Gänsehaut und große Augen Komische Kulturschocks

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Gänsehaut und große Augen Komische Kulturschocks
Seite 8 · 9. / 10. April 2016
Region
N
Der Zirkus Roncalli bietet auf der Heilbronner Theresienwiese ein Spektakel
Gänsehaut und große Augen
Auch ohne wilde Tiere
und spektakulären
Stunts ist eine ganze
Menge geboten.
Von Julia Fischer
Spurwechsel
mit Folgen
Es war eine wahre Verkettung unglücklicher Umstände – das macht das Verhalten eines Lkw-Fahrers am
Mittwochnachmittag auf der
A6 allerdings auch nicht viel
besser.
Zwischen den Anschlussstellen Bad Rappenau und
Heilbronn/Untereisesheim
standen gegen 12.20 Uhr ein
defekter Smart sowie das
Dienstmotorrad eines Polizeibeamten, der helfen und
die Unfallstelle absichern
wollte. Der Lastwagenfahrer
bemerkte das Blaulicht des
Motorrads und zog daraufhin
vom rechten auf den mittleren Fahrstreifen.
Was er dabei allerdings
offenbar nicht sah, war ein
Toyota, dessen 21-jähriger
Fahrer gleichzeitig auf dieser
Fahrbahn unterwegs war.
Der Toyota-Fahrer musste,
um einen Zusammenstoß mit
dem Laster zu verhindern,
auf den linken Fahrstreifen
ausweichen – und kollidierte
dabei prompt mit dem Mercedes einer 57-Jährigen.
Der
Lastwagenfahrer
kümmerte sich nicht um den
Unfall, sondern fuhr einfach
weiter. Die beiden Pkw-Fahrer kamen ohne Verletzungen davon, an íhren Fahrzeugen entstand allerdings
Sachschaden in Höhe von
fast 7.000 Euro. (eo)
INFORMATION
Hinweise auf den LKW
nimmt die Autobahn- und
Verkehrspolizei Weinsberg
unter der Telefonnummer
07134/5130 entgegen.
Sie sehen aus wie Statuen, die
zum Leben erweckt wurden. Er
schiebt sich ein metallenes
Stück in den Mund, an das er
einen Metallring kettet. Sie
hängt sich an den Ring und beide schweben über den staunenden Gesichtern als seien
sie nicht von dieser Welt. Der
optische Eindruck ist außergewöhnlich, wenn Ambra und
Yves Nicols ganz in Gold an
langen Stoffbahnen im Zeltdach des Zirkus Roncalli turnen. Das Duo bildet den krönenden Abschluss auf der Heilbronner Theresienwiese.
Am Donnerstagabend feierte Roncalli Premiere in Heilbronn. Weil das gesamte
Equipment neuerdings auf der
Straße transportiert werden
kann, werden mehr Städte besucht. „Wir freuen uns sehr,
dass der Zirkus endlich einmal
in Heilbronn gastiert“, sagt
Elke Fischer-Utz aus Heilbronn-Sontheim, die zusammen mit ihrem Ehemann Armin
Utz den Zirkus Roncalli das
erste Mal besuchen und vom
Programm schwärmen. Auch
Anja Wenninger aus Flein, die
mit ihrem Sohn Philipp gekom-
Philipp Wenninger und seine
Mutter Anja Wenninger aus
Flein.
Hereinspaziert! Bis zum 17. April, gibt es beim Zirkus Roncalli auf der Heilbronner TheresienElke Fischer-Utz und Armin
wiese viel zu sehen. Die Clowns sind nur einer der vielen Höhepunkte.
Fotos: Archiv/Fischer Utz aus Heilbronn-Sontheim.
men ist, freut sich über das abwechslungsreiche Programm:
„Es ist schön, dass es so etwas
noch gibt.“ Das Zirkuszelt sieht
ganz traditionell aus: jede Menge rote Farbe und Platzanweiser, die Uniform tragen. Kurz
bevor sich das Zelt öffnet,
spielt eine Band – und Damen
locken zu Popcorn und gebrannten Mandeln.
Dazu gibt es eine Mischung
aus klassischen Zirkuselementen und innovativen Ideen. Bei
einer wunderschönen Pferde-
nummer wälzt sich ein schneeweißes Ross in violettem Licht
zu sanfter Musik auf dem Sand
der Manege. Später flitzt eine
Meute Schlittenhunde eine
Rutsche herunter. Naja, fast
alle – einer von ihnen scheint
sich nicht zu trauen. Er nimmt
lieber die Stufen. Letztlich
rutscht er aber doch rückwärts
in die Arme einer Dame im
Pelzkostüm. Seit 25 Jahren arbeitet der Zirkus mit Haustieren
– auf Wildtiere verzichtet er
komplett.
