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Der Tip
 Kino-Tip
www.tipbt.de
Der Kampf des jungen
Adolf H.
(ul) Nachdem der charmante
Jamie Reidy (Jake Gyllenhaal)
seinen Job in einem Elektrofachhandel verloren hat, schult er
zum Pharmavertreter um. Fortan
versucht er, Produkte aus der Pfizer-Produktpalette zu verkaufen.
Doch das Klinkenputzen bei den
Ärzten ist schwerer als gedacht.
Zum Glück läuft es für Jamie
mit den Frauen wesentlich besser und so genießt der Schönling
sein Singledasein in vollen Zügen. Während einer Verkaufstour
lernt er die sich unnahbar gebende Maggie Murdock (Anne
Hathaway) kennen, die sich im
Anfangsstadium von Parkinson
befindet. Obwohl auch sie nicht
auf eine feste Beziehung aus ist,
funkt es bereits bei der ersten
Begegnung. Schon bald finden
sich die beiden Verfechter des
Singledaseins in einer Beziehung
wieder. Doch Maggies Krankheit
scheint dem jungen Glück einen
Stein in den Weg zu legen. Während Jamie in seinem Job dank
einer kleinen blauen Pille namens Viagra einen Karriereschub
erfährt, werden Maggies Krankheitssymptome stärker.
Regisseur Edward Zwick („Blood
Diamond“, „Last Samurai“) entwirft mit „Love and other Drugs“
eine wankelmütige romantische Komödie mit ernsten Zügen. Dabei sorgt vor allem der
Hype um das Potenzmittels für
manch gelungene Pointe. Jake
Gyllenhaal („Donnie Darko“)
und Anne Hathaway („Der Teufel trägt Prada“) verkörpern ihre
Figuren überzeugend und harmonieren perfekt zusammen.
Doch auch wenn die Chemie der
beiden Hauptdarsteller stimmt
und teils spritzige Dialoge geboten werden, funktioniert der für
Hollywoodverhältnisse äußerst
freizügige Film nur bedingt. Zu
unterschiedlich sind die einzelnen aufgebotenen Bestandteile,
um einen homogenen, stimmigen Gesamtfilm abzugeben.
Phasenweise wirkt „Love and
other Drugs“ wie eine Satire auf
die Pharmabranche, dann wie
eine gewitzte Sexkomödie, um
zwischendurch in eine spätpubertäre Klamotte abzudriften
und schließlich in ein auf die
Tränendrüsen drückendes Beziehungsdrama zu münden. Doch
der Spagat zwischen kurzweiliger Unterhaltung, bissiger Satire
und rührendem Drama will letztlich nicht recht zünden. Die gute
Chemie der Hauptdarsteller lässt
die fehlende Fokussierung der
schlüpfrigen Romanze mit bitterem Unterton aber zumindest
beizeiten verschmerzen.
(mtm) Wie viele Scherze darf man
über Adolf Hitler machen? In der
deutschen Kulturlandschaft stellt
sich diese Frage immer wieder –
denn der Grat, auf dem man wandert, ist schmal. George Tabori
ist es 1987 mit seiner Farce „Mein
Kampf “ gelungen, dieses heikle
Thema auf die Theaterbünhne zu
bringen. Nun ist das Stück bei der
Studiobühne zu sehen.
Wien im Jahre 1910: In Frau Merschmeyers Männerasyl unter ihrer Metzgerei führen der fliegende Buchverkäufer Schlomo Herzl
(Wolfram Ster) und der Koch
Lobkowitz (Horst Möller) ein bescheidenes Leben. Aber weder ihre
lumpigen Kleider noch die heruntergekommene Herberge können
den beiden ihren Frohmut nehmen.
Doch dann trifft der junge Adolf
Hitler (Florian Kolb) ein, der in der
Stadt sein Glück als Künstler versuchen will. Während Lobkowitz den
Neuankömmling kritisch betrachtet, nimmt der gutherzige Schlomo den Jüngling unter seine Fittiche. Fast mütterlich kümmert sich
Schlomo um Hitler, leiht ihm seinen Wintermantel und stopft seine
Socken. Wichtiger noch: Er tröstet
Hitler, als dieser an der Kunstakademie abgelehnt wird, und rät ihm,
in die Politik zu gehen. Er überlässt
ihm sogar den Titel des Buches, das
er eigentlich selbst schreiben wollte:
„Mein Kampf “. Zudem ist Schlomo,
der Adolfs Schnurrbart auf die bekannte Form stutzt, ihm zum ersten
Mal den strengen Scheitel legt und
ihn vor dem Tod (Beate Sturm) beschützt, der Hitler abholen will.
„Mein Kampf “ beschreibt, wie aus
dem jungen Künstler vom Land das
(Komödie)
5 von 10 Punkten
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 Kurz-Tips
 Theater-Tip
Love and other Drugs
Monstrum Hitler wird.
Schleichend entwickelt
sich der unbedarfte
Junge zu einem Mann,
dessen Hass keine
Grenzen mehr kennt.
Florian Kolb spielt
diesen Balanceakt zwischen
Unsicherheit
und
aufkeimendem
Größenwahnsinn sehr
überzeugend. Doch der
wahre Star des Abends
ist Wolfram Ster, der
den gutherzigen alten
Juden Schlomo Herzl
so grandios verkörpert,
dass man nachvollziehen kann, warum
sich das junge Gretchen
(Lara-Marlou
Metzlaff ) in ihn verliebt.
George Tabori hatte ein Herz für heikle Themen. Die Uraufführung seines in
Auschwitz spielenden Schlomo bringt Hitler vieles bei – nicht nur das
Foto: Studiobühne Bayreuth
Stückes „Die Kanniba- Sockenstopfen
lachen. Nur als am Ende seine Verlen“ sorgte 1969 in Berlin für Furobohrtheit siegt und auch Gretchen
re, 1987 legte er mit „Mein Kampf “
von Hitlers Wahn gefangen genomnach. 23 Jahre später inszenierte
men wird, bleibt selbst Schlomo die
jetzt Marcus Leclaire das Stück an
Heiterkeit im Halse stecken. Und
der Studiobühne und schafft es, die
so besteht sein Buch am Ende nur
Atmosphäre zwischen Lachen und
aus einem Satz: „Und wenn sie nicht
Ernst beizubehalten. Die Gratwangestorben sind, dann leben sie noch
derung auf der Studiobühne gelingt.
