabei:
Charité und BSR
Die Berliner Morgenpost hat
beim diesjährigen Top-200Ranking der größten Arbeitgeber der Stadt erstmals auch
die großen beiden Körperschaften öffentlichen Rechts,
Charité und Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR)
aufgenommen. Die Charité
stieg auf Platz vier mit 12.580
Mitarbeitern ein, die BSR auf
Platz 14 mit 5464 Beschäftigten.
Die digitale Wirtschaft wächst und
prägt das Image des Standortes. Der
Branche steht noch Großes bevor
Top-Konzerne
wollen sparen
Trübere Konjunkturaussichten
führen in vielen deutschen
Großkonzernen zu einer
vorsichtigeren Geschäftspolitik. Mit Daimler und Siemens haben zwei Konzerne
aus dem Deutschen Aktienindex Dax, die auch viele
Mitarbeiter in Berlin beschäftigen, Sparmaßnahmen
angekündigt. Siemens, in der
Top-200-Liste mit 13.386
Mitarbeitern auf Platz drei, will
am 8. November in Berlin
Einzelheiten bekannt geben.
In den ersten neun Monaten
des Geschäftsjahres war der
Konzern deutlich unter seinen
Erwartungen geblieben.
Daimler-Chef Dieter Zetsche
hat wegen der Absatzkrise in
der Autoindustrie ein Sparprogramm mit Milliardenumfang angekündigt. Daimler
steht mit 6200 Beschäftigten
auf Platz 11 der Top 200.
Exzellenter Ruf
Neue Jobs in der
Gesundheitsbranche
CHRISTIAN KIELMANN/
Rund 36.000 Unternehmen bilden in Berlin der Senatsverwaltung zufolge das Cluster „IKT,
Medien und Kreativwirtschaft“.
Sie setzen rund 26 Milliarden Euro pro Jahr um. Gut ein Fünftel
der Unternehmen gehört zur digitalen Wirtschaft und der IKT. Für
das gesamte Cluster geht man von
314.000 Erwerbstätigen aus, rund
181.000 davon fest angestellt.
Der Erfolg rührt zweifellos
auch vom Charakter der Stadt:
„Berlin ist eine unglaublich kreative Stadt, der Bereich rund um die
Schönhauser Allee hat international seinen Ruf als Silicon Allee“,
sagt Jöhrens. Dazu komme Berlins exzellenter Ruf als Forschungs- und Universitätsstandort, was wiederum viele junge, talentierte Menschen anziehe –
künftige Führungskräfte, wie Jöhrens betont.
Apropos Führungskräfte: Wie
die digitale Wirtschaft in Berlin
wächst, zeigt sich auf dem Arbeitsmarkt, wie Lars Gurow, Leiter Public Relations bei Strato,
meint. In Berlin gebe es unbestreitbar einen großen Wettbewerb um Fachkräfte und Spezialisten aus der IT-Branche. Firmen
wie Strato könnten dabei aber oft
mit dem Besten aus zwei Welten
punkten: „Zum einen bieten wir
einen sicheren Arbeitsplatz, etwas, das nach wie vor viele junge
Menschen zu schätzen wissen.
3
Rasanter Aufstieg Die Groupon-Chefs Nicole Weyde und Jens Hutzschenreuter haben gut lachen
„Es ist nur eine
Frage der Zeit,
bis in Berlin das
nächste Twitter
entsteht“
Cafer Tosun Leiter
SAP Innovationszentrum
Zum anderen haben kreative
Köpfe auch bei uns sehr viele
Freiheiten, um Dinge auszuprobieren“, sagt Gurow.
