MM mit dem gewissen Extra

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MM mit dem gewissen Extra
Publikum an. So ist das nun einmal. Trotzdem löste der Cayman
eine Welle der Missverständnisse aus. Tuner traten auf den Plan,
die über das Ziel hinausschossen.
Manche bauten 3.800 ccm große
Motoren ein. Klar, das uralte Spiel
mit Machbarkeiten bringt auch
heute noch Titelstorys. Die Crux
ist: Es kauft keiner. Porsche hat die
Typenreihe 987 so oder so nicht
geschaffen, um den 911 zu beerben. Ein Elfer-Motor im Cayman
beweist eigentlich nur, dass das
Naturell des Mittelmotor-Sportwagens nicht überall verstanden
worden ist. Manthey wartete ab,
bis das allgemeine MarketingSpektakel gelaufen war.
Für Clubsport: Auch ein Überrollkäfig wird künftig verfügbar sein
Olaf Manthey ließ es bleiben und
war gut beraten. Er muss genauso gewinnorientiert arbeiten wie
Porsche selbst, nur in bescheideneren Dimensionen. 2005 kam der
mancherorts schon abgeschriebene Boxster für Männer. Und weil
er eine imageneutrale Identität
brauchte, tauften sie ihn “Cay-
man”. Seine Botschaft: ein bissiges, wendiges Etwas. Gemacht
für Typen, die auf Konventionen
pfeifen. Die Porsche-Terminologie
mag sich anderer Begriffe bedient
haben. Die Bedeutung blieb aber
dieselbe. Ein unterhalb des 911
positioniertes Coupé spricht ein
jüngeres, weniger kaufkräftiges
Den Cayman konfigurierte er auf
seine Weise: hart kalkuliert, auf
das Wesentliche konzentriert.
Heraus kam der M315. Seinen
Namen verdankt er einer Leistungssteigerung von 295 auf 315
PS. Motorsport-Katalysatoren,
Endschalldämpfer, Doppelendrohr und Motronic-Anpassung
kommen zum Einsatz. Parallel
Lichtgestalt: Mantheys Konzept stellt Effizienz in den Vordergrund
MM
mit dem
gewissen
Extra
Olaf Manthey konfigurierte
den 987 Cayman S nach seinen Vorstellungen. Das lässt
einen austrainierten Sportler erwarten. Doch ganz so
extrem fällt der M315 nicht
aus. Dass die Bäume in der
Preisregion unterhalb des
911 selten in den Himmel
wachsen, hat der zweimalige Sieger des 24-StundenRennens auf dem Nürburgring erkannt. Sein Beitrag
fällt pragmatisch aus. Statt
Technologie-Demonstration
beschränkt er sich auf das
Wesentliche.
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Porsche Scene Live
1999 stellte Olaf Manthey den
996 GT3 MR vor. Der Breitbau
war für Renneinsätze genauso
erhältlich wie für die Straße. Das
Echo war groß, die Lebensdauer der Karbon-Karosserieteile
überdurchschnittlich gut. Schnell
reiften Pläne, auch den Boxster
neu einzukleiden. Doch der 986
GT MR blieb eine Wunschvorstellung, die an Wirtschaftlichkeitsberechnungen scheiterte.
Boxster-Kunden wären nicht bereit gewesen, den aktuellen Zeitwert ihrer Gebrauchtwagen ein
zweites Mal zu investieren. Der
Versuchung, lieber gleich in einen
911 umzusteigen, hätten die wenigsten widerstanden. Seit 2001
geisterte obendrein ein geschlos-
senes Coupé auf Boxster-Basis
durch die Gazetten. Dass bis zur
Freigabe für die Serie vier Jahre
vergehen würden, war unklar und
ebenfalls eine Folge der Ökonomie. Porsche musste ergründen,
wer für den Boxster mit Dach als
Käufer überhaupt in Frage kam.
Lifestyle-Produkte von New Beetle über TT Roadster bis hin zum
Mini waren in großer Bandbreite
zu haben. Sie alle buhlten um dieselben jungen Erfolgreichen, für
die ein Auto stilbildend sein soll.
So war 1997 auch der 986 Boxster
positioniert worden, den Frauen
mehr lieben lernten als Männer.
Allein schon aus dieser Sicht wäre
eine Breitbau-Variante zwecklos
gewesen.
Klassisches Thema:
zweiteiliger ”Le Mans”-Rädersatz
made by BBS
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Reifenempfehlung: Michelin-Semislicks Typ ”Pilot Sport Cup”
(Halter- bzw. Herstellerangaben)
Wer den Heckflügel wählt: benötigt eine ausgleichende Frontlippe
das so ist. Soll der Cayman sich
dort ausleben, muss er in den Kurven ein hohes Geschwindigkeitsniveau halten und zur Not über
Randsteine hinweggleiten. Liegt
das Chassis zu tief, fliegen Funken. Dynamik sieht anders aus.
Das trifft auch auf den Rädersatz
zu. Zweiteilige BBS-”Le Mans”Kreuzspeichen werten das Gesamtbild auf. Größer als 19 Zoll
im Durchmesser dürfen sie nicht
sein. Dasselbe Limit setzt die
werkseigene Liste der Sonderausstattungen. Die Folge: Manthey
übernimmt die Serienbereifung,
verbindet dies aber mit einem
Hier geht es um Dynamik:
ausgefeiltes Fahrwerk,
25 PS on top
zur Motorleistung wächst das
maximale Drehmoment in gleichem Maße. Klassische TuningMaßnahmen bietet Manthey gar
nicht erst an. Sie stehen in keinem
Verhältnis zu einem ab Werk auf
60.303 Euro angesetzten Neuwagen. Dasselbe gilt für die Karosserie. Frontspoiler-Unterteil sowie
sauber geführtes Heckflügelblatt
müssen genügen. Sie bestehen
genauso aus Karbon wie optional
erhältliche Türen, Kotflügel oder
Kofferdeckel. Mantheys Auffassung: Die Verbesserung des Leistungsgewichts ist von zwei Seiten
anzugehen. Man kann den Motor
auseinandernehmen und unter
geänderten Kriterien wieder zusammenbauen. Natürlich geht
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das. Die Erfahrung lehrt, dass 40
Montagestunden realistisch sind.