heute.“
George Tabori, selbst ungarischer
Inzwischen sind in der StudiobühJude, verstand es wie kein Zweiter,
ne alle Vorstellungen von „Mein
traurigen, ernsten und vor allem TaKampf “ ausverkauft. Deshalb gibt
buthemen auf der Bühne mit einem
es jetzt eine Zusatzvorstellung am
Augenzwinkern zu versehen. Die
Sonntag, den 23. Januar ab 17 Uhr
Farce „Mein Kampf “ lebt von den
in der Röntgentraße 2. Die Karten
jüdischen Witzen und den talmundkosten zehn Euro für Studenten
schen Lebensweisheiten, doch auch
und sind an der Theaterkasse im
über den tölpelhaften Adolf und
Reisebüro Bayreuth (Luitpoldplatz
seine Bilder („Mutter beim Erb9) oder unter 0921/69001 erhältlich.
senpulen im Zwielicht“) kann man
Kauf doch mal eins mehr
Abwechslungsreiches Programm am morgigen Freitag
Kauf-Eins-Mehr
(kh) Der Rotaract-Club Bayreuth veranstaltet morgen von 17 bis 19 Uhr
wieder eine „Kauf-Eins-Mehr“-Aktion. Dabei sollen in zwei Supermärkten (Rewe in der Spinnerei und Real
in der Riedingerstraße) die Einkäufer
davon überzeugt werden ein Produkt mehr zu kaufen und dieses anschließend in die Einkaufswägen vom
Rotaract-Club zu legen. Die Produkte
sind dann Spenden für die Bayreuther
Tafel. Besonders gefragt sind Produkte mit hohem Haltbarkeitsdatum wie
Mehl und Zucker, Haarshampoo, Nudeln oder Salz.
Semesterabschlusskonzert
Die Big Band der Uni Bayreuth präsentiert morgen bei ihrem alljährlichen Semesterabschlusskonzert die
Höhepunkte des vergangenen Probenjahres. Dazu gehören stilechte SwingKlassiker von Glenn Miller und Duke
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Ellington, aber auch Rock-Nummern
wie „In the Stone“ von Earth, Wind
& Fire oder Latin-Arrangements
von „Sway“ und „Girl from Ipanema“
wieder. Veranstaltungsort ist der Tagungsraum des Studentenwerks neben dem Gebäude der Zentralen Verwaltung. Beginn ist 20 Uhr, Einlass ab
19 Uhr bei freiem Eintritt.
Arbeiten in einer globalisierten
Ökonomie
Die Sängerschaft Franco-Palatia lädt
morgen alle Interessierten zu einem
Vortragsabend mit dem Thema „Arbeiten in einer globalisierten Ökonomie“ mit Dipl.-Kaufm. Bernd Jung,
Alumnus der Uni Bayreuth. Bernd
Jung, der seit mehreren Jahren im
Großherzogtum Luxemburg für verschiedene global agierende Unternehmen arbeitet, wird sich unter anderem
mit den Fragen „Globalisierung – was
ist das eigentlich?“ oder „Wie wirkt
sich die Globalisierung auf Unternehmen und somit auch letztlich auf meinen eigenen Beruf aus?“ beschäftigen
und dabei aus eigenen Erfahrungen
berichten, wie die Mechanismen von
global agierenden Unternehmen funktionieren. Der Vortrag beginnt um 20
Uhr im Georg-Fischer-Haus (Pottensteiner Str. 28).
Donnerstag, 20. Januar
(kh) „Alumnistudie Interkulturelle Germanistik“, Bayreuther
Studie über Berufseinstieg von
Absolventinnen und Absolventen v. a. des Magister-Hauptfachs
„Interkulturelle Germanistik“, ab
20 Uhr im S91 (GW I). // Rick
Kavanian präsentiert sein zweites Soloprogramm „Ipanema“, ab
20 Uhr im ZENTRUM. // Mamaladnamala ab 20.13 Uhr im Podium. // „Ungarn“, Länderabend der
ESG und dem ISN, ab 20.15 Uhr
in der ESG. // The Headless Horsemen, von Rock'n'Roll bis Punk,
ab 22 Uhr im Glashaus.
Freitag, 21. Januar
Otello darf nicht platzen, eine
Komödie von Ken Ludwig, ab
20 Uhr im Brandenburger Kulturstadl. // Rosi am Meer, Uraufführung des Akrobatik-Theaterprojekts, ab 20 Uhr in der
Studiobühne. // I Heart Sharks,
Indietronic-Pop aus Berlin, ab
22 Uhr im Glashaus.
Samstag, 22. Januar
Konzertausschnitt
des
Zamirchors zum Internationalen
Holocaustgedenktag mit dem
israelischem Komponist und Dirigent der Werke, Issak Tavior,
ab 17 Uhr in der Zamirhalle. //
Marlene swingt!, Theater-undMedien-Party im Stil der 1920er
Jahre, ab 21 Uhr im Glashaus.
Sonntag, 23. Januar
Grenzen des Wissens und der
Mensch in Grenzsituationen
(Hiob), akademischer Gottesdienst ab 11 Uhr in der Spitalkirche mit Dr. Reinhard Caspary, Institut für Hochfrequenztechnik,
TU Braunschweig.
Montag, 24. Januar
Schultheater „Sherlock Holmes“
ab 19 Uhr in der Stadthalle. //
„Schultze gets the Blues“, Wohnzimmerkino ab 20 Uhr in der
KHG.
Dienstag, 25. Januar
Projektor Fachschaft Mathe/Physik/Informatik, Film: Gamer, ab
20 Uhr im H15. // Abschlusskonzert Unichor und Swahili-Chor,
ab 20 Uhr im Theaterraum, Einritt frei.
Mittwoch, 26. Januar
Delikatessen: The Road, Vorstellungen um 17 und 20 Uhr
im Cineplex. // Poetry Slam ab
20.30 Uhr im Podium.
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Der Tip
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20. Januar 2011 • Nr. 441
Der Tip
Der Tip fordert : Ehepaar Sarrazin ins Dschungelcamp!
 Vorwort
Das neue
Spießertum
Von Benedikt Coekoll
Was gaben uns unsere Lehrer
und Eltern mit auf den Weg, als
wir die Schule verließen? „Die
Zukunft ist nicht auf Rosen gebettet.“ „Macht etwas aus euch.“
„Studiert was Solides, lernt
viele Sprachen!“ Das hört man
oft. Und meist folgen wir diesem Rat. Wir liefern das, was
der Markt von uns verlangt und
uns jeder Karriereratgeber im
Schlaf vorbeten kann: Räumliche und zeitliche Flexibilität
zum Beispiel wird so zu einer
gesellschaftlichen Norm, mit
der sich eine ganze Generation
anfreundet. Weil sie es muss
oder weil sie Spaß daran hat,
ist dabei nicht wichtig. Denn
die Leute sind zufrieden, weil
sie alles haben und es auch weiterhin bekommen, wenn sie nur
die richtigen Knöpfe drücken.
