Schleimige Schädlinge und gefräßige Spanner

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Schleimige Schädlinge und gefräßige Spanner
NORD−RUNDSCHAU
Zeitung Nr. 52
Samstag, 3. Mai 2008
III
Durchs Gartenjahr – Folge 4: Raupen, Salamander und Co.
Schleimige Schädlinge
und gefräßige Spanner
Im Garten tummeln sich allerlei ungebetene Gäste aus der Tierwelt
Neuwirtshaus. Zwölf Monate lang begleiten wir Mitglieder der preisgekrönten Gemeinschaft der Gartenfreunde Solitudeallee Neuwirtshaus durchs Gartenjahr. Sie
geben Tipps, wie man seinen Garten hegt
und pflegt. Dieses Mal geht dreht sich alles ums Getier.
Von Bernd Zeyer
Wenn es im Unterholz raschelt, am Baum
krabbelt oder in der Luft summt, sind Kleingärtner auf der Hut. Zahlreiche Tiere sind
nämlich im Garten zugange, manche davon
treiben Hobbygärtnern die Zornesröte ins Gesicht. „Der Frostspanner ist die größte Plage“,
erklärt Steffen Polinski von den Neuwirtshäuser Gartenfreunden. Die anderthalb bis zwei
Zentimeter langen Raupen des Spanners fressen Blätter und Blüten und können die Bäume
dermaßen schädigen, dass sie sogar eingehen.
Besonders im Frühjahr sind Frostspanner aktiv. Die Falter schlüpfen im Herbst. Zur Fortpflanzung krabbeln die unscheinbaren, flugunfähigen Weibchen am Stamm hinauf in
die Krone, wo sie durch Duftstoffe
die Männchen anlocken. Die
Paarung erfolgt nachts. Anschließend legen die Weibchen
Das
die Eier einzeln am Stamm
Gartenjahr
und in Rindenvertiefungen ab.
Im Frühjahr, zur Zeit des Laubaustriebs, schlüpfen die Raupen und fangen sofort zu fressen
an. Wenn es erst einmal so weit
ist, hilft nur noch der Bacillus thuringiensis,
ein Bakterium, das tödlich auf die Raupen
wirkt, anderen Lebewesen jedoch nicht schadet. Noch besser ist es aber, vorzubeugen.
Probates Mittel sind Leimringe, die um die
Baumstämme gewickelt werden. An deren ungiftigem Klebstoff bleiben die Schädlinge hängen. Noch kleiner als Frostspanner sind Läuse.
Die sind im Garten ebenso gern gesehen wie
bei Menschen. Sie saugen an den Blättern und
stoppen deren Wachstum, die Pflanzen bekommen zu wenig Nährstoffe. Läuse sind das
ganze Jahr über aktiv, und zwar vor allem bei
Trockenheit. Abhilfe schaffen natürliche
Feinde wie Larven von Marienkäfern oder
Florfliegen, die die Läuse fressen.
Schnecken sind langsam, aber gefährlich.
Am liebsten machen sie sich über Gemüsegärten und Salatpflanzen her. Sie sind bevorzugt
bei feuchtem Wetter unterwegs. Den Spaß
verderben kann man ihnen am besten mit
speziellen Schneckenzäunen, die oben eine
Kante haben. Gerne greifen versierte Kleingärtner aber auch zum Bier. Nicht etwa deshalb,
um den Kummer über den Schneckenfraß mit
Alkohol herunterzuspülen, sondern um den
schleimigen Schädlingen den Garaus zu machen. Ein Glas Bier wird im Garten vergraben,
die Schnecken werden davon angezogen und
ertrinken schließlich im Gerstensaft. Wer
seine Erfrischungsgetränke lieber für sich
selbst behalten möchte, kann in den nächsten
Gartenmarkt gehen und eine Packung Schneckenkorn kaufen. Dessen Wirkstoff ist besonders schonend zu Natur und Tieren, Schnecken
befördert er aber zuverlässig ins Jenseits.
Manch Zeitgenosse findet Mäuse süß.
Kleingärtnern hingegen bereiten die Nager
Verdruss. Wühlmäuse fressen nämlich Wurzeln und Blumenzwiebeln. Am besten helfen
Fallen sowie eine gute Bearbeitung des Bodens. Außerdem kann sich der Kleingärtner
auf tierische Verbündete wie Raubvögel oder
Igel verlassen.
Am besten schmecken bekanntlich die Kirschen aus Nachbars Garten – zumindest den
Menschen. Der Kirschfruchtfliege allerdings ist
es egal, wo sie zuschlägt. Ihre Flugzeit ist je
nach Temperatur zwischen Mitte Mai und Juli.
