Speed-Dating fürs Geschäft
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20 UNTERNEHMEN & MÄRKTE DONNERSTAG, 4. DEZEMBER 2014, NR. 234 1 Wissensfabrik/ Bernhard Kunz (9) G edanken über den Stundensatz sollten sich Kay Rathschlag und Philipp Schwarz besser nicht machen: BASF-Aufsichtsratschef Jürgen Hambrecht und Roland-BergerChefkontrolleur Burkhard Schwenker nehmen sich 20 Minuten Zeit – für das Geschäftsmodell der beiden Gründer, für Tipps und Kontakte. Zumal das Gespräch am vergangenen Wochenende nur der Auftakt war. Mit Heinz-Walter Große, dem Vorstandschef des Medizintechnikherstellers B. Braun Melsungen, sprachen die Gründer von Wearable Life Science später über Hürden bei der Zulassung. Christian Heine, Topmanager der Fischerwerke, bot an, sie bei ihrer Entwicklung eines Ganzkörperanzugs für Sportler mit eingebauten Elektroden, die die Muskeln stimulieren, mit der eigenen Patentabteilung zu unterstützen. Gute Tipps oder Kontakte be- Franz Fehrenbach (M.) mit den Weconomy-Gewinnern Jonas Lehmann (l.) und David Wehner: Türen öffnen, die sonst wohl verschlossen bleiben. das angekommen. Die Gründer fragen sich gerade, wie ihr Start-up Mapudo, mit dem sie einen Onlinemarktplatz für Metalle aufbauen wollen, mit den Großen der Branche zusammenarbeiten kann. Sie haben in den Gesprächen festgestellt: Auch in den Konzernen gibt es Bedarf für ihre Plattform. Etwa die Betriebswerkstätten des Schraubenhändlers Würth, dessen Stiftungschef Harald Unkelbach die beiden auch trafen. Nur: „Die Zusammenarbeit mit Start-ups ist in der Stahlbranche nicht üblich“, sagt Ballweg. „Doch die Gespräche haben uns Mut gemacht. Es gibt immer wieder Leute in den Unternehmen, die Innovationen nach vorne bringen“, ergänzt Grethe. Biotechnologie, Medizintechnik, IT, Onlinehandel oder Sensortechnik – der Wettbewerb habe eine gute Mischung hervorgebracht, resü- mierte Boschs Aufsichtsratschef Franz Fehrenbach im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Lampoldshausen bei Heilbronn. Und Top-Berater Burkhard Schwenker ergänzte: „Mich begeistert, wie pragmatisch die neue Generation ist. Es wird von Jahr zu Jahr besser.“ Weil alle Gründer vor ähnlichen Herausforderungen stehen, helfen nicht nur die Gespräche mit den Topmanagern, der informelle Austausch unter den Jungunternehmern ist ebenso wichtig. Rathschlag und seine Mitstreiter von Wearable Life Science etwa planen, in die nächste Generation ihres Anzugs auch Sensoren einzubauen – ein Bereich, in dem das Team von Kinexon schon sehr weit ist. Mit den Gründern haben sie direkt Gespräche vereinbart. Die Jungunternehmer werden sich aber auch offiziell wiedersehen, denn neben dem Wochenende können sie an den WeconomyTagen in Partnerunternehmen mit Fach- und Führungskräften ihre Firmen weiterentwickeln. Eineinhalb Tage lang dreht sich dort alles um ein Thema, das die meisten Start-ups beschäftigt. Szenarioplanung ist das aktuell bei David Wehner und den drei weiteren Gründern von Venneos. Ihre Innovation könnte einmal klassische Mikroskope überflüssig machen, ihr chipbasiertes Mikroskop übersetzt Zellvorgänge in elektrische Signale, aus denen Bilder entstehen. Von den Managern Wir haben zu viel Sicherheitsmentalität und Risikoscheu in Deutschland. Wir brauchen wieder mehr unternehmerischen Mut, um nach vorne zu kommen. Dieter Zetsche Vorstandsvorsitzender von Daimler wie Daimler-Chef Zetsche bekamen Wehner und Mitgründer Jonas Lehmann den Rat, ihre Zeitpläne und angestrebten Meilensteine sauber aufzuschlüsseln, damit diese für Investoren nachvollziehbarer sind. Die Manager hätten auch den Finger in die Wunde gelegt – kritisch-konstruktiv. „Es gab ein oder zwei Punkte, von denen ich nicht erwartet hätte, dass jemand sie in 20 Minuten herausfiltern kann“, sagt Wehner. Sein Fazit: „Wenn man die richtigen Menschen trifft, kann man in Unternehmen reinkommen, in die man sonst als Start-up nicht hineinkommt.