Das bekommen sie jedenfalls
gesagt.
In der gesamten Geschichte
fällt mir dabei kaum eine andere Gruppe ein, die vor einer
gesellschaftlichen Entwicklung
wie der gegenwärtigen so resigniert hat, wie diese. Eine Generation ist voll von Pragmatikern
und schnell ersetzbaren Passepartouts. In anderen Worten:
konform. Der Sozialtyp unserer Zeit kann einen normierten
Ausbildungskanon in Rekordzeit durchlaufen. Er kann sich
verkaufen und hat alle Möglichkeiten. Und doch scheint er
dabei nichts lieber zu wollen,
als so schnell wie möglich noch
spießiger zu werden als seine
Eltern. Zugegeben, wer wird es
ihm verdenken, in diesen Zeiten
ein verstärktes Bedürfnis nach
sozialer Sicherheit, Wohlstand
und Status zu entwickeln? Aber
ist es nicht ein Zeichen einer
verkümmerten Phantasie, dass
wir zu uninspiriert sind, uns zu
überlegen, wie die so oft betonte Selbstverwirklichung auch
anders als allein dadurch zu erreichen wäre? Einige mögen es
sich in der Unbequemlichkeit
des post-modernen Status quo
bequem gemacht haben. Einige
mögen sich damit arrangiert
haben. Einige mögen damit
zufrieden sein. Unsere Kinder
sind es später einmal hoffentlich nicht.
37. Semester • www.tipbt.de
Nostradamus-Tip
Der große Jahresausblick 2011
Was wird aus dem Dioxin-Skandal?
Welchen Titel trägt Lenas Biografie?
Wird die FDP ihr Dasein künftig als
außerparlamentarische Opposition
fristen? Zwei Experten werfen für
euch einen satirischen Blick in die
Zukunft.
Januar
(wjl, bb) Landwirtschaftsministerin
Ilse Aigner stellt sich GreenpeaceAktivisten und isst vor laufender Kamera angeblich mit Dioxin belastetes
Geflügelfleisch. Sie lächelt dabei und
versichert, alles sei sicher, ihre Maßnahmen zur Kontrolle der Futtermittelindustrie hätten gegriffen. Aufgrund der anhaltenden Winterkälte
proklamiert Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle: „Die Klimaerwärmung findet augenscheinlich nicht
statt – das erlaubt weitere Entlastungen für den Mittelstand.“ Drei Tage
später ist durch das überraschend
einsetzende milde Wetter ganz Franken von Hochwasser bedroht. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg plant, die Krisenmaßnahmen der Bundeswehr in seiner oberfränkischen Heimat zu unterstützen.
Er muss die Reise kurzfristig absagen.
Offizielle Version: Der adlige Feldherr
wird von seinen Mannen in Afghanistan dringend gebraucht.
Februar
Olaf Scholz wird als Bürgermeister einer rot-grünen Koalition in Hamburg
gewählt. Die Grünen-Vorsitzende
lässt verlauten: „Nach von Beust krieg
ich den auch noch klein.“ Nachdem
sich die EU einen Monat nach der Revolution in Tunesien auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hat, reist
Kanzlerin Angela Merkel nach Tunis,
um Recht und Ordnung wiederherzustellen. Sie lädt Ex-Präsident Ben Ali
und führende Köpfe der Demonstration zu einem Krisentreffen – Motto:
„Wir müssen eine gemeinsame Lösung
finden.“ Sie reist wieder ab, nachdem
sie feststellt, dass der Ex-Präsident
bereits vier Wochen zuvor fluchtartig
das Land verlassen hat.
März
In Sachsen-Anhalt wird gewählt. Im
Endergebnis führt man die NPD vor
der FDP. Entgegen seiner Aussagen
vor der Wahl entscheidet sich der
SPD-Spitzenkandidat doch für eine
Koalition mit den Linken und wird
Ministerpräsident. Ex-Außenminister
Hans-Dietrich Genscher tituliert die
SPD daraufhin als „Umfallerpartei“.
Die Grünen siegen in Baden-Württemberg. Bei der Amtsübergabe in
Stuttgart fehlt Ex-Ministerpräsident
Montage: bb
Stefan Mappus. Er diskutiert noch
mit dem Sicherheitspersonal, warum
er seine mitgebrachte Dachlatte nicht
mit hinein nehmen dürfe. Die FDP
scheitert an der Drei-Prozent-Hürde.
In Rheinland-Pfalz liegen SPD und
CDU gleichauf. Während die Grünen
als drittstärkste Kraft in Sachen Koalition noch schwanken, haben sich SPD
und CDU auf eine große Koalition geeinigt, alles andere wäre Alt-und-neuMinisterpräsident Kurt „Bärchen“
Beck auch zu aufregend.
April
Wikileaks veröffentlicht Fotos, die
zu Guttenberg, in der Ehrenloge versteckt, bei einem AC/DC-Konzert
zeigen – zur Zeit des Hochwassers in
Oberfranken. Seine Beliebtheit in der
Heimat bricht dramatisch ein. Horst
Seehofer beschwichtigt: „Die CSU
liebt ihn immer noch, wir Bayern haben schließlich noch nie auf den fränkischen Pöbel gehört.“
Mai
Rechtzeitig zum Eurovision Song
Contest in Deutschland erscheint
Lena Meyer-Landruts Biografie Satellite. Stefan Raab kommentiert: „Einfach genial, da hätte ich selbst drauf
kommen müssen!“ Die EU-Volkszählung ergibt: Der demografische Wandel scheint schneller voranzuschreiten als erwartet. Man zählt nur noch
80 Millionen. Die Grünen begrüßen
diese Entwicklung: „Wenn es so weiter
geht, sind wir bald klimaneutral.“
Juni
Apple bringt sein neues, innovatives Kultprodukt auf den Markt: Den
iKocher mit echten Apple-förmigen
„Proteinspendern“ – auch als Aufladestation für iPad und iPhone geeignet.
Oliver Pocher zieht sich als Komiker
zurück. Ein Familienvater bräuchte „sicherere Gefilde“, so seine Frau,
Alessandra „Sandy“ Meyer-Wölden.