Dabei halten sie sich hauptsächlich im Baumkronenbereich auf. Wenn die Kirschen langsam gelb werden, legt eine Fliege bis zu 200
Eier auf die Kirschen ab. Die nach sechs bis
acht Tagen aus den Eiern geschlüpften weißen
Maden dringen vom Stiel her in die Kirsche ein
und ernähren sich vom Fruchtfleisch in der
Nähe des Steines. Dadurch beginnt die Kirsche
zu faulen und fällt zu Boden. Damit es gar
nicht erst so weit kommt, sollte man versuchen, die Fliegen mit sogenannten Pheromonfallen auszutricksen. Dabei handelt es sich um
Tafeln, die mit ihrer Gelbtönung die Farbe der
Kirschen imitieren. Die Fliegen landen auf den
Fallen, beim Versuch, ihre Eier abzulegen,
bleiben sie kleben. „Einzelne Gelbtafeln bringen wenig. Am besten ist es, wenn sie gebietsweise ausgehängt werden“, rät Polinski.
Welcher Plage man auch immer Herr werden will, eines liegt den Neuwirtshäuser Gartenfreunden besonders am Herzen: „Man
sollte die Schädlinge ökologisch bekämpfen“,
erklärt Polinski. Spritzen sollte man nur im
Notfall und mit Mitteln, die ausdrücklich für
Kleingärtner zugelassen seien. Entsprechende
Hinweise finden sich auf der Verpackung.
Der Frostspanner ist der Schrecken in den Kleingartenanlagen.
Hier haben Frostspanner zugeschlagen und die Blätter angefressen.
Foto: Archiv
Fotos: Bernd Zeyer (4)
„Der Komposthaufen ist das größte Kampfgebiet“
Im Garten treffen zahlreiche Schädlinge und Nutztiere aufeinander: Ein gesundes Gleichgewicht zwischen beiden Seiten spielt eine zentrale ökologische Rolle
Neben den oben aufgeführten Schädlingen gibt es auch allerlei
Tiere, die ein Kleingärtner gern zu Gast
hat. „Wir sind immer bestrebt, Schädlinge und Nutztiere im Gleichgewicht zu
halten“, erklärt Walter Braun, Vorsitzender der Gartenfreunde Neuwirtshaus.
Neuwirtshaus (bz).
„Der Komposthaufen ist das größte Kampfgebiet. Dort sind alle Schädlinge und Nutztiere
versammelt“, sagt Walter Braun. Und am
Ende komme dabei auch noch etwas Gutes
raus, nämlich hervorragender Kompost, der
sich bestens zum Düngen eigne. Bevor es so
weit ist, geht es aber drunter und drüber. Mit
dabei beim Kampf Gut gegen Böse sind Igel.
DIE PFLANZE DES MONATS
Pfingstrose
Die Geschichte der Pfingstrose reicht weit
in die Antike zurück. Ihren botanischen
Namen soll sie Paeon verdanken, dem
Arzt der griechischen Götter. Als Schüler
Aesculaps, des Gottes der Medizin, soll
Paeon eines Tages eine Päonie als Geschenk vom Olymp erhalten haben, mit
der er dann die Wunden des Pluto heilte,
die ihm von Herkules im Kampf zugefügt
worden waren. Päonien sind eine der
ältesten Kulturpflanzen der Menschheit.
In China wurden sie schon um 1000 v.
Chr. als Heilpflanzen benutzt. Im frühen
Mittelalter wurde die Päonie dann in den
ersten Klostergärten in Frankreich, England und Deutschland als Arzneipflanze
angesiedelt: Benediktiner-Mönche sollen
die in Italien wildwachsende Pfingstrose
eingeführt haben. Auch die Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098-1179) hat
die medizinische Wirkung der Pfingstrosen gepriesen. Einige Päonienkörner in
Honig getaucht, sollten bei Geisteskrankheiten helfen. Mit ihren pompösen Blüten
bringen die Pfingstrosen im Mai und Juni
Farbenpracht in den Garten. Wer im ersten Jahr nach der Pflanzung aber gleich
eine Blütenpracht erwartet, kann enttäuscht werden: Die Pflanze entwickelt
sich nur allmählich. Ihre volle Pracht
entfalten die Päonien
erst nach
drei bis
vier Jahren,
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(red)
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Über Nistkästen freuen sich Vögel.
Ein Insektenhotel soll Bienen anlocken.
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den kümmern sich naturgemäß Katzen gerade zur Steigerung des Wohlbefindens und Larven gehören zu ihrer bevorzugten
um Mäuse.
bei. Ganz anders geht es den Kleingärtnern. Nahrung.
