Forschungsbereich für Baumechanik und Baudynamik
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Forschungsbereich für Baumechanik und Baudynamik
Baudynamik Christian Bucher Forschungsbereich für Baumechanik und Baudynamik Institut für Hochbau und Technologie Technische Universität Wien Letzte Überarbeitung: 4. März 2015 2. Vorlesung: 9. März 2015 Modalanalyse Bewegungsgleichung Klassische Modalanalyse Modale Dämpfung Software slangTNG http://info.tuwien.ac.at/bucher/Private/slangTNG.html MacOS WIN32 Linux iOS 2 c Christian Bucher 2007-2015 Systeme mit mehreren Freiheitsgraden Beispiel: System mit 2 Freiheitsgraden x1(t) f1(t) k k1 x2(t) f2(t) 2 m m c1 c2 Dynamische Gleichgewichtsbedingungen x1 f1(t) k1 x1 c1ẋ1 m1ẍ1 x2 k2(x2 − x1) c2(ẋ2 − ẋ1) f2(t) m2ẍ2 Anordnung in Matrix-Vektor-Form m1 0 ẍ1 c1 + c2 −c2 ẋ1 + + 0 m2 ẍ2 −c2 c2 ẋ2 k1 + k2 −k2 x1 f1 (t) + = −k2 k2 x2 f2 (t) 3 c Christian Bucher 2007-2015 Allgemeine Form Für n Freiheitsgrade Mẍ + Cẋ + Kx = f(t); x(0) = x0 ; ẋ(0) = v0 (1) x . . . Verschiebungsvektor, Größe n f . . . Kraft-(Last-)vektor, Größe n M . . . Massenmatrix, (n × n) C . . . Dämpfungsmatrix (n × n) K . . . Steifigkeitsmatrix(n × n) Alle Matrizen sind symmetrisch and positiv semi-definit (M ist streng positiv definit) 4 c Christian Bucher 2007-2015 Interpretation der Systemmatrizen Elemente sind Kräfte infolge kinematischer Einheitsgrößen Kjk . . . Kraft am Freiheitsgrad j infolge einer Einheitsverschiebung am Freiheitsgrad k Cjk . . . Kraft am Freiheitsgrad j infolge einer Einheitsgeschwindigkeit am Freiheitsgrad k Kjk . . . Kraft am Freiheitsgrad j infolge einer Einheitsbeschleunigung am Freiheitsgrad k Zufolge Maxwell-Betti können die Indizes j and k vertauscht werden Die Matrizen K and M können aus einem Finite-Elemente-Modell erstellt werden Die Bestimmung von C erfolgt meist auf der Grundlage experimenteller Daten 5 c Christian Bucher 2007-2015 Klassische Modalanalyse (1) Ziel ist dieReduktion der Bewegungsgleichungen (System gekoppelter Differentialgleichungen in eine einfache lösbare Form) Einfachste Form: vollständig entkoppelte Gleichungen Zu jedem Paar symmetrischer und positiv definiter Matrizen K und M der Größe n × n existiert eine nicht-singuläre Matrix Φ der Größe n × n (Modalmatrix) mit den Eigenschaften Φ = I; Φ T MΦ 6 Φ = diag(ωk2 ); Φ T KΦ k = 1...n (2) Die Spalten φk der Modalmatrix Φ sind Lösungsvektoren des Eigenwertproblems K − ωk2 M φk = 0; k = 1 . . . n (3) Eine nicht-triviale Lösung kann nur dann existieren, wenn det K − ωk2 M = 0 (4) c Christian Bucher 2007-2015 Klassische Modalanalyse (2) ωk . . . Eigenkreisfrequenzen, φk . . . Eigenschwingungsformen (mode shapes) Nun wird eine lineare Transformation auf Grundlage der Modalmaatrix eingeführt: x = Φ y; ẍ = Φ ÿ (5) Setzt man dies in die Bewegungsgleichung (1) ein und multipliziert man von links mit Φ T , so entsteht Φÿ + Φ T KΦ Φy = Φ T f(t) = g(t) Φ T MΦ Die Gleichungen für die neuen Variablen y sind entkoppelt ÿk + ωk2 yk = gk (t); k = 1...n (6) Die zugehörigen Anfangsbedingungen ergeben sich durch Inversion von (5) y = Φ −1 x (7) → y0 = Φ T Mx0 ; ẏ0 = Φ T Mv0 (8) 7 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - ebener Rahmen (1) Modell mit linear-elastischen, beidseitig