Am nächsten Tag sitzt er neben Guido
Westerwelle und Alice Schwarzer bei
Johannes B. Kerner. Thema: „Emanzipation – Nimmt das Pantoffelheldentum bei deutschen Männern zu?“
Juli
Die deutsche Damen-Nationalmannschaft verliert das WM-Endspiel im
eigenen Land mit 1:2. Thomas Müller frotzelt: „Hättet ihr mich mal
mitspielen lassen.“ Sommerpause im
Bundestag, politisch passiert nicht
viel. In der letzten Sitzung des britischen Unterhauses wird über die wirtschaftlichen Auswirkungen erneuter
Nessie-Sichtungen gestritten. Guido
Westerwelle folgt Elton Johns Vorbild
und engagiert eine Leihmutter in den
USA. Vor seinem Privatflugzeug, den
rechten Daumen zur optimistischen
Geste erhoben, in der Linken einen
„Baby on board“-Aufkleber, schafft
er es zumindest auf die Titelseite der
BILD. Verunsicherung herrscht in der
Öffentlichkeit: Ist die FDP nun doch
für Familie? Patenonkel wird übrigens
der Hotelier François von Finck.
August
Eine aufsehenerregende Studie zu
Verkehrsunfällen wird veröffentlicht:
Demnach sei die Zahl der Unfälle auf
Deutschlands Straßen um 89 Prozent
gestiegen. Sofort bezieht die CSU Stellung. Die Ursache liege auf der Hand:
Killerspiele! Die, wo man illegale Autorennen fährt. Aggressives Rasen in
der Realität sei vorprogrammiert. Das
herausgebende Institut für neuzeitliche Geschichte bringt Klarheit in die
verwirrende Diskussion: Besagte Studie vergleicht das Unfallaufkommen
des Jahres 1930 mit heute.
September
Der 11. September jährt sich zum
zehnten Mal. Als Zeichen gegen den
islamistischen Terror gründet Thilo
Sarrazin seine Partei Klare Konzepte
für Konkretes (KKK) und lässt die Mitglieder auf Deutschland schafft sich
ab schwören. In Berlin wird Renate
Künast Bürgermeisterin einer grünroten Koalition. Die SPD besteht darauf, den neuen Großflughafen planmäßig zu Ende zu bauen. Empörte
Anhänger der Grünen besetzen die
Baustelle, Heiner Geißler wird als
Schlichter benannt. Künast gibt resigniert auf und lässt verlauten, sie wolle sowieso lieber Sozialarbeiterin in
Kreuzberg werden.
Oktober
CSU-Vorsitzender Horst Seehofer
wird in der letzen Nacht des Oktoberfests betrunken am Steuer erwischt.
Der Frage der Polizeibeamten, ob er
denn wisse, wie schnell er innerorts
gefahren sei, versucht er zunächst
rhetorisch auszuweichen. In die Enge
getrieben sagt er schließlich: „Nun.
Drei Zahlen – das sind Tausend, oder?
Eins, Zwei, Null – zu schnell?“ Die Opposition fordert Seehofers Rücktritt.
Seehofer: „Ich bin doch nicht Käßmann!“ In der Gesellschaft entbrennt
eine Debatte darüber, ob Politiker neben Rhetorik auch Mathematikkurse
benötigten.
Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble sieht dafür keinen
Spielraum, stattdessen vergrault er
seinen neuen Sprecher: Oliver Pocher.
November
Eine CD mit vermeintlichen Steuersünder-Daten entpuppt sich als Trojaner, der die Arbeit des Bundesfinanzministeriums drei Tage lang lahmlegt.
Sigmar Gabriel spöttelt: „Die erste
sinnvolle Sparmaßnahme seit Bestehen dieser Regierung.“ Das Bundesverdienstkreuz an Tokio Hotel wird
nicht von Bundespräsident Christian
Wulff persönlich, sondern von seiner
Gattin Bettina überreicht. Die BILD
schreibt: „Tattoo liebt Tokio“.
Dezember
Nach sieben verlorenen Landtagswahlen sagt FDP-Vorsitzender Guido
Westerwelle der BILD, „er werde „das
Deck erst verlassen, wenn das Ufer erreicht ist.“ Parteiintern wird ihm der
Spitzname „John Maynard“ angetragen. Wie man munkelt, verbunden mit
der Bitte, beim Erreichen des Ufers
doch bitte auch zu sterben. Stefan
Mappus bekommt zu Weihnachten einen Vorstandsposten im „Bundesverband der deutschen Tunnelbauer e. V.“.
PS:
November 2025 – Die Landwirtschaftsministerin a. D., Ilse Aigner,
stirbt an Krebs, ausgelöst durch Spätfolgen einer Dioxinvergiftung.
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s Tip-Rätsel
Rebus: Welches Land in Europa suchen wir?
Diesmal zu gewinnen:
Zwei Karten für den Brandenburger Kulturstadl Bayreuth
Lösungen an:
[email protected]
Die Lösung des letzten Rätsels lautet Litauen.
Die Gewinnerin ist Sarah Loose. Herzlichen Glückwunsch!
Der Tip
 Leserecke
Zum Vorwort „2011 – Wunderbar“
Marike schrieb:
Lustig ;)
Alex schrieb:
DAS wär doch mal ne anständige Neujahrsrede von unserer
lieben Merkel gewesen.
Zum Artikel Keine Macht dem
StuPa?
Tobi schrieb:
Der Beitrag bringt es auf den
Punkt. Mehr studentische Mitbestimmung und eine bessere
Legitimation der Studentenvertreter mag wünschenswert sein.
Wenn man sich aber manche
angeblich im Auftrag aller Studenten verfassten, oft politisch
motivierten „AStA-Reader“ mit
Namen wie „Autonomes InfoFlugi“, welche auch in der Rubrik „Studentenzeitungen“ auf der
TIP-Seite verlinkt sind, ansieht,
kann man manchmal froh sein,
dass hier in Bayern und Bayreuth noch andere Zustände
herrschen.
Ihr wollt auf einen Artikel antworten und Eure Meinung loswerden? Dann schickt uns entweder einen Leserbrief per E-Mail
an [email protected] oder kommentiert die Artikel direkt auf
unserer Website www.tipbt.de.
Bewerbungsvorträge
(kh) Am 24. und 25. Januar 2011
finden im Hörsaal H6 (GEO) sechs
Bewerbungsvorträge zur Neubesetzung der W3-Professur „Kulturgeographie“ statt. Die Professur ist eine
Art Leuchtturm-Professur für die
Geographie in Bayreuth und von besonderer Wichtigkeit für das ganze
Institut und seine Ausrichtung.
