Raiffeisenbank LECK 1907–1986
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Raiffeisenbank LECK 1907–1986
AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N Raiffeisenbank LECK 1907–1986 1911–2011 Die Raiffeisenbank Leck ist hervorgegangen aus den drei ehemaligen Spar- und Darlehnskassen in Stadum, Achtrup und Klixbüll. Bei der Fusion dieser „Kassen“, wie sie auf den Dörfern noch heute gerne bezeichnet werden, im Jahre 1968, war die Spar- und Darlehnskasse Stadum die sogenannte übernehmende Genossenschaft. Deshalb ist das Gründungsdatum ausgehend von der Gründung der Spar- und Darlehnskasse Stadum auf den 15. November 1907 festgelegt. Am 15. November des Jahres 1907 haben sich in der Gastwirtschaft Jacobsen 29 Bürger zusammengefunden, um eine Spar- und Darlehnskasse zu errichten. 192 | Raiffeisenbank Leck » Leck Genossenschaft im Herzen Südtonderns Es war die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, halt der Bevölkerung gefordert. Hierdurch die von unseren Vätern als das „goldene Zeit- wurde der Genossenschaftsgedanke immer alter“ geschildert wurde. Aber so rosig, wie mehr in den Vordergrund gerückt. Die Dienst- gesprochen, waren die Zeiten eben nicht. Die boten wurden jährlich entlöhnt und die Hand- Landwirtschaft begann, sich langsam positiv werker schrieben halbjährlich ihre Rechnung, zu entwickeln. In dieser Zeit war Zusammen- so dass immer ein Mangel an Bargeld vorhanden war. Aus dem Gründungsprotokoll der Spar- und Darlehnskasse ersieht man, dass die Mitglieder nicht nur Bauern waren, sondern von den 29 Erschienenen über die Hälfte Handwerker und andere Berufe. Man gab der Genossenschaft den Namen „Spar- und Darlehnskasse Stadum, eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht zu Stadum“. In den Vorstand wurden gewählt: > Heinrich Ruwoldt, Lehrer (Vorsitzender) > Hans-N. Petersen, Landmann (Rendant) In den Aufsichtsrat wurden gewählt: > Lütje Petersen, Kaufmann (Vorsitzender) > August Jürgensen, Zimmermann > Sönke Cordsen, Landmann 193 1907 1921 » Raiffeisenbank Leck » Es ist interessant zu verfolgen, wie die Kreditnehmer ihre Bürgen in der Verwandtschaft suchten, und so spann sich das Netz weiter über die Nachbargemeinden. Durch die ansteigende Mitgliederzahl waren die in Anspruch genommenen 20.000,–Goldmark nicht mehr ausreichend und wurden auf 40.000,–Goldmark erhöht. In der nächsten Generalversammlung brachte die Bankaufsichtsbehörde zum Ausdruck, die Geschäftsanteile nunmehr voll aufzufüllen Wilhelm Jacobsen, Rendant 1911–1921 und strengstens auf die Eintragung der Mitglieder in das Genossenschaftsregister beim Amtsgericht zu achten. Aus dem Geschäftsbericht geht hervor, dass Alle vorgenannten Personen sowie die rest- der Reingewinn ganze 3,05 Mark betrug, und lichen Mitglieder waren wohnhaft in Stadum. wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden auf Ehrend sei jener Männer gedacht, die mit neue Rechnung vorgetragen. Die Bilanzsumme ihrem gesamten Vermögen hafteten. Als Ein- bewegte sich in den folgenden Jahren zwischen trittsgeld wurden 3,–Mark erhoben. Die Ge- 60.000,– und 70.000,–Mark und erreichte bis schäftsanteile wurden festgelegt und mussten zum Jahre 1914 die Höhe von 107.546,–Mark. jährlich mit 10 Mark aufgefüllt werden. Nach Fortzug des Lehrers Ruwoldt als Vor- Der Vorstand (Vorsitzender und Rendant) sitzender des Vorstandes wurde Johann Oldsen wurden zu einem Lehrgang geschickt, um aus Stadum gewählt, und als H. N. Petersen über Bankwesen, vor allem Überweisungs- nach Hörup verzog, wurde der Kaufmann und Scheckverkehr, unterrichtet zu werden. Lütje Petersen zum Rendanten gewählt, der Dieselben hielten dann bei der ersten General- später nach Langenhorn verzog und von Wil- versammlung einen Vortrag über ihre erlang- helm Jacobsen abgelöst wurde. ten Kenntnisse und wurden mit großem Beifall von allen Mitgliedern belohnt. Das Warengeschäft nahm langsam seinen Anfang. Es wurde Kainit und Thomasmehl Um nun flüssig zu werden, wurde ein Kredit bezogen. Damit wurden die höher gelegenen in Höhe von 20.000,–Goldmark bei der Lan- Schläge gedüngt, denn die gesamten Niede- desgenossenschaftsbank in Kiel in Anspruch rungen standen damals im Winter unter genommen. Kredit an Mitglieder wurde nur Wasser. Man bediente sich des Staurechts. gegen Wechselbürgschaft gewährt. Das hatte Als Stickstoff wurden geringe Mengen Chile- zugleich den Vorteil, dass der Bürge auch Mit- salpeter verwandt. Der Hackfruchtbau war glied werden musste und so stieg die Zahl der bis auf die Kartoffel unbekannt. Die Mitglieder in einem Jahr auf das Doppelte. Haupteinnahmequelle war die Pferdezucht. 194 » Raiffeisenbank Leck » 1924 Sämtliche Lasten wurden mit Pferdefuhrwerk bewältigt. Da die Straßen sich in einem trostlosen Zustand befanden, war das Auto auf den Dörfern unbekannt. Die nächste Bahnstation war Sprakebüll, mit der die Gemeinde Stadum mit einem Feldweg verbunden war. Dieser Weg war im Winter kaum passierbar, so dass der bezogene Dünger zum Teil in Schafflund oder Leck entladen werden musste. Da keine Brückenwaage vorhanden war, wurde der lose Dünger mit einer Dezi- Peter Jensen, Rendant 1921–1950 malwaage verwogen. Als weitere Einnahmequelle diente der Verkauf von Magervieh, was durch reichlich, aber minderwertiges Heu durch den Winter gebracht wurde. Durch die schlechte Futtergrundlage Jacobsen legte im Jahre 1921 seinen Posten bedingt war die Frühjahrstalgung selbstver- nieder. Für ihn wurde Peter Jensen zum neuen ständlich, und man kann sich kaum die Ren- Rendanten gewählt. tabilität der damaligen Meiereien vorstellen, Man sprach von der kaiserlichen, der schreck- die mit einer Tagesanlieferung in den Winter- lichen Zeit. Nach Einführung der Rentenmark monaten von 400 bis 500 Litern arbeiten muss- war ein großer Kreditbedarf vorhanden. Die ten. Das Milchgeld wurde jahrelang in bar Ländereien waren verarmt, da in der Inflati- ausgezahlt. Man kam erst später auf den onszeit kaum Dünger gehandelt wurde. Gedanken, sich der Sparkasse mit Überweisungsverkehr zu bedienen. Durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges kam die Weiterentwicklung der Spar- und Darlehnskasse ins Stocken. Die Generalversammlungen waren schwach besucht, da sich fast alle wehrfähigen Mitglieder an der Front befanden. Nach dem Zusammenbruch 1918 setzte die Inflation ein und nahm im Laufe der nächsten Jahre einen Umfang an, der die gesamte Wirtschaft zum Erlahmen brachte. In der Generalversammlung vom 9. April 1924 wurde die Summe von 341 Billionen Mark in Aktiva und Passiva genehmigt. Wilhelm 195 Geschäftsstelle mit Rendant P. Jensen und Frau 1935 » Raiffeisenbank Leck » gekanntem Ausmaß brachte die gesamte Wirtschaft zum Erlahmen und die Banken wurden kurzerhand geschlossen. Selbst über Guthabenkonten konnte man nicht verfügen. Viele Betriebe gerieten damals „unter den Hammer“ und wurden zu Schleuderpreisen versteigert. Die damalige Regierung half sich durch Notverordnungen über die Runden. Durch das Bankstillhalteabkommen wurden die Betriebe umgeschuldet und dem weiteren Verfall der Wirtschaft Einhalt geboten. In den 30er Jahren Andreas Jensen, Rendant 1950–1954 erholten sich die Preise und somit trat eine Gesundung der Wirtschaft ein. In der Generalversammlung vom 2. Februar Die Dörfer wurden mit Elektrizität versorgt. 1935 schrieb man unter Punkt Sonstiges, Herr Aber diese Maßnahme verursachte erhebliche Lütje von der LGB brachte längere Erklärungen Kosten. Entwässerungsmaßnahmen in den über das Entschuldungsverfahren. Es fand Niederungen wurden vorgenommen, um die eine rege Aussprache statt und viele Zweifel Wiesen in einen guten Kulturzustand zu brin- wurden geklärt. Herr Krämer von der Haupt- gen. Sorglos wurden Kredite aufgenommen, genossenschaft sprach über die richtige denn man war der Meinung, dass das Geld Anwendung von Dünger und empfahl, den sich bald wieder entwerten würde. Der Zinssatz Verbrauch zu steigern, zumal der Dünger zins- betrug 24%. Die Spar- und Darlehnskasse war los bis zur Ernte und zu verbilligten Preisen natürlich nicht in der Lage, den Kreditbedarf zur Verfügung stand. Der Rat wurde befolgt zu decken. In kurzer Zeit waren die Betriebe und es begann die damals sogenannte „Erzeu- mit hohen Hypotheken belastet. gungsschlacht“, und zwar zu kostendeckenden Wohl aus Gründen der Bequemlichkeit bil- Preisen. deten sich in Hörup und Sprakebüll neue Spar- Alles wäre in Ordnung gewesen, hätte nicht und Darlehnskassen. Ein an sich bedauerns- der zweite Weltkrieg einen Strich durch die werter Vorgang, da die Mitglieder aus diesen Rechnung gemacht. Nach dem Zusammen- Dörfern aus der Stadumer Spar- und Darlehns- bruch 1945 setzte erneut die Geldentwertung kasse ausschieden und dadurch die Liquidität ein und der Schwarzhandel feierte Orgien. und Rentabilität geschmälert wurde. Trotz Nach Einführung der DM erhielt jeder Bürger Intensivierung der Betriebe war es nicht mög- 40,– DM als Startgeld und neues Leben wuchs lich, den Zinsendienst aufrecht zu erhalten. aus den Ruinen. Es war bewundernswert, wie Aus der erhofften Inflation entwickelte sich schnell sich die Wirtschaft normalisierte. die Deflation, hervorgerufen durch den New Nach der Währungsreform fand die erste Yorker Börsenkrach. Ein Preisverfall von nie Mitgliederversammlung am 11. Januar 1950 196 » Raiffeisenbank Leck » 1954 in der Form einer außerordentlichen Generalversammlung statt. Unter dem Punkt Wahlen traten erhebliche Veränderungen ein. Aus Altersgründen schieden der Vorsitzende des Vorstandes Johann Oldsen und der Rendant Peter Jensen aus der Geschäftsführung aus. Beide hatten der Genossenschaft ca. 30 Jahre treu gedient und wurden hochgeehrt aus ihren Funktionen entlassen. Neu gewählt wurden als Vorsitzender Nicolaus Thomsen und als Rendant Andreas Jensen, derselbe wechselte Max Matthiesen, Rendant 1954 bis 1968 nach einiger Zeit zur Privatwirtschaft über. Als Nachfolger wurde Max Matthiesen gewählt, der schon einige Jahre als Buchhalter bei der Spar- und Darlehnskasse tätig war. Der Warenverkehr nahm einen bedeutenden Im folgenden Jahr schied satzungsgemäß Aufschwung an, und bald war man genötigt, Nicolaus Thomsen aus dem Vorstand aus und neue Lager und Geschäftsräume zu erstellen. stellte sich zur Wiederwahl nicht mehr zur Zunächst wurden die Büroräume und der Verfügung. Deshalb wurde als Vorsitzender Lagerschuppen in Stadum erstellt. Diese Bau- des Vorstandes Andreas Jacobsen und als Vor- maßnahmen erforderten bald eine drastische sitzender des Aufsichtsrates Carsten Carsten- Anhebung der Geschäftsanteile, um das für sen, Holzacker gewählt, der Christian Cars- diese Maßnahmen benötigte Eigenkapital dar- tensen, der aus Altersgründen ausschied, zustellen. ablöste. Das Wirtschaftswunder ging nicht spurlos Im Jahre 1952 beschloss die Spar- und Dar- an der Region Stadum vorüber. Durch die lehnskasse Sprakebüll auf Ansinnen zweier Intensivierung und Maschinisierung war stets besonnener Männer, nämlich Christian Nissen, ein enormer Kreditbedarf vorhanden. Für Bährenshöft und Peter Petersen, Sandacker, unabdingbare Anschaffungen im Mühlenbe- sich mit Stadum zu verschmelzen. Dieser trieb sowie Erweiterungen des Fuhrparks Beschluss wurde in der Generalversammlung mussten erhebliche Investitionen in den Folge- vom 10. März 1953 angenommen. Vorgenannte jahren beschlossen werden. Herren wurden in den erweiterten Vorstand In vielen Sitzungen von Vorstand und Auf- bzw. Aufsichtsrat übernommen. Die Übergabe sichtsrat wurden die Prüfungsberichte des verursachte keine Schwierigkeiten, da die Sta- Raiffeisenverbandes eingehend diskutiert und tuten beider Genossenschaften die gleichen die Beanstandungen zur Liquidität der Bank waren. Zur Vereinfachung des Geschäftsver- immer wieder zur Kenntnis genommen. kehrs blieb eine Zahlstelle bei Herrn Peter Petersen bestehen. Die Spareinlagen stiegen nur langsam an und standen in keinem Verhältnis zum 197 1957 » Raiffeisenbank Leck » Haus“ in Leck in Anspruch genommen. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Veranstaltung nahm unter Teilnahme vieler Ehrengäste einen harmonischen Verlauf. Aus der Tagesordnung der Mitgliederversammlung vom 22. Juli 1958 geht hervor, dass unter Punkt 2 das Jahresergebnis ein gutes gewesen sei und der Vorsitzende des Aufsichtsrates schlug vor, den Bilanzgewinn von 1.430,–DM der gesetzlichen Rücklage zuzuweisen und außerdem 12.000,–DM als Warenrückvergütung auszuschütten. In den Organen hatte sich ein Wechsel vollzogen. Carsten Carstensen, Holzacker, hatte sich als Vorsitzender des Aufsichtsrates nicht mehr zur Verfügung gestellt. An seiner Stelle Einweihung der Raiffeisenstraße, links Rendant Matthiesen, rechts Bürgermeister Jacobsen Kreditbedarf. Der Not gehorchend, die Zah- wurde Christian Hansen, Stadum gewählt, lungsschwierigkeiten zu überbrücken, griff der dann später von Peter Petersen, Holzacker, man zum Wechsel. Schweinemast- und Grä- abgelöst wurde. serwechsel wurden ausgestellt und wieder Eine Erleichterung im Zahlungsverkehr verlängert. Die Reverse entsprachen nicht brachte die Flurbereinigung mit sich. Die Teil- immer den Gegebenheiten. nehmergemeinschaften unterhielten hohe In den Mitgliederversammlungen der folgen- Guthaben bei der Bank, die zum Ausbau des den Jahre wurden die Jahresergebnisse bekannt Straßennetzes verwendet wurden. Das Gesicht gegeben, aber nicht widerspruchslos hin- unserer Landschaft wandelte sich durch die genommen. Man erwartete große Warenrück- Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe, vergütungen und dadurch eine gute Verzinsung wofür die Spar- und Darlehnskasse auch die der Geschäftsanteile. Eine den Investitionen entsprechenden Zwischenfinanzierungen entsprechend zu bildende Eigenkapitalver- bereitstellte. Die Bilanzsummen zeigten von stärkung wurde zur damaligen Zeit nicht in Jahr zu Jahr eine steigende Tendenz. Betracht gezogen. In der Mitgliederversammlung vom 25. Juli Eine bemerkenswerte Haftform vollzog sich 1957 wurde beschlossen, das 50-jährige Beste- im Jahre 1964. Aus der G.m.u.H. wurde eine hen der Spar- und Darlehnskasse Stadum zu G.m.b.H. Das Warengeschäft erweiterte sich feiern. Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit mehr und mehr. So wurde beschlossen, eine der Ausgestaltung der Jubiläumsfeier beauf- Getreide- und Lagerhalle mit Trocknungsanlage tragt. Da die Lokalitäten in Stadum nicht aus- in Stadum sowie einen Düngerschuppen in reichend waren, wurde das Lokal „Deutsches Sprakebüll zu erbauen. 198 » Raiffeisenbank Leck » Ehrenamt, Hauptamt (Stadum) > Peter Jensen, Stadum 1910–1921 > Heinrich Friedrichsen, Stadum 1911–1943 Vorstand: > D. Lüthje, Holzacker > Heinrich Ruwoldt, Direktor > Paul Peter Nommsen, Lehrer 1907–1910 > Hans Nicolai Petersen, Rendant > Janne Johannsen, Stadum 1907–1910 > Peter Christian Thomsen, Landmann 1907–1919 1910–1911 > Johann Oldsen, Direktor 1910–1950 > Wilhelm Jacobsen, Rendant, 1922–1933 1923–1930 > Christian Carstensen, Stadumfeld > Lütje Petersen, Rendant Stadum Engerheide 1912–1928 1930–1952 > Hans Christophersen, Stadumfeld 1936–1946 > Adolf Lüthje, Nord-Stadum 1946–1959 > Jürgen Jensen, Nord-Stadum 1946–1954 1911–1921 > Carsten Carstensen, Holzacker 1952–1955 > Johannes Classen 1915–1918 > Heinrich Eggers, Stadum 1954–1957 > Hans Friedrichsen 1921–1934 > Christian Hansen, Stadum 1955–1958 > Peter Jensen, Rendant 1921–1950 > Peter Martin Petersen, > Nicolaus Thomsen, Stadum 1934–1952 > Andreas Jensen, Rendant 1950–1954 > Hans Peter Petersen, Holzacker 1958–1977 > Marius Classen, Stadum 1950–1958 > Marius Carstensen, Stadum 1959–1967 > Andreas Jacobsen, Stadum 1952–1976 > Wilhelm Petersen, Knorburg 1964–1967 > Christian Nissen, Bärenshöft 1953–1967 > Hans Peter Petersen, Holzacker 1955–1958 > Ketel Nissen, Stadum 1958–1967 > Carl-Heinrich Johannsen, Spölbek Engerheide 1957–1967 Das Jahr 1967 war für die Spar- und Darlehnskasse Stadum ein Jahr von entscheidender Bedeutung. In einer außerordentlichen 1958–1964 Mitgliederversammlung wurden weitreichen- > Peter Petersen, Sandacker 1953–1962 de Beschlüsse gefasst. Mit 78 Ja-Stimmen, > Carsten Hansen, Bärenshöft 1962–1965 13 Nein-Stimmen und einer ungültigen > Andreas Hansen, Sprakebüll 1965–1967 Stimme wurde die Verschmelzung der drei Genossenschaften Stadum, Achtrup und Klix- Aufsichtsrat: > Lütje Petersen, Kaufmann büll beschlossen. Die Hauptstelle dieser drei 1907–1910 > August Jürgensen, Zimmermann Genossenschaften wurde nach Leck verlegt. Durch die Schließung der Hauptgenossen- 1907–1910 schaft-Geschäftsstelle in Leck hatten sich sehr > Sönke Cordsen, Landmann 1907–1923 gute Bankgebäude als Zentrale dieser Genos- > Hans N. Petersen, Hörup 1910–1922 senschaft angeboten. Die Genossenschaft > Johannes Christiansen, Hörup 1910–1923 nannte sich Spar- und Darlehnskasse eGmbH > Andreas Paulsen, Engerheide 1910–1921 Leck, die später in den Namen Raiffeisenbank > Wilhelm Jacobsen, Stadum 1910–1911 Leck umbenannt wurde. Die Geschäftsanteile 199 1967 1968 » Raiffeisenbank Leck » der bisherigen selbstständigen Bankstellen Leck war schon in früheren Zeiten hervor- Achtrup und Klixbüll mussten angeglichen gerufen durch den Viehmarkt in Leck Sam- und von Stadum übernommen werden. Das melpunkt der Einwohner auch der umliegen- gesamte Anlagevermögen aller drei Banken den Orte gewesen. Aus diesem Grunde hat wurde zusammengefasst, und somit nahm ebenfalls das Amt Karrhusen im Jahre 1966, das Bankgeschäft in Leck seinen Anfang. das in etwa flächendeckend ist mit der Genos- Als neuer Geschäftsführer wurde Herr Gerhard senschaft, seinen Sitz hierher verlegt. Schwarz, vorher in Joldelund, zum Leiter des Es war nicht nur Mode geworden, genos- Bankgeschäftes bestellt, während Herr Max senschaftliche Betriebe zusammenzulegen, Matthiesen die Warenabteilung übernahm. sondern die wirtschaftliche Lage der kleineren Durch Zusammenlegung der Genossenschaf- Betriebe machte andere Größenordnungen ten waren Neuwahlen der Organe erforderlich. sowohl im Bank- als auch im Warengeschäft In der Generalversammlung am 16. Juli 1968 erforderlich. im Bürgerbräu Achtrup wurde Broder Ingwersen, Die Spar- und Darlehnskasse in Stadum mit Achtrup, zum Vorsitzenden des Vorstandes und einer Bilanzsumme von damals 2.411.000,– DM Andreas Thomsen, Klixbüll, zum Vorsitzenden und einem Eigenkapital von 251.000,– DM war des Aufsichtsrates gewählt. Bald zeigte sich, als übernehmende Genossenschaft auch das dass die Geschäftsräume in Leck bedingt durch stärkste Unternehmen dieser drei Genossen- das Wachsen der Genossenschaft nicht mehr schaften. ausreichten. Es wurde der Beschluss gefasst, Mitglieder der einzelnen Genossenschaften den nicht mehr benötigten Mühlenbetrieb des waren zu diesem Zeitpunkt überwiegend Land- HaGe-Gebäudes abzubrechen und das Bank- wirte. In den 60er Jahren hatte die Landwirt- gebäude dementsprechend zu erweitern. schaft einen besonders schwierigen Wandel 200 » Raiffeisenbank Leck » durchstehen müssen. Die Flurbereinigung war gute Entscheidungen. Leck als zentraler Ort abgeschlossen worden, die einzelnen Betriebe mit ca. 8.000 Einwohnern bot sich an, das Bank- hatten erhebliche Baumaßnahmen durchge- geschäft zu aktivieren. führt und konnten trotz Belastung der Flur- Der Geschäftsführer Max Matthiesen aus bereinigung eine wesentlich bessere und Stadum, Albert Nissen aus Klixbüll und Hein- ertragsreichere Betriebsführung sicherstellen. rich Bendixen aus Achtrup hatten gemeinsam Die Technisierung der landwirtschaftlichen mit Beginn der Fusion die Verantwortung für Betriebe führte letztlich dazu, dass erheblicher das Gesamtunternehmen als hauptamtliche Kreditbedarf vorhanden war und die Einla- Geschäftsleiter zu übernehmen. genentwicklung mit dem Kreditbedarf nicht standhalten konnte. Das Büro- und Lagergebäude, das überwiegend aus alten Speichern bestand, wurde Es waren 4,2 Mio.DM Ausleihungen im Jahre zunächst auf Pachtbasis von der Hauptge- 1967 bei der neu gegründeten Genossenschaft nossenschaft Kiel übernommen. Die Verwal- aus den Bilanzen der drei fusionierten Betriebe, tungsorgane beschlossen Mitte des Jahres während die Einlagen nur 3,3 Mio.DM aus- 1968, speziell für den Aufbau des Bankbetriebes machten. in Leck einen Bankkaufmann einzustellen. In der Folgezeit mussten viele landwirt- Am 1. November 1968 trat Gerhard Schwarz schaftliche Betriebe wegen der schwierigen als Geschäftsführer in die Dienste der Genos- wirtschaftlichen Verhältnisse und der schlech- senschaft. Im Oktober 1973 wählte ihn die ten Agrarpreise aufgeben. Die Betriebsleiter Mitgliederversammlung in den Vorstand der mussten nach Aufgabe andere Tätigkeiten Bank. ausüben. Der Vorstand hatte sich zur Aufgabe gestellt, Im Kreis Südtondern, der in seiner Struktur die Liquiditätsengpässe zu beseitigen. So konn- sehr landwirtschaftlich ausgerichtet war, war ten sich von 1968 bis 1975 die Gesamteinlagen zur damaligen Zeit das hiesige Aufklärungs- von 3,3 Mio.DM auf 15,0 Mio.DM fast ver- geschwader 52 der Bundeswehr mit seinen fünffachen. Die Ausleihungen hingegen stiegen Behörden und Verwaltungen größter Arbeit- im gleichen Zeitraum von 4,2 Mio.DM auf geber. Zwischenzeitlich ist dieser Bereich der 8,0 Mio.DM. Bundeswehr an einen anderen Standort in Das Geschäftsvolumen stieg stärker, als es Deutschland umgesiedelt worden. Trotzdem von der Entwicklung des Eigenkapitals wün- bestehen auch heute noch Flugabwehrrake- schenswert war. Die Bilanzsumme erhöhte tenbataillone der Bundeswehr, die als poten- sich von 6,9 Mio. DM im Jahre 1968 auf zielle Arbeitgeber in dieser Region vorhanden 41,7 Mio.DM im Jahre 1980. Das Eigenkapital sind. Viele Arbeitssuchende konnten und kön- hingegen konnte im gleichen Zeitraum ledig- nen auch zum jetzigen Zeitpunkt eine sichere lich von 618.000,– DM auf 1.140.000,– DM Existenz bei der Bundeswehr erhalten. gesteigert werden. Eine sehr schwache Ent- Die Fusion der genossenschaftlichen Betriebe und die Zentralfunktion in Leck waren sehr wicklung, die die betrieblichen Belange sehr einengte. 