Leseprobe - Windsor Verlag

Transcription

Leseprobe - Windsor Verlag
Ganz herzlich bedanke ich mich bei meiner Freundin
Sophia Olbrich für ihre geduldige Unterstützung bei
der Erstellung der Fotos zu diesem Buch.
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Dr. Thomas King
KESS®
Die Selbstverteidigung für Mädchen
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www.windsor-verlag.com
© 2013 Dr. Thomas King
Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
KESS® ist eine eingetragene Marke und als solche geschützt.
Verlag: Windsor Verlag
ISBN: 978-1-627840-06-4
Umschlaggestaltung: Julia Evseeva
Layout: Julia Evseeva
Fotos: Dr. Thomas King
Titelbild: © George Mayer (fotolia.com)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages
und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................ 7
Einleitung ................................................................................... 10
Theorie – Grundwissen ............................................................ 16
Psychologische Aspekte ...................................................... 16
Rechtliche Aspekte ............................................................... 24
Nach einem Überfall ............................................................ 25
Tipps zur Gefahrenvermeidung ........................................ 28
Gefahren provozierendes Verhalten ................................. 35
Was musst du lernen? .......................................................... 41
Wie kannst du dich wehren? .............................................. 43
Ausbildungsstufe 1
„Die magischen 7“ ....................................................................
1. Die Körperwaffen (Ellbogen, Knie) ...............................
2. Festhalten / Fixieren .........................................................
3. Fingerverbiegen ................................................................
4. Nussknacker / Hodenschlag ...........................................
5. Windmühle .......................................................................
6. Polizeigriff .........................................................................
7. Pirouette ............................................................................
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Ausbildungsstufe 2
„Die nützlichen 5“ .....................................................................
1. Grifflösen ...........................................................................
2. Kopfstoß ............................................................................
3. HNO – Halsdruck, Nasendruck, Ohrenschlag ............
4. Nackenschraube ...............................................................
5. Beinhebel ...........................................................................
Schlägerangriffe .........................................................................
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Wiederholung
Wie musst du kämpfen? ........................................................... 91
Die KESS® – Ausbildung ....................................................... 100
Nachwort .................................................................................. 105
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Vorwort (besonders für die Eltern)
Das Buch KESS® – Die Selbstverteidigung für Mädchen habe
ich für Mädchen im Alter von etwa 8 bis 13 Jahren geschrieben
(für ältere Mädchen empfehle ich mein Buch KESS® – Die
Selbstverteidigung für Frauen). Gerade in dieser Alterspanne
tut sich sehr viel in der Entwicklung eines Mädchens: Mit 8
oder 9 Jahren ist es noch ganz Kind, mit 10 bis 12 Jahren nicht
nur körperlich deutlich reifer und sich geschlechtsspezifischer
Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen sehr wohl
bewusst, ab 13 Jahren zunehmend an den Jungs interessiert
und spätestens mit 15 Jahren eine „junge Erwachsene“, die
darauf zusteuert, ihr Leben selbst zu gestalten.
Besonders wegen der unterschiedlichen mentalen Reife
müsste man eigentlich für jedes Alter ein anderes, ganz
spezielles Buch erstellen mit dem jeweiligen Alter und
Reifegrad angepassten Tipps und Tricks. Doch ist das
einerseits nicht wirklich machbar, andererseits auch nicht
wünschenswert. Denn zu klein gewordene Kinderschuhe
werden zwangsläufig durch neue, wieder passende ersetzt,
aber ein Selbstverteidigungsbuch für Mädchen vermutlich
nicht – und dabei sollte doch ein solches Buch ein Wegbegleiter sein von der Kindheit bis ins Disco-Alter.
Deswegen habe ich mich für einen Mittelweg entschieden
und mich an etwa 11-jährigen Mädchen orientiert, auch in
der Überlegung, dass eine 7- oder 8- Jährige ruhig schon früh
lernen sollte, was sie als 11-Jährige wissen muss.