Eine Kommission reduziert nach
den Vorträgen die Anzahl der Bewerber auf drei. In der Kommission
sitzen bis auf einen alle Professoren
der Humangeographie, Prof. Zöller aus der physischen Geographie,
Prof. Klute als fachfremdes Mitglied
der Uni Bayreuth, Prof. Leschke als
Vertreter der Hochschulleitung und
Prof. Lenz (Leipzig) als externes
Mitglied sowie ein studentischer
Vertreter, die jeweils eine Stimme
haben.
Die Studierenden können sich nach
den Vorträgen mit den Bewerbern
unterhalten und die Vorträge mithilfe eines Fragebogens bewerten.
Beides wird vom studentischen
Vertreter zusammen mit den eingeholten Beurteilungen anderer Fachschaften in die Kommission eingebracht, die dann auch Gewicht bei
der Entscheidung haben sollen.
Die Themen und Zeiten der einzelnen Vorträge können unter www.
geographie.uni-bayreuth.de eingesehen werden.
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Der Tip
Kleine, große Heldentaten für 2011
Sprach-Knigge
Fünf Vorschläge für das neue Jahr und für eine bessere Welt
Silvester ist schon eine Weile her
und da viele wieder in den alten
Trott verfallen sind, wird es Zeit,
unsere Vorsätze zu entstauben. Der
Tip hat sich nach Möglichkeiten
umgesehen, wie wir die Welt 2011
zwar nicht umkrempeln, aber dafür
ein bisschen besser machen können.
(cab, kh) Gesundheit: Lasst euch bei
der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DMKS) typisieren.
Die DKMS hilft Leukämiekranken bei
der Suche nach geeigneten Knochenmarkspendern. Eine schwere Aufgabe,
denn die Wahrscheinlichkeit, den „genetischen Zwilling“ – dessen Gewebemerkmale mit denen des Erkrankten
exakt übereinstimmen – zu finden,
liegt zwischen 1:20.000 und mehreren Millionen. Je mehr sich typisieren
lassen, umso besser werden die Chancen. Allein im letzten Jahr konnte die
DKMS so weltweit 2.500 Leukämiekranken helfen. Wer sich typisieren
lassen will, kann unter www.dkms.
de ein Typisierungsset bestellen und
selbst per Wangenabstrich mit einem
Wattestäbchen eine Gewebeprobe
entnehmen.
Menschenrechte: Verschickt einen
Brief, um einem politischen Gefangenen zu helfen.
Um bei Amnesty International mitzumachen, müsst ihr nicht auf die Straße
gehen. Durch Brief- und E-Mail-Aktionen könnt ihr von daheim aus aktiv
Geringerer Fleischverzehr schützt die Umwelt
werden. Unter www.amnesty.de/menschen-gefahr findet ihr Listen von politischen Gefangenen oder anderweitig
Bedrohten, deren Schicksal geschildert
wird. Dazu ist die Adresse eines Politikers angegeben, an den ihr einen Brief
richten könnt. Für dringende Fälle gibt
es unter www.amnesty.de/musterbrief
auch Musterbriefe. Je mehr geschrieben werden, umso besser stehen die
Chancen für eine Freilassung oder den
Aufschub einer Hinrichtung.
Tierschutz: Werdet Pate, Katzenstreichler oder Gassigeher im Bayreuther Tierheim.
Durch das unstete Leben gestaltet
sich Tierhaltung für einen Studenten
meist schwierig. Dafür könnt ihr das
Bayreuther Tierheim auf verschiede-
Foto: Focus
ne Weise unterstützen: Zum einen
könnt ihr Pate werden. Sowohl das
Tier als auch die Geldsumme, mit der
ihr es monatlich unterstützt, wählt ihr
selbst. Die Patenschaft ist jederzeit
beendbar. Wer knapp bei Kasse ist,
hilft dem Tierheim, indem er einen
Hund ausführt oder den Katzen ein
paar Streicheleinheiten verpasst. Weitere Infos gibt es unter www.tierheimbayreuth.de.
Lebensstil: Hinterfragt euer Einkaufsverhalten.
Wir trennen uns inzwischen häufig
auch dann schon von Dingen, wenn
sie ihren Zweck noch erfüllen könnten, jedoch aus der Mode gekommen
sind oder von einem neuen Modell
ersetzt werden. Natürlich provozie-
ren die Hersteller „konsumgeilen“
Einkauf, indem sie immer schneller
Nachfolger für ihre Produkte anbieten. Nun muss man nicht gleich zum
absoluten Konsumverzichtler werden. Konsum macht schließlich auch
Freude. Aber zumindest sollte man
jede Neuanschaffung in Frage stellen
– angefangen beim Auto, über Handy,
Kleidung bis hin zur neusten elektrischen Zahnbürste. Nachhaltiges Konsumieren mindert die riesigen Müllberge und bewegt die Nachfrage in
Richtung „ökologisch korrekt“ – nicht
nur die Umwelt wird es freuen.
Umwelt: Reduziert euren Fleischkonsum – für eure Gesundheit und die
Umwelt.
Der Aufwand, der betrieben werden
muss, damit der Mensch sein Steak
auf den Teller bekommt, ist aus ökologischer Sicht riesig. Ein Kilo Rindfleisch braucht in der Erzeugung
16.000 l Wasser und verursacht 36 kg
Kohlendioxid. Wie so oft im Leben
geht es auch hier um ein sinnvolles
Maß. Experten zufolge sollte man nur
bis zu 600 g Fleischwaren pro Woche
essen. Allerdings essen die Deutschen
im Schnitt 150 g täglich, also mehr als
1.000 g wöchentlich. Wer jeden Tag
100 g mehr isst, erhöht sein Risiko für
Herzerkrankungen um 150 Prozent.
Man muss kein Vegetarier werden,
aber zwei, drei fleischlose Tage pro
Woche können die Fleischbilanz ausgleichen – und es schmeckt trotzdem.
Nur auf die Argumente kommt es an
Der englische Debattierclub richtete sein erstes internes Turnier in diesem Jahr aus
Vergangenen Samstag schlug die
große Stunde für die englischsprachigen Debattanten der Uni Bayreuth: In den Räumen der GeoFakultät fand das zweite „Bayreuth
Varsity“ statt. Auf dem clubinternen Turnier stritten 16 Debattanten
einen Tag lang auf hohem Niveau.
Ein Redakteur des Tip war dabei.
(bb) Zehn Uhr morgens in einem
schönen, mit großflächiger Fensterfront versehenen Seminarraum: 3 Debattantinnen und 13 Debattanten,
eingeteilt in acht Zweierteams, treten
an, um mit ihren argumentativen Fähigkeiten die Juroren zu überzeugen.