Auch wer spektakuläre
Stunts sucht wird bei Roncalli
nicht fündig. „Bei uns soll keiner mit schweißnassen Händen nach Hause gehen“, erklärt Pressesprecherin Meike
Schütte. Stattdessen legt
Roncalli Wert auf Ästhetik. „Es
geht uns vielmehr um schöne
Bilder. Jede Nummer erzählt
eine kleine Geschichte.“ Musik, Kostüm, Licht – ob bei der
Magie von Jimmy Saylon oder
den komischen Flöten-Einlagen von Gabor Vosteen – stets
ist alles perfekt aufeinander
abgestimmt.
Gänsehaut vermissen die
Besucher bei der Premiere
trotzdem nicht im Geringsten.
Seiltanz, Handstände und der
vergoldete Paartanz in der
Höhe lassen das Publikum die
Luft anhalten.
INFORMATION
Roncalli gastiert bis zum 17.
April auf der Theresienwiese.
Weiteres gibt es im Internet unter www.roncalli.de.
Bernhard Hoëcker und sein Publikum steigern sich in der Öhringer Kultura in einen wahren Lachrausch
Komische Kulturschocks
Von Daniel Hagmann
Wolfgang und Ingrid Schmitt
aus Weinsberg-Gellmersbach.
Simone und Günther Stadtmüller aus Erlenbach.
Elena Merzouki (links) und
Anita Urcun aus Bretzfeld.
Verrückt. Die Welt ist schon ein
verrücktes Fleckchen. In unseren Gefilden stehen Tramper
mit erhobenem Daumen am
Straßenrand. Dieselbe Geste in
der Türkei ist so, als würde man
bei uns den Vorbeifahrenden
den ausgestreckten Mittelfinger entgegenhalten. Und bald
tingeln die Massen während
der Fußball-EM wieder zum
Public Viewing. Derselbe Begriff steht in England für das öffentliche Aufbahren einer Leiche. Kräftiges Biertrinken, lautes Grölen und bunte Schminke sind da eher fehl am Platz.
Illuminaten-Merkel. Am Donnerstagabend stellt Bernhard
Hoëcker in der Öhringer Kultura die Welt auf den Kopf. Sein
Zweieinhalb-Stunden-Programm „So liegen Sie richtig
falsch“ ist prall gefüllt mit den
komischen
Konsequenzen,
wenn Kulturen aufeinander-
Das Publikum in der Öhringer Kultura
liefert jede Menge Steilvorlagen für
die Gags von Bernhard Hoëcker. Der
Comedian kommt selbst kaum aus
dem Lachen heraus.
Fotos: Hagmann
prallen. Immer wieder greift der
selbst mit 1,59 Meter nicht allzu
groß geratene Komiker die
Kleinigkeiten des Alltags auf –
und stellt sie infrage. Angela
Merkels berühmte Raute soll
anzeigen, dass sie zu den Illuminaten gehört? Klar, denn jedes Mitglied eines Geheimor-
dens ist ja dafür bekannt, heimliche Zeichen öffentlich zur
Schau zu stellen. Überhaupt
liegt jeder voll daneben, der gegen Farbige hetzt. Schließlich
stammt der Mensch aus Afrika.
Und das bedeutet: Jeder Weiße ist eigentlich ein Schwarzer
mit Pigmentstörung.
Verfahren. Das Bestechende
an der kurzweiligen Show des
Komikers, den man aus TVSendungen
wie
„Switch“
kennt: Locker ein Drittel des
Programms entsteht spontan
im Dialog mit den gut gelaunten 300 Zuschauern. Hoëcker
fragt: „Habt ihr hier auch Bahn-
höfe?“ Ein Zuschauer: „Viele
Teilorte nicht.“ Als sich der Besucher als studierter Verfahrenstechniker zu erkennen
gibt, kommt Hoëcker aus dem
Lachen kaum heraus. „Verfahren, das erklärt, warum du – als
Nichtzugbenutzer – den Weg
nach Öhringen gefunden hast.“
Viel hat sich geändert, seit Hoecker die Uni verlassen hat.
„Ich hab mein Studium vorzeitig beendet. Früher hieß das
’abgebrochen’, heute heißt es
’Bachelor’.“
Marliese und Martin Veith aus
Bad Friedrichshall.
Karin Rudolph aus Neuenstadt und Karl-Heinz Schell
aus Bad Friedrichshall.
Spontan. Die Erzieherin Marliese Veith aus Bad Friedrichshall lacht fast die ganzen zweieinhalb Stunden durch: „Ich
sehe Hoëcker heute zum allerersten Mal live – seine Show ist
wirklich ganz toll. Der Funke
springt sofort über.“ Vanessa
Kircher aus Öhringen gefallen
vor allem die spontanen Momente: „Es ist super, wie er das
Publikum ins Programm mit Corinna Hellkuhl und Tobias
einbezieht.“
Burk aus Bretzfeld-Bitzfeld.

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