Thema: E. T. A. Hoffmann – Der Sandmann TMD: 4358 • Analyse

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Thema: E. T. A. Hoffmann – Der Sandmann TMD: 4358 • Analyse
Thema:
E. T. A. Hoffmann – Der Sandmann
TMD: 4358
Kurzvorstellung des
Materials:
•
Analyse und Interpretation des Textes, der ein auch heute
noch erstaunlich aktuelles Problem thematisiert!
Übersicht über die
Teile
•
Das Motiv des „Auges“
•
Das Motiv des „künstlichen Menschen“
•
Analyse
•
Ca. 2 ½ Seiten
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Dokument
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E. T. A. Hoffmann – Der Sandmann
Hoffmann bedient sich in „Der Sandmann“ zweier Motive – zum einen das des „künstlichen
Menschen“, zum anderen das „des Blickes“, bzw. des „Auges“. Wenn man diese beiden
Motive im Text erkennen und verstehen kann, ist die Interpretation nur noch eine Formsache
– daher soll hier nun zunächst einmal erklärt werden, was die unterschiedlichen Motive
ausmacht und wie sie sich deuten lassen.
Das Motiv des künstlichen Menschen
Es ist schon seit Urzeiten der Wunsch des Menschen, ein Lebewesen ohne Einbeziehung des
Geschlechtsakts künstlich zu erzeugen – für den Menschen bedeutet dieser Wunsch die
Begierde nach der göttlichen Macht, Leben geben zu können und so selber zum Schöpfer zu
werden. Dieser Wunschtraum geht jedoch einher mit der Angst davor, dass das Wesen, das
der eigenen Hand entsprungen ist, seinen Schöpfer überflügeln oder sich sogar gegen ihn
wenden könnte, wie es z.B. in M. Shelleys Roman „Frankenstein“ der Fall ist. Daher enden
die meisten Erzählungen oder Romane zu diesem Thema unglücklich – entweder damit, dass
der Schöpfer sein Werk zerstören muss, um sein eigenes Leben zu schützen, oder es zerstört
sich selbst.
Bereits in der Antike beschäftigten Dichter wie z.B. Ovid mit diesem Motiv, das ab Mitte des
18. Jahrhunderts erneut und verstärkt in der Literatur aufgenommen wurde. Das wichtigste
Element war hier der erneute Glaube an die eigene Macht zur Bändigung der Natur und wurde
in den unterschiedlichsten Werken thematisiert, es wurden jedoch auch einige Automaten
gebaut und ausgestellt, die möglichst realistisch aussehen sollten und sich größter Beliebtheit
erfreuten. So waren z.B. der schachspielende Türke von von Kempelen oder der Flötenspieler
von J. de Vaucanson regelrechte Attraktionen.
Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts sah man aber auch die Kehrseite dieses Wunsches nach
der eigenen, göttlichen Schöpferkraft, und nun herrschte wieder die Furcht vor der eigenen
Schöpfung vor.
Hoffmann stellt in „Der Sandmann“ vornehmlich die Wirkung des Kunstproduktes auf den
Menschen dar, der dieses nicht als solches wahrnimmt, und die negativen Folgen, die diese
Täuschung mit sich führen kann. Dies geht auch mit der Hauptbedeutung einher, die das
Motiv zur damaligen Zeit hatte – nämlich die Absicht, die Gesellschaft und ihre
Oberflächlichkeit darzustellen und zu kritisieren.
Das Motiv des Auges
Das Motiv des Auges hingegen lässt sich nicht so leicht festmachen, denn es kann in der
Literatur unterschiedlichste Stellenwerte einnehmen. Die wohl bekannteste Interpretation ist
wohl „das Auge ist das Fenster zum Herzen / zur Seele“, und sie wird auf die
unterschiedlichste Weise ausgedeutet und benutzt. Schon in der Antike vertrat man die
Meinung, dass das Auge die Öffnung zum menschlichen Herzen darstellt und das Göttliche
durch es Zugang findet. So ist zunächst naheliegend, dass man durch die Augen die wahren,
tatsächlichen Gefühle und das Wesen eines Menschen erkennen kann.
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Dies geht jedoch einher mit dem boshaften Auge, das eine Rolle in der Magie, in Sagen oder
im Aberglauben spielt. Dieses Auge stellt eine Bedrohung dar und wird häufig verwendet, um
die unheimliche Atmosphäre in Erzählungen (aber auch in Filmen – z.B. Stephen Kings
„Shining“) aufzubauen oder zu verstärken.
Im „Sandmann“ benutzt Hoffmann das Auge um darzustellen, wie groß und entsetzlich die
Furcht des Studenten Nathanaels ist – dies wird auch noch unterstrichen dadurch, dass der
Händler ihm „Augen“ zum Kauf anbietet. Hintergründig stellt das Motiv an dieser Stelle
jedoch auch Nathanaels Unfähigkeit dar, die Natur und seine Umwelt noch real, tatsächlich zu
erleben.