Nach einigen einleitenden Worten
von Sebastian Becker, der als Clubleiter der Debating Union das Turnier
organsiert hatte, geht es in die erste
der drei Vorrunden. Thema: „Arbeitslose sollen für das Geld, das sie erhalten, für den Staat arbeiten.“ Das Los
entscheidet, welche vier Teams jeweils
gegeneinander antreten. Es folgt eine
durchdachte Diskussion: Wie kann
das Recht darauf, seine Zeit frei einzuteilen, gegen die soziale Ungerechtigkeit aufgewogen werden, Geld vom
Staat „geschenkt“ zu bekommen, ohne
dafür arbeiten zu müssen?
Nach dieser Runde ist Zeit für entspannte Gespräche, ohne argumentieren zu müssen: Mittagessen. Joey
bringt Pizza. Einige genießen auch
einen Kaffee und eine Zigarette, bevor
es in die zweite Vorrunde geht.
War am Ende der ersten Runde noch
angesagt worden, wer gewonnen hatte, ist dies die erste „geschlossene“
Runde. Um die Spannung, wer am
Ende ins Finale einzieht, nicht zu verderben, erhalten die Debattanten kein
Feedback. Thema der Runde: „Der
Abzug der deutschen Truppen aus
Afghanistan sollte sofort beginnen.“
Wiederum folgt ein interessanter
Schlagabtausch, freilich auch mit einigen ungewöhnlichen Argumenten. So
beschwört die Opposition die Vision
eines Drogenkrieges in Afghanistan,
wie derzeit in Mexiko, für den Fall herauf, dass die Soldaten wirklich auf der
Stelle abgezogen werden.
Dass sich die ersten Vorrunden mit aktuellen, unbeantworteten politischen
Fragen beschäftigen, hat zur Folge,
dass die Debattanten in den Pausen
unverdrossen weiter die Argumente
gegeneinander abwägen – nun freilich
ohne parteiisch an eine Seite gebunden zu sein. Die dritte Vorrunde, es ist
inzwischen dunkel geworden, behandelt das Thema „Parteien sollten nach
der Wahl ihre Wahlversprechen einlösen.“ Auch wenn es dazu (vermeintlich) einen gesellschaftlichen Konsens
gibt, fallen den Debattanten beider
Seiten interessante Argumente ein.
Nach den Vorrunden folgt der erste
Hochspannungsmoment des Turniers:
Nun werden die Teams benannt, die
am Finale teilnehmen. Einige bange
Momente später steht fest: „Mintberry Crunch“, „Whiplash Injury“,
„The Glimmershiefers“ und „Lorenzo
van Matterhorn“ haben sich für die
Schlussrunde qualifiziert.
Das Thema für das Finale ist kompliziert: „Geistig behinderten Frauen
sollte vorgeschrieben werden, ständig zu verhüten.“ Man mag denken:
Leichtes Spiel für die Opposition. Von
Bauchgefühl und ethischem Grundverständnis her mag das stimmen,
aber beim Debattieren zählen Argumente, und nur diese. Die Pro-Partei
zeigt zum Beispiel auf, dass die Mutter möglicherweise nicht für das Kind
sorgen könnte. Die Opposition hält
dagegen, dass wir gerade in Deutschland ja wohl genügend schlechte
Erfahrungen mit Eugenik gemacht
hätten, mit solchen Argumenten also
nicht herumspielen sollten. Das im
Saal anwesende Publikum, spendet, je
nach Position, mal mehr, mal weniger
Applaus. Den Rednern sitzen gleich
drei Juroren gegenüber: Die beiden
„Judges“ Sebastian Becker und Julian
Zuber haben Unterstützung von Tim
Dorlach, einem Bayreuther DebatingUrgestein, erhalten.
Dann heißt es wiederum Warten. Gut
eineinhalb Stunden dauert es, bis das
Ergebnis verkündet wird. Die Spannung ist greifbar, während man ver-
sucht, mit Döner Hunger und Nerven
zu beruhigen. Um kurz vor halb elf
steht fest: Tatsächlich konnte sich ein
Team, das im Finale pro Pflichtverhütung gesprochen hat, durchsetzen.
„Lorenzo van Matterhorn“, namentlich Martin Jakob und Alexander Wulfers, siegen.
Zu Hause debattiert es sich am
schönsten, meinen die Mitglieder der
Debating Union zum Tagesabschluss.
Doch die nächste Herausforderung
steht an: Am letzten Januarwochenende verlassen zwei Teams das beschauliche Bayreuth, um beim Trinity-IV-Turnier in Dublin anzutreten.
Auch der deutsche Debattierclub der
Uni war an diesem Wochenende nicht
untätig: Während des „Bayreuth Varsity“ fuhr dieser nach Mainz, um sich
der bekannten ZEIT-Debatte zu stellen. Bleibt zu hoffen, dass man beim
Debattieren in der weiten Welt auf genauso nette Leute trifft.
i Info
Die Debating Union Bayreuth
trifft sich immer montags um
18.30 Uhr im S82 (NW II). Der
deutschsprachige Debattierclub
Bayreuth trifft sich donnerstags
um 20 Uhr im S55 (RW). Interessierte und neue Debattanten
sind in beiden Clubs jederzeit
willkommen.
www.tipbt.de
s Schon gewusst?
Acht Vorschläge zur Kommunikation im Uni-Alltag
„Ey Alter! Wann muss ich denn
die Hausarbeit abgeben?“ So würde wohl niemand von uns mit seinem Professor reden, aber was
ist denn wirklich angebracht und
was nicht? Der Tip hat sich über
diese knifflige Angelegenheit mal
schlau gemacht.
(rb) 1. Nicht zu persönlich:
Besonders im Umgang mit Höhergestellten wie zum Beispiel dem
Professor oder einem Dozenten,
sollte man kein zu vertrautes Verhalten an den Tag legen. Wenn der
Prof dich persönlich kennt, dann
wird natürlich auch das Verhalten
persönlicher. Im Zweifel also lieber
über das Wetter reden statt über die
Hochzeit seiner Tochter!
2. Die Sache mit dem Sie und Du:
Es wirkt herablassend, jemanden
zu duzen, ohne dass dieser vorher
sein Einverständnis dazu gegeben
hat. Und einen Professor sollte ein
Student eher nicht duzen. Bei einem
Dozenten ist das dann was anderes,
wenn man ihn schon kannte, bevor
er Dozent wurde, und zu dieser Zeit
geduzt hat. Es wirkt dann etwas
merkwürdig, wenn man anfängt
ihn zu siezen. Übrigens sollte eine
niedriger stehende Person nicht das
„Du“ anbieten.
