The Cast-GA-20160329 - Haus der Springmaus
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The Cast-GA-20160329 - Haus der Springmaus
https://epaper.general-anzeiger-bonn.de/eweb/printcontent/ga/2016/03/29/ah/11/2927091/ © General-Anzeiger Bonn Basso profundo trägt Jeans „The Cast“ im Haus der Springmaus Von Ulrike Strauch Am 9. Juni 2007 war es, da rührte ein Handyverkäufer aus Bristol mit der Arie „Nessun Dorma“ aus Puccinis „Turandot“ die Jury und das Publikum der Castingshow „Britain’s Got Talent“ zu Tränen. Wie es hernach mit der Karriere von Paul Robert Potts weiterging, ist das eine. Aber dass die kraftvolle und sublime Schönheit einer Arie nicht zwangsläufig der Kulisse der Mailänder Scala bedarf, keiner rauschenden Roben und hoch bezahlten Stars – das kann man mitunter sogar aus solchen Fernsehsendungen mitnehmen. Ins Haus der Springmaus zum Beispiel, wo die drei Sängerinnen und drei Sänger von „The Cast“ – übrigens allesamt gut ausgebildete Profis, was man sehr wohl hört – jetzt einmal mehr bewiesen haben, wie viel Spaß (ihnen) die Oper macht. So wie sie sie präsentieren, allemal. Frisch und frei heraus, in lässiger Straßenkleidung, mit Leidenschaft, mit Witz und Sinn für Selbstironie. Wer sein Sujet so liebt wie zum Beispiel Koloratursopranistin Alison Scherzer, wie Bassbariton Till Bleckwedel und Basso profundo Campbell Vertesi, der darf das. So klingt es zu keiner Sekunde kitschig, sondern vielmehr bezaubernd oldschool, wenn sie voll Inbrunst Lehárs Operettenklassiker wie „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ oder auch „Dein ist mein ganzes Herz“ rezitieren; begleitet von einem gut temperierten Streichquartett und einem Pianisten anstelle des Orchesters, das an solchen Abenden gemeinhin im Graben sitzt. Natürlich hat ein jeder so seine Lieblinge. Papageno steht hoch im Kurs, Mozart überhaupt – von „Don Giovanni“ bis „Così fan tutte“. Wie man Frauen nach allen Regeln der Kunst anschmachtet, können Bleckwedel und seine Mitstreiter von Bizet lernen. Es geht um die Liebe, um Sehnsucht und Koketterie oder auch die sprichwörtliche „Unschuld vom Lande“. Aber vor allem geht es darum, zu welchem Volumen und in welcher Harmonie sich Stimmen wie diese entfalten können. Den stehenden Ovationen und lauten Bravorufen des Bonner Publikums ist daher tatsächlich nichts hinzuzufügen. Rhein-Ahr-Zeitung vom Dienstag, 29. März 2016, Seite 11