eingespannten Stützen und starren Deckenplatten m EI H x2 EI 2m EI H x1 EI Systemmatrizen M=m 8 2 0 0 ; 1 K= 12EI H3 4 −2 −2 2 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - ebener Rahmen (2) Die charakteristische Gleichung (4) ist 12EI 4 −2 2 det − mω 2 −2 2 0 H3 Mit der dimensionslosen Variablen µ = det 4 −2 −2 2 −µ 2 0 0 1 =0 mω 2 H 3 12EI 4 − 2µ 0 −2 = =0 1 −2 2 − µ Entwicklung der Determinante µ2 − 4µ + 2 = 0 Lösungen µ1,2 = 2 ∓ √ 2 9 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - ebener Rahmen (3) Eigenkreisfrequenzen r ω1 = 2.651 EI ; mH 3 r ω2 = 6.400 EI mH 3 Eigenschwingungsformen (massennormiert) 1 0.500 1 0.500 φ1 = √ ; φ2 = √ m 0.707 m −0.707 10 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - ebener Rahmen (4) Skizze ϕ1 ϕ2 11 c Christian Bucher 2007-2015 slangTNG code 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 12 - -[[ Simple plane frame with two DOFs ( c ) 2015 Christian Bucher , Vienna University of Technology - -]] -- System data EI = 1 m = 1 H = 1 -- Stiffness matrix K = tmath.Matrix (– –4 , -2˝ , – -2 , 2˝ ˝) *12* EI / H ˆ3 -- Mass matrix M = tmath.Matrix (– –2 , 0˝ , –0 , 1˝ ˝) * m -- Eigensolution eig = tm at h. M a t r i x E i g e n S y m (K , M ) eval = eig : Eigenvalues () evec = eig : Eigenvectors () -- Take square root of eigenvalues to get omegas omegas = eval : CW () : Sqrt () -- Print results print ( ” omegas ” , omegas ) print ( ” evec ” , evec ) c Christian Bucher 2007-2015 Hochhaus (1) Realitätsnahes Tragwerksmodell (Platten- und Balkenelemente, 1452 Knoten, 3840 Elemente, 8448 Freiheitsgrade) Mode 1 (Biegung/Schub in y ) Mode 2 (Biegung/Schub in x) 13 c Christian Bucher 2007-2015 Hochhaus (2) Dritte und vierte Schwingungsform Mode 3 (Torsion um z) 14 Mode 4 (Biegung/Schub in y ) c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel Unsymmetrischer Rahmen Modell Eigenschwingungsformen 1–3 Livedemo - slangTNG 15 c Christian Bucher 2007-2015 Modale Dämpfung (1) Nach Entkopplung der Bewegungsgleichungen wird häufig “im Nachgang” zu jeder einzelnen Gleichung in (6) ein modales Lehr’sches Dämpfungsmaß ζk festgelegt (z.B. aus Messungen, Erfahrung, etc.) Die entkoppelten Gleichungen sind damit Form: ÿk + 2ζk ωk ẏk + ωk2 yk = fk (t); k = 1...n (5) Dies impliziert eine Dämpfungsmatrix, für die gilt (vgl. dazu (1) und (2)): Φ = diag(2ζk ωk ); k = 1 . . . n Φ T CΦ (6) Gl.(6) ist speziell gültig für alle C, die gemäß folgender Vorschrift aufgebaut werden: C = αK + βM (7) Diese sogenannte Rayleighdämpfung wird auch als “Bequemlichkeitshypothese” bezeichnet. Die Anwendung der Gl.(6) darauf ergibt: Φ = α diag(ωk2 ) + βI Φ T CΦ 16 c Christian Bucher 2007-2015 Modale Dämpfung (2) woraus für die Rayleighdämpfung unmittelbar folgt: β 1 αωk + ζk = 2 ωk Der Verlauf dieser Abhängigkeit ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Aus dieser Kurve wird erkennbar, dass die modalen Dämpfungsmaße mit zunehmender Eigenkreisfrequenz asymptotisch linear ansteigen, und daher Werte ζk > 1 auftreten können. Daher wird in Anwendungen oft nur der massenproportionale Anteil berücksichtigt, und der steifigkeitsproportionale Anteil zu Null gesetzt (β = 0). ζk ωk 17 c Christian Bucher 2007-2015 Freie gedämpfte Schwingung Für gegebene