friss die hälfte - Laser

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friss die hälfte - Laser
Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf
© Illustration | TRUMPF / Markus Weißenhorn
FRISS DIE HÄLFTE
Der Druck wächst, mit weniger Ressourcen mehr zu erreichen. Das stärkt
Lieferanten, die mit dem Laser umgehen können.
Es ist eine einfache Erkenntnis. Aber manchmal ist es wichtig, sich selbst daran zu
erinnern, sagt Marko Pfeifer. „Nichts verbrauchen geht nicht. Wer etwas fertigen
will, muss Energie und Ressourcen einsetzen.“ Pfeifer weiß wovon er redet: Am
Fraunhofer-IWU arbeitete er am Green-Carbody-Projekt mit.
Ziel des Projekts war es, Wege zu finden, um den Energie- und Ressourceneinsatz
für die Herstellung von Autos zu senken. Pfeifer koordinierte das Teilprojekt
InnoCaT4, das die Potenziale in der Karosseriefertigung erkundet hat. „Aber das
Gleiche ließe sich natürlich auch für einen Kühlschrank oder ein Handy machen.“
Die Verfahren, um die es ginge, wären andere. Aber eine Erkenntnis dürfte
dieselbe sein: „Es geht nur in Kooperation mit den Lieferanten“, so Pfeifer.
04-08-2014
Mehr zum Thema
DAS GREEN CARBODY
PROJECT
■
Bei der Herstellung eines
Fahrzeugs fallen etwa 20 Prozent
der Energie an, die es während
seines Lebenszyklus verursacht.
Die Innovationsallianz Green
Carbody Technologies ist eine
langfristig angelegte
Partnerschaft, die diesen
Energieanteil maßgeblich
reduzieren will. Im Netzwerk
entwickeln große, kleine und
KAROSSERIE ODER KÜHLSCHRANK, WO IST DER
UNTERSCHIED?
Viele Unternehmen haben weniger als die Hälfte des Energie- und
Ressourcenverbrauchs ihres Endprodukts in der Hand. Der verantwortungsvolle
Umgang mit Ressourcen wird so zu einem Thema in der Lieferkette — nicht nur in
der Automobilindustrie. Dort macht es sich nur früher und stärker bemerkbar.
Artikel online: http://www.laser-community.com/de/friss-die-haelfte/
mittelständische Unternehmen
effiziente Technologien und
neuartige Produkte.
MEHR ZU DEN FIRMEN UND
PROJEKTEN
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Die Autoindustrie zählt zu den weltweiten Schlüsselbranchen und den „Early
Adopters“ neuer Verfahren und Prozesse. Wenn den Herstellern etwas wichtig ist,
strahlen ihre Verhaltensänderungen und technologischen Entscheidungen auf
Verhalten und Investitionen von Unternehmen weltweit aus.
■
Nachhaltigkeits bei Volkswagen
■
Nachhaltigkeit bei Audi
■
Der Audi A3 und das modernste
Karosseriewerk der Welt
■
Nichts verbrauchen geht nicht. Wer etwas
fertigen will, muss Energie und Ressourcen
einsetzen.
Backofenfertigung nach
Automobilkonzepten
■
Die Michelfelder Gruppe
■
Joining Technologies und das
Reparaturschweißen
■
Laserauftragsschweißen und und
Ressourceneffizienz
Marko Pfeifer, Fraunhofer IWU
Wie wichtig das Thema Energie- und Ressourceneffizienz in dieser Branche wird,
zeigt ein Vortrag, den Ingrid Paulus, Senior Manager Green Production bei der
Audi AG in Ingolstadt, vor 270 Gästen im Auditorium des Lieferanten TRUMPF
hielt: „Wir erfassen jeden Energieverbraucher in unserer Fertigung, um zu sehen,
wo die Potenziale liegen“, berichtet Paulus und zählt Maßnahmen auf, die meist die
Zusammenarbeit mit Lieferanten einschließen.
EDAG, Elektrolux und die
RESSOURCENEFFIZIENZ BEI
TRUMPF
■
Ressourceneffizienz bei TRUMPF
bedeutet: höchst produktive
Maschinen, die höchst effiziente
Fertigung ermöglichen und selbst
verschwendungsfrei hergestellt
wurden. Dafür steht effiziency+
SO SPART AUDI IM DETAIL
Im Karosseriebau des neuen Audi A3 wurden zum Beispiel die Schweiß- und die
Zangensteuerung zusammengefasst, sodass sowohl die Invest- als auch die
laufenden Kosten sowie der Flächenbedarf reduziert werden konnten. Ähnlich
intensiv betrachten die Fertigungstechniker bei Audi die Bewegungsabläufe der
Roboter. Runde, weiche Bewegungen erfordern weit weniger Energie als kantige.