“ LOS ANGELES. Für die Hacker, die das Hollywood-Studio Sony Pictures angriffen, scheint es im FirmenNetzwerk keine verschlossenen Türen gegeben zu haben. Nach gestohlenen Filmen wie „Herz aus Stahl“ mit Brad Pitt landeten sogar angebliche Gehaltslisten im Internet. In den Papieren waren neben Millionenbezügen des Topmanagements auch private Daten wie Geburtstage und Sozialversicherungsnummern aufgeführt, wie US-Medien berichteten. So bekam ein Reporter des Onlinedienstes „Fusion“ eine Liste mit Informationen zu 3 800 Mitarbeitern zu sehen. Der IT-Experte Brian Krebs fand ein Papier mit 6 800 Namen aktueller und früherer Beschäftigter. Sony Pictures hat insgesamt rund 6 600 Mitarbeiter. Die Firmenchefs Michael Lynton und Amy Pascal versprachen den Mitarbeitern Unterstützung beim Schutz ihrer Privatsphäre, wie das Branchenblatt „Hollywood Reporter“ unter Berufung auf eine inter- AP Datendiebe entwendeten Filme und vertrauliche Firmeninfos. Der Gründerwettbewerb Weconomy bringt Start-ups und Topmanager der Wirtschaft zusammen. kamen sie auch von BASF-Vorständin Margret Suckale und Bilfinger-Vorstand Jochen Keysberg. Über den Preis dieser exklusiven Beratung mussten sie auch nicht nachdenken: Das Wochenende mit 14 Topmanagern der deutschen Wirtschaft hatten sie sich erarbeitet – neben sieben weiteren Gründern und Gründerteams. Mit ihren Geschäftsideen haben sie die Jury des Weconomy-Gründerpreises überzeugt, den das Handelsblatt, das Firmennetzwerk Wissensfabrik und seit diesem Jahr das Gründerzentrum „UnternehmerTUM“ der TU München jährlich ausschreiben. Für Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche, der zum ersten Mal dabei war, ist klar, warum: „Wir haben zu viel Sicherheitsmentalität und Risikoscheu in Deutschland. Wir brauchen wieder mehr unternehmerischen Mut, um nach vorne zu kommen“, sagte er am WeconomyWochenende. Es sei wichtig, dazu beizutragen, Jungunternehmer auf ihrem Weg zu ermutigen. Bei Martin Ballweg und Sebastian Grethe ist 1 Hacker stellen Sony bloß Speed-Dating fürs Geschäft Martin Buchenau, Stefani Hergert Lampoldshausen, Düsseldorf UNTERNEHMEN & MÄRKTE 21 DONNERSTAG, 4. DEZEMBER 2014, NR. 234 Szene aus „Fury“ mit Brad Pitt: Steckt Nordkorea hinter dem Hack? ne E-Mail berichtete. Es sei nun offensichtlich, dass die Hacker bei dem Angriff vor gut einer Woche eine Menge vertraulicher Informationen gestohlen hätten. Die Computersysteme von Sony waren nach der Attacke tagelang lahmgelegt, die Mitarbeiter mussten laut Medienberichten zum Teil auf Stift und Papier ausweichen. Wer hinter dem Angriff steht, ist weiterhin ungeklärt. Seit Tagen gibt es Spekulationen, dass Nordkorea dahinterstecken könnte. Das Land hatte den Sony-Film „The Interview“ scharf kritisiert, in dem TV-Journalisten ein Interview mit Machthaber Kim Jong Un bekommen und beauftragt werden, ihn zu töten. Nordkoreas Regierung bezeichnete den Film als Kriegsakt. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Mittwoch, in dem Schadprogramm der Angreifer sei ein Text auf Koreanisch gefunden worden. Außerdem gebe es Ähnlichkeiten zu einer Attacke auf südkoreanische Banken und Medien im Mai 2013, hieß es unter Berufung auf Ermittlungskreise. Sony war erst 2011 Opfer eines massiven Hackerangriffes. Damals wurden Daten von Millionen Nutzern des Netzwerks rund um die Spielkonsole Playstation gestohlen. dpa/Reuters ANZEIGE &+& %& %%($%$' " & $ ('% %' + * ' '%$$ &&$ CHANNEL PILOT SOLUTIONS KINEXON MAPUDO PERFLUORENCE Mirko Platz, Lars Niemann und Ralf Priemer bieten Kunden aus dem Versandhandel oder Shopbetreibern mit Hilfe ihrer E-Commerce-Software seit zwei Jahren eine verbesserte Präsenz auf dem Onlinemarkt mit seinen zahlreichen Verkaufsportalen an. Für Versandhändler und Shop-Betreiber ist es damit einfacher, ihre Produkte auf Preisvergleichsseiten, Marktplätzen, bei der Suchmaschine Google oder in Netzwerken im eigenen Land und im Ausland anzubieten und zu steuern. Rund ein Drittel der deutschen Top-500-Webshops nutzt die 2013 eingeführte Software Channel-Pilot. Alexander Hüttenbrink und Oliver Trinchera bringen seit 2012 Raumfahrttechnologie zum Einsatz. Mit dem drahtlosen 3D-Sensor „Kinexon One“ lassen sich Bewegungen von Personen und Objekten im Raum bestimmen. Das System misst zum Beispiel die Aktivität und Körperbewegung eines Athleten. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Industrie: So können die Sensoren die Aktivitäten von Maschinen und Werkzeugen erfassen und überwachen und damit zur Prozessautomatisierung beitragen. Auch ein Einsatz im Gesundheitssektor ist denkbar. Thomas Engelhardt, Hagen Marks und Frederico Rosenbaum haben verschleißsenkende Schmierstoffe entwickelt. Das Spin-off des Leibniz-Instituts für Polymerforschung in Dresden hat dafür ein speziell veredeltes Fluorpolymer als Additiv entwickelt. Es wird als Festschmierstoff in Kunststoffe oder in Additive für Schmierstoffe eingearbeitet. Im Vergleich zu anderen Werkstoffen erhöht es die Lebensdauer von Bauteilsystemen wie Lagern oder Antrieben und ermöglicht neue Anwendungsbereiche – etwa die Getriebeschmierung von Industrie- oder Windkraftanlagen. Ralf Priemer Oliver Trinchera (l.) und Alexander Hüttenbrink Martin Ballweg und Sebastian Grethe haben in diesem Jahr eine Onlineplattform für den Metallhandel aufgebaut. Bislang vertreiben die meisten Metallhändler ihre Produkte nicht im Netz. Der Onlinemarktplatz Mapudo soll es Lieferanten nun ermöglichen, einen Teil ihres Firmengeschäfts, insbesondere für Kleinkunden, über eine zentrale, weltweit zugängliche Plattform abzuwickeln. So soll der Transaktionsaufwand sowohl für Händler als auch für Nachfrager von Industriemetallen deutlich gesenkt werden. Martin Ballweg (l.) und Sebastian Grethe Thomas Engelhardt (l.), Frederico Rosenbaum SECUCLOUD SILEXICA VENNEOS WEARABLE LIFE SCIENCE Dennis Monner und Erick Gonzalez bieten seit einem Jahr Privatpersonen und kleineren Unternehmen Sicherheit vor Hackerangriffen auf Computer, Smartphones und Tablets mit einer cloudbasierten Lösung an. Das System schützt alle Geräte gleichermaßen im heimischen WLANNetz sowie in öffentlichen Netzen oder beim mobilen Datenverkehr auf dem Handy. Das Secucloud-System erreicht dabei laut den Gründern ebenso hohe Sicherheitsstandards wie bei Großunternehmen. Eine Wissensdatenbank wird ständig aktualisiert – so sollen VirenAusbrüche schon im Keim erstickt werden. Mikroprozessoren, zum Beispiel in Smartphones, sind hochkomplex: Johannes Emigholz hat mit seinen Partnern Software-Werkzeuge entwickelt, die parallele Programmierung von sogenannten Multicore-Systemen weitestgehend automatisieren. Das spart nicht nur Arbeitszeit, sondern sorgt auch für eine verbesserte Code-Qualität. Damit gehen eine erhöhte Rechenleistung und ein niedrigerer Stromverbrauch des Gerätes einher. Silexica ist ein Spin-off der RWTH Aachen. Erst in diesem Jahr wurde das Unternehmen aus der Hochschule ausgegründet. Aleksander Groshev (l.) und Dennis Monner Johannes Emigholz (l.) und Maximilian Odendahl David Wehner hat mit drei Kollegen ein chipbasiertes Mikroskop entwickelt, das unterschiedlichste Zellvorgänge – wie Teilungen und Bewegungen – in elektrische Signale übersetzt, aus denen dann Bilder generiert werden. Ohne das Licht wie bei einem klassischen Mikroskop kann so das Zellgeschehen analysiert werden. Zudem lassen sich mit dem Chip weitere zelluläre Veränderungen untersuchen, für die bislang andere Techniken eingesetzt werden mussten. Ab 2016 soll der Chip bei Tests an Zellkulturen, etwa zur Entwicklung neuer Medikamente, einsetzbar sein und auch Tierversuche ersetzen. Philipp Schwarz hat zusammen mit Freunden einen Ganzkörperanzug für elektrische Muskelstimulation entwickelt. Bislang mussten die einzelnen zu stimulierenden Muskelpartien mit Kabeln an ein Gerät vor Ort angeschlossen werden, mit dem man sich kaum bewegen kann. Kabellos geht das mit dem Ganzkörperanzug von Wearable Life Science: Elektroden und Sensoren sind in diesen leicht anzulegenden Anzug integriert, eine kleine mobile Steuereinheit wird einfach angeklickt. Bei der Rehabilitation von Sportlern nach Verletzungen oder für den Muskelaufbau ist Bewegungsfreiheit gewährleistet. Jonas Lehmann (l.) und David Wehner Kay Rathschlag (l.) und Philipp Schwarz © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. ' ) % %& & '%" $%& &$& & $ $%$'%($&&$ !$% &&" '%'% % +'%&+($%$' '$ )#% !%%& )$ % $& &"