Anfangsbedingungen x(0) = x0 und ẋ(0) = v0 y0 = Φ T Mx0 ; ẏ0 = Φ T Mv0 Modale Reaktionen q ωk0 = ωk 1 − ζk2 ẏ0,k + ωk y0,k yk (t) = e −ζk ωk t y0,k cos ωk0 t + sin ωk0 t ωk0 (8) Rücktransformation x(t) = Φ y(t) 18 c Christian Bucher 2007-2015 3. Vorlesung: 16. März 2015 Erzwungene Schwingung mittels Modalanalyse Direkte Integrationsverfahren für die Lösung der Bewegungsgleichungen Euler’sches Verfahren Zentrale Differenzen Newmark’sches Verfahren Vergleiche 19 c Christian Bucher 2007-2015 Modalanalyse - Erzwungene Schwingung (1) Allgemeine geschlossene Lösung: Duhamel-Integral X Numerische Lösung für einen zeit-diskreten Belastungsvektor: f(ti ) = f (i) gk gk(i ) gk(i +1) ∆t t ti ti +1 Annahme: Belastung ist in einem Zeitintervall ∆t konstant, Ansatz einer konstanten Partikulärlösung für jede modale Koordinate (i) yk,p (t) = C = 20 gk ωk2 c Christian Bucher 2007-2015 Modalanalyse - Erzwungene Schwingung (2) Homogene Lösung yk,h (t) = e −ζk ωk t (A cos ωk0 t + B sin ωk0 t) Ermittlung von A und B aus Anfangs- bzw. Übergangsbedingungen A = yk(i) − gk(i) ζk ωk A + ẏk(i) ; B= ωk0 ωk2 Lösung am Ende des Zeitintervalls yk(i+1) = gk(i) + e −ζk ωk ∆t (A cos ωk0 ∆t + B sin ωk0 ∆t) ωk2 ẏk(i+1) = e −ζk ωk ∆t [(−ζk ωk A + ωk0 B) cos ωk0 ∆t − (ζk ωk B + ωk0 A) sin ωk0 ∆t] Numerisch effizienter als Duhamel-Integral 21 c Christian Bucher 2007-2015 Direkte Lösungsverfahren Vereinfachende Annahmen für x(t) innerhalb eines (kleinen) Zeitintervalls ∆t Lösung der Differentialgleichungen und diesen Annahmen so, dass für gegebenes x(t) die Reaktion am Ende des Zeitintervalls x(t + ∆t) berechnet wird. Die Gleichungen können als Gleichungen zweiter Ordnung (abhängig von den Verschiebungen x) oder als Gleichungen erster Ordnung (abhängig von Verschiebungen x und Geschwindigkeiten ẋ) geschrieben werden. Die Formulierungen können explizit sein (die Werte am Ende des Intervalls brauchen nicht bekannt zu sein) oder implizit (die Werte am Ende des Intervalls müssen bekannt sein, daher muss normalerweise iteriert werden) Implizite Methoden sind i.a. numerisch stabiler, erfordern aber höheren Berechnungsaufwand 22 c Christian Bucher 2007-2015 Euler’sche Methode Annahme: x(t) ist eine lineare Funktion von t innerhalb des Zeitintervalls ∆t x t t t + ∆t Verschiebung und Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t + ∆t x(t + ∆t) = x(t) + ẋ(t)∆t ẋ(t + ∆t) = ẋ(t) + ẍ(t)∆t Die Beschleunigung ẍ(t) wird aus der Bewegungsgleichung zum Zeitpunkt t berechnet. 23 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - SDOF-System Freie ungedämpfte Schwingung, Masse m = 1 kg, Steifigkeit k = 1 N/m2 , Anfangsverschiebung x0 = 1, Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 Displacement [mm] 2.0 exact 1.0 ∆t = 0.05 0.0 ∆t = 0.1 -1.0 -2.0 ∆t = 0.2 0 3 6 9 12 15 Time [s] Energiefehler wächst exponential mit der Zeit Methode ist nicht langzeitstabil. 