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Dieses Buch ist ein kursbegleitendes „Arbeitsbuch“ zum
Unterstreichen, Notieren und Mitschreiben und kann helfen, die Inhalte eines Kurses zu wiederholen. Die Teilnahme
an einem Kurs kann es jedoch nicht ersetzen, denn die
Erfahrungen, gemeinsam mit anderen Mädchen verschiedene Selbstverteidigungssituationen zu erleben und sinnvolle Verteidigungstechniken zu erlernen und zu üben,
die Anregungen und Aspekte, die sich aus Gelingen und
Misslingen im Training ergeben sowie Selbstsicherheit und
Selbstvertrauen, welche sich durch zunehmend routinierteres
Verhalten in unterschiedlichen Angriffssituationen entwickeln, kann auch das intensivste Studium eines Buches
nicht vermitteln.
In einem KESS®-Kurs erlernt ein Mädchen einfache, aber
möglicherweise sogar lebensrettende Techniken gegen körperliche Angriffe und hat die Möglichkeit, die erlernten
Techniken an einem „Angreifer“ auszuprobieren. Nur das
Anwenden in realitätsnahen Übungskämpfen gibt die nötige
Routine und Selbstsicherheit, um bei einem ernsthaften
Angriff tatsächlich bestehen zu können.
Dabei ist dieser Angreifer in einem guten KESS®-Kurs
lediglich durch ein Suspensorium geschützt, denn nur so
ist eine realitätsnahe Vorbereitung auf einen eventuellen
Ernstfall gewährleistet. Eine dicke Schutzausrüstung beim
„Gegner“ reduziert zwar die Hemmung, „mal ordentlich
draufzuhauen“, macht es aber unmöglich, die erlernten Selbstverteidigungstechniken so anzuwenden, wie sie im Kurs
vermittelt bzw. gelernt wurden und wie es ein tatsächlicher
Angriff erfordert.
Neben einer wirklichkeitsnahen Ausbildung bietet KESS®
den Vorteil, dass sich die Teilnehmerinnen schon nach nur
einem Kurs der Ausbildungsstufe 1 auch gegen körperlich
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deutlich überlegene Gegner wirkungsvoll verteidigen können.
Ein regelmäßiges Training würde zwar sicher nicht schaden,
ist aber nicht unbedingt nötig um sich effektiv wehren zu
können. Und ein KESS®-Kurs macht viel Spaß ...
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Einleitung
Hallo Mädels, liebe Eltern,
Selbstverteidigung ist mehr als einfach nur die Fähigkeit,
notfalls einen anderen Menschen verprügeln zu können.
Selbstverteidigung verleiht eine psychische Stärke, die dabei
hilft, eigene Wünsche und Bedürfnisse auch einmal gegen
die Vorstellung anderer durchzusetzen, sich also selbst zu
behaupten.
Selbstbehauptung ist nichts, was man erlernen kann, die
Fähigkeit zur Selbstbehauptung muss wachsen, sie muss von
innen kommen.
Selbstsicherheit ist die Grundlage für die Fähigkeit zur
Selbstbehauptung, also für die Überzeugung, dass das, was
man durchsetzen möchte, richtig ist und dass es auch richtig
ist, dass man sich für seine Ziele konsequent einsetzt.
Selbstbewusstsein ist das Gefühl, selbstsicher zu sein und
sich behaupten zu können. Ohne Selbstsicherheit und die
Fähigkeit zur Selbstbehauptung kann sich ein ausgeprägtes
Selbstbewusstsein nicht entwickeln.
Doch auch das größte Selbstbewusstsein wird im Laufe
unseres Lebens immer wieder hart auf die Probe gestellt.
Gerade in der Kindheit und in der Jugend, wenn sich das
Selbstbewusstsein erst entwickelt, ist der Bedarf, sich gegen
andere durchzusetzen, besonders groß. Denn so hart das jetzt
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klingen mag: Unter Kindern herrscht das Recht des Stärkeren.
Der Größere und Stärkere hat letztendlich immer Recht – sonst
gibt´s was auf die Ohren.
