- Spurensuche in Schaumburg
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- Spurensuche in Schaumburg
Spurensuche Schaumburger Land Historische Eisenbahnen Lieber Betrachter dieser Poster-Serie! Die Spurensuche führt Sie zu den „kleinen Kulturgütern“ des Schaumburger Landes. Gemeint sind damit Zeugnisse im Landschaftsbild aus allen Schaffensbereichen menschlichen Wirkens. Diese begegnen einem auf Schritt und Tritt. Sie zeugen vom Umgang der Menschen mit der Natur, vom einstigen Stand der Technik und sind Ausdruck ihres Lebensstils. In ihrer Gesamtheit machen sie den Charakter unserer Kulturlandschaft aus. Im Schaumburger Land ist ihre Vielfalt besonders groß. Ursache dafür ist der vielgestaltige Naturraum im Übergangsbereich vom Flach- zum Bergland und die dazwischen liegende fruchtbare Lößbörde. Eine Besonderheit dieser Poster-Serie ist die zeitgleiche Präsentation mit der Spurensuche im Internet. Die hier wesentlich erweiterten Informationen sind zu sehen unter: www.schaumburgerlandschaft.de/spurensuche Einführung in das Thema Die Erschließung des Raumes zwecks Förderung wirtschaftlicher Interessen veranlasste Preußen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, eine Berlin mit dem Ruhrgebiet verbindende Eisenbahnstrecke zu planen. Unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gegebenheiten sollte neben anderen eine Trassenvariante nördlich des Steinhuder Meeres allein durch hannoversches / preußisches Gebiet verlaufen. Eine Streckenführung durch das Fürstentum Schaumburg- Lippe konnte erst nach zähen Verhandlungen erreicht werden. Da der lineare Verlauf dieser Hauptbahnstrecke die regionalen Auswirkungen einschränkte, sollte der ländliche Raum durch Neben- und Kleinbahnen sowie Industriebahnen verkehrlich besser erschlossen werden. Alter Bahnhof Lindhorst Das Streckennetz (vgl.auch Streckenkarte der Anlage) 1. Die Hauptbahnlinie Minden – Hannover Fürst Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe bestand auf der eigenen Finanzierung der durch sein Fürstentum führenden Strecke. Unter Berücksichtigung möglicher Kostensteigerungen wurde für den auf mehr als 800.000 Taler angesetzten Bahnbau, für Gleiskörper, Bahnhöfe und sonstige Bahnanlagen, mit dem Bückeburger Bankhaus Heine ein Vertrag über 1,5 Mio. geschlossen. Nach dem Zusammenbruch der völlig überforderten Privatbank übernahmen Hamburger Bankhäuser die Kredite. Der Fürst investierte rund 2 Mio. Taler für den Bahnbau und die Ablösung der Kredite. 1847 waren die Bahnhöfe nach Plänen des Architekten Julius Eugen Ruhl in der Residenzstadt Bückeburg und in Stadthagen fertiggestellt. An der Rückseite des Bückeburger Bahnhofs erinnert dieses in Sandstein gehauene und bemalte schaumburg-lippische Fürstenwappen mit den Initialen G. W. (Georg Wilhelm) und der Jahreszahl 1847 an die Eröffnung der Bahnlinie Hannover – Minden mit Haltepunkt in Lindhorst und Bahnanschluss in Kirchhorsten nahe des industriellen Zentrums Obernkirchen. Als Fürst Adolf Georg zu Schaumburg-Lippe die Bahnlinie 1882 für 5 Mio. Mark an Preußen verkaufte, hatte das Königreich bereits das 3 1⁄2fache der Inves-titionen als seinen Anteil der Bruttoeinnahmen an Bückeburg überwiesen. Alter Bahnhof Kirchhorsten Hessen erreichte unter vergleichbaren Konditionen die Errichtung einer Haltestelle in Haste. Der Betrieb erfolgte von Hannover aus und die Bruttoeinnahmen wurden geteilt. Einen Anschluss des Badeortes Nenndorf an die Bahnstrecke Hannover – Minden gab es nicht. Die Kurgäste wurden bis 1872 mit Droschken vom Bahnhof Haste in den Kurort gefahren. 