Großes Potenzial sieht Paulus außerdem in intelligent gesteuerter
Anlagenbeleuchtung: „Die Roboter arbeiten ohne Licht, nur bei Eingriffen des
Menschen in die Anlagen muss das Licht sofort zur Verfügung stehen“, sagt sie.
Abschaltkonzepte der Anlagen für kurze wie lange Pausen spielen eine zunehmend
wichtige Rolle, um Energie- und Medienverbräuche zu reduzieren. In der Summe
lassen sich Hunderte von Megawatt sparen.
Wir erfassen jeden Energieverbraucher in
unserer Fertigung, um zu sehen, wo die
Potenziale liegen.
Ingrid Paulus, Audi AG
Das sind Maßnahmen, die auch in den Berichten zum Green-Carbody Projekt
vorkommen, und keine davon ist produktspezifisch. Aber sie werden bei den
Lieferanten zu neuen Lösungen führen und diese werden in anderen Branchen
auftauchen.
DAS AUTO FÄHRT VOR. WER KOMMT NACH?
2012 berichtete die Laser Community über die Fertigung von Backöfen bei
Electrolux. Die EDAG AG hat für den Hersteller eine Laserschweiß- und
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Schneidlinie entworfen und dabei gezielt die Erfahrungen mit Produktionslinien für
Automobilhersteller genutzt: Ein Ofen ist auch nur eine Karosserie mit Backröhre.
Auf dieser Erkenntnis bauen auch viele Lohnfertiger ihr Geschäft auf.
Oft ist es das sichere und hohe Auftragsvolumen aus der Automobilindustrie, das
die Investition in moderne Fertigungstechnik wie etwa 3-D-Laserschneidanlagen
ermöglicht. Einmal ausgestattet mit der Technologie, kann der Lohnfertiger auch
anderen Kunden Laserverfahren anbieten, um deren Produkte effizienter zu
fertigen. Die Regeln der Automobiler verstärken dies.
VW etwa legt Lieferverträgen unter anderem eigene Normen über
Umweltverträglichkeit, Recyclingfähigkeit und Werkstoffverbote zugrunde. Von
Hauptlieferanten fordert der Konzern zudem ein zertifiziertes Umweltmanagement
gemäß ISO 14001.
Entsprechend breitet sich das gezielte Management von Energie- und
Ressourceneinsatz bei Automobilzulieferern aus. Michelfelder Automotive ist ein
Beispiel dafür: Das Unternehmen fertigt hauptsächlich Komponenten für
Abgasanlagen aus Edelstahl.
Energiesparkonzept, KVP,
Materialverschwendung vermeiden … Wir
machen viel und wir treten mit unseren
Erwartungen an Lieferanten heran.
Peter Sohmer, Michelfelder Automotive
Dem Wunsch der Kunden nach regelmäßigen Effizienzgewinnen begegnet
Geschäftsführer Peter Sohmer so: „Wir optimieren die Anlagentechnik und planen
die Fertigung intensiv, um die Maschinenbelegung zu optimieren. Mit unseren
Kunden schließen wir Grenzmustervereinbarungen ab, um Materialverschwendung
zu verhindern. Es gibt mittlerweile ein Energiesparkonzept und unser interner
KVP-Prozess erschließt immer wieder Potenziale“, erläutert er. „Außerdem wenden
wir uns an unsere Lieferanten und Partner, um weitere Einsparungspotenziale zu
finden.“
IN DER GRUPPE GÜNSTIGER
Die Erkenntnisse und Ideen, die daraus entstehen, fließen auch bei den anderen
Unternehmen der Michelfelder Gruppe ein, die weniger oder nichts mit dem
Automobilsektor zu tun haben. Das ist zum einen die Michelfelder Metalle- und
Lasertechnik. Sie bündelt das Laser- Know-how der Gruppe und bietet es als
Lohnfertiger auch externen Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen an.