Der Anblick von Kröten und Fröschen Schließlich stehen Nacktschnecken, die gern
Ohne Bienen, Wespen und Hornissen
trägt bei vielen Normalbürgern nicht Salat und Gemüse anknabbern, ganz oben auf läuft wenig in der Natur. Schließlich
DER GARTEN-KALENDER
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
D
er Mai ist gekommen . . . und damit hat
das oft unbeständige Aprilwetter hoffentlich ein Ende. Und mit den Temperaturen steigt auch der Arbeitseinsatz im Garten. Wichtig deshalb: Je wärmer es wird,
desto öfter muss der Hobbygärtner zur
Gießkanne greifen. Saaten und junge Pflanzen sollten feucht gehalten werden. Und
noch eine Vorsichtsmaßnahme gilt es zu
treffen: Damit die jungen Pflänzchen nicht
gleich das Opfer von hungrigen Vögeln werden, sollten zum Schutz Netze gespannt
werden. Ebenfalls wichtig: Da zuweilen im
Mai Spätfröste drohen, empfiehlt es sich,
empfindliche Pflanzen abzudecken. Und
auch wenn es niemand gern macht: Regelmäßig und gründlich jäten sowie zwischen
den Beetreihen lockern. Bei der Gelegenheit kann auch gleich nach den ersten Anzeichen von Schädlingsbefall geschaut werden. Was alles dem Hobbygärtner die Stimmung verhageln kann, wird auf dieser Seite
ja ausführlich beschrieben. Seinen ersten
Einsatz in diesem Jahr hat nun auch der Rasenmäher. Außerdem muss das Grün gedüngt und eventuell vertikutiert werden.
Und wer einen neuen Rasen anlegen will,
sollte dies innerhalb der nächsten Wochen
in Angriff nehmen. Ab Mitte Mai können
auch die meisten Sommerblumen aufs Beet
gesetzt werden. Verblühte Zweijahrsblumen sollten hingegen abgeräumt, die Knollen von Dahlien, Gladiolen, Begonien und
Blumenrohr gepflanzt werden.
Schon Anfang dieses Monats wird es Zeit,
sich intensiver dem Gemüsegarten zu widmen. Bei Bedarf noch Gurken und andere
Fruchtgemüse vorziehen oder nach Mitte
Mai direkt ins Freie säen. Die Jungpflanzen
von Tomaten allmählich abhärten und
nach den Eisheiligen pflanzen. Und wer
sich den Folgesaaten von Salat, Radieschen
und Möhren widmet sowie Kohl und Lauch
pflanzt, kann sich bald schon die ersten Ernten schmecken lassen.
Der Mai ist zudem eine gute Pflanzzeit für
Nadel- und immergrüne Laubgehölze. Bei
trocken-warmer Witterung empfiehlt es
sich, für alle Gehölzpflanzungen ab jetzt
am besten Containerware zu verwenden.
Und auch hierbei gilt: bei Trockenheit
(red)
gründlich wässern.
müssen die Pflanzen befruchtet werden.
Auch hier können Hobbygärtner, zumindest
passiv, tätig werden – und zwar durch den
Bau eines Insektenhotels. Das ist eine Art
überdachtes Holzregal, das auf verschiedenen Etagen Unterschlupfmöglichkeiten bietet. Die Lage des Hotels muss sorgfältig
ausgesucht werden, am besten ist eine sonnige, windgeschützte Ecke. Stroh, Bambusstäbe, Schilfrohre, morsche Hölzer oder
Baumstämme, in die Löcher gebohrt sind,
dienen als Unterschlupf, als Zimmer des
Insektenhotels. Wichtig ist, dass alles frei
von Holzschutzmitteln und Pestiziden ist.
Schließlich können nur zufriedene und vor
allem lebendige Bienen bei ihren Artgenossen Werbung für das Etablissement machen.
DAS GARTENRECHT-ECK
Quakende Ruhestörer
Wie laut dürfen Frösche im Teich des
Nachbarn quaken? Was sich unsinnig anhört, hat schon 1910 die Gerichte beschäftigt. Doch seit 1992 herrscht Klarheit.
Damals hat sich der Bundesgerichtshof
der Sache angenommen. Demnach stehen
Frösche auch dann unter Naturschutz,
wenn sie sich in einem künstlich angelegten Teich aufhalten. Dabei spielt es keine
Rolle, ob der quakende Genosse von sich
aus den Weg in Nachbars Teich gefunden
hat oder ob er von Menschenhand eingesetzt wurde. Dies bedeutet: Der Frosch
darf quaken, so viel er will. Also alles klar,
oder? Nicht ganz! Denn selbst dem verständigsten Menschen sind laut Gericht
massive Störungen seiner Nachtruhe
nicht zuzumuten. Allerdings kann der
Gartenteichbesitzer nicht haftbar gemacht werden, da gegen das Gequake der
unter Naturschutz stehenden Frösche
rechtlich nichts zu machen ist. Was also
tun? Wer die grünen Ruhestörer legal
loswerden will, muss sich an die untere
Naturschutzbehörde wenden. Nur die
kann entscheiden, ob die Frösche ausnahmsweise entfernt werden dürfen oder
der Teich zugeschüttet werden muss.
Wäre noch hinzufügen, dass 2008 zum
Jahr des Frosches erklärt wurde. Nächtliche Ruhestörungen könnten von Froschseite daher einfach mit offiziellen Festlichkeiten
begründet
werden.
(red)