2. Nebenbahnen Die Hannover-Altenbekener Eisenbahn erschloss das Gebiet des Kreises Grafschaft Schaumburg durch drei Nebenbahnen: • Im August 1872 war die sog. Deisterbahn zwischen Haste über Barsinghausen nach Weetzen fertiggestellt. Bad Nenndorf erhielt den Bahnhof „Groß Nenndorf “. Er war bis Mai 1977 in Betrieb. • Durch das Wesertal verlief die von Hameln über Rinteln nach Löhne führende Bahnstrecke, die im Mai 1875 dem Verkehr übergeben wurde. • Im Sünteltal verband seit 1904 eine Linie Bad Nenndorf mit Münder über Rodenberg und Lauenau. 1968 endete die Personenbeförderung. Eine Rinteln mit Stadthagen über Obernkirchen verbindende Eisenbahnlinie mit einer von Bückeburg nach Bad Eilsen führenden Querverbindung war 1847 zur Vernetzung der Hauptbahnstrecke Minden–Hannover mit der Weser und den Produktions-standorten Obernkirchens angedacht worden. Das Interesse des Fürstentums Schaumburg-Lippe beschränkte sich jedoch auf den Bau von Kurz-strecken zur Anbindung eigener Industrieanlagen: Die seit Juni 1879 in Betrieb genommene Industriebahn führte von Stadthagen am Georgschacht vorbei in Richtung Osterholz zur Koksbrennerei in Nienstädt. Die kurze Stichbahn endete am Kunstschacht O. D. 3. Die Grundlage für die südliche Verlängerung dieser Industrietrasse bis Rinteln legte 1898 ein zwischen Preußen und Schaumburg-Lippe geschlossener Staatsvertrag. Im März 1900 nahm die RintelnStadthagener Eisenbahn ihren Betrieb auf. Diese normalspurige Nebenbahn führte von Rinteln über Steinbergen, Bad Eilsen, Krainhagen/Röhrkasten, Obernkirchen, Sülbeck, Nienstädt, Georgschacht nach Stadthagen. 3. Kleinbahnen Mit Erlass des Preußischen Kleinbahngesetzes vom 28. Juli 1892 war der Weg frei für eine neue, insbesondere kostensparende Variante des Eisenbahn-Anlagenbaus. In Schaumburg-Lippe fehlte eine derartige gesetzliche Grundlage. Zuständig für Bahnen, deren Gleiskörper auf bzw. neben vorhandenen Straßen ohne aufwendigen Unterbau verliefen und hauptsächlich dem Personenverkehr dienen sollten, war das Fürstliche Ministerium in Bückeburg. • Die 1896 als Aktiengesellschaft gegründete Steinhuder Meer-Bahn führte durch preußisches und 14 km durch schaumburg-lippisches Territorium. Sie verband schon 1898 die Stadt Wunstorf mit Rehburg und ein Jahr später mit Uchte. Sie führte über Klein Heidorn, Großenheidorn, Steinhude und Hagenburg nach Rehburg und querte bei Stolzenau die Weser. Auf der 1 m breiten Spur stand neben der Beförderung von Personen die von Produkten der an der Strecke liegenden Fabrikationen - Brennereien und Webereien – sowie Brenn- und Baumaterialien. Die Schmalspurbahn wurde 1970 auf Busse umgestellt. Alter Bahnhof Bad Rehburg • Das sich im Bau befindende Alkaliwerk Sigmundshall erhielt 1905 eine dreischienige, für Normal- und Schmalspur-Güterwagen konzipierte Stichbahn, die Mesmerode/Bokeloh mit Wunstorf verband. Der 1913 zwischen Preußen und Schaumburg-Lippe geschlossene Staatsvertrag regelte die Querung mit der Staatsbahn Hannover – Minden. Damit war die Voraussetzung für die seit Jahrzehnten, insbesondere von der Glashütte geforderte Anbindung des Industriezentrums Obernkirchen an Bremen geschaffen. Es dauerte noch acht Jahre bis zur Fertigstellung des Anschlusses an den Bahnhof Stadthagen-West. Die knapp 30 km lange „Bagdadbahn“ führte nach Stolzenau und damit bis an die Bahnlinie Minden – Nienburg. In Niedernwöhren befand sich die einzige Station auf schaumburg-lippischen Gebiet. Die Personenbeförderung wurde 1961 eingestellt. Die im Juli 1918 in Betrieb genommene Eilser Kleinbahn schuf – wenn auch nur als Zweigbahn – den seit 1847 geplanten Anschluss Bückeburgs an die von Rinteln nach Stadthagen führende Bahn. – Das „Eilser Minchen“ verkehrte im Mai 1966 zum letzten Mal auf dieser Trasse. Auf Initiative des Fürsten Adolf zu SchaumburgLippe wurde die Eilser Kleinbahn von Bückeburg aus in Richtung Minden verlängert. Die 1919 eröffnete Srecke verlief parallel zur Staatsbahn und sollte die nahe Evesen geplante Pferderennbahn verkehrlich erschließen. 