24 c Christian Bucher 2007-2015 Zentrales Differenzenverfahren (1) Annahme: x(t) ist eine quadratische Funktion der Zeit t im Zeitintervall ∆t. x t − ∆t t t + ∆t t Geschwindigkeit und Beschleunigung zum Zeitpunkt t x(t + ∆t) − x(t − ∆t) 2∆t x(t + ∆t) − 2x(t) + x(t − ∆t) ẍ(t) = ∆t 2 ẋ(t) = 25 (9) c Christian Bucher 2007-2015 Zentrales Differenzenverfahren (2) Zusammen mit (1) ausgewertet zum Zeitpunkt t erhalten wir: 1 1 2 M+ C x(t + ∆t) = f(t) − K − 2 M x(t) ∆t 2 2∆t ∆t 1 1 − M− C x(t − ∆t) ∆t 2 2∆t Für gegebene Werte x(t) und x(t − ∆t) können die Werte x(t + ∆t) daraus durch Lösen eines linearen Gleichungssystems berechnet werden. Für den Start des Algorithmus müssen die Werte x(−∆t) bekannt sein. Dafür werden die Anfangswerte x0 und v0 zum Zeitpunkt t = 0 herangezogen. Aus (9): x(−∆t) = x0 − v0 ∆t + ∆t 2 ẍ(0) 2 Die Beschleunigung ẍ(0) wird aus (1) für t = 0 ermittelt: ẍ(0) = −M−1 [Cv0 + Kx0 − f(0)] 26 c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - SDOF-System Freie ungedämpfte Schwingung, Masse m = 1 kg, Steifigkeit k = 1 N/m2 , Anfangsverschiebung x0 = 1, Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 Displacement [mm] 1.0 exact 0.5 ∆t = 0.5 0.0 ∆t = 1.0 -0.5 -1.0 ∆t = 2.0 0 3 6 9 12 15 Time [s] Gesamtenergie bleibt über die Zeit konstant Frequenzfehler nimmt mit der Größe des Zeitschritts zu (die Frequenz steigt an) DEMO: slangTNG 27 c Christian Bucher 2007-2015 Numerische Stabilität (1) Das zentrale Differenzenverfahren ist nur bedingt stabil, dh. für ∆t > ∆tcrit divergiert die numerische Lösung exponentiell. Der kritische Zeitschritt ist gegeben durch ∆t ≤ ∆tcrit = 2 ω0 Zur Herleitung wird das rekursive zentrale Differenzenschema für die ungedämpfte frei Schwingung eines SDOF-Systems (Masse m, Steifigkeit k)als Matrix-Vektor-Operation geschrieben: x(t + 2∆t) x(t + ∆t) = 2− 2 k m ∆t 1 −1 0 x(t + ∆t) x(t) =Z x(t + ∆t) x(t) Zur Berechnung von mehreren Zeitschritten wird dieses Schema mehrfach ausgeführt, dh. der Zustandsvekrot wird immer wieder mit der Matrix Z multipliziert. Dies führt zu einem exponentiellen Wachstum der berechneten Lösung, wenn mindestens ein Eigenwert λmax der Matrix Z einen Betrag |λmax | > 1 besitzt. 28 c Christian Bucher 2007-2015 Numerische Stabilität (2) Die Eigenwerte λ1,2 sind gegeben durch r a a2 λ1,2 = 1 − ± −a + ; 2 4 a= k 2 ∆t m Für a < 4 sind die Eigenwerte komplex, und wir erhalten Eigenwerte vom Betrag 1: a 2 a2 |λ1,2 |2 = 1 − +a− =1 2 4 Für den Fall a ≥ 4 sind die Eigenwerte reell. Dann ist λ2 jener mit dem größeren Betrag und aus r r a a2 a a2 |λ2 | = 1 − − −a + = + −a + −1>1 2 4 2 4 erhalten wir die Bedingung für numerische Instabilität: r r a a2 m 2 + −a + > 2 → a > 4 also ∆t > 2 = 2 4 k ω0 29 c Christian Bucher 2007-2015 Newmark’sche Methode Implizites Verfahren, das unbedingt stabil ist Kinematische Annahmen: ẋ(t + ∆t) = ẋ(t) + ∆t [ẍ(t) + ẍ(t + ∆t)] 2 (10) ∆t 2 x(t + ∆t) = x(t) + ẋ(t)∆t + [ẍ(t) + ẍ(t + ∆t)] 4 Zusammen mit (1) zum Zeitpunkt t + ∆t: Mẍ(t + ∆t) + Cẋ(t + ∆t) + Kx(t + ∆t) = f(t + ∆t) ergibt sich für lineare Systeme 4 2 K + 2M + C x(t + ∆t) = f(t + ∆t) ∆t ∆t 4 4 2 +M x(t) + ẋ(t) + ẍ(t) + C x(t) + ẋ(t) ∆t 2 ∆t ∆t 30 (11) c Christian Bucher 2007-2015 Beispiel - SDOF-System Freie ungedämpfte Schwingung, Masse m = 1 kg, Steifigkeit k = 1 N/m2 , Anfangsverschiebung x0 = 1, Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 Displacements [mm] 1.0 exact 0.5 ∆t = 0.5 0.0 ∆t = 1.0 -0.5 -1.0 ∆t = 2.0 0 3 6 9 12 15 Time [s] Gesamtenergie bleibt über die Zeit konstant Frequenzfehler nimmt mit dem Zeitschritt zu (abnehmende Frequenz) DEMO: slangTNG 31 c Christian Bucher 2007-2015