3. Andere Länder, andere Sitten:
Wer einmal ein Auslandssemester
machen will, sollte wissen, dass in
anderen Ländern das sogenannte
„Business-Du“ vorherrscht. Dies ist
aber, ähnlich wie unser Sie, sehr formell und nicht mit dem gewöhnlichen „Du“ zu vergleichen. Das heißt
also nicht, dass es das Verhältnis
auflockert.
4. Vorstellungs-Hierarchie?
Es gilt: Professor vor Dozent und
Dozent vor Student. Wenn nur
noch Gleichgestellte in der Gruppe sind, wird dem Ältesten zuerst
vorgestellt, danach gilt: erst Frauen und dann Männer. Übrigens ist
es so, dass erst dem Ranghöchsten
vorgestellt wird, das heißt, er weiß
als erstes, mit wem er es zu tun hat.
Als letzter wird er selbst vorgestellt.
Klingt kompliziert – ist es auch,
aber es wird bestimmt besser, wenn
man sich daran gewöhnt...?
5. Die E-Mail:
Sie ist schnell geschrieben und unser beliebtes Kommunikationsmittel Nummer eins an der Uni, aber
auch hier gelten Regeln. Sie gilt
zwar als informeller als ein Brief,
aber trotzdem ist ein „Hallo“ keine
angemessene Anrede eines Professors. Kniffliger wird die Sache zum
Beispiel bei Foren-Beiträgen auf ELearning, bei denen sowohl Studenten als auch Dozenten teilnehmen.
Hier hängt es davon ab, wen man
eher ansprechen will.
Gleiches gilt für die Verabschiedung
in einer E-Mail: Ein „Mit freundlichen Grüßen“ ist besser als ein
„Gruß“ und dann der Name. Erst
wenn der Dozent auf nicht ganz so
förmliche Art zurückschreibt, kann
man auch zu weniger förmlicher
Anrede übergehen.
6. Neugierde oder Zurückhaltung?
Weder das eine noch das andere
Extrem ist gut! Man sollte einen
Dozenten nicht nach seiner Familie
fragen, oder nach seiner zukünftigen Karriere, das wirkt aufdringlich.
Themen wie Zufriedenheit, Gesundheit, persönliche Ängste und
Sorgen oder noch intimere Dinge
gehören nicht in eine Kommunikation mit einem Dozenten, geschweige denn mit einem Professor.
Die ganze Zeit nur von sich selbst
zu reden, um beispielsweise Unsicherheiten zu überwinden, sollte
vermieden werden. Es ist auch nicht
angemessen, eigenes Wissen als Allgemeinwissen vorauszusetzen.
Beides gilt übrigens nicht nur für
das Gespräch mit dem Dozenten,
sondern besonders für das Gespräch mit den Kommilitonen! Man
möchte ja nicht als „Besserwisser“
oder „sensationslüstern“ gelten.
7. Es gibt auch zu viel Höflichkeit!
Es ist nicht ratsam, mit einem Problem bei einem Dozenten gleich mit
der Tür ins Haus zu fallen. Aber es
ist auch nicht gut, um den heißen
Brei herumzureden, nur um höflicher zu sein. Bedenkt immer: Der
Dozent hat meist nicht viel Zeit und
ist euch dankbar, wenn ihr kurz und
prägnant euer Problem schildert!
Eine andere Variante zu großer
Höflichkeit ist, unnötig komplizierte Satzkonstruktionen zu bilden.
Beispiel: „Ich wollte mich erkundigen, ob es möglicherweise in Ihrem
Ermessen läge, wenn Sie nachher
Zeit hätten, mir die Aufgabenstellung eventuell noch einmal zu erläutern!“ Da verliert selbst ein Professor irgendwann den Faden.
8. Auf Wiedersehen!
Ganz anders als im Uni-Alltag zu
beobachten, ist es sehr unhöflich
zu gehen, bevor kein Schlusssignal
vom Dozent gekommen ist! Nach
Benimmregeln ist es höflich, vor
dem Seminar Bescheid zu sagen
und zu begründen, falls man früher
gehen muss.
Die stylishste Sprachconfusion seit es Language gibt
Über den Gebrauch von Anglizismen
„Die Grenzen meiner Sprache
bedeuten die Grenzen meiner
Welt.“ Missversteht man dieses
Zitat Ludwig Wittgensteins nun
absichtlich, könnte man zu einer
interessanten These kommen: Für
mich endet die Welt von Verstehen
und Verständigung dort, wo mein
Sprachgebiet endet.
(wjl) Es ist nicht so lange her, da
hätte die Geltung dieser Auffassung
die meisten Menschen kalt gelassen.
Die überwältigende Mehrheit kam
schließlich nie über ihre Orts- geschweige denn Landesgrenzen hinaus. Hierfür bestand weder Notwendigkeit noch Möglichkeit. Heute
jedoch, im Zeitalter von Flugzeug
und Internet, würde einer derartigen
Beschränkung mit Schrecken begegnet – gebe es da nicht die Weltsprache.
Vorbereitet durch britische Kolonialherrschaft hat das Englische mit der
Vormachtstellung der USA seit Ende
des Zweiten Weltkriegs endgültig
seinen Siegeszug angetreten. Die erfolgreichste Lingua Franca seit Menschengedenken macht sich auf, uns
aus dem durch den Turmbau zu Babel verschuldeten Fluch zu erretten.
Natürlich gab es beispielsweise Latein und Französisch als Weltsprachen schon lange vor Hollywood,
Coca-Cola und Lady Gaga – doch
blieben diese allein den Intellektuellen und Adligen Europas vorbehal­– Anzeige –
ten. Nie gab es eine derartige Akzeptanz und Dominanz einer Sprache in
allen Bereichen und Schichten wie
heute. Dem Englischen verdanken
wir, dass ein deutscher Ingenieur
mit einem chinesischen Geschäftsmann über russische Politik streiten
kann. Doch bei aller Euphorie: Erfolg hinterlässt Spuren. Mancherorts
tritt eine neue Sprachverwirrung an
Stelle der babylonischen: Der Anglizismus.
Die emotionale Debatte um eine
Verwendung englischer Wörter im
anderssprachigen Kontext lässt sich
folgendermaßen umschreiben: Anglizismus-Fürsprecher attestieren den
Gegnern Borniertheit. Umgekehrt
geschieht das Gleiche. Wirklich konstruktiv geht es dabei selten zu.