Sich und seine Interessen auch dann noch konsequent behaupten und selbstbewusst und selbstsicher auftreten zu
können, wenn der Widersacher (wenn auch nur körperlich)
überlegen ist, lässt sich nicht ausschließlich in Rollenspielen
erlernen. Denn unter dem Strich bleibt der andere der
körperlich Stärkere, und damit der Überlegene. Und wenn er
dann auch noch seine körperliche Stärke nutzt, hilft mir selbst
nur noch die Fähigkeit, notfalls dagegenhalten zu können.
Das ist der Grund, warum ich es für so wichtig halte, dass
Mädchen schon im Grundschulalter erlernen, wie sie auf der
letzten Stufe der Auseinandersetzung noch bestehen können:
Körperliche Selbstverteidigung. Denn was nützt es, wenn ein
Mädchen einem gewaltbereiten Widersacher widerspricht,
in seinen Augen eine dicke Lippe riskiert und mit einer
solchen schließlich auf dem Boden liegt!? Auch ein pädophiler
Sittenstrolch wird wohl kaum von seinem Vorhaben ablassen,
nur weil sein Opfer „überzeugend NEIN gesagt“ hat!
Deshalb stehe ich zu meiner Auffassung, dass es sinnvoll und
gerechtfertigt ist, Mädchen schon im Grundschulalter harte
Selbstverteidigungstechniken beizubringen. Denn auch sie
haben ein Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit.
Dazu gehört auch das Recht, wirklich effektive Techniken
erlernen zu dürfen und zu erfahren, was man im Notfall wie
tun kann, um sich diese Unversehrtheit zu bewahren.
Schon in jungen Jahren fühlen sich viele Mädchen auf dem
Weg zur Schule bzw. beim Aufenthalt auf dem Schulhof
berechtigterweise immer mehr bedroht. Denn auch unter
Kindern und Jugendlichen nimmt die Gewalt in Quantität
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und Qualität ständig zu. Bereits im Grundschulalter werden
Kinder auf dem Schulweg beraubt oder während der
Pausen von anderen Kindern traktiert und verprügelt, als
Jugendliche nicht selten auf übelste Weise „angemacht“ oder
gar massiv körperlich bedroht. Schockierende Berichte über
Belästigungen bis hin zu sexuellem Missbrauch, aber auch
schlimmste Gewalttätigkeiten wie Schutzgelderpressung
(heute auch Abzocken genannt), Diebstahl von Taschengeld,
Jacken, Fahrrädern u.ä. geben leider Anlass, sich so früh wie
möglich auf solchen Notsituationen vorzubereiten.
Neben zahllosen Straftaten aus anderen Motiven werden
jedes Jahr allein in Deutschland offiziell über 50.000 „Straftaten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ verübt, davon ca.
3/4 im Freundes- und Bekanntenkreis. Etwa 1/3 der Opfer
ist jünger als 14 Jahre. Die Dunkelziffer liegt ungefähr beim
Zehnfachen, also bei über 500.000 Straftaten im Jahr!
Leider glauben viele Menschen noch immer, sich in
einem Notfall auf fremde Hilfe verlassen bzw. sich durch
Selbsteinschränkung gefährlicher Situationen entziehen zu
können. Dabei muss heutzutage jede Frau und jedes Mädchen
immer und überall damit rechnen, in aller Öffentlichkeit
und am helllichten Tag z.B. im Bus, auf der Straße oder im
Fahrstuhl belästigt oder gar angegriffen zu werden – und
die Hilfsbereitschaft anwesender Personen ist keineswegs
gewährleistet! Das Erlernen einer effektiven Selbstverteidigung
bietet zwar keine Gewähr dafür, nicht überfallen zu
werden, es verbessert jedoch die Chance ganz erheblich,
einen Angriff weitestgehend unverletzt zu überstehen. Die
erlittenen körperlichen Verletzungen verheilen zum Glück
oft schnell und folgenlos. Die psychischen Folgen jedoch
werden in vielen Fällen nicht überwunden und führen durch
Selbstbeschränkung, aber auch Angstzustände und quälende
Erinnerungen an das Geschehene, zu einer erheblichen
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Minderung der Lebensqualität. Für das Opfer spielt es dabei
keine Rolle, ob der Täter psychisch krank, betrunken oder
einfach nur böswillig war – das Ergebnis ist das gleiche.