201 1980 1980 » Raiffeisenbank Leck » Zweigstelle Stadum 1982 Im Wandel der Zeit zeigte sich, dass nicht nur die alten Speichergebäude, sondern auch investiert, um den Kundenanforderungen gerecht zu werden. übrige Lagerhäuser den Anforderungen nicht In Achtrup wurde eine für die damalige Zeit mehr gerecht wurden. Es waren Lagerhallen moderne Mahl- und Mischanlage mit Verlade- erforderlich geworden, die loses Schüttgut silos für loses Schrot gebaut. für längere Zeit lagern konnten, um die günstigste Preissituation auszunutzen. Am Bahngleis in Sprakebüll wurde eine Lagerhalle für Dünger mit einem Fassungs- Für den Geld- und Warenbereich wurden vermögen von 6.000 t errichtet. Mit einer von 1967 bis 1980 (ca. 13 Jahre) 4,4 Mio.DM modernen Förderanlage konnten pro Stunde Düngerlager Sprakebüll 1982 202 » Raiffeisenbank Leck » 1982 50t Dünger entladen werden. Hierfür wurde lediglich ein Lagerarbeiter benötigt. Bis zu 10.000t Dünger wurden hier direkt von Landwirten abgeholt oder durch eine lose Dünger-Kette direkt auf den Acker gebracht. Die Genossenschaft wurde damit ihrem Förderauftrag voll gerecht, indem sie allen Mitgliedern für ihren Warenbezug die entsprechenden Anlagen vor Ort zur Verfügung stellte. Die Entwicklung im Bankgeschäft Mitte der 70er Jahre zeigte, dass die vorhandenen Bürogebäude dem gestiegenen Geschäftsvolumen der Bank nicht mehr gerecht wurden. Aus dem „Stubenladen“ der früheren Kreis- gerecht wird. Die großzügigen Außenanlagen genossenschaft sollte nun ein modernes Bank- runden den Gesamtkomplex ab. gebäude entstehen. In zahlreichen Sitzungen 1982 wurde das 75-jährige Bestehen der Raiff- machten sich Vorstand und Aufsichtsrat eisenbank eG Leck gebührend gefeiert. In vielen gemeinsam Gedanken darüber, wie aus dem Reden anlässlich der Feierlichkeiten wurde die bestehenden Gebäude moderne Bankräume Standhaftigkeit des Genossenschaftsgedankens errichtet werden konnten. Gemeinsam mit hervorgehoben. Insbesondere wurde die Wil- dem Architekten gelang es, ein Gebäude zu lenskraft und Treue der Mitglieder zu ihrer erstellen, das an repräsentativer Stelle auch Genossenschaft als ein nicht mehr wegzuden- für die weitere Zukunft allen Anforderungen kender Wirtschaftsfaktor dargestellt. Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Warenumsatz Gesamteinlagen Anzahl in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM 1967 540 6,9 4,4 3,3 1968 564 7,1 4,2 4,7 1970 606 9,1 6,3 6,8 1975 727 19,0 8,6 15,0 1980 927 41,6 14,3 25,0 1985 980 47,9 14,0 32,3 1986 989 56,3 14,5 36,1 Kredite Eigenkapital in Mio. DM 4,2 0,6 (GG 0,5) 3,7 0,7 4,9 0,7 8,0 0,7 26,4 1,1 (GG 0,7) 30,9 1,4 (GG 0,8) 23,9 1,4 (GG 0,8) 203 Geschäftsgebäude der Raiffeisenbank Leck im Jahre 1982 Zahlen aus der Entwicklung der Raiffeisenbank Leck seit 1967 1982 Verwaltungsorgane der Raiffeisenbank Leck im Jahre 1982 » Raiffeisenbank Leck » Ehrenamt, Hauptamt (Leck) Aufsichtsrat: > Andreas Thomsen, Klixbüll Vorstand: 1968–1987 > Hans Peter Petersen, > Broder Ingwersen, Tettwang 1968–1979 > Andreas Jacobsen, Stadum 1968–1976 > Ernst Peter Eggers, Stadum 1968–1987 > Hans Thomsen, Klixbüll 1968–1969 > Christian Nissen, Bärenshöft 1968–1970 > Christian Boysen, Büllsbüll 1968–1973 > Andreas Johannsen, 1979–1987 > Hans Detlef Storm, Klixbüll 1969–1987 > Gerhard Schwarz, (hauptamtlich), Leck 1973–1987 > Max Matthiesen, (hauptamtlich), Stadum 1976–1977 > Hans Hermann Meyer, Leck-Klintum 204 1982–1987 Holzacker Mühlenwadt > August Jacobsen, Lütjenhorn 1968–1977 1968–1987 1968–1973 > P. H. Nissen-Schütt, Stockholmacker 1968–1975 > Andreas Hansen, Sprakebüll 1970–1987 > Christian Boysen, Büllsbüll 1973–1979 > Heinz Michaelsen, Leck 1975–1987 > Karl-Heinz Jensen, Holzacker 1977–1987 » Raiffeisenbank Leck » Am 17. Dezember 1986 beschlossen die Mit- Die Bilanzen der beiden Genossenschaften glieder in einer außerordentlichen Generalver- wurden mit Wirkung vom 31. Dezember des sammlung in der Mehrzweckhalle in Leck die Jahres 1986 zusammengeführt. Übernehmende Fusion mit der Raiffeisenbank Süderlügum. Genossenschaft war Süderlügum. Hiermit wurde der gemeinsame Weg für die Zukunft beschlossen. Die Selbstständigkeit der Raiffeisenbank Leck wurde hiermit aufgegeben und die Zentralfunktion nach Süderlügum verlegt. Fusion 31. 12. 1986 Raiffeisenbanken Süderlügum und Leck Die einzelnen Genossenschaften Leck, Stadum, Klixbüll und Achtrup wurden zentral von Süderlügum aus gesteuert und als Geschäftsstellen vor Ort weitergeführt. Süderlügum 73,2 % Leck 26,8 % Bilanzsummen / Mio. DM Raiffeisenbank Süderlügum Raiffeisenbank Leck Gesamt 31. 12. 1986 127,3 47,6 174,9 205 1986 Vorderansicht der Geschäftsstelle Leck nach Umbau im Jahre 2001 2001 Rückansicht der Geschäftsstelle Leck nach Umbau im Jahre 2001 » VR Bank eG – Geschäftsstelle Leck | Mit einem Investitionsvolumen von rund Geschäftsstelle von vielen Mitgliedern und 750.000,– € wurde die Bankgeschäftsstelle in Kunden in Augenschein genommen werden. Leck im Jahre 2001 völlig neu gestaltet. In Mit den neuen Räumlichkeiten haben die Mit- Konzeption, Technik und Ausstattung ist die arbeiter in der Geschäftsstelle ideale Rahmen- Bankstelle für die nächsten Jahre bestens bedingungen erhalten, um Mitglieder, Kunden gerüstet. Sie ist ein „Schmuckstück“ für den und Geschäftsfreunde in angenehmer und Zentralort Leck. Am 8. Dezember 2001 konnte diskreter Atmosphäre bedienen und beraten im Rahmen eines Tages der offenen Tür die zu können. 206 AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N Spar- und Darlehnskasse NIEBÜLL 1914 –1970 1911–2011 208 | Spar- und Darlehnskasse Niebüll » Niebüll Ursprung in Deezbüll Der Ursprung dieser Genossenschaftsbank liegt in Deezbüll. Die Spar- und Darlehnskasse e.G.m.u.H Deezbüll wurde am 23. April 1914 gegründet. Es waren insgesamt – einschließlich des Schriftführers Fr. Holst vom Verband in Kiel – 10 Personen anwesend. Zum Vorsitzenden wurde Herr Johann Jesßen Richardsen aus dem Chr. Albr. Koog bestimmt. Nach Besprechung des Gegenstandes des geplanten Unternehmens und nach Beratung der Statuten erklärten sich die Versammelten für die Einrichtung einer Genossenschaft unter der Firma: Spar- und Darlehnskasse eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht mit dem Sitze zu: Deezbüll bereit. Im Rahmen der Gründungsversammlung wurden am gleichen Tag sowohl die Herren des Vorstandes als auch des Aufsichtsrates mit jeweils 3 Herren gewählt. 209 1914 1960 » Spar- und Darlehnskasse Niebüll » Vorstand > Johann Jesßen Richardsen, Direktor Landmann, Chr. Albr. Koog > August Jessen, Rendant Gemeindevorsteher, Deezbüll > Jens Friedrichsen, Kaufmann, Deezbüll Neben der Gründungsversammlung fand am gleichen Tage ebenfalls die „erste Generalversammlung“ der neu gegründeten Genossenschaft statt. Hier wurden neben der Höhe des Eintrittsgeldes, die Dienstanweisung und Geschäftsordnung sowie die Satzung beraten und beschlossen. Die Handhabung und Konditionen für die Aufsichtsrat Gewährung von Krediten und die Hereinnahme > Peter Friedrich Andresen von Einlagen wurden ebenfalls festgelegt. Der Landmann, Kleiserkoog Rendant musste sich verpflichten, mit dem > Boetins Hansen Aufsichtsrat eine noch festzulegende Kaution Tierarzt, Chr. Albr. Koog zu vereinbaren. Die Vergütungen für die Vor- > Hans Schmidt Tychsen stands- und Aufsichtsratsmitglieder sollten Landmann, Neuer Chr. Albr. Koog nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres je nach Umfang und Ergebnis des Geschäftes mit den Das Protokoll gibt Aufschluss über die Neugründung der Genossenschaft und die Wahlen von Vorstand und Aufsichtsrat. 210 betreffenden Personen vereinbart werden. Im Jahre 1960 wurde – neben der Umwandlung in eine „eingetragene Genossenschaft » Raiffeisenbank Bökingharde » mit beschränkter Haftung“ – die Firmenbe- Raiffeisenbank Bökingharde eine Bilanzsum- zeichnung Spar- und Darlehnskasse e.G.m.b.H. me von 50,4 MioDM. Niebüll beschlossen. Als übertragende Genossenschaft wurde die Nach der Verschmelzung der Spar- und Dar- Bilanz der Raiffeisenbank Bökingharde zum lehnskasse, Niebüll mit der Spar- und Darlehns- 31. Dezember 1989 auf das neue Institut, die kasse Risum-Lindholm im Jahre 1970 wurde Raiffeisenbank Südtondern mit Sitz in Süder- diese umfirmiert in Spar- und Darlehnskasse lügum übertragen. Hiermit hatte der Sitz Nie- Bökingharde mit Sitz in Niebüll. büll seine Eigenständigkeit aufgegeben. Im Jahre 1972 wurde in einer weiteren Strukturmaßnahme die Spar- und Darlehnskasse Bökingharde mit der Spar- und Darlehnskasse Fahretoft zusammengeschlossen. Im Jahre 1979 wurde die Genossenschaft – im Rahmen der bundesweiten Umfirmierung des Genossenschaftssektors – in Raiffeisenbank Bökingharde mit Sitz in Niebüll umbenannt. 1989 fanden dann die Beschlüsse für die Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Süderlügum statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die 211 1979 Die Zentrale der Raiffeisenbank Bökingharde in Niebüll (1990) 1996 Die neue Bankzentrale in Niebüll im Jahre 1998 » Raiffeisenbank Südtondern – Geschäftsstelle Niebüll | In den Folgejahren wurde in der Hauptstr. 30 in Niebüll eine Bank-Geschäftsstelle der Raiffeisenbank Südtondern geführt. Eine ständige Umsatz- und die dadurch ausgelöste Personalausweitung in Niebüll festigte den Standort und machte den Bankneubau im Jahre 1996 erforderlich. Die Bankzentrale wurde in den Folgejahren erweitert und wird als Hauptzentrale der heutigen VR Bank genutzt. Hier finden über 100 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz. 212 AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N Vo l k s b a n k NIEBÜLL 1885–2000 1911–2011 Im Jahre 1986 feierte Niebüll seinen 550. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung gebührend. Dieses Jubiläum gab Anlass, einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen. Es hat Heimatforscher immer wieder gereizt, in der Vergangenheit der Friesen zu forschen. Christuskirche von 1729 Sie sind jedoch nie bis in die Urzeiten vorgedrungen, weil Geschichtsschreiber und Pastoren erst spät mit der Dokumentation ihrer Zeit begannen. Sicher ist, dass der Ort Niebüll in Wirklichkeit viel älter als 550 Jahre ist. Sicher ist auch, dass Niebüll noch vor ca. 600 Jahren am offenen Meer lag. Hinweise darauf, dass dieser Landstrich am Meer schon früher besiedelt war, gaben römische Münzen aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, die hier gefunden wurden. Um 1400 soll es den Namen Niebüll (= neues Dorf) noch nicht gegeben haben. Das heutige Niebüll war erst Teil der Siedlung Risummoor, die auf dem den Kornkoog umschließenden Dünenkranz lag. 214 | Volksbank Niebüll » 1344 Niebüll Entwicklung aus der Geschichte der Stadt Niebüll Die Gezeitenströme flossen damals an der Langstoft litt unter der Flut besonders Düneninsel vorbei, hinauf bis Freesenhagen schwer. Der Südteil des Dorfes (das heutige und zurück bis zur Gath, wo sich der Tiden- Süderende) wurde vom übrigen Dorf ab- strom öffnete. „Gath“ bedeutet „Mündung getrennt und liegt noch heute isoliert. Die ins Meer“. Von der Gath floss der Strom weiter Kirche wurde so schwer beschädigt, dass sie durch den Gotteskoog, durch die Wiedingharde nicht wieder aufgebaut wurde. und zwischen Klanxbüll und Hoyer in die Die Zerstörung der Kirche war gleichzeitig offene See. An einem langen Sund lag das das Ende des Kirchspiels Langstoft, es schloss Dorf Langsundtoft, das heutige Langstoft. Es sich dem Ort Niebüll an. Trotzdem sollen die wurde früher erwähnt als Niebüll. Langstofter den Friedhof an der früheren Bei Langstoft wurden die Bökingharder Friesen im Jahre 1344 von den Dänen geschlagen. Kirche noch bis in die Reformationszeit hinein benutzt haben. Die Friesen hatten 16 Jahre lang keinen Tribut Niebüll wurde das „neue Dorf“ im Gegensatz an den Landsherrn gezahlt und wurden nach zu Uhlebüll, was „altes Dorf“ bedeutet. Seine der Niederlage in ihren Rechten stark einge- erste Erwähnung fand Niebüll im Jahre 1436 engt. Die Dänen setzten den Waldemar Zappi in seiner Eigenschaft als Kirchort. In jenen als Staller ein. Er trieb im Auftrage der Krone Jahren trug der Ort zusammen mit anderen von seiner Zwingburg in Klockries die Steuern Ortsteilen in seiner Nachbarschaft den Namen ein. Risummoor und „Moor“. Genau genommen 1362 wurde das Land von einer schweren hätte Niebüll auch den Namen „Westermoor“ Sturmflut heimgesucht. Die westlich des erhalten können. In der Tat wurden beide Risummoores gelegene Landbarriere, die von Namen mehrere Jahrhunderte durch neben- Fahretoft bis Klanxbüll reichte, war nach der einander gebraucht. Das belegen Urkunden Flut an mehreren Stellen durchbrochen. bis ins 18. Jahrhundert hinein. Der Begriff 215 1362 » Volksbank Niebüll » „Moor“ geriet nicht ganz in Vergessenheit. nach Emmelsbüll gezogen wurde. Mit diesem Man findet ihn heute in der Bezeichnung der Deichbau war eine dauernd passierbare Ver- friesischen Mundart, der hiesigen „Mooringer bindung zur Wiedingharde hergestellt. Mundart“. Der Gotteskoogdeich bewirkte, dass sich Das ältere Niebüll liegt auf hohen Dünen. Niebüll nun nach Westen ausdehnte. Die Land- Als die Dünenkette von Fluten durchbrochen wirte vergrößerten ihre Viehbestände. Wohl- wurde, verbanden die Bewohner die stehen stand kehrte ein. gebliebenen Dünenreste durch Deiche und Doch die Weihnachtsnacht des Jahres 1583 Dämme. Hinweise darauf fand man später brachte mit einer schweren Flut erneut einen bei Bauten, in deren Grund weißer Dünensand Rückschlag. Der Gotteskoogdeich brach in mit Kleierde vermischt war. der Nähe Niebülls. Dabei entstanden die Weh- Alt-Niebüll ist auf der Seite der Fangwege len. Nachdem der Gotteskoog nach dieser zu finden, die früher Wangwege genannt wur- Flut zehn Jahre unter Wasser lag, entschlossen den, weil die „Wange“ in die Feldflut des Korn- sich die 3 Harden (Böking-, Karr- und Wie- kooges führten. Westlich der Hauptstraße dingharde) die Deichlücken zu schließen. gab es damals kleine Häuser, mit Ausnahme Die Weihnachtsflut blieb für Niebüll nicht auf der hohen Düne, auf der später die Volks- ohne Folgen. Der hiesige Amtmann beschrieb schule erbaut wurde. Die Landwirtschaft hatte die damalige Situation in einem Bericht an sich im Kornkoog angesiedelt. Im westlichen den König so: „Was die vier großen, auch andere Vorland wurde ebenfalls gegräst oder Heu kleinen Wehlen und zerschlagenen Deiche für gewonnen. Schaden an Korngewächs, Viehzucht und Acker- Das Risummoor, das durch die Flut von 1362 bau diesem Amt zugefüget, ist nicht auszuspre- zur Insel wurde, wurde in den folgenden Jahr- chen, aber bei den armen Leuten wo vorher hunderten nach und nach wieder landfest. reich, jetzt so arm und an den Bettelstab fast Erste feste Landverbindung von draußen war geraten, genugsam zu erspüren.“ der Damm von Kremperhaus nach Klixbüll, Wegacker genannt. Die Zeit heilte die schweren Wunden. Im Dem Klixbüller Deich folgte ein weiterer Dreieck zwischen dem Gotteskoogdeich und Damm nach Stedesand, der den Namen Bro- Deezbüll bildete sich bald hohes Vorland. Um weg erhielt. Während der Broweg von den die Wende des 17. Jahrhunderts entstanden Lindholmern und Risumern unterhalten wur- der neue und alte Christian-Albrechts-Koog. de, fiel die Unterhaltung des Wegackers den Das Meer, das wenige Jahre zuvor noch die Niebüllern und Deezbüllern zu. Der Bau des Straßen und Wege Niebülls überspült hatte, Klixbüller Deiches (heute B 5) wird um 1456 war bis nach Deezbüll-Eck zurückgedrängt. vermutet. Dieser Deich war 100 Jahre lang Südöstlich folgten weitere Deichbauten. Mit Außendeich. der Eindeichung des Kleiseerkooges (1727) Von 1562 bis 1566 wurde der Gotteskoog eingedeicht, indem ein Damm von Süd-Niebüll 216 war das alte Risummoor wieder völlig von Land umgeben. » Volksbank Niebüll » Die Landgewinnung hatte für die seemän- Die Niebüller gehörten zum Amt Tondern nische Bevölkerung Niebülls und Deezbülls und waren Untertanen des Herzogs von Got- Folgen. Nachdem die Häfen von Deezbüll-Eck torf, der sich im 30-jährigen Krieg neutral und Maasbüll noch bis 1700 angelaufen worden hielt. Das nützte ihm jedoch wenig. Von 1627 waren, gingen sie nun ein. Die Leute mussten bis 1629 war das Land von Wallensteins Söld- sich umstellen. Die Deezbüller Seeleute ließen nern besetzt. Die Bewohner mussten Tribute sich einst, bevor sie auf große Fahrt gingen, zahlen und Lebensmittel für das Heer liefern. in das Kirchenbuch eintragen. Sie brachten Nachdem 1629 Friedensverhandlungen zwi- der Kirche Opfer, um den Preis einer Fürbitte. schen den Dänen und den Kaiserlichen geschei- Das Kirchenbuch hielt neben dem Namen tert waren, landeten die Dänen bei Deezbüll- auch das Fahrtziel fest. Eck. An der dortigen Schanze kam es zu Zwischen 1697 und 1703 begaben sich Kämpfen, bei denen 14 Krieger fielen und am 57 Deezbüller auf See, mehr als die Hälfte der Deichfuß begraben wurden. Der Lübecker männlichen Bewohner des Dorfes. 38 von Frieden beendete zwar die Kämpfe, aber nicht ihnen waren auf Walfang vor Grönland, die den Krieg. anderen mit holländischen Kauffahrern auf Von 1643 bis 1645 war das Land wiederum dem Weg nach Westindien, damals noch däni- besetzt, diesmal von den Schweden, die min- sche Kolonie. Einige von ihnen fuhren nach destens ebenso gehaust haben sollen wie die Ostindien oder kürzere Fahrten, wie nach Kaiserlichen. Sie pressten Geld und Lebens- Hamburg oder in die Ostsee. Die Seeleute mittel heraus. Einmal nahmen empörte Nie- waren fortan gezwungen, sich in der Land- büller einen schwedischen Quartiermeister wirtschaft oder in anderen Berufen umzu- gefangen und lieferten ihn den Dänen auf der sehen. Insel Föhr aus. Die Schweden rächten sich dafür, indem sie Niebüll mit Krieg überzogen. Die wohl schwersten Zeiten erlebten die Die Niebüller riefen daraufhin die Dänen zu Niebüller und Deezbüller um und nach dem Hilfe, um von diesen dann noch schwerer 30-jährigen Krieg. Zwar lagen beide Dörfer unterdrückt zu werden. Die Dänen befahlen abseits der großen Heerstraßen und es wirkte den Niebüllern sogar, 2 Kompanien „zu Pferde sich vorteilhaft aus, dass die Zuwegungen zur und zu Fuß“ aufzustellen. Neben dem Druck Bökingharde leicht zu versperren waren. der Dänen blieb die Verärgerung der Schweden Mehrere Schanzen, die kleine Kriegstrupps gegenüber den Niebüllern. Durch Vermittlung abwehren sollten, deuteten darauf hin. Eine des Herzogs sahen die Schweden schließlich Flur nahe der Brücke bei Broweg trägt heute davon ab, die Bewohner des Ortes mit „Feuer noch die Bezeichnung „Schanze“, eine andere und Schwert“ zu bestrafen. Eine Geldbuße bei Kremperhaus ebenfalls. Andere Erdbefes- genügte, um sie vollends zu befriedigen. tigungen gab es am Weg von Uhlebüll nach Das Leiden hatte noch lange kein Ende. Bosbüll und bei Deezbüll-Eck, wo Landungen 1655 kehrten die Schweden zurück. Diesen von See her verhindert werden sollten. folgten die Brandenburger unter dem großen 217 1655 1723 Das Geburtshaus von CarlLudwig Jessen in Deezbüll » Volksbank Niebüll » Kurfürsten, dann die Österreicher und die Schlagbäumen, die gut bewacht wurden. Polen. Diese Kriegszeit soll noch grausamer Immerhin gelang es, einzelne Seuchenwellen verlaufen sein, als jene zwischen 1618 und abzuwehren. Tierärzte gab es damals noch 1648. nicht. Wohl aber den „Schinder“ und dessen In die Zeit des 30-jährigen Krieges fiel zu Knechte, die die Kadaver verendeter Tiere fort- allem Unglück noch die zweite große „Man- zuschaffen hatten. Sie hatten viel Arbeit, bei dränke“ (1634), bei der 50 Deezbüller umkamen. der ihnen niemand half, weil Schinderarbeit 1700 folgte der Nordische Krieg. als unehrenhaft galt. Bis 1723 hatten sich die leidgeplagten Friesen 1783 endete die Zeit der Seuchen. Freilich aus der Bökingharde von den Kriegsfolgen folgte der nächste wirtschaftliche Schlag mit noch nicht erholt. Aber sie rafften sich, wie dem dänischen Staatsbankrott. Die Bewohner immer nach schweren Rückschlägen, wieder hatten 6 % von allem Besitz zur Abdeckung auf. Dank ihrer für damalige Verhältnisse fort- der Staatsschuld zu zahlen. In der Not wurde schrittlichen Landwirtschaft und qualitativ ein Friese erfinderisch. Nicht wenige Bewohner guter Viehbestände und des erfolgreichen an der Westküste kamen durch „Schleichhan- Handels mit den Holländern, bei dem Vieh, del“ zu einigem Wohlstand, von dem das eine Korn und Butter zu gefragten Handelswaren oder andere stolze Denkmal noch heute zeugt. zählten, gelangten sie bald wieder zum alten Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Niebüll Wohlstand. Allerdings blieb auch dieser in zwar nicht sprunghaft, aber umso stetiger Grenzen, weil sich lang anhaltende Viehseu- weiter. Die umliegenden Orte entwickelten chen einstellten und die heimische Gräser- sich zu typischen Bauerndörfern. In Niebüll wirtschaft beeinträchtigten. machten sich der Handel und vor allem das Um weitere Infektionen zu verhindern, Handwerk