Analyse
Wie eingangs bereits schon festgestellt, sind beide Motive äußerst wichtig für das Verständnis
des Textes, denn sie ziehen sich in unterschiedlichen Varianten durch das ganze Werk.
Es fängt damit an, dass Coppelius bei einem seiner Besuche im Elternhaus Nathanaels
„Augen her, Augen her!“ ruft, und auch später, als Nathanael glaubt, Coppelius im
Wetterglashändler Coppola wiederzuerkennen, bietet dieser ihm „Augen“ zum Kauf an. Diese
beiden Stellen bedeuten die Vorausdeutung auf das künftige Geschehen. Die Augen werden
also als Mittel zur Wahrheitserkennung und –findung gesehen.
Weiter nimmt Coppola / Coppelius den ganzen Text eine prophetische Funktion ein, indem er
immer wieder mit Augen und „Bedrohung“ in Verbindung gebracht wird. Somit wird indirekt
suggeriert, daß in der Zukunft etwas „unheimliches“ geschieht – was dann ja auch der Fall ist.
Auch bei Olimpia fallen Nathanael die Augen auf, aber sie wirken nicht lebendig, sondern
„seltsam starr und tot“ – dennoch kann Nathanael (abgesehen von allen Menschen um ihn
herum) nicht erkennen, dass es sich bei Olimpia nicht um einen wirklichen Menschen,
sondern um eine Maschine handelt. Die Augen stehen hier also in keinster Weise für das
„Erkennen“, sondern viel eher für die zuvor schon beschriebene Unfähigkeit Nathanaels, der
Wahrheit ins Gesicht zu blicken und zu erkennen, dass ihm mit Olimpia nur etwas
vorgetäuscht ist was nicht das ist, was es zu sein scheint – obwohl ihre äußere Beschreibung
natürlich eindeutig zeigt, was Olimpia tatsächlich ist. Beschreibt Hoffmann doch ihre
„eiskalte Hand“, die er immer wieder betont und in den Vordergrund rückt. Dennoch gaukelt
Nathanael sich selber vor, dass er einen Puls fühlt („war es auch, als fingen an in der kalten
Hand Pulse zu schlagen und des Lebensblutes Ströme zu glühen“), und selbst die „ganz
eigene rhythmische Festigkeit, womit Olimpia tanzte“ verwirrt ihn nicht.
Nathanael ist in der folgenden Handlung völlig verblendet und nicht in der Lage zu erkennen,
was wirklich um ihn herum geschieht – es geht sogar so weit, dass er seine Verlobte Clara als
„gefühlloses Automat“ beschimpft, weil sie ihn darauf aufmerksam macht, dass es sich bei
Olimpia um keinen echten Menschen handeln könnte. Durch diese Wendung im Geschehen
wandelt Hoffmann den Text in eine Satire über den Automatenwahn der damaligen Zeit. So
freut Nathanael sich zum Beispiel über Olimpias „herrliches, tiefes Gemüt“, nachdem er
stundenlang ihre wächserne Hand gehalten und kaum ein Wort mit ihr außer „ach“ gewechselt
hat.
Andererseits steht Olimpia aber auch für die Angst, dass sich eines Tages Automaten unter
richtigen Menschen bewegen könnten, ohne dass es diesen auffällt – schließlich führt die
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Verwirrung Nathanaels: zum Einen durch die Liebe zur Puppe Olimpia, zum Anderen durch
die immer noch andauernde Bedrohung durch Coppola / Coppelius letztendlich zu seinem
freiwilligen Tod. Und auch in diesem Tod ist Coppola unter den Menschen, die Nathanael bei
seinem Sturz in den Tod beobachten. Sein Ausruf „Sköne Oke“ scheint wie eine letzte
Warnung an Nathanael, dass er nur die Augen hätte aufmachen und die Wahrheit erkennen
müssen. Somit steht die Händler an dieser Stelle wiederum für das „Nicht-Erkennen“ der
Wahrheit und der Tatsachen, die offensichtlich sind und die Verblendung Nathanaels.
Zwischen Nathanael und Coppelius gibt es eine klare Rollenzuteilung, vor allem in Hinblick
auf die benutzten Motive: Coppelius Rolle ist schon fast prophetisch, denn immer wenn er im
Text auftaucht, geschieht etwas einschneidendes in Nathanaels Leben: der Tod des Vaters,
das Kennenlernen Olimpias, der Selbstmord. Nathanael hingegen steht für die bereits schon
beschriebene Verblendung und Sturheit der damaligen Zeit, das „nicht sehen wollen“ der
anscheinenden Gefahr, die die Automaten für die Menschen in sich bergen.
Insgesamt versucht das Werk zu verdeutlichen, wie sehr die Menschen auf die Automaten und
die möglichst perfekte, lebensnahe Herstellung dieser sind – und thematisiert damit ein
Problem, das ohne Zweifel auch für uns heute noch von Bedeutung ist.
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