1922 wurden die Gleise wieder abgebaut. Die Bahnverbindung mit Lippe war bereits 1904 angedacht worden. Aber erst zwischen 1927 und 1929 konnte die von Barntrup nach Rinteln führende Extertalbahn in Betrieb genommen werden. Die Bahnstrecke wurde 1979 stillgelegt. Beschreibung der Einzelobjekte des Posters 1.Bahnhöfe Bahnhof Steinhude Das Gebäude Braustraße/Mühlenspiegel hat noch den Reiz vergangener Tage. Der Fußweg im Vordergrund markiert den alten Verlauf der Bahntrasse. Bahnhof Winzlar Am Gleiskörper der Steinhuder Meer–Bahn ist dieses bescheidene Gebäude erhalten geblieben. Bahnhof Schmalenbruch Auch wenn der Ort Schmalenbruch nur wenige Höfe umfasst, so hat er doch eine Bahnstation! Viele Bewohner, auch der umliegenden kleinen Gemeinden, pendelten von hier aus täglich zur Arbeit. Bei der Rückkehr am Abend lud, wie die alte Inschrift verrät, der „Gasthof zum Bahnhof“ zur Einkehr ein. Das gut erhaltene Bahnhofsgebäude aus dem Jahre 1901 steht unter Denkmalschutz. Vor dem Haus ist noch die ehemalige Bahntrasse zu erkennen. Bahnhof Haste Drei Jahre nach der Einweihung der Hauptlinie Hannover-Minden wurde das vom kurhessischen Baumeister Julius Eugen Ruhl entworfene Gebäude 1850 seiner Bestimmung übergeben. Das Baudenkmal hat heute seine Funktion verloren, nicht aber seinen architektonischen Wert! Bahnhof Niedernwöhren Dieses gut erhaltene Gebäude mit altem Haupteingang und Laderampe im Hintergrund ist im Stil dem Bahnhof von Wiedensahl sehr ähnlich. Bahnhof Bad Eilsen Das Empfangsgebäude, das die Endstation einer nur kurzen Strecke dominiert, ist ein angemessener Bau für ein seiner Zeit fürstliches Staatsbad. Hier hielten die zum Triebwagen umgerüsteten Personenwagen 2. Bahntrassen 3. Eisenbahnbrücken Trasse der „Bagdadbahn“ bei Niedernwöhren Brücke der „Bagdadbahn“ Eine verwaiste Brücke mitten im Schaumburger Wald. Das zwischenzeitlich vom Wald wieder eingenommene Bauwerk erhält so einen besonderen Charakter. Brücke der „Steinhuder Meer-Bahn“ über den Grenzbach bei Winzlar Die Vergänglichkeit menschlichen Wirkens wird auch an dieser Ruine verdeutlicht. Der ursprünglich auch rechtsseitig vorhandene Bahndamm wurde zu einer willkommenen Sandlagerstätte. Brücke der Strecke Minden-Hannover über die Rodenberger Aue Hier führt die Bundesbahn, die Hauptstrecke der früheren Staatsbahn, auf einer gedrungenen fünfbogigen Brücke über den Fluß. Solche mächtigen Brücken waren auf dieser Hauptstrecke früher häufiger anzutreffen. In der Nachkriegszeit mußten fast alle Brücken wegen Gleiserweiterungen Neubauten weichen. Brücke der Strecke Minden - Hannover über die „Königsallee“ im Haster Forst Das Gewölbe dieses eindrucksvollen Bauwerkes ist aus Ziegelsteinen errichtet und wird wohl auch deshalb als „Backofen“ bezeichnet. Überführung der „Deisterbahn“ über den Waltershagener Bach . Eine Besonderheit der Bahnbrücken ist hier zu sehen: Ein eisernes Gleisbett ist Basis der Konstruktion. Brücke der „Minchen-Bahn“ im Eilser Kurpark Eine Seltenheit: Eine Bahnstrecke führt durch einen Kurpark! Die