sesshaft, z. B. Schmiede, Radema- schützten die Bökingharder ihre Grenzen mit cher, Zimmerer, Dachdecker, Böttger, Reepschläger und Ziegeleien. Im Jahre 1833 ist der bekannte friesische Maler Carl-Ludwig Jessen in Niebüll-Deezbüll geboren. Seine Bedeutung liegt in der Schilderung der nordfriesischen Bauernkultur, die er in vielen bekannten Werken bis zum Jahre 1917 dargestellt hat. In den Außenbezirken des Ortes gab es damals nicht weniger als 13 Ziegeleien. Fast in jedem Haus wurde gesponnen, in jeder 4. oder 5. Stube war der Webstuhl in Gang. Jeder der Handwerker betrieb nebenher ein Zubrot, eine kleine Landwirtschaft, und hielt sich eine oder zwei Kühe. 218 » Volksbank Niebüll » 1870 Gemeinderatssitzung vor etwa 100 Jahren in Niebüll – Ölgemälde von Carl-Ludwig Jessen, Deezbüll. Frau Bendine Hemsen erhielt den Auftrag von dem Maler CarlLudwig Jessen, sehr oft mit dem Tablett mit Gläsern befüllt den Raum zu betreten, damit die rechte Hand und Ellenbogen von ihm richtig erfasst werden konnten. v.l.n.r.: Paul-Peter Karstensen, Sievert Axen, Christian Edlef, Richard Sönnichsen, Hans Mommsen, Johann-Hinrich Ingwersen, Jens Lützen, Ingwer Karstens, Adolf Johannsen, Bendine Hemsen Die Bevölkerung war damals dreisprachig. die Fremde verband sich mit der Hoffnung, Im Umgang wurde friesisch gesprochen, in wirtschaftlich schneller voranzukommen und der Schule, Kirche und im Schriftverkehr eines Tages als reicher Mann heimkehren zu pflegte man das Hochdeutsche. Und man tat können. gut daran, auch dänisch zu können, nicht zuletzt wegen der Nähe zur dänischen Sprachgrenze, sondern auch wegen des regen Handels mit dem nördlichen Nachbarn. Und dänische Saisonarbeiter, die aus Jütland als Knechte und Mägde kamen, wollten hier in ihrer Muttersprache verstanden werden. Die Kirchenbücher berichteten, dass viele von ihnen hier sesshaft wurden, entweder durch Heirat oder durch Handwerk, in dem sie sich selbstständig machten. Den Zuwanderungen aus dem Norden standen die Auswanderungen von Friesen in die USA und nach Australien gegenüber, die um 1850 begann und bis 1900 anhielt. Der Weg in 219 Niebüll um 1900: vorne der Kleinbahnhof, im Hintergrund der Staatsbahnhof 1884 » Volksbank Niebüll » der auch 8 Personen mitreisen konnten. Der Wagen nach Tondern fuhr um 3:30 Uhr morgens ab. Reisende hatten Anschluss an die Bahn von Tondern nach Tinglev. Wer in den Süden wollte, musste diesen Weg wählen. In Tinglev hatte er nämlich Anschluss nach Flensburg. Der Bau der Marschenbahn 1884 schuf eine völlig neue Situation. Niebüll fand Anschluss an die „große Welt“ und nahm wirtschaftlichen Aufschwung. Wenig später folgte der Bau der Querbahn nach Flensburg und der Kleinbahn Niebüll-Dagebüll. Vollständig wurde das Eisenbahnnetz in der Nordregion, als 1927 der HinPferdemarkt in Niebüll In der Uhlebüller Straße Die Infrastruktur blieb lange Zeit im Argen. denburgdamm fertig gestellt war. Straßen und Wege waren im Winter und Niebüll behielt seinen dörflichen Charakter Herbst kaum passierbar. Die Niebüller Haupt- noch lange. Um 1870 gab es mit Ausnahme straße wurde zwischen 1862 und 1866 gebaut der hartbedachten Schmieden nur 3 Häuser und mit viel Mühe und hohen Kosten gepflas- mit einem Ziegeldach, das des Physikus, des tert. Tierarztes und des Amtsrichters. Gebäude, die Handelsverbindungen nach außen wurden in der Folgezeit abbrannten, wurden mit einem mit Frachtwagen hergestellt, die ein- bis zwei- Ziegeldach wieder aufgebaut. Die großen bauli- mal die Woche zwischen Niebüll, Flensburg, chen Veränderungen erfolgten erst nach 1920, Bredstedt und Dagebüll verkehrten. Nach Ton- als Niebüll sich zum Kreisort entwickelte. dern bestand eine tägliche Verbindung, mit Zum Status als Kreisort kam Niebüll nach einer Volksabstimmung. Wichtige Folgeerscheinung war der Umzug zahlreicher Behörden, für die Amtsräume und -gebäude entstanden. Die neue „Beamtenstadt“ hatte aber auch Wohnraumbedarf. Alwin Lensch rief die Siedlungsgenossenschaft ins Leben. Sein Werk wuchs zu einem Stadtteil im Westen Niebülls, den der Volksmund immer noch die „Siedlung“ nennt. Der zweite Weltkrieg brachte Niebüll nach seinem Ende weiteren Bevölkerungszuwachs. Die Gemeinde, die seit 1960 Stadt ist, wusste 220 » Volksbank Niebüll » den Zwängen und Erfordernissen der Zeit mit die um die Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem Ruhe und Bedacht zu begegnen. Spontane darunter litt, dass es keine Banken in Deutsch- Entwicklungen gab es in diesem Ort nie. Alles land gab, die ihr Betriebskredite hätte geben hat sich in allmählichem Wachstum geformt. können. Aus diesen Überlegungen entstand Niebüll wusste auch den Verlust der Kreis- schließlich das Prinzip der Selbsthilfe. verwaltung zu verschmerzen. Die Stadt ver- Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbst- stand es, aus ihrem neuen Status als zentraler verwaltung wurden schließlich zu Grundsätzen Ort etwas zu machen. seiner Idee, die sich das gewerbliche Genos- Im Zuge eines städtebaulichen Förderpro- 1885 senschaftswesen zu Eigen machen sollte. gramms gelang es ihr, nach 25-jähriger Warte- Vor Gründung der Kreditgenossenschaft exis- zeit ein neues Rathaus zu errichten. Rund um tierte am Ort nur eine Privatsparkasse für Nie- dieses Rathaus entwickelte sich der neue büll, Deezbüll und die Christian-Albrechts-Köge. Stadtkern, um den sich zwar ein völlig neues, Das kleine Institut konnte die Nachfrage nach aber gleichwohl an alten Werten orientiertes Betriebsmittelkrediten bei weitem nicht befrie- Niebüll artikulierte. digen. Die gesamte Wirtschaft litt stetig unter Sie hat eine enorme Entwicklung vernom- akutem Geldmangel. Geld kam damals nur ein- men, die Stadt auf dem 3.000 ha großen Areal, mal jährlich in Bewegung, zum 1. November, auf dem heute ca. 9.300 Menschen leben. wenn die Arbeiter ihren Jahreslohn erhielten. „Klein aber fein, und blitzsauber dazu“ kann Ein Großteil der übers Jahr erbrachten Leistungen man von dieser Stadt sagen, in der Handel, und Lieferungen wurde nicht in bar gezahlt. Handwerk und Gewerbe ebenso gut florieren Die Rechnungen blieben liegen, oder wurden wie der Dienstleistungsbereich. nur um den 1. November geschrieben. Fehlendes Kapital führte unter Handwerkern, Gewerbetreibenden und Bauern nicht selten Die genossenschaftliche Idee – Gründung des Creditvereines zur Volksbank Am 6. Oktober 1885 gründeten 46 Bürger des Marktfleckens Niebüll und dessen naher Umgebung eine Kreditgenossenschaft, aus der die Volksbank hervorgegangen ist. Sie folgten der Idee des Kreisrichters Hermann Schulze aus dem sächsischen Handwerkerstädtchen Delitzsch, der kleinen Gewerbetreibenden Auswege aus der allgemeinen Kreditnot aufgezeigt hatte. Schulze-Delitzsch hatte die Nöte der mittelständischen Wirtschaft erkannt, 221 Hier fing es einmal an 1901 » Volksbank Niebüll » zu zeitweiser Not, und der Bedarf an Fremdka- dieses zukunftsweisenden Schrittes zählte der pital war auch an jenen Tagen beachtlich. Die Kaufmann Janne Jannsen und der Auktionator Landwirte benötigten es zum Viehgräsen, das Hinrich Hinrichsen. Gewerbe zur Bezahlung der Lieferungen über die hereingekommenen Versorgungsgüter. Die Niebüller wurden hellhörig, als ihnen Den ersten Vorstand bildeten folgende Personen: > I. Neugebauer, Direktor, Niebüll der Husumer Bürgermeister Emanuel Gurlitt > Thygo Ingwersen, Kassierer, Niebüll Wege wies, wie dieses Dilemma beseitigt wer- > Hinrich Hinrichsen, Kontrolleur, Niebüll den könnte. Gurlitt war damals Vorsitzender der Vereinigung Schleswig-Holsteinischer Kre- Zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählten die Mitglieder Janne Jannsen. ditgenossenschaften. In ihrem Auftrag reiste er landauf / landab, um die Bürger – vor allem Das Kassenlokal wurde im Geschäftshaus aber den lokalen Kommerz – über die Mög- des Kaufmannes Thygo Ingwersen eingerichtet lichkeiten, die das in jenen Tagen schon relativ (später Haus Grodrian). Nachdem Janne Jann- weit verbreitete gewerbliche Genossenschafts- sen einige Jahre später die Aufgabe des Kas- wesen bot, aufzuklären. sierers übernahm, folgte der Creditverein mit So kam es wenig später zur Gründung einer den Kassengeschäften in dessen Haus an der Genossenschaft, die den Namen „Niebüller Hauptstraße 81, das bis 1962 Bankhaus der Creditverein eGmuH“ erhielt. Dem Credit- Volksbank blieb. Das Gebäude wurde nach verein traten 46 Bürger bei. Zu den Initiatoren Errichtung des Neubaues in der Hauptstraße 58 222 » Volksbank Niebüll » Betriebs- und Geschäftshaus der Druckerei Niebüll eGmbH“. Später firmierte die Volksbank Johannes Klink, bis 2011 beherbergte das ein- nur unter dem haftungsrechtlichen Etikett „eG“, stige Bankgebäude die Praxis des Arztes für als „eingetragene Genossenschaft“. Orthopädie Eckard Schermuly. 1917 Nach den ersten drei Jahrzehnten stetiger Der in der Hauptstraße 58 befindliche Neu- Entwicklung als Partner im Dienste der hei- bau der Volksbank wurde auf dem Grundstück mischen Wirtschaft folgte mit dem ersten der früheren Gärtnerei der Geschwister Tilli, Magda und Maria von Eitzen errichtet. Bis weit in den ersten Weltkrieg hinein war der Niebüller Creditverein eine „eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht“. Am 17. November 1917 erfolgte die Umwandlung der „eGmuH“ in eine „Genossenschaft mit beschränkter Haftung“. Zu seinem Namen kam das genossenschaftliche Bankunternehmen erst am 29. März 1939. Im Zuge der Vereinheitlichung Schulze-Delitzscher Kreditgenossen- Janne Jannsen schaften erhielt sie den Namen „Volksbank 223 1923 » Volksbank Niebüll » terherlaufen zu müssen und weil Hartgeld von den Leuten gesammelt wurde, erfanden sie das „Niebüller Notgeld“, das in der kleinen Region um den Marktort die Millionen, Milliarden und Billionen ersetzte, die in Wäschekörben herangetragen werden mussten, um kleine und kleinste Leistungen bezahlen zu können. Ende November 1923 trat der vollständige Zusammenbruch der Reichsmarkwährung ein. Die damalige Bilanz der Volksbank (Niebüller Creditverein) wies phantastische Zahlen aus. Das Vermögen der Bank wurde in Gold- und Papiermark unterschieden. Das Goldvermögen betrug am 31.Dezember 1923 20.989,35 Goldmark, das Papiervermögen kletterte auf eine kaum vorstellbare Zahl von 10.489.349.752.005.002,13 Reichsmark. Im Klartext waren das: 10 Billiarden 489 Billionen 349 Milliarden 752 Millionen 5 Tausend 2 Mark und 13 Pfennige. Die Bankbücher konnten derartige Zahlen nicht mehr aufnehmen. Abgesehen von der Bewältigung der Geldpapierberge, mussten alle diese Zahlen von Hand gebucht und im Kopf addiert werden. Die Haftsumme belief sich während dieser Weltkrieg der erste große Rückschlag. Die Zeit auf 5.270.000,– RM, die damals jedes der Kriegsfolgen mit der totalen Geldentwertung 340 Mitglieder bei der Bank zu hinterlegen bekam auch die Volksbank zu spüren. hatten. Im Jahr zuvor hatte die Haftsumme Da die Niebüller bei der Gründung ihrer Volks- pro Mitglied „nur“ 648.000,– RM betragen. bank das Prinzip der Selbsthilfe sehr wohl Diese wohl schwärzeste Episode endete mit erkannt hatten, zeigten sie sich auch in der der Einführung der neuen, stabilen Rentenmark. nun einsetzenden Not erfinderisch. Um der Die neue Währung bewirkte eine vorüber- galoppierenden Geldentwertung nicht erst hin- gehende Normalisierung der Wirtschaft. 