Hinweisblatt über das Verfahren vor dem Finanzgericht

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Hinweisblatt über das Verfahren vor dem Finanzgericht
Finanzgericht Hamburg
Hinweisblatt über das Verfahren vor dem Finanzgericht
Sie haben beim Finanzgericht eine Klage eingereicht. Mit diesem Hinweisblatt möchten wir Fragen
beantworten, die immer wieder an das Gericht herangetragen werden.
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Was geschieht mit meiner Klage?
Nach Zustellung der Klageschrift an das beklagte Finanzamt bzw. in Kindergeldsachen an
die Familienkasse, prüft und ermittelt das Gericht alle für den Ausgang des Klageverfahrens relevanten Tatsachen und Umstände von Amts wegen. Diese Pflicht zur Amtsermittlung bedeutet, dass das Gericht sowohl für die Kläger- als auch für die Beklagtenseite alle
begünstigenden und belastenden Umstände erforscht. So lässt es sich etwa die Akten und
Unterlagen zusenden, die es für seine Entscheidungsfindung für nötig erachtet, und fordert
die Beteiligten auf, sich zu bestimmten Punkten zu äußern.
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Muss ich einen Prozessbevollmächtigten haben?
Nein, ein Verfahren vor dem Finanzgericht kann jeder Bürger ohne professionelle Hilfe einleiten und betreiben. Es besteht kein Vertretungszwang. Selbstverständlich können Sie
die Hilfe insbesondere eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers in Anspruch nehmen. Die Entscheidung, ob Sie sich vertreten lassen oder das Verfahren selbst
führen, müssen allerdings Sie selbst treffen.
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Was kostet ein Klageverfahren vor dem Finanzgericht?
Ein Verfahren vor dem Finanzgericht kostet - im Unterschied zum kostenfreien Einspruchsverfahren beim Finanzamt - Geld, wobei die vierfache Verfahrensgebühr bereits mit der
Einreichung der Klageschrift fällig wird. Die Höhe der Verfahrensgebühr bemisst sich nach
dem sog. Streitwert, der die wirtschaftliche Bedeutung, die das Verfahren für den Kläger
hat, beschreibt. Da das Gerichtskostengesetz einen Mindeststreitwert von 1.500,-- Euro
festschreibt (Ausnahme: Kindergeldverfahren), beträgt die vierfache Verfahrensgebühr wenigstens 284,-- Euro. Welche Kosten freilich von welcher Prozesspartei letztlich zu bezahlen sind, wird vom Finanzgericht erst dann abschließend berechnet, wenn das Klageverfahren entschieden worden ist. Für den Regelfall gilt: Gewinnen Sie als Kläger den Prozess,
muss das Finanzamt bzw. die Familienkasse für alle Kosten des Verfahrens - also auch für
die Kosten eines von Ihnen beauftragten Prozessbevollmächtigten - aufkommen. Verlieren
Sie dagegen das Verfahren, müssen Sie nicht nur für ihre Kosten selbst aufkommen, sondern auch die Gerichtskosten bezahlen. Nähere Angaben hierzu finden Sie in der Kostenübersicht des Finanzgerichts.
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Muss ich einen Kostenvorschuss leisten?
In allen Klageverfahren wird die Verfahrensgebühr schon mit der Einreichung der Klageschrift fällig. Sie werden daher von der Justizkasse alsbald aufgefordert, Gerichtskosten auf
der Basis des Streitwertes bzw. des Mindeststreitwerts zu bezahlen. In Kindergeldverfahren
erhalten Sie diese Aufforderung nur, wenn der Streitwert bekannt ist (da kein Mindeststreitwert). Im Unterschied zu einem zivilgerichtlichen Verfahren darf das Finanzgericht seine
Tätigkeit aber nicht von der Zahlung dieser Kosten abhängig machen. Das Finanzgericht
wird also über Ihre Klage auch dann entscheiden, wenn Sie die Gerichtsgebühr noch nicht
bezahlt haben. Gewinnen Sie als Kläger den Prozess, werden Ihnen bereits entrichtete
Gebühren erstattet.
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Wer entscheidet über die Klage?
Beim Finanzgericht sind Senate gebildet, denen drei Berufsrichter angehören. In Klageverfahren entscheidet der zuständige Senat in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei
ehrenamtlichen Richtern. Der Senat kann allerdings ein Klageverfahren auch einem seiner
Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter ist aber nur bei einfach gelagerten Rechtsfällen möglich.
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Wie entscheidet das Finanzgericht über ein Klageverfahren?
In der Regel wird über ein Klageverfahren aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden, zu der Sie und das Finanzamt bzw. die Familienkasse rechtzeitig geladen werden. In vielen Verfahren vor dem Finanzgericht werden die Beteiligten allerdings zunächst
vom Berichterstatter – das ist ein vom Vorsitzenden des Senats bestimmtes Mitglied des
Senats, das die Entscheidung des Rechtsstreits vorbereitet – zu einem sog. Erörterungstermin geladen. Der Erörterungstermin dient vor allem der Aufklärung des mitunter schwierigen Sachverhalts und der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits.
Als weitere Möglichkeit sieht das Gesetz die Durchführung einer Güteverhandlung vor.
Dabei handelt es sich um ein ergänzendes Angebot für Streitfälle, in denen besondere Konflikte zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde, vielleicht aber auch gegenüber beizuladenen Dritten bestehen, die über das eigentliche Rechtsproblem hinausgehen.
Die Durchführung einer Güteverhandlung kann vom Berichterstatter, aber auch von den
Verfahrensbeteiligten angeregt werden. Sie findet nur statt, wenn alle Verfahrensbeteiligten
dies wünschen. Soll eine Güteverhandlung durchgeführt werden, verweist das Gericht die
Beteiligten an einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (den Güterichter).
Sobald Sie zu einem Erörterungstermin oder zur mündlichen Verhandlung geladen werden,
wird das Gericht Ihnen weiteren Informationen zusenden.
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Wie lange dauert der Prozess?
Das Finanzgericht ist bestrebt, über Ihre Klage zügig zu entscheiden. Die Dauer eines Klageverfahrens lässt sich aber nicht voraussagen. Es gibt viele Gründe, die die Verfahrensdauer beeinflussen. Insbesondere die Bearbeitung der Vielzahl anderer Klagen – beim Finanzgericht Hamburg gehen jedes Jahr etwa 1.200 Klagen ein – macht eine sofortige Behandlung und Entscheidung Ihrer Klage nicht möglich. Sie müssen sich deshalb in der Regel auf eine Verfahrensdauer von wenigstens 10 Monaten einstellen.
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Was kann ich zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen?
o Geben Sie in allen Schreiben an das Gericht das Aktenzeichen an.
o Fügen Sie allen Schriftsätzen an das Gericht sowie den Anlagen eine Durchschrift
oder Kopie für das beklagte Finanzamt bzw. die Familienkasse bei.
o Teilen Sie dem Gericht unaufgefordert jede Änderung der Anschrift mit.
o Geben Sie dem Gericht auch Nachricht, wenn Sie längere Zeit nicht zu erreichen
sind.
o Reichen Sie Unterlagen, die für den Ausgang des Rechtsstreits von Bedeutung sein
können, umgehend ein.
Nähere Information zum gerichtlichen Verfahren finden Sie auf der Homepage des Finanzgerichts
Hamburg unter www.finanzgericht.hamburg.de . Auskunft geben Ihnen auch die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Geschäftsstelle des zuständigen Senats.
Stand: 01.09.2014