Wo die IKT-Szene wächst, weiß
René Ebert, Geschäftsführer des
SIBB. Der Verband vertritt die
Interessen der Firmen der IKTBranche in Berlin und Branden-
burg: „Wachstum sehen wir vor
allem auf drei Feldern. Da ist zum
einen die IT-Sicherheit. Auf diesem Gebiet gibt es in Berlin und
Brandenburg geballte Kompetenzen.“ Dann Cloud Computing: In
den Verbandsforen zum Thema
Software as a Service – also „aus
der Ferne“ genutzte Anwendungen – und Cloud Computing fänden sich immer öfter auch junge
Firmen, die neue Ideen einbringen. „Wir sehen hier die ganze
Bandbreite – von der Fünf-MannFirma über den etablierten Mittelstand bis zu Weltfirmen wie
der IBM“, sagt Ebert. Nicht zuletzt verzeichne der gesamte Bereich um mobile Anwendungen
starke Zuwächse.
Und doch ist es ein Geben und
Nehmen zwischen Unternehmen
und Standort. Wenige Beispiele
taugen dafür so gut wie SAP. Im
Recruiting bediene sich die Berlin-Niederlassung in Mitte zwar
aus einem bundesweiten Pool von
Bewerbern, heißt es aus der Walldorfer Zentrale. Umgekehrt nutze
der Multi jedoch das Potenzial an
klugen Köpfen in Berlin und Umgebung. Was immerhin indirekt
dem Standort hilft. „Die Bedeutung der Region für SAP ist immens“, sagt Cafer Tosun, Leiter
des SAP Innovationszentrums in
Potsdam. „Gerade hier in der
Hauptstadt der Start-ups ist die
Szene ein besonderer Nährboden
für Innovationen.“ Um den
Standort macht sich Tosun keine
Sorgen: „Es ist aus meiner Sicht
nur eine Frage der Zeit, bis in Berlin das nächste Twitter oder Facebook entsteht. Dann wird man
sich ganz schnell Grund und Boden zulegen müssen, bevor die
Preise explodieren!“
Nach einer Umfrage des
Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK)
sollen in Deutschland rund
180.000 neue Jobs entstehen,
70.000 davon allein in den
Branchen Gesundheit, Gastgewerbe und Tourismus, drei
Bereiche, in denen auch Berlin
sehr stark ist. Dahinter folgen
Unternehmen der Branchen
IT und Versicherungen mit
insgesamt 55.000 neuen
Stellen.
Impressum
Berlins Top 200 ist eine Beilage
der Berliner Morgenpost
Redaktion: Lena Bulczak,
Jost Burger, Anna Katharina
Fricke, Michael Gneuss,
Lars Grötsch, Björn Hartmann
(ViSdP), Shirine Issa,
Katharina Lehmann
Fotos: Christian Kielmann,
Amin Akhtar
Grafik: Christian Schlippes
Layout: Hans-Jürgen Polster
Medienkooperation:
Philip Schmalzl
Berliner Morgenpost
Nachrichtenredaktion
10888 Berlin
[email protected]
In Zusammenarbeit mit der Berlin Partner GmbH
Die Top 200 der Berliner Wirtschaft
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BERLINS TOP 200
SONNTAG, 28. OKTOBER 2012 | BERLINER MORGENPOST
Zu Beginn des Jahres hat Dieter
Wagon, neuer Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg,
den Kampf für mehr Jobs in der
Region aufgenommen. Schließlich weist Berlin die höchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer auf. Vor allem die Chancen
der Jugend sind ihm wichtig, wie
er Michael Gneuss sagte.
Berlins Firmen
wollen verstärkt
ausbilden
Chancen für Schüler
mit schlechten Noten
T VON A. K. FRICKE
Berliner Morgenpost: Wie sieht
derzeit die Lage auf dem Arbeitsmarkt für junge Menschen in Berlin aus?
Dieter Wagon: Wie die Arbeitslosigkeit insgesamt, geht die Jugendarbeitslosigkeit in Berlin
zwar zurück, aber im bundesweiten Vergleich der Jugendarbeitslosigkeit ist die Hauptstadt negativer Spitzenreiter. Im September
lag die Arbeitslosenquote Berliner Arbeitsloser unter 25 Jahren
bei 13,7 Prozent. Dabei ist der Anteil junger Menschen ohne Berufsabschluss hoch, das ist kritisch. Wir müssen dringend für
mehr Ausbildung in Berlin und
Brandenburg sorgen.