Und dann ist da noch die Michelfelder Edelstahltechnik. Sie setzt die Erfahrung
der Gruppe mit Edelstahl in anderen Industriezweigen um: für die
Reinraumtechnik, die Lebensmittelindustrie, für den Maschinenbau oder die
Gebäudetechnik. Werner Huprich, einer der zwei Geschäftsführer des
Unternehmens, sagt dazu: „Wettbewerbsdruck, Technologiesprünge und hohe
Ansprüche der Kunden sind kein Monopol der Automobilindustrie. Wir reagieren,
indem wir den Automatisierungsgrad erhöhen und Nachbearbeitungsschritte
beseitigen. Damit spielen Laserbearbeitung und vor allem Laserschweißen eine
immer wichtigere Rolle.“
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Welches Werkzeug braucht mehr Energie, um 5Millimeter-Edelstahlblech auf einen Meter zu
trennen?
Dieser Artikel birgt die Lösung
VOLKSWAGEN SUCHT DIE DIFFERENZ AM DIFFERENZIAL
Dass Laserschweißen zu den Schlüsseltechnologien für energieeffiziente
Konstruktionen gehört, bestätigt das, was Schweißfachingenieur Holger Fischer
über die Fertigung des ZSB-Differenzials und der ZSB-Doppelkupplung bei der
Volkswagen AG erzählt:
„Wir haben im ersten Schritt das Schrauben oder Nieten als Fügeverfahren durch
das Laserstrahlschweißen mit CO2-Lasern und Zusatzwerkstoff ersetzt. Das
reduzierte das Bauteilgewicht um circa ein Kilogramm“, erklärt Fischer. „Im
zweiten Schritt stiegen wir um auf Scheibenlaser. Diese haben im Vergleich einen
nahezu doppelten Wirkungsgrad und erhöhen die Prozessgeschwindigkeit
deutlich.“
Fischers zweites Beispiel, die ZSB-Doppelkupplung, hat neun Fügestellen, die alle
lasergeschweißt werden. Bis auf zwei Ausnahmen sind es Stoßnähte, die Flansche
und damit Werkstoffzugaben ersparen. Dabei nutzt VW die Scheibenlaser sehr
effizient, wie Fischer erklärt: „Eine Strahlquelle versorgt über Laserlichtkabel
mehrere Schweißstationen. So gibt es kaum unproduktive Stand-by-Zeiten.“
LASER: IM GROßEN UND GANZEN BESSER
Die Strahlquelle effizient zu nutzen, gehört zu den vielen Möglichkeiten, das
scheinbare Handicap des Lasers gegenüber anderen Verfahren — seine hohe
Leistungsaufnahme — mehr als auszugleichen. Das wird deutlich, sobald der
Vergleich den ganzen Prozess einbezieht. Frank Riedel vom Fraunhofer-IWU etwa
hat sich beim Green Carbody-Projekt mit den thermischen Fügeprozessen
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auseinandergesetzt.
Der Wirkungsgrad steigt, die Leistungsaufnahme
geht zurück. Doch die wahre Stärke des Lasers
ist die Effizienzsteigerung, die er ermöglicht.
Dabei hat er sehr früh Dinge wie Leistungsaufnahme und Streckenenergie als
alleinige Vergleichsgrößen verworfen: „Zu viele Faktoren bleiben damit
unberücksichtigt. Wir haben deshalb die Fügeprozesse als Blackbox betrachtet. In
diese Box haben wir alles gepackt, was notwendig ist, um zwei Werkstücke auf
einer Strecke von einem Meter zu fügen: den direkten Energiebedarf und den
indirekten Bedarf für die Prozessvorbereitung, die Nachbearbeitung, die
Prozessdauer, Materialeinsatz, Raumbedarf …“
Anschließend verglich das Team Szenarien mit verschiedenen Fügeprozessen und
Riedel stellte fest: „Wenn wir nach der maximalen Energieeffizienz für eine
Baugruppe suchen, finden wir als ideales Ergebnis meist einen Mix aus Verfahren
inklusive Laser.“ Doch das läuft gegen einen wesentlichen Trend in der Fertigung:
„Dort geht es aktuell darum, weniger Verfahren flexibler einzusetzen“, wie Riedel
erklärt. So nimmt die Bedeutung des extrem flexiblen Lasers weiter zu.
DIE DOSIS MACHT DIE EFFIZIENZ
Auch durch die Energie- und Ressourcenbrille betrachtet, sieht Riedel den Laser
klar im Vorteil gegenüber anderen Schweißverfahren. „Sie müssen den Werkstoff
zwar auch schmelzen, aber durch die starke Energiefokussierung ist das
Schmelzvolumen extrem klein“, sagt er. Darum setzt sich der Laser in vielen
Szenarien durch, obwohl sein Steckdosenwirkungsgrad deutlich hinter dem von
anderen Prozessen zurückbleibt.