Englisch ist mit über einer Milliarde
Sprechern die gängigste Fremdsprache und dank seiner Einfachheit den
meisten leicht zugänglich. So kommt
es, dass Forschung größtenteils auf
Englisch stattfindet – Wissen sollte
sich schließlich eines möglichst großen Publikums erfreuen. Das Kommunikations-Argument gilt ebenso
für Wirtschaft und Medien. Hierin
liegt der Mechanismus einer mächtigen Dynamik: Forschung generiert
neue Begriffe, Wirtschaft nutzt diese Forschung und damit auch die
Begriffe, Medien verbreiten sie. Oft
bleiben die Ausdrücke unangepasst
an die Region, in die sie gelangen. Da
es von den großen Säulen des Fort-
schritts auf Englisch zu uns herüber
hallt, gelten englische Ausdrücke
fortan allgemein als progressiv und
werden auch gerne beim Gebrauch
der Muttersprache eingestreut – als
Zeichen für Weltblick. Geschickte
Marketing-Experten nutzen diesen
psychologischen Reflex und forcieren den Prozess zusätzlich, indem
sie ihre Produkte mit möglichst vielen Anglizismen preisen. Peinliche
Wortneuschöpfungen wie Handy
oder Information Point – weder englisch, noch wirklich deutsch – sind
die Konsequenz. Oft reflektieren
wir unsere Wortwahl nicht länger,
sondern konsumieren einfach das
Dargebotene – ohne uns über den
schwerwiegenden äußeren Einfluss
im Klaren zu sein. Deutsch ist eine
reiche, ausdrucksstarke Sprache. Für
die überwältigende Mehrheit der
Anglizismen lassen sich leicht adäquate Gegenstücke finden – wenn
man denn will.
Der Versuch, etablierte, liebgewonnene Ausdrücke wie Internet oder
Computer den Leuten gegen ihren
Willen abzuringen, ergibt freilich
wenig Sinn. Individueller Sprachgebrauch fällt zu Recht in die Freiheit
des Einzelnen – das ist entscheidend. Hier muss man ansetzen: beim
Bewusstsein. Sich bewusst für oder
gegen etwas entscheiden – hierin
liegt der Wert unserer Autonomie
und Freiheit als Menschen: Wir wählen – und lassen dies nicht andere
für uns tun. Sprache ist immer auch
ein Stück Persönlichkeit, über das
sich Leute definieren. Daher kann
man die Kritik verstehen: Den Alten
erscheint dieses Denglisch befremdend, den Jungen als ein Zeichen
von mangelndem Sprachgeschick.
Wenn die Muttersprache einen
wichtigen Teil der eigenen Identität
bildet, dann fühlt man sich durch
ihre „Verstümmelung“ persönlich
angegriffen.
Doch Sprachen sind keine geschlossenen Systeme. Unser Deutsch ist
nicht mehr das, was es einmal war
und wird es auch nie sein. Auch hat
sich das Englische durch seinen Status weit mehr verändert, als irgendeine andere Sprache. Dies sollte man
bedenken. Nur tote Sprachen sind
vor fremden Einflüssen sicher, die
lebenden dagegen entwickeln sich
ständig – die Frage ist bloß: In welche Richtung? Diese Antwort muss
sich letztlich jeder selbst geben. Die
deutsche Geschichte ist wahrlich
lang genug, um sich zu verirren. Betrachtet man sie aber einmal aus der
Vogelperspektive, gelangt man vielleicht zu der Einsicht, dass die deutsche Sprache jahrhundertelang ohne
eine Phalanx sturer Puristen überlebt hat – hierzu bedurfte es nur ein
paar Liebhaber. Schnell verklingt das
Wettern der Eiferer, doch das schöne
Wort – das bleibt. So fange man an,
dieses bei sich und nicht bei anderen
zu suchen.
­– Anzeige –
Die spinnen, die
Gallier!
(cab) Sprachen unterliegen meist
einem lebhaften Wandel, im Zuge
dessen Wörter aus anderen Sprachen übernommen werden. Vor
allem Anglizismen sind immer
noch stark im Kommen. Kaum
ein Land der Welt verteidigt seine
Sprache so vehement gegen diesen Wandel wie Frankreich.
Im Jahr 1994 wurde ein Gesetz
namens Loi relative à l’emploi de
la langue française (Gesetz betreffend den Gebrauch der französischen Sprache) erlassen, das
aufgrund des damaligen Kulturministers Jaques Toubon meistens als Loi Toubon abgekürzt
wird. Es sollte die Franzosen dazu
verpflichten, die französische
Sprache sowohl im Öffentlichen
als auch Privaten zu verwenden.
Nach einer Verfassungsklage
wegen Verstoßes gegen die Meinungs- und Redefreiheit wurde
das Gesetz aber abgemildert:
Zwar soll der Staat für Anglizismen französische Alternativen
vorschlagen, die Bevölkerung
wird jedoch nicht dazu gezwungen, diese auch zu verwenden. So
sagen die Franzosen beispielsweise „week-end“ und verschmähen
die Bezeichnung „vancancelle“,
welche die Regierung vorgeschlagen hat. Im Bereich der Informatik konnten sich jedoch zahlreiche
Neologismen wie „ordinateur“
(Computer) und „logiciel“ (Software) durchsetzen. Laut dem Loi
Toubon steht es außerdem unter
Strafe, fremdsprachige Werbung
oder Verpackungsbeilagen nicht
mit einer französischen Übersetzung zu versehen.
Ein weiteres französisches Phänomen ist die Radioquote, die seit
1996 vorschreibt, dass mindestens 40 Prozent der im Radio gespielten Lieder französischsprachig sein müssen – wiederum
die Hälfte dieser 40 Prozent muss
von unbekannten beziehungsweise „neuen“ Künstlern stammen. Bei Verstößen kann es zu
Geldstrafen, erzwungenen Sendepausen oder sogar zum Entzug
der Sendelizenz kommen. Durch
die Quote konnten französische
Künstler wie Alizée und Manu
Chao zu internationalem Erfolg
gelangen. Außerdem nehmen
französische Plattenfirmen öfter
das Risiko auf sich, unbekannte
Interpreten zu unterstützen, weil
ihnen gewährleistet wird, dass die
Neulinge im Radio gesendet werden. Der Handel mit Musiklabels
wurde durch die Quote um 100
Prozent gesteigert.
In Deutschland schlug 2004 der
Deutsche Bundestag eine deutsche Radioquote von 35 Prozent
vor. Das Ganze wurde jedoch zu
Ländersache erklärt. Die Sender
sollen nicht bestraft werden, sondern sich selbst zur Einhaltung
der Quote verpflichten.