Warum ist die Jugendarbeitslosigkeit in Berlin höher als in anderen
Bundesländern?
Wir haben in Berlin zu viele junge
Menschen, die ohne Schulabschluss auf den Arbeitsmarkt
kommen. Pro Jahr waren das etwa
neun Prozent der Schulabgänger.
Und dann gibt es noch Jugendliche, die zwar einen Schulabschluss haben, aber von den Arbeitgebern als nicht ausbildungsreif eingeschätzt werden.
Sind die Berliner Schulen zu
schlecht? Was müsste sich ändern?
Berlin hat sein Schulsystem umgebaut, um den Schülerinnen und
Schülern bessere Chancen zu eröffnen und den Bildungsstand zu
verbessern. Wir erwarten, dass
sich positive Ergebnisse für junge
Menschen bald zeigen und auf
dem Arbeitsmarkt hoffentlich
bald spürbar werden.
Gleichzeitig spüren viele Unternehmen einen Fachkräftemangel.
Wo ist dieser besonders deutlich?
In Berlin haben verschiedene
Branchen deutliche Arbeitskräftenachfrage. So gibt es in der Metall- und Elektroindustrie einen
Fachkräftebedarf für Ingenieure.
Im Gesundheitsbereich werden
etwa Alten- oder Krankenpfleger
gesucht. Und auch bei Erziehern
sind längere Laufzeiten bis zur
Stellenbesetzung nicht selten.
Wie können mehr junge Menschen
in den Arbeitsmarkt gebracht werden?
Dreh- und Angelpunkt für eine
solide Berufsausbildung ist eine
frühe und systematische Berufsorientierung in der Schulzeit. Unser Ziel ist, in Berlin die Berufsorientierung deutlich zu verstär-
„Wir haben
noch Potenzial“
Arbeitsagenturchef Dieter Wagon
über Berlins Probleme und Chancen
CHRISTIAN KIELMANN
Gibt es Unterschiede zwischen
Berlin und Brandenburg?
Ein deutlicher Unterschied zu
Brandenburg ist, dass sich dort
die Demografie bereits deutlicher
auswirkt als in Berlin. In Brandenburg lag die Arbeitslosenquote im September bei Jugendlichen
unter 25 Jahren bei 9,8 Prozent.
Mehr Zusammenarbeit Dieter Wagon will Schulen und Unternehmen enger verknüpfen
ken, zu standardisieren und zu
strukturieren. Zudem muss eine
gute Berufsorientierung auch eine
größere Nähe zum betrieblichen
Alltag herstellen. Eine gute Vernetzung von Schule und Betrieb
wäre für die jungen Menschen optimal. Hier haben wir noch Potenzial.
Müssen sich Unternehmen schon
früher engagieren, etwa in der
Schule, um ausbildungsfähige
Azubis zu finden?
Im Rahmen des dualen Lernens
ist die Beteiligung von Unternehmen ein wichtiger Faktor. Das
duale Lernen bereitet Schülerinnen und Schüler auf den Übergang in die Berufs- und Arbeitswelt vor und verbindet das Schulische mit dem Praktischen. An
der Einstiegsqualifikation für junge Menschen zeigt sich das beispielhaft. Sie bietet Jugendlichen,
die nach ihrer Schulzeit Startschwierigkeiten – also etwa mit
schlechten Schulnoten auf den
Ausbildungsmarkt kommen und
keine Ausbildung finden – eine
Perspektive. Die Einstiegsqualifikation findet im Betrieb statt und
geht einer Berufsausbildung voraus. Sie dauert sechs Monate bis
ein Jahr und der Erfolg ist messbar, denn die Übernahmequote ist
hoch. Etwa 75 bis 80 Prozent der
Jugendlichen werden anschließend in ein Ausbildungsverhältnis übernommen. Solch ein deutliches Engagement von Unternehmen ist sehr wünschenswert.