Wie eine Schutzimpfung schützt Selbstverteidigung die
Unversehrtheit von Leib und Seele und stärkt das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl. Eine effektive Selbstverteidigung wie KESS® wirkt bereits, bevor man sie
anwendet, denn sie vermittelt nicht nur wirkungsvolle Techniken, sondern ganz besonders auch das Wissen um die
eigene Wehrhaftigkeit. Diese Selbstsicherheit verunsichert
potentielle Angreifer und lässt sie vorsichtig werden. Ein
Mädchen, welches sich wehren kann, ist deswegen noch lange
keine Schlägerin, weiß aber, dass es nicht hilflos den Launen
anderer Menschen ausgeliefert ist. Je früher, desto besser.
Da ich es fragwürdig finde, eine scheinbare, trügerische
Selbstsicherheit zu vermitteln, empfehle ich unabhängig
vom Alter nur solche Verteidigungstechniken, die im
Notfall wirklich helfen. „Ein bisschen Selbstverteidigung“
gibt es nicht. Kompromisslosigkeit ist eine wesentliche
Grundlage für die effektive Gegenwehr gegen womöglich
körperlich deutlich überlegene Angreifer. Daher halte ich eine
„entschärfte“ Selbstverteidigung für Kinder und Jugendliche
nicht für sinnvoll.
Die für Mädchen gefährlichste Situation ist der Angriff
durch einen erwachsenen und körperlich überlegenen Gegner.
Eine Verteidigungsmethode ist nur dann wirklich tauglich,
wenn sie auch gegen einen solchen Angreifer wirkungsvoll
und zuverlässig anwendbar ist. Mit sanften Mitteln können
sich Mädchen bei einem ernsthaften Angriff nicht wirksam
gegen erwachsene Widersacher verteidigen. Die in diesem
Buch gezeigten Techniken sind daher mitunter recht hart.
Aber nur das Bewusstsein, effektive Verteidigungstechniken
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zu beherrschen, verleiht in einem Notfall die nötige
Selbstsicherheit, diese auch konsequent anzuwenden. Daher
beinhaltet KESS® nur solche Techniken, die von jedem
Mädchen bzw. jeder Frau jederzeit, immer und überall
gegen jeden Angreifer wirkungsvoll angewendet werden
können, unabhängig von in der Angriffssituation nicht mehr
beeinflussbaren Gegebenheiten.
Zu den Gegebenheiten, die im Ernstfall nicht mehr zu ändern
sind, gehört auch die eigene Kleidung. Es ist ein Unterschied,
ob man bei einem Angriff Sportkleidung oder eine enge Hose
und womöglich Schuhe oder Stiefel mit hohen Absätzen trägt.
In Sportkleidung kann man zwar bequemer üben, doch ist
die Wahrscheinlichkeit groß, dass man in Wirklichkeit genau
dann angegriffen wird, wenn man sich in einer einengenden
Kleidung und auf hohen Absätzen nicht so gut und sicher
bewegen kann. Um auch für diesen Fall gerüstet zu sein sollte
man unter den schwierigsten Umständen wirklichkeitsnah
trainieren. Auch wenn 10- oder 11-jährige Mädchen kaum
Schuhe mit hohen Absätzen tragen, tun sie es meist nur kurze
Zeit später – nämlich dann, wenn sie sich als 13-, 14-jährige
Teenies für eine Party schick machen und dort möglichst
attraktiv aussehen wollen. Das ist ein ganz natürliches
Verhalten, denn der Konkurrenzdruck unter den Mädchen ist
groß – aber auch die Gefahr, gerade in solchen Situationen
Opfer eines Übergriffs zu werden und die erlernten Techniken
dringend zu benötigen. Es wäre schlecht und unnötig, wenn
die Selbstverteidigung nicht gelingen würden, nur weil es
halt doch eine besondere Anforderung ist, sich auf hohen
Absätzen und mit behindernden Klamotten wehren zu
müssen. Deshalb empfehle ich nachdrücklich, immer unter
den denkbar ungünstigsten Umständen zu üben, denn nur
dann ist man im Ernstfall damit nicht überfordert.
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