Methoden zur Bewertung eines Kausalzusammenhangs

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Methoden zur Bewertung eines Kausalzusammenhangs
Methodik
Arzneimittelnebenwirkungen:
Methoden zur Bewertung eines
Kausalzusammenhