Schlag ins Gesicht der Phantasie

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Schlag ins Gesicht der Phantasie
Schlag ins Gesicht der Phantasie
Geschrieben von: Vanessa Engelmann/Bilder: Warner Bros.
Brendan Fraser als Mo (r.)
Bisher hatte ich nur den ersten Band der „Tinten“-Trilogie von Cornelia Funke gelesen.
Davon war ich begeistert – deswegen wollte ich mir unbedingt die Verfilmung im Kino
ansehen, die kürzlich erschien. Weit gefehlt! Nicht nur, dass die Geschichte verändert
wurde, nein, auch die gesamte Umsetzung war für mich eine Enttäuschung. Natürlich ist
fast jede Literaturverfilmung ein Schlag ins Gesicht der Phantasie. Dennoch schaffen es
manche Regisseure, die Erwartungen der Leser einigermaßen umzusetzen.
Anders bei „Tintenherz“ (Originaltitel: „Inkheart“). Das Buch war einer der größten literarischen
Erfolge der letzten Jahre, gerade auch im Ausland. Es handelt von der 12-jährigen Meggie
(Eliza Bennett), die mit ihrem Vater Mo (Brendan Fraser) unaufhörlich durch die Welt reist. Der
Vater repariert beruflich alte Bücher, allerdings ist das nicht seine einzige Fähigkeit: Er besitzt
die Gabe, Dinge aus Büchern herauszulesen. So findet er eines Morgens nach der Lektüre des
Märchens Rotkäppchens Umhang auf der Wäscheleine.
Kette haarsträubender Ereignisse
Doch das birgt Gefahren, denn als er seiner kleinen Tochter und seiner Frau (Sienna Guillory)
aus dem Roman „Tintenherz“ vorliest, verschwinden seine Frau und die beiden Familienkatzen
im Buch. An ihrer Stelle stehen Staubfinger (Paul Bettany), Capricorn (Andy Serkis) und Basta
(Jamie Foreman) im Wohnzimmer. Sie sind die Hauptfiguren eben dieses Romans. Jahre
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Geschrieben von: Vanessa Engelmann/Bilder: Warner Bros.
später spürt Staubfinger Mo und Meggie auf und verlangt, in das Buch „zurückgelesen“ zu
werden, was allerdings nicht so einfach ist. So wird eine Kette haarsträubender Ereignisse in
Gang gesetzt.
Helen Mirren, Eliza Bennett
in "Tintenherz" (v. l.)
Schon der Anfang weicht komplett von der Vorlage ab. Nach dem Verschwinden von Meggies
Mutter ist Mo das Buch abhanden gekommen. Deshalb sucht er es überall. In einem kleinen
Dorf in der Schweiz wird er fündig. Allerdings laufen er und Meggie dort auch Staubfinger in die
Arme. Die hetzig gefilmte Hetzjagd beginnt. Sie endet in Capricorns neuem Zuhause, das in der
italienischen Einöde liegt. Dort kommt es zum hollywoodtypischen Showdown.
Bösewicht, wie er im Buche steht
Bestochen hat meiner Meinung nach Andy Serkis als Capricorn. Ein Bösewicht wie er im
wahrsten Sinne des Wortes im Buche steht – bis Mo ihn herausliest. Leider sind einige andere
Charaktere bis zur Lächerlichkeit verändert worden. Natürlich sorgt das für Lacher (und das ist
ja wichtig…). Aber die reiche Büchersammlerin Elinor (Helen Mirren) auf einem Motorrad durch
den italienischen Wald zu schicken wirkte für mich einfach etwas überzogen.
Doch vor allem stellt sich mir die Frage, wie Cornelia Funke zulassen konnte, dass ihre
Romanvorlage auf diese Art und Weise verändert wurde. Bevor der Film heraus kaum, las ich in
einem Interview, wie begeistert sie von der Umsetzung sei und vor allem von Brandon Fraser.
Ja, Brandon Fraser. Der ehrgeizige Typ aus „Die Mumie“. Er sei der Mo, den sie sich immer
vorgestellt habe. Nicht umsonst hatte sie ihm den letzten Band der Reihe, „Tintentod“,
gewidmet.
Ich will die alte Augsburger Puppenkiste zurück. Damals war es den Spielern immerhin
möglich, die Romane originalgetreu und realistisch umzusetzen. Ohne übertriebene
Action-Einlagen und kitschige Hollywoodmomente wie Staubfingers Tagträume. Und über Frau
Funkes Männergeschmack reden wir dann ein anderes Mal… (8/10.02.2009)
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Schlag ins Gesicht der Phantasie
Geschrieben von: Vanessa Engelmann/Bilder: Warner Bros.
Tintenherz (Originaltitel: Inkheart)
nach einem Roman von Cornelia Funke
Fantasyfilm, USA 2008
106 Minuten | FSK ab 12
Besetzung
Brendan Fraser, Eliza Bennett, Paul Bettany, Helen Mirren, Andy Serkis u.a.
Kamera
Roger Pratt
Drehbuch
Davis Lindsay-Abaire
Regie
Ian Softley
WEBLINK
@ wwws.warnerbros.de/inkheart – Deutsche Website
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