224 » Volksbank Niebüll » Aber ausgelöst durch die Weltwirtschafts- Deumer, der den Genossenschaften Anerken- krise 1929 in den USA ging es bis 1931 wieder nung dafür aussprach, dass sie die Erschütte- steil bergab. In dem Begleittext zum Geschäfts- rungen des deutschen Kreditsystems im bericht war von „einem der schwersten Jahre, Wesentlichen aus eigener Kraft überstanden das die Wirtschaft seit Generationen erlebte“, hätten. Der im Genossenschaftswesen ver- die Rede. wirklichte Gedanke einer wechselseitigen Die Jahre seit der Inflation hatten sich als Hilfsbereitschaft hatte sich gerade während Jahre der Scheinblüte entpuppt. Die Wirt- wirtschaftlicher Schwierigkeiten der zurück- schaftskrise war auch zu einer Krise der Banken liegenden Jahre als im Kern gesund erwiesen. geworden. 1938 Das durfte auch die Niebüller „Kreditgenos- Bis 1933 hatte der Kaufmann Ludolph Deth- senschaft“ für sich in Anspruch nehmen. Sie lefsen der Volksbank 40 Jahre treu gedient. trug wesentlich dazu bei, dass sich das Gemein- Dethlefsen bewältigte nicht nur die Vorstands- wesen Niebüll in seiner Entwicklung deutlich geschäfte; er zeigte auch wirtschaftliche Ini- sichtbar nach oben orientierte. tiativen. Zusammen mit dem Aufsichtsrats- Die Entwicklung der Volksbank erlebte mit mitglied Alwin Lensch, damals Rektor der dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges erneut Volksschule in Niebüll, war er maßgeblich an einen Einbruch. Gründung und Aufbau der „gemeinnützigen Die beiden Vorstandsmitglieder Johann Kleinsiedlung für Niebüll, Deezbüll und Umge- Ludolph Dethlefsen und Johannes Nissen wur- bung eGmbH“ beteiligt. den zum Wehrdienst einberufen. An ihre Stelle Der Kreisort Niebüll hatte in jenen Jahren traten als Stellvertreter für die Dauer des Krie- das Problem der Wohnungsnot anzupacken. ges August und Otto Christiansen. Es sollte Es war ausgelöst worden durch den Zuzug nach Kriegsende noch drei Jahre dauern, bis und die Bildung von Kreis- und anderen Dienst- die „Neuzeit“ begann. Sie wurde mit der Wäh- stellen, die sich nach der Abstimmung am Ort etabliert hatten. Begannen die 30er Jahre mit schweren Krisen für Wirtschaft und Banken, so zeigte sich, dass der Bürger das Vertrauen in die von ihm getragenen Selbsthilfeeinrichtungen behielt. Gleichwohl galt das für die Genossenschaftsbanken. Im Dezember 1933 beschäftigte sich der Untersuchungsausschuss für das Bankwesen u.a. eingehend mit den Aufgaben der Kreditgenossenschaften. Das Ergebnis dieser Untersuchung mündete in den Feststellungen des damaligen Reichsbankdirektors Dr. Robert 225 Hauptstraße in Alt-Niebüll 1948 » Volksbank Niebüll » verzeichnen. Das Nordfriesland Tageblatt berichtete über die in Niebüll stattgefundene Generalversammlung der Volksbank des Wirtschaftsjahres 1974. Der Geschäftsbericht wurde von dem damaligen Vorstandsmitglied Lewe Petersen erstattet. Der Hauptschwerpunkt lag in den enormen Steigerungsquoten bei den Spareinlagen. Für die Kreditnachfrage wurde lediglich eine zögernde Nachfrage den Mitgliedern bestätigt. Zwischen Vergangenheit und Zukunft Vom Grundgedanken her hat sich auch bis zum Jubiläumsjahr des Jahres 1985 an den Zielen der Volksbank nichts geändert. Trotz der Zwänge, die ein dynamisches Wirtschaftsgefüge immer wieder aufbaut und die Banken zwingt, Schritt zu halten, folgte das genossenschaftliche Unternehmen immer noch seinem Leitmotiv, das da heißt „Im Dienste der heimischen Wirtschaft“. Über den selbst auferlegten Zwang hinaus, getreu dem § 1 des Genossenschaftsgesetzes „Mitglieder und Wirtschaftsunternehmen zu rungsreform eingeläutet, die am 21. Juni 1948 fördern“, sind Volks- und Genossenschafts- in Kraft trat. banken zunehmend zur „Bank der kleinen Im Jahre 1948 wurde zweimal bilanziert. Leute“ geworden. Die Vergangenheit endete mit einer Bilanz- In der Tat zählte der „kleine Mann“ zu den summe von 4.697.244,– RM am 20. Juni 1948. nicht zu unterschätzenden, wenn nicht gar Die Neuzeit begann mit einer Bilanzsumme wichtigsten Kunden. Beleuchtet man die Struk- von 352.428,– DM. Der Volksbank gehörten tur der nach dem Stand von 1985 herausge- damals 304 Mitglieder an. gebenen Kredite, so dominierten derzeit die In der Folgezeit konnte die Volksbank Niebüll Unselbstständigen, die Arbeiter, Angestellten stets ein überdurchschnittliches Wachstum und Beamten sowie Pensionäre. An zweiter 226 » Volksbank Niebüll » Stelle folgten die freien Berufe und sonstigen Sie war ein guter mittelständischer Arbeitgeber, Wirtschaftsunternehmen, vor dem Handel, Treue wurde immer groß geschrieben. Zum der Landwirtschaft und dem Handwerk. Die Kreis der Langgedienten zählen nachstehende nachstehende Tabelle deutet dies exakt an: Personen: > Ludolph Dethlefsen Berufsstand DM in Mio. Prozent Unselbstständige Arbeiter/ Angestellte/Beamte/Pensionäre 18,4 32,4 % freie Berufe und sonstige Wirtschaftsunternehmen 13,5 23,7 % Handel 10,7 18,8 % Landwirtschaft 9,4 16,6 % Handwerk 4,9 8,5 % Gesamtkreditvolumen 56,9 100 % 1985 1893–1933 > Johann Ludolf Dethlefsen (Sohn v. Ludolph Dethlefsen) > Johannes Nissen 1933–1972 1939–1972 Diesem Kreis ist auch Lewe Petersen zuzurechnen, der am 2. September 1952 in den Vorstand gewählt wurde und mit Ablauf des Monats September 1985 in den Ruhestand trat. Das genossenschaftliche Selbsthilfeprinzip Der damalige Stamm der Mitarbeiter waren dokumentierte sich darin, dass die Volksbank „Insider“, die Land und Leute kannten, mit im reinen Dienstleistungsbereich seine Gebüh- ihnen zu reden wussten, in platt- und hoch- ren kostendeckend berechnete. So wurde bei- deutscher Sprache, teilweise in friesischer spielsweise aus den Buchungsgebühren kei- und englischer Sprache. Das Personal der nerlei Profit erzielt. Volksbank war damals wie folgt aufgeteilt: Das Verhältnis zwischen Mitgliedern und > Schalterhalle 9 Mitarbeiter Kunden auf der einen und der Bank auf der > Kreditabteilung 4 Mitarbeiter anderen Seite war von wechselseitigem Geben > Hauptkasse 1 Mitarbeiter und Nehmen bestimmt. Die Volksbank hielt > EDV 1 Mitarbeiter enge Verbindungen zu ihren Mitgliedern, arbei- > Innenrevision 1 Mitarbeiter tete mit ihnen zusammen. Der Begriff „Kun- > Registratur 2 Mitarbeiter dennähe“ wurde wörtlich gelebt. Über den > Hauptbuchhaltung 3 Mitarbeiter Banktresen wurden nicht nur geschäftliche, sondern auch menschliche Bande geknüpft. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Volksbank und Mitglieder kannten einander. Das gute Verhältnis zwischen beiden Parteien erfuhr auch dann keinen Einbruch, wenn die Spielregeln einmal dem persönlichen Bedürfnis des Menschen „auf der anderen Seite des Tresens“ entgegenstanden. Die Volksbank begann ihren Weg mit 3 Mitarbeitern, 1957 waren es 12 und im Jubiläums jahr 1985 beschäftigt die Volksbank 21 Personen. 227 Die Buchhaltung der Volksbank im Jahre 1985 1985 » Volksbank Niebüll » Die Belegschaft im Jubiläumsjahr 1985 Obere Reihe von links: Jürgen Thomas, Claus Moritzen, Stefan Thomsen, Jonny Nissen, Helge Jensen, Boy Tetens, Hans-W. Christiansen, Thomas Petersen. Mittlere Reihe von links: Karin Stender, Marina Ott, Bettina Fritzsche, Kirsten Petersen, Ute Petersen, Wiebke Petersen, Ellen Pudschun, Silke Lorenschat, Regina Paulsen, Anne Steensen, Johann-Heinrich Dusilek. Untere Reihe von links: Ute Ingwersen, Heinrich Carstensen, Lewe Petersen, Werner Laabs, Heinrich-Günter Oldsen, Ilse Hansen. Der Aufsichtsrat im Jubiläumsjahr 1985: Von links: Hans Jürgen Böttger, Uwe Schnepel, Peter Ebsen, Ammon Momme, Gustav August Heidbrede und Thomas Storm Hinzu kamen die damaligen Vorstandsmit- Es erscheint nur selbstverständlich, dass glieder Werner Laabs und Ludwig Andresen. sich eine Belegschaft wie eine Familie fühlte. Die Besetzung des Aufsichtsrates spiegelte in Bei der Volksbank war das Verhältnis unter etwa auch die Struktur der Mitglieder wieder. den Mitarbeitern gut „familiär“ ausgeprägt. Die Hälfte der Mitglieder waren Arbeitnehmer, Jeder fühlte sich verantwortlich für das Unter- 30% Selbstständige Gewerbetreibende (Kaufleu- nehmen. Alle zogen an einem Strang. Das gute te und Handwerker) und 20 % Landwirte oder Vertrauensverhältnis äußerte sich nicht zuletzt eng mit der Landwirtschaft verbundene. in den Betriebsversammlungen und Mitarbeiterbesprechungen, bei denen alle dabei und stets aufgefordert waren „Beifall und Pfiffe“ zu äußern, zu kritisieren, Vorschläge zu machen. Der gute Zusammenhalt unter den Mitarbeitern setzte sich fort bei außerbetrieblichen Anlässen wie Hochzeiten, Jubiläen, Richtfesten und anderen Anlässen. Bei der Volksbank bestand ferner eine Lottogemeinschaft, die sich wie andere auch wünschte, einmal auf privatem Wege an das „große Geld“ zu kommen. Die Mitarbeiter nahmen über ihre Pflichten hinaus die Gelegenheit zu beruflicher Weiterbildung wahr. Einige von ihnen hatten bereits 228 » Volksbank Niebüll » 1985 damals das Diplom des Bankfachwirtes erreicht. Nächste Institution zur Weiterbildung war die damalige Raiffeisenschule in Rendsburg (heute: GenoAkademie). Auf Bundesebene wurde die Akademie Deutscher Genossenschaften in Montabaur für Lehrgänge, die für die Qualifikation der einzelnen Bankfachleute erforderlich waren, in Anspruch genommen. Die Volksbank gehörte dem Nordwestdeutschen Genossenschaftsverband SchultzeDelitzsch e.V. in Hamburg und dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken e.V. in Bonn an. In Zusammenarbeit mit dem Nordwestdeutschen Genossenschaftsverband Dächern. Und zwar wurden die gesetzlichen Prüfungen im Institut > 1885–1895 im Hause Uhlebüller Straße 1 jährlich durchgeführt. > 1895–1962 in der Hauptstraße 81 Der Bundesverband informierte seine Mit- > 1962–2000 in der Hauptstraße 58 glieder über Rechtsfragen sowie über Fragen Der für eine Bausumme von 1,1 Mio.DM im der Weiterbildung. Durch weitere Mitglied- Jahre 1962 auf dem früheren Grundstück der schaften dokumentierte die Volksbank ihre Geschwister von Eitzen errichtete Neubau Bindungen zu weiten Bereichen des öffent- wurde im Jahre 1985 umgestaltet und renoviert. lichen Lebens, zu Wirtschaft, Kultur, Sport Die Umbaukosten betrugen rund 750.000,– DM und Sozialem. und wurden ausnahmslos an