Förderung für Langzeitarbeitslose
Manager Dieter Wagon ist seit
Ende Januar 2012 Leiter der
Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für
Arbeit. Bisher war der aus Berlin
stammende Jurist in der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur für Arbeit Geschäftsführer für Controlling und Finanzen und damit für den Haushalt der Behörde verantwortlich.
Bereits seit 1983 ist der 60-Jährige
in verschiedenen Führungspositionen der Bundesagentur
für Arbeit bundesweit tätig, unter
anderem Hamburg, bevor er
1990 nach Berlin kam. Von bis
1994 war er als Verwaltungsleiter
im Landesarbeitsamt BerlinBrandenburg für Finanzen, Personal und die Statistik verantwortlich.
Programm In Berlin sind derzeit
fast 76.000 Berlinerinnen und
Berliner langzeitarbeitslos, also
länger als ein Jahr ohne Job. Das
soll sich nun ändern: Schwer
vermittelbare Langzeitarbeitslose
sollen mehr Chancen auf eine
Stelle bekommen. Der Senat hat
auf Vorschlag von Arbeitssenatorin Dilek Kolat ein entsprechendes Programm beschlossen, ein
Gemeinschaftsprojekt mit der
Arbeitsagentur. Wenn Firmen
Arbeitslose einstellen, können sie
bei den Jobcentern zwei Jahre
lang Lohnkostenzuschüsse von
bis zu 75 Prozent beantragen.
Das Land will auch Coachings
und Qualifizierungen fördern.
2010 und 2011 hat die durchschnittliche Ausbildungsquote
bei den größten Berliner Arbeitgebern 4,7 Prozent betragen. Die Unternehmen wollen
diese Zahl bis 2014 auf knapp
5,0 Prozent steigern, wie die
Berliner Morgenpost im Rahmen der Top-200-Umfrage bei
den größten Arbeitgeber der
Stadt erfuhr.
Bei Siemens lernen derzeit
884 Auszubildende, was einer –
für Industriebetriebe relativ
hohen – Quote von sieben Prozent entspricht. Auch die Deutsche Bahn mit 818 Azubis und
das Vivantes Netzwerk für Gesundheit mit 778 Azubis zählen
zu Berlins großen Ausbildern.
Hohe Ausbildungsquoten erreichen vor allem Unternehmen aus der Hotelbranche, etwa die Maritim Hotelgesellschaft mit 23,5 Prozent oder
NH Hoteles Deutschland (19
Prozent). Ähnliche Zahlen sind
in anderen Branchen nur beim
Autohändler Riller & Schnauck
(18 Prozent) sowie bei der BSR
(16 Prozent) zu finden.
Der geplante Anstieg der
Ausbildungsquote bis 2014 zeige, dass die Betriebe auf Ausbildung setzten, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, sagt Thilo Pahl, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung
der IHK Berlin. „Ob das reicht,
hängt stark von der Branche
ab.“ Dennoch wird längst nicht
jede freie Ausbildungsstelle besetzt. „Das Angebot ist stets
größer als die Nachfrage“, sagt
der IHK-Experte. Zur Fachkräftesicherung müssen daher
auch neue Zielgruppen erreicht
und zu einer Ausbildung motiviert werden. Das IHK-Programm „Your turn – Ausbildung im Schnelldurchlauf“
richtet sich etwa an Studienabbrecher und ermöglicht eine
verkürzte Ausbildung. „Im Maschinenbau liegt die Abbruchquote bei bis zu 30 Prozent“,
sagt Pahl. „Diese Studienabbrecher sind oft sehr geeignet
für eine anspruchsvolle, technische Ausbildung mit guten Aufstiegschancen.“
Aber auch Hauptschüler mit
schlechtem Notendurchschnitt
sollen motiviert werden, sich
zu bewerben. Oft denken sie,
sie hätten keine Chance, sagt
Pahl. Auch die Firmen sind immer mehr dazu bereit, jemanden auszubilden, wenn er übersoziale Kompetenzen verfügt.
Eine guter Einstieg ist etwa ein
sechs- bis zwölfmonatiges
Praktikum. „Hier können
schwächere Bewerber ihre sozialen Kompetenzen beweisen“, sagt Pahl. Mit Erfolg: 60
Prozent finden danach einen
Ausbildungsplatz.