Der Laser nutzt seine Energie am Werkstück extrem effizient, er erwärmt und
schmilzt nur ein nahezu ideales minimales Volumen. Und: „Niemand braucht
Energie aufzuwenden, um großvolumige Fugen vorzubereiten und zu
verschweißen, Verzüge und Spannungen abzubauen, Teile zu richten oder zu
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beschleifen. Oft reicht das schon, um andere Verfahren auch in der Energiebilanz
zu schlagen“, stellt Riedel fest.
Der Laser setzt in vielen Szenarien durch,
obwohl sein Steckdosenwirkungsgrad deutlich
hinter dem von anderen Prozessen zurückbleibt.
Frank Riedel, Fraunhofer IWU
Wenn diese Lasernähte — oder aber Laserschnitte — dazu dienen, stabilere
Konstruktionen aus weniger Werkstoff zu erschaffen, verbessert das die Bilanz
weiter. Das hat sich in der Automobilindustrie in den letzten Jahren zum Beispiel
im Antriebsstrang aber auch bei höchstfesten Stählen im Karosseriebau bestätigt.
Die geringeren Blechstärken in entsprechend konstruierten Karosserieteilen
sparen jede Menge Gewicht — sprich Werkstoffmasse. Den Weg dahin haben
höchst produktive Lasermaschinen frei gemacht, die mit dem widerspenstigen
Material auch in gewaltigen Stückzahlen fertigwerden. Zugleich hat das Bestreben
der Hersteller, Material und Gewicht einzusparen, den Lohnfertigern in der
Prozesskette Blech neue Geschäftschancen eröffnet.
SCHWEIßEN ERSETZT WEGSCHMEIßEN
Ähnlich positiv sieht es aus, wenn Laser helfen, mit viel Energie und Werkstoff
gefertigte Komponenten länger im Betrieb zu halten: Das Reparaturschweißen hat
sich zu einem eigenen Geschäftszweig entwickelt.
Einer, der sehr früh eingestiegen ist, ist Michael Francoeur. 2005 beschloss der
US-Amerikaner, seinem Job-Shop Joining Technologies Instandhaltungsaufträge
aus Luft- und Raumfahrt zu erschließen. Im Vordergrund standen dabei
Kostenüberlegungen: Im Aerospace-Geschäft gibt es viele teuer gefertigte
Präzisionsteile. Verschleiß, Schäden oder Fertigungsfehler mit Schweißungen zu
reparieren, kostet oft deutlich weniger Geld, als sie komplett zu ersetzen.
In den meisten Fällen setzen wir Bauteile mit
einem Bruchteil dessen instand, was ein Neuteil
an Energie und Rohstoff kosten würde.
Dave Hudson, Joining Technologies
Doch Francoeurs Partner und Geschäftsführer von Joining Technologies, Dave
Hudson, hat durchaus auch den ressourcenschonenden Aspekt seiner Arbeit auf
seiner Seite: „Für unsere Kunden steht dies heute zwar oft noch nicht im
Vordergrund. Doch in den meisten Fällen setzen wir einen Bruchteil der Energie
und des Werkstoffs ein, die ein neues Teil kosten würde.“
Das beliebteste Beispiel für diese Art der Reparaturen sind Turbinenschaufeln und
-räder. Aber auch massive Wellen oder die Zylinder großer Schiffsdiesel sind
lohnende Objekte, deren Ersatz weit mehr Material und Energie kostet als eine
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Reparatur.
DAS UMDENKEN LÄUFT
So oder so: Das Umdenken in Sachen Ressourcen und Energieeinsatz und die
Suche nach Potenzialen um der eingesetzten Energie und Rohstoffe willen, hat
bereits begonnen, gerade in der extrem von Kosten getriebenen
Automobilindustrie: „Unser Ziel war es, 50 Prozent Energie einzusparen“, sagt
Pfeifer. „Das haben wir nicht in jedem Forschungsansatz erreicht. Aber am Ende
waren sich alle einig, dass das, was wir an Einsparungsmöglichkeiten gefunden
haben, auch wirklich realisiert werden kann. Da hat sich in den Köpfen viel
geändert.“ Das merken auch viele Lieferanten. Und eine wachsende Zahl baut ihre
Zukunft darauf auf.
Ansprechpartner: TRUMPF Laser- und Systemtechnik GmbH, Klaus Löffler, Telefon
+49 (0) 7156 303 – 30962, [email protected]
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