Handwerker- Die Volksbank Niebüll war Mitglied der In- Kundendienst im Jahre 1985 am damals modernen AKT Kunden der Volksbank vergeben. Für weitere dustrie- und Handelskammer Flensburg, der Handelskammer- und Gewerbevereine Niebüll und Leck, des Handwerker- und Gewerbevereins Risum-Lindholm, der Haus- und Grundstückseigentümervereine Niebüll und Leck, des Verschönerungsvereins Leck, des Vereins Naturkundliches Heimatmuseum Niebüll, des Nordfriesischen Schützenkorps Niebüll/Deezbüll und Umgebung, der Freiwilligen Feuerwehren Niebüll, Deezbüll und Leck sowie des Fremdenverkehrsvereins Niebüll. Die Volksbank arbeitete an ihrem Sitz in Niebüll bis zum Jubiläumsjahr 1985 unter drei 229 Die neue Schalterhalle im Jahre 1985 1985 » Volksbank Niebüll » zu neuen und zukunftsorientierten Konzepten. In dem durch die Einbeziehung früherer Geschäftsräume (früher das Blumengeschäft von Gmelin, später der Scan-Shop) vergrößertem Erdgeschoss konnte die Schalterhalle erheblich vergrößert werden. Im Wesentlichen wurde die Gliederung in einen Servicebereich nach Kundennummern unterteilt. Für das vertrauliche Gespräch standen gesonderte Räume zur Verfügung. Kernstücke der beiden Servicebereiche waren die automatischen Kundentresore (AKT), die im Geldverkehr ebenso für mehr Sicherheit sorgten wie die separat am Westende der Schalterhalle lieDie alte Volksbank in der Hauptstraße 81 im Jahre 1962 450.000,– DM wurden Einrichtungsgegenstände gende Hauptkasse. Die Geschäftsausstattung und Technik in dem Bankgebäude installiert. wurde von der Firma „Selecta“, einer Spezial- Es entstanden zwei neue Eingangsbereiche firma für Bankeinrichtungen, geliefert. am Westersteig und an der Hauptstraße und Der Schalterhalle schlossen sich zu gleicher eine neue Schalterhalle, der sich gleichfalls Ebene die Vorstandszimmer, die Kreditabtei- neu gestaltete Büroräume anschlossen. lung, Innenrevision, EDV, Registratur und Der Fortschritt im Bankwesen machte auch vor der Volksbank nicht halt und zwang sie Hauptbuchhaltung an. Im Obergeschoss des Gebäudes war neben dem Sitzungszimmer die Wohnung des Hausmeisters sowie Räume, vermietet an eine Naturheilkundepraxis. Auf das übrige Gebäude verteilten sich die üblichen Funktionsräume, ferner der im Keller befindliche Aufenthaltsraum für das Personal. In diesem Raum fanden außer Besprechungen auch die jährlichen Weihnachtsfeiern statt. Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurden beide Eingangsbereiche durch neue Vorbauten völlig umgestaltet. Nach den Plänen des Architekten Herbert Friis aus Niebüll entstand ein Umbauphase der Volksbank 1985: Während der Umbauarbeiten hatte die VB ihr Domizil vorübergehend im alten Rathaus Konzept, das von der Grundform der Gebäudearchitektur völlig abweicht. Gedanklich war beabsichtigt, mit diesem Konzept eine Brücke in die Zukunft zu schlagen. 230 » Volksbank Niebüll » 1896 Bei vielen Kunden stieß die damalige Formgebung der Eingangsbereiche keineswegs auf Zustimmung. Niebüller haben sich stets konservativ gegeben und neues immer kritisch aufgenommen. Die gläsernen Vorbauten gewährten sowohl den Blick nach innen als auch nach außen. Notizen aus der Vergangenheit > Amtliche Organe der Volksbank und des früheren Creditvereins waren die „Nordfriesische Rundschau“, der „Deutsche Reichsanzeiger“, die „Südtondernsche Zeitung“ und das „Südtondern Tageblatt“, das heutige Nord- dann in Funktion, wenn über Kreditanträge friesland Tageblatt. Es genügte damals, die zu beschließen war. Mitglieder zu den Versammlungen per „Annon- Die Kommission wurde von Zeit zu Zeit ce“ einzuladen. So war es früher auch üblich, gewählt. Ihre Mitglieder wechselten turnus- der Generalversammlung des Creditvereins mäßig. Die „Commission“ nahm ihre Aufgabe ein Exemplar der „Nordfriesischen Rundschau“ äußerst genau, galt es doch durch richtige vorzulegen – zum Zeichen, dass die Versamm- Einschätzungen der Kreditnehmer Schaden lung ordnungsgemäß einberufen war. von der Genossenschaft abzuwenden. Auf > Der Schriftführer einer Versammlung ihre Hinweise stützte sich letztlich der Vor- wurde einst „per Acclamation“ bestimmt. Er stand, der entschied, ob einem Antrag zuzu- unterzeichnete die von ihm gefertigten Pro- stimmen war oder ob er abgelehnt wurde. tokolle mit dem Zusatz „p.A.“ Mit ihm unter- Gelang es einem Antragssteller nicht, „gute schrieben das Protokoll die anwesenden Vor- Bürgen“ zu benennen, so hatte er es schwer, stands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie an das Geld des Vereins zu gelangen. einige Mitglieder aus der Versammlung. > Im Jahre 1896 erhielt der Direktor des Creditvereins ein Gehalt von > In den Kriegsjahren 1914 bis 1916 gewährte der Creditverein jährliche Kriegsbeihilfen von jährlich je 1.500,– RM. In den Folgejahren zeichnete 400,– Mark. Dem Kontrolleur wurde 1901 ein sie Kriegsanleihen zu einem Zinsfuß von 5% Jahresgehalt von 1.200,– Mark gewährt. Über und zwar 1916 über je 10.000,– RM und 1917 das Gehalt beschloss die Mitgliederversamm- über je 20.000,– RM. lung. > Am 17. November 1917 wurde der Credit - > Eine wichtige Rolle spielte seit jeher die verein auf Beschluss der Mitgliederversamm- „Einschätzungskommission“. Sie trat vor allem lung in eine Genossenschaft umgewandelt. 231 Das Volksbankgebäude nach Umbau 1934 » Volksbank Niebüll » ein Mitglied dieses Gremiums auf seine Wiederwahl, woraufhin die Generalversammlung ihrerseits keinen Nachfolger wählte. August Karstensen erwarb sich das Vertrauen der Mitglieder und wurde in der Folgezeit noch dreimal wiedergewählt. > Heinrich Schmicker war in seinen besten Jahren einer der bedeutendsten Persönlichkeiten in Niebüll. Von Beruf Bauunternehmer, schuf er viele markante Bauten in dem damals aufstrebenden Ort. So erbaute er u.a. den Bahnhof Niebüll und den Neugalmsbüller Kirchturm. Schmicker war auch der letzte ehrenamtliche Gemeindevorsteher (Bürgermeister) der Gemeinde Niebüll. Vorstand und Aufsichtsrat früherer Tage: Oben von links: August Karstensen, August Christiansen, Samuel Raffelhüschen, Hans-Jürgen Dierks, Iwer Ebsen, Otto Christiansen Unten von links: Matthias P. Ingwersen, Magnus Ebsen, Boy Erich Hansen und Ludolph Dethlefsen > Am 18. März 1919 kaufte die Genossen- > Laut Gesellschaftsvertrag vom 16. Oktober schaft das Gewese des Kassierers Ludolph 1885 (Gründungsdatum der Volksbank) erhielt Dethlefsen zu einem Preis von 32.000,– RM. der Niebüller Creditverein den Status einer Der Kaufvertrag, dem die Mitgliederversamm- „eingetragenen Genossenschaft mit unbe- lung zustimmte, trat am 1. April 1919 in Kraft. schränkter Haftpflicht“ (eGmuH). Am 17. No- > Am 22. März 1934 wurde August Karstensen vember 1917 erfolgte die Umwandlung in eine auf Vorschlag der NSDAP in den Aufsichtsrat „eingetragene Genossenschaft mit beschränk- berufen, der sich zu diesem Zeitpunkt von ter Haftung“. In den Gründerjahren mussten bisher 9 auf 10 Mitglieder erhöhte. Dies galt die Vorstandsmitglieder und teilweise auch jedoch nur für ein Jahr. Im Folgejahr verzichtete die Mitglieder des Aufsichtsrates eine Sicherheit von mehreren Hundert bzw. Tausend Reichsmark hinterlegen. > Im Inflationsjahr 1923 belief sich der Genossenschaftsanteil auf 10.000,– RM, der Anteil sank dann 1924 auf 400,– Rentenmark ab. > Am 22. März 1934 schloss sich der Kreditverein (nun mit „K“ geschrieben) mit seiner Satzung inhaltlich den Musterstatuten des Deutschen Genossenschaftsverbandes an. Seit dem 21. Mai 1954 galt die Mustersatzung der Volksbanken und seit dem 24. März 1965 wieder die Mustersatzung des Genossen- Heinrich Schmicker schaftsverbandes. 232 » Volksbank Niebüll » 1901 Die Tagungslokale der Mitgliederversammlungen Das genossenschaftliche Element und das der Selbsthilfe sowie Selbstverwaltung schlug sich in den Tagungslokalen nieder, in denen sich die Mitglieder versammelten, um die Berichte des Vorstandes zu hören und Beschlüsse zu fassen. Die Entscheidungen, die den Weg des einstigen Kreditvereins und der späteren Volksbank vorzeichneten, fielen nach Feierabend in Kneipen, Gasthöfen und Hotels am Ort. Da die Wirte zuweilen auch in den Führungs- und oben: Gasthof Carstensen Aufsichtsgremien der Genossenschaft tätig waren, wurde das Lokal turnusmäßig gewechselt. Anfangs genügte oft ein kleiner Raum, da sich nur 15, 20 oder 25 Personen zu den jewei- Das Central-Hotel und spätere Landratsamt ligen Versammlungen einfanden. Seit Einführung des traditionellen Grünkohlessens in das Thamsens Hotel, rechts das Königliche Amtsgericht 233 1958 » Volksbank Niebüll » Das Landschaftliche Haus Programmwerk der Generalversammlung ist bei den Veranstaltungen ein volles Haus sicher. Zweig- und Zahlstellen der Volksbank Niebüll In der Liste der Lokale spiegelte sich auch ein wenig Ortsgeschichte wider. So fanden die Versammlungen einst bei Anthoni Cars- ihres Stammsitzes Niebüll präsent. tensen, bei August Markussen, bei Lauritz In Leck, wo es früher einmal eine eigen- Tammsen, in Boy Jessens Gasthof, im Wiener ständige Volksbank gab, wurde am 10. Juni Café, bei Wilhelmsen in Deezbüll, in Schröders 1958 eine Zweigstelle eingerichtet. Die Zweig- und Emil Langes Hotel, bei Matthias P. Ing- stelle wurde bis zum Jahre 2000 geführt und wersen, im Friesischen Haus bei Franz Eck, ab dem Jahr 2001 im Rahmen der Fusion mit bei Ludwig Boysen, Heinrich Hansen, Jakob der Raiffeisenbank Südtondern-Bredstedt/ Bossen, Cornils Nissen oder Johannes Kühl statt. Viele Gaststätten, die hier genannt sind, waren ein- und dasselbe Haus, das später unter Namen wie „Bökingharder Die Zweigstelle Leck (heute vermietet an Gemeinde und Gewerbetreibende) Die Volksbank war auch in der Umgebung Hof“, „Hotel Stadt Tondern“, „Hotel Bossen“, „Morgenstern“ oder „Landschaftliches Haus“ bekannt wurde. 