BERLINS TOP 200
BERLINER MORGENPOST | SONNTAG, 28. OKTOBER 2012
Gesunde
Basis
AMIN AKHTAR
Wo Berliner Unternehmen
erfolgreich wachsen
Aufstieg Andreas Eckert, Chef der Medizintechnikfirma Eckert & Ziegler, zeigt in der Firmenzentrale, wo es hingeht
T VON MICHAEL GNEUSS
UND KATHARINA LEHMANN
Die Eckert & Ziegler Strahlenund Medizintechnik AG aus Berlin-Buch ragt heraus. Sie gehört
zu den weltweit größten Herstellern für radioaktive Komponenten für medizinische, wissenschaftliche und messtechnische
Zwecke. 2011 wurden mehr als 116
Millionen Euro Umsatz erzielt.
Der Sprung unter die 200 größten
Arbeitgeber Berlins steht jedoch
noch aus. Zwar beschäftigte das
börsennotierte Unternehmen insgesamt 573 Mitarbeiter, davon
aber nur 233 in Berlin.
Dennoch gilt Eckert & Ziegler
als eines der Paradebeispiele für
das, was an der Spree noch heranwachsen wird. „Im medizinischen Bereich sind die Potenziale
riesig“, sagt Firmenmitgründer
Andreas Eckert, der den Umsatz
seines Unternehmens bei anhaltendem Erfolg alle fünf Jahre verdoppeln will. Wenn das gelingt,
könnte Eckert & Ziegler in den
Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts in die Reihe der MilliardenUmsatz-Konzerne
vorstoßen.
Eckert kann sich das vorstellen.
Und wenn nicht? Dann kommen andere aus Berlin, die dorthin gelangen, meint Eckert. „Berlin ist im Kommen“, ist er sicher.
Noch ist Eckert & Ziegler also ein
klassischer Hidden Champion. So
wie bei einigen anderen in der
Stadt, zum Beispiel Jonas & Redmann oder PSI. Kontinuierlich
wächst die Mitarbeiterzahl des
Sondermaschinenbauers Jonas &
Redmann. Arbeiteten 2009 noch
520 Mitarbeiter in Moabit, waren
es 2011 bereits 570. Gelungen ist
das vor allem durch Exporterfolge mit Montage- und Fabrikautomatisierung. Auch auf dem asiatischen Markt konnte sich Jonas &
Redmann durchsetzen. Erfolg-
reich ist die 1989 gegründete Firma vor allem in der Energie- und
Medizintechnik. In den vergangenen zehn Jahren installierte Jonas
& Redmann allein für die Photovoltaikbranche mehr als 1700 Maschinen.
Der Softwareentwickler PSI
beschäftigte 2011 in Berlin 415 Mitarbeiter, 31 mehr als im Jahr zuvor.
Insgesamt sind beim SoftwareEntwickler rund 1500 Mitarbeiter
an elf deutschen und 19 internationalen Standorten in Europa,
Asien und Nordamerika angestellt. Bereits seit 1969 entwickelt
PSI Software für Energie-, Produktions- sowie Infrastrukturmanagement.
Herausragende Chancen hat in
Berlin nach Ansicht von Carolin
Clement, Bereichsleiterin Gesundheitswirtschaft bei Berlin
Partner, der „Life-Science“-Sektor. Schon jetzt ist er einer der bedeutendsten Arbeitgeber der
Stadt. Unter den Top 200 stellen
Unternehmen aus der Medizintechnik, des Pharmasektors und
der Gesundheitsversorgung mit
61.123 Mitarbeitern rund 18 Prozent der gesamten Beschäftigung.
In dieser Gruppe ist der Personalbestand 2011 um 0,3 Prozent gewachsen.