Die müssen genauso bezahlt werden wie der Einsatz spezieller Teile. Günstiger ist es, den Motor
höchstens an der Peripherie anzufassen und statt dessen Gewicht
abzubauen.
5,6 Kilogramm bringt die Karbon-Fronthaube auf die Waage,
jeweils 6,4 Kilogramm eine Seitentür. Zwei Kilogramm wiegt ein
vorderer Kotflügel, solange noch
nicht lackiert worden ist. Ein Plexiglas-Heckfenster ist ebenfalls
in Vorbereitung. Große Aufmerksamkeit schenkt Olaf Manthey
dem Fahrwerk. Darin liegt eine
seiner Kernkompetenzen. Und bis
zur Nürburgring-Nordschleife hat
er es nicht weit. Die Teststrecke
schlechthin liegt vor der Tür. In
Kooperation mit dem Hauslieferanten KW reifte ein dreifach
einstellbares Gewindefahrwerk,
das auf vertretbaren Restkomfort
ausgelegt worden ist. Wichtig in
diesem Zusammenhang: Manthey
legt das Porsche Active Suspension Management (PASM) still, sofern vorhanden. Die Absenkung
kann zwischen 20 und 30 Millimetern frei gewählt werden. Profis
werden generell zu etwas mehr
Federweg raten und sich gegen
maximale Tieferlegung aussprechen. Auf der Nürburgring-Nordschleife mit Belagwechseln und
Sprüngen wird deutlich, warum
Hinweis. Sein Rennteam ist seit
2005 exklusiv auf Michelin unterwegs. Was in Summe zählt, ist die
feinsinnige Zusammenstellung aller Einzelteile. Zusammen mögen
sie kein Feuerwerk ergeben, aber
ein Konzert ohne Misstöne. Alles
passt zusammen. Von Manthey
wäre auch nichts anderes zu erwarten. Das i-Tüpfelchen steckt
im Getriebe. Ein Sperrdifferenzial
optimiert den Vortrieb, setzt die
bereitstehende Motorkraft ohne
durchdrehende Räder in Szene.
Pragmatiker wissen das zu schätzen. In der Branche soll es solche
und solche geben. Kürzlich erreichten Pressefotos eines weißen
Cayman die Redaktion, dessen
Hinterräder wilde Rauchwolken
erzeugten. Was sollte diese Werbesendung aussagen? Vielleicht,
dass dieser Anbieter von Traktion
nicht viel versteht?
Lassen wir es offen und stellen
fest: Wer ehrlichen Fahrspaß
sucht, findet bei MM das gewisse Extra. MM steht übrigens nicht
für Alkoholisches, sondern für das
2004 gegründete Label Manthey
Motors. So einfach ist das!
Text und Fotos: Carsten Krome
(Aufstellung erhältlicher oder in Vorbereitung befindlicher Features)
Typ: 2007er Manthey Motors (MM)
987 Cayman M315
Basis: 987 Cayman S
Option aerodynamischer Abtrieb:
Frontspoilerlippe zur Fixierung unterhalb des Original-Stoßfängers sowie
Heckflügelblatt aus Karbon, Hubzylindergehäuse des Heckflügels aus
Alumnium
Option Gewichtsoptimierung: Gepäckraumhaube (5,6 kg), vordere
Kotflügel (jeweils 2,0 kg) und Türen
(jeweils 6,4 kg) aus Karbon, Heckfenster aus Plexiglas
Option Clubsport/Karosseriesteifigkeit: geschraubter Stahl-Überrollkäfig,
herausnehmbarer Flankenschutz
Motor-Leistungskit K315: Motorsport-Katalysatoren, Edelstahl-Sportauspuffanlage, Endschalldämpfer,
Doppelendrohr, Sportluftfilter, Motronic-Anpassung
Zuwächse in absoluten Zahlen: 20
- 25 PS; 25 Nm Drehmoment
Kraftübertragung: ”Short Shift” aus
Aluminium, um 17 Prozent kürzerer
Schaltweg, Sportkupplung (bis maximal 565 Nm), Differenzialsperre (60
Prozent Sperrwert)
Bremsanlage: Kühlluftkit Typ GT3,
Motorsport-Reibbeläge, Stahlflex-Leitungen
Gewinde-Sportfahrwerk: dreidimensional einstellbar in Zug- und Druckstufe sowie Höhenstand, Stilllegung
des PASM (soweit ab Werk vorhanden), Aluminium-Domlager
Räder: zweiteilige BBS-Sportfelgen
Typ „Le Mans“ im KreuzspeichenDesign (9J x 19 ET50 vorn und 10J x
19 ET50 hinten), Radsterne aus geschmiedetem Aluminium
Unterhalb des Original-Stoßfängers:
Frontspoilerlippe aus Karbon
Aus Alumnium gefertigt: Hubzylindergehäuse des Heckflügels
Reifen: Michelin-Semislicks Typ ”Pilot
Sport Cup” in Seriendimensionen
(235/40 ZR18 vorn und 265/40 ZR18
hinten)
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