234 » Volksbank Niebüll » Land eG zur VR Bank eG in Manufaktur Porzellan-Münzen dessen Geschäftsstelle verlegt. prägen zu lassen. Die anderen In Risum-Lindholm bestand 30 Gemeinden begnügten sich am Schörkewäi eine Zahlstelle, mit Papier-Notgeld, dessen die im Jahre 2001 im Rahmen Umlauf sich zu meist in den der Fusion mit der VR Bank Gemeindegrenzen bewegte. zusammengelegt wurde. Unter den nordfriesischen In Dagebüll am Halligweg Gelddruckern gab es einige, wurde ebenfalls eine Zahlstelle die besonders geschäftstüchtig unterhalten. waren. So wurde Notgeld viel- Die Zahlstelle in der Ortsmitte in Klanxbüll bestand seit 1961. Sie wurde ebenfalls nach der Fusion mit der VR Bank zusammengelegt. fach zum Objekt des Sammeleifers der Numismatiker. Der Kunsthändler Behrend Harke Feddersen, der sich in den 70er Jahren des Themas „Notgeld“ in einer Ausstellung auf dem Hof „Paradies“ widmete, ermittelte in Nordfriesland Als das Kleingeld knapp war allein 164 verschiedene Notgeld-Grundmuster, wobei die Farb- und Papiervariationen nicht Gegen Ende des ersten Weltkrieges wurde 1923 mitgezählt wurden. im Deutschen Reich das Kleingeld knapp. Steigende Preise und eine ungewisse Zukunft veranlassten die ängstliche Bevölkerung das Metallgeld zu sammeln. Das Unvermögen der staatlichen Prägeanstalten und der Reichsdruckereien, den Bedarf an Münzen zu befriedigen, führte dazu, dass Städte und Gemeinden dazu übergingen, eigenes Notgeld herauszugeben. Als dieser Spuk Ende 1923 vorüber war, waren nach sachkundigen Schätzungen rund 70.000 verschiedene Notgeldscheine ausgegeben worden. Zu den Herausgebern des Notgeldes gehörten auch 31 nordfriesische Gemeinden, die zwischen 1917 und 1923 eigene Scheine herausbrachten. Die Gemeinde Boldixum auf Föhr leistete sich den Luxus, sich von einer Meissener 235 links: Die Zahlstelle Lindholm am Schörkewäi, die von Frau Paulsen geführt wurde. oben: Der Halligweg in Dagebüll – eine gute Adresse für Urlauber, die Euroschecks einlösten. 1923 » Volksbank Niebüll » In der Region Niebüll begnügten sich die Herausgeber mit Motiven aus dem örtlichen Bereich – mit schönen und bemerkenswerten Dingen am eigenen Ort. 25 der 30 friesischen Gemeinden zeigten reetgedeckte Bauernhöfe, die alte Dorfkirche, die Schule, Mühlen, Warften, Straßenzüge, Stadt- und Dorfsilhouetten. Hier und da waren es auch Trachten, das Interieur friesischer Häuser, Bräuche- Bilder aus dem Leben. Die Notgeldscheine nebeneinander gelegt erbrachten eine Dokumentation friesischen Lebens und friesischer Art, wie sie kaum jemals zuvor bei einem anderen Anlass so vollständig zusammenkamen. Es waren Ansichten dabei, die es anderswo gar nicht mehr gab und gibt. Das Niebüller Notgeld von 1920 So gesehen wurden die Notgeldscheine auch zu einem Kulturhistorischen Dokument, das sein Entstehen einer verworrenen Episode verdankt. Die Abbildungen auf den Notgeldscheinen Die Gemeinde Niebüll ließ ihr Notgeld von spiegelten damals sowohl die geistige und Maler Hans Jansen malen. Bei den Motiven politische Situation der Zeit als auch Einstellung stand ganz offensichtlich Karl Ludwig Jessen und Verhalten der Gemeindeväter wider. Pate. Jansen zeigt auf einem 50-Pfennig-Schein „Was veranlasste die Gemeinden damals einen Teepunschtrinker, der in Mooringer dazu, auf den Notgeldscheinen abgebildet zu Mundart erklärt: „En fraschen Theepuns drenk werden?“ lautete die Frage, die Neugierde ik hal, de schaet nane Mansche“. auslöste und Heimatforscher in Bewegung Neben das Bildnis einer Spinnerin setzte brachte. Worauf waren die Gemeindevertreter Jansen die ins Friesische übersetzte alte deut- stolz? Was bewegte die Bürgermeister? Ging sche Weisheit: „Hum schall’t stell smae, sö man auf die Geschichte ein, die in der Region long’t no glinj as“. Übersetzt heißt es: Man damals durch das Plebiszit, den Abstimmungs- soll das Eisen schmieden, so lange es noch kampf um Nordschleswig, bewegt wurde? heiß ist. Die Nordfriesen verhielten sich in den Not- Der Niebüller Bürgermeister Heinrich Schmi- geld-Motiven unpolitisch – weitgehend jeden- cker unterzeichnete die Notgeldscheine, die falls. Die wenigen Ausnahmen galten pro- jeweils für einen Monat Gültigkeit hatten. deutschen Motiven, wobei „prodeutsch“ nicht Ausgeliefert wurden die kleinen Scheine durch „antidänisch“ bedeutete. die Buchhandlung Alex Bahnsen. 236 » Volksbank Niebüll » 1989 Die erste Bilanz des 19. Jahrhunderts Die Fusion der Volksbank Niebüll mit der Das NF-Tageblatt vom 11. Mai 1990 berichtet Volksbank Bredstedt wurde im Jahre 1989 über das Zusammengehen der beiden Volks- sorgfältig vorbereitet. In einem gemeinsamen banken mit der Beschlussfassung der Mitglie- Mitgliederbrief wurden die Anteilseigner zum der in einer überwältigenden Mehrheit. Zahlen aus der Entwicklung der Volksbank Niebüll von 1950–1989 Thema der beabsichtigten Fusion der beiden Banken eingehend informiert. Am 30. März 1990 votierten 80,6% der Mitglieder der Volksbank Bredstedt und am 7. Mai 1990 92,7% der Mitglieder der Volksbank Niebüll für einen Zusammenschluss der beiden Genossenschaften. Der Übernahmezeitpunkt wurde auf den 1. Januar 1990 festgelegt. Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Gesamteinlagen Kredite Eigenkapital Anzahl in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM 1950 400 1,1 0,7 0,8 0,12 1955 510 2,6 1,5 2,3 0,29 1960 814 6,4 3,9 5,9 0,53 1965 1.260 14,4 9,6 11,1 0,87 1970 1.534 23,2 19,5 15,7 1,23 1975 1.826 41,7 37,3 25,8 1,61 1980 2.070 75,1 59,6 53,1 3,52 1985 2.114 87,6 71,7 50,5 4,40 1989 2.127 92,1 74,1 50,9 4,86 237 1990 » Volksbank Niebüll » 238 » Volksbank Niebüll » 1990 Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Gesamteinlagen Kredite Eigenkapital Anzahl in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM 1990*) 3313 134,6 107,0 74,1 6,93 1995 3442 203,1 154,7 108,0 12,20 2000 3566 244,2 166,4 149,2 16,00 *) nach der Fusion mit der Volksbank Bredstedt Förderung aus einer leistungsstarken Stellung am Markt heraus war und ist Leitlinie und Zielsetzung des Unternehmens. In einem gemeinsamen Geschäftsgebiet konnten hierdurch Überschneidungen der einzelnen Bankstellen beseitigt werden. Die Erfüllung der bankaufsichtlichen und gesetzlichen Anforderungen, insbesondere bezüglich des haftenden Eigenkapitals, der Einhaltung der Funktionstrennung bzw. der Trennung in Markt und Marktfolgebereich sowie der Unternehmenssteuerung in Verbin- Weitere strukturelle Veränderungen dung mit dem Risikocontrolling und Risikomanagement, konnte in einem größeren Institut besser dargestellt werden. Um eine langfristige Existenzsicherung der Aus diesem Grunde haben sich die Vorstände einzelnen Raiffeisen- und Volksbanken zu erzie- und Aufsichtsräte beider Banken, der Volksbank len, wurden bundesweit mit dem Slogan „Ein Niebüll-Bredstedt und der Raiffeisenbank Süd- Markt – Eine Bank“ die weiteren strukturellen tondern-Bredstedt/Land in vielen Sitzungen Veränderungen im Genossenschaftswesen vor- über ein Zusammengehen beraten. Der Name gezeichnet. Hierdurch sollte die Leistungs- wurde auf: „VR Bank eG Niebüll“ mit Sitz in und Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessert Niebüll als übernehmendes Institut festgelegt. werden. Der Wirkungsgrad am Markt sollte Durch die Verschmelzung entstand eine effektiver gestaltet werden. Genossenschaft mit einer Bilanzsumme von Den steigenden Bedürfnissen der Mitglieder rund 870 Mio.DM. Der Geschäftsbetrieb der und Kunden, dem verstärkten Wettbewerb Volksbank wurde nach der Verschmelzung und den erheblich verschärften rechtlichen nach einheitlichen geschäftspolitischen Rahmenbedingungen konnte durch die größere Gesichtspunkten fortgeführt. Durch die Ver- Unternehmenseinheit besser Rechnung getra- schmelzung sollte das Beratungs- und Betreu- gen werden. Die individuelle Betreuung der ungspotenzial weiter ausgebaut und gestärkt Mitglieder und Kunden und die wirtschaftliche werden. 239 Zahlen aus der Entwicklung der Volksbank Niebüll-Bredstedt 1990–2000 2000 » Volksbank Niebüll » Synergieeffekte sollten sich im Wesentlichen bei den Verwaltungsaufwendungen durch Besei- Bankstellen von Volks- und Raiffeisenbank zusammengelegt. tigung von Doppel- und Mehrfachpräsenzen In Niebüll konnte das Gebäude der Volksbank am gleichen Ort und durch Kostendegression an die Steuerberatergesellschaft Fidus verkauft im Massengeschäft ergeben. Daneben konnten werden. In dem an die Fußgängerzone gren- sich Synergieeffekte durch günstigere Refinan- zenden Eingang wurde ein Raum seitens der zierungen realisieren lassen. Vorstand und Auf- VR Bank angemietet für die Geldbeschaffung sichtsrat beider Genossenschaften erwarteten der Kunden durch Geldausgabeautomaten. durch die Verschmelzung eine leistungsfähige Das Gebäude in Leck wurde langfristig ver- mittelstandsorientierte und entwicklungsfä- mietet. Zur Zeit beinhaltet es eine zentrale hige Kreditgenossenschaft der Wirtschafts- Bücherei, ein Nähstübchen, eine Anwalts- region in Nordfriesland. kanzlei und Hotelvermietungen des Hoteliers Eberwein im Obergeschoss. In Langenhorn wurde die angemietete Geschäftsstelle der Volksbank aufgekündigt und der Kundenbereich mit der VR Bank in dessen Gebäude zusammengelegt. In Bredstedt wurde ebenfalls der Kundenbestand im neu erstellten Bankgebäude der VR Bank, Markt 20 zusammengelegt. Das Bankgebäude der Volksbank konnte für ca. 1,0 Mio.DM umgestaltet und langfristig als „Markt-Treiben“ an Gewerbetreibende vermietet werden. Ein Zahlenvergleich der jeweils letzten drei Detlef Christiansen, AR-Vorsitzender der Volksbank Niebüll von 1997 bis 2000 Ehrenamt, Hauptamt Jahre (1997–1999) gibt Aufschluss über die Vermögenslage und geschäftliche Entwicklung der beiden Banken (s. Abb.). Am 5. September 2000 wurde in einer Zusammensetzung des Aufsichtsrates vor der Fusion mit der Raiffeisenbank Südtondern-Bredstedt/Land eG (VR Bank): außerordentlichen Vertreterversammlung die > Detlef Christiansen, Vorsitzender, Niebüll Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Süd- > Dr. Friedel Petersen, Bredstedt tondern-Bredstedt/Land eG mit 100% der an- > Gerhard Andresen, Bredstedt wesenden Stimmen zum 1. Januar 2001 be- > Robert Denker, Breklum schlossen. Im Rahmen der bundesweiten > Jens Uwe Feddern, Niebüll Entwicklung „Ein Markt – Eine Bank“ wurden > Peter Heinrich Carstensen, Niebüll in den einzelnen Geschäftsbereichen die > Thomas Storm, Leck 240 » Volksbank Niebüll » 2000 Vorstandsmitglieder: > I. Neugebauer Direktor 1885–1886 > Hinrich Hinrichsen Kontrolleur 1885–1889 Direktor 1890–1897 > Thygo Ingwersen Kassierer 1885–1890 Alfred Deussing, Kontrolleur, 1899–1932 > Janne Jannsen Direktor 1886–1889 Kassierer 1890–1892 > B.C. Wolff Kontrolleur 1890–1896 > Ludolph Dethlefsen Kassierer 1893–1933 > Lewe Ingwersen Kontrolleur 1897–1898 > Paul Peter Carstensen Direktor 1897–1906 > Alfred Deussing Kontrolleur 1899–1932 Johann Ludolph Dethlefsen, Direktor, 1933–1972 > Julius A. Johannsen Direktor 1907–1916 > Heinrich Schmicker Direktor 1916–1935 > Boy Erich Hansen ehrenamtl. Mitgl. 1935–1946 > Rudolf Reimann Kontrolleur 1932–1938 > Joh. Ludolph Dethlefsen Direktor 1933–1972 > Ernst Andresen Direktor 1938–1939 > Johannes Nissen Direktor 1939–1972 Johannes Nissen, Direktor, 1939–1972 > August Christiansen Direktor 1942–1948 241 2000 » Volksbank Niebüll | > Otto Christiansen ehrenamtl. Mitgl. 1942–1958 > August Ingwersen ehrenamtl. Mitgl. 1948–1952 > Lewe Petersen Direktor 1952–1985 > Werner Laabs Direktor 1970–1998 > Eckhard Skibbe Lewe Petersen, Direktor, 1952–1985 Direktor 1990–1998 > Ludwig Andresen Direktor 1985–2000 > Manfred Feddersen Direktor Werner Laabs, Direktor, 1970–1998 Ludwig Andresen, Direktor, 1985–2000 242 1990–2000