Im Ausland beliebt
Außergewöhnliche Perspektiven
hat Berlin als Standort für die Gesundheitswirtschaft nach Ansicht
von Clement vor allem, weil in
der Stadt alle Bereiche der Branche stark vertreten sind. Sowohl
Pharma- und Biotechunternehmen als auch Medizintechnikhersteller haben sich in Berlin vielfach angesiedelt und sehr gut entwickelt. Anerkannte Forschungseinrichtungen wie unter anderen
das Max-Delbrück-Centrum, die
Max-Planck-Institute oder das
Deutsche Herzzentrum machen
„Die Chancen
im Gesundheitssektor sollten
nicht vernachlässigt werden“
Carolin Clement
von Berlin Partner
Berlin zu einem wichtigen Wissenschaftsstandort für die Lebenswissenschaften. Hinzu kommen die vielen Gesundheitsversorger wie Krankenhäuser. Und
im Zentrum als Leuchtturm der
Berliner Gesundheitswirtschaft
steht die Charité – mit 12.580 Mitarbeitern der viertgrößte Arbeitgeber der Berliner Wirtschaft.
„München und Heidelberg sind
als Standort für Biotech sehr gefragt. Erlangen und Tuttlingen für
Medizintechnik. Es gibt aber mit
Berlin nur eine Stadt in Deutschland, die in allen Life-Science-Bereichen in der ersten Reihe gesehen wird“, sagt Clement von Berlin Partner. Das zeigt sich vor allem am hohen Interesse von
ansiedlungswilligen Unternehmen aus der Branche. Mit Pfizer,
die rund 750 Mitarbeiter in Berlin
beschäftigen, ist bereits ein spektakulärer Ansiedlungserfolg gelungen. In diesem Jahr ist Takeda
hinzugekommen. Nach der Fusion mit Nycomed wollen die Japaner die Standorte Aachen und
Konstanz aufgeben und in Berlin
zusammenführen. Etwa 100 Arbeitsplätze bringt das der Stadt.
Clement glaubt, dass noch mehr
Firmen folgen werden. „Wir sind
in aussichtsreichen Gesprächen.
Berlin wird jetzt auch im Ausland
sehr stark als Gesundheitsstand-
ort und wichtiger Cluster wahrgenommen. Das war noch vor einigen Jahren nicht so.“
Doch der Sektor ist ihrer Ansicht nach auch ohne neue Ansiedlungen stark. Neben Eckert &
Ziegler traut sie einer Reihe von
weiteren
Firmen
enormes
Wachstum zu: Biotronik zum Beispiel, aber auch World of Medicine oder AAP Implantate.
Allgemein wandelt sich die
Wahrnehmung der Branche, wie
Clement sagt: Der Gesundheitssektor insgesamt wird nicht als
Kostenverursacher gesehen, sondern vor allem als Motor für Wirtschaftswachstum. Allerdings ist
sie sich nicht sicher, ob das überall in der Hauptstadt so gesehen
wird. „Wir diskutieren sehr viel
über Energie- und Umwelttechnologien. Die Chancen für Berlin
im Gesundheitssektor sollten dabei nicht vernachlässigt werden.“
So weist sie darauf hin, dass die
Branche auch Platz für weiteres
Wachstum braucht. Es wäre
schön, wenn sich tatsächlich viele
Firmen in der Europacity zwischen Charité und Bayer Healthcare ansiedelten, sagt Clement. In
Buch seien hingegen nicht mehr
viele Flächen verfügbar. Auch im
Biotech-Park
Charlottenburg
sind die Wachstumsmöglichkeiten begrenzt.
Bleibt noch Adlershof. „Das ist
sicher nicht in erster Linie der
Standort für den Gesundheitssektor, aber an den Schnittstellen beispielsweise zur Optik kann dort
viel erfolgreiche Medizintechnik
heranwachsen“, glaubt Clement.
Ohnehin hat sie die Hoffnung,
dass eines Tages die ihre Ansicht
nach stärksten Berliner Branchen
IT und Gesundheit gemeinsam
für neue, ganz starke Firmen sorgen. „IT für die Gesundheitswirtschaft kann ich mir ganz hervorragend aus Berlin vorstellen.“
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