Aueüberquerung verlangte in dem engen Talbereich ein Eisenbahnviadukt . Der Streckenverlauf ist heute im Gelände vielfach gut erkennbar, so z.B. zwischen Stadthagen und Meerbeck, bei Niedernwöhren und Wiedensahl. Trasse am Bahnhof Wiedensahl Neben der steilen Trassenböschung ist der alte Streckenverlauf im Bahnhofsbereich am Mauerwerk der Bahnsteigkante und Verladerampe sowie an der alten Pflasterung erkennbar. Weiche am Bahnübergang in Lauenau Streckenkreuzungen, gut ins Bild gesetzt, können durchaus eindrucksvoll sein. Dafür gibt dieses Foto ein schönes Beispiel. Kaminaufsatz auf Empfangsgebäude Bahnhofs in Lauenau Trasse der Meer-Bahn“ dem des „Steinhuder Eine beliebte Umnutzung stillgelegter Bahntrassen ist die in Wanderwege. Die Strecken führen meistens weit ab vom Straßenverkehr und erschließen wenig berührte Landschaften. Tunnel der „Minchen-Bahn“ bei Bad Eilsen Der steile Hang des Harrl machte eine längere Tunnelstrecke erforderlich, zur damaligen Zeit ein mühevolles Unterfangen. Der Eingang ist heute versperrt, und so ist der Tunnel ein willkommenes Rückzugsgebiet für allerlei Tierarten. Prellbock auf dem Bahngelände Bückeburg Frei auslaufende Waggons fanden hier bei Rangierarbeiten ihren Abstellplatz, heute dokumentiert dieser eine einst rege Bahntätigkeit. Trasse am Georgschacht bei Stadthagen Ehemaliger Triebwagen des Eilser Minchen Bahnhof Stadthagen Das Empfangsgebäude zeigt die gleichen architektonischen Merkmale wie die in Haste und Bückeburg. Bahnhof Obernkirchen . An diesem Haltepunkt der Bahnlinie Rinteln – Stadthagen ist noch heute ablesbar, dass hier nicht nur Personen , sondern auch Rohstoffe und Industrieprodukte befördert wurden. Der Güterbahnhof am Georgschacht war zur Hochzeit des Steinkohlenabbaues ein wichtiger Verladeplatz. Entsprechend geräumig mußte auch das Areal sein, was heute noch deutlich erkennbar ist. Trasse der Strecke Eilsen–Rinteln bei Heeßen Auf diesem Streckenabschnitt ist der komplette Gleiskörper auf einem hoch aufgetragenen Damm erhalten. 4. Betriebsbauten der Bahn Lockschuppen auf dem Bahngelände in Rinteln. Der 1880 erbaute Schuppen ist ein Wahrzeichen der Nordstadt, die ihre Entwicklung weitgehend dem Eisenbahnbau verdankt. Hier befindet sich auch eine Vorrichtung zur Befüllung der Dampflock-Wassertanks. Materialschuppen auf dem Bahngelände in Eimbeckhausen Material- und Lagerschuppen sind auf den Bahnhöfen dieser Nebenstrecke selten. Auf diesem Bahnhof sind sie wie auch in Lauenau noch erhalten. Post-Gebäude auf dem Bahnhof in Bückeburg Fürst Georg Wilhelm zu Schaumburg.Lippe erachtete es 1856 für nicht angemessen, der Thurn und Taxischen Postverwaltung die Errichtung eines nötigen Posthauses zu überlassen. Er beauftragte seinen Bauinspektor Hauptmann Egbert Prätorius mit diesem Vorhaben. Seine Pläne für ein massives, zweistöckiges Haus fanden die Genehmigung der Fürstlichen Generalpostdirektion in Frankfurt. 1863 konnte das Haus bezogen werden. Alter Bahnhof Messenkamp Als weitere Poster liegen vor: Spurensuche im Schaumburger Land (mit Beispielen zu allen Themenbereichen) ● Schaumburger Mützen ● Schaumburger Tore ● Schaumburger Brücken ● Schaumburger Grenzen ● Schaumburger Wasserkraft ● Historische Wegestrecken ● Historische Baumgestalten Die Serie wird zu weiteren Themen fortgesetzt. Impressum Herausgeber: Schaumburger Landschaft (Initiativgruppe Spurensuche) Text : Dr. Roswitha Sommer Fotos : Rudolf Gravernann, ergänzt von: Chr. Böhlke, S. Sabarth, B. Althammer Redaktion : Ute und Dr .K.-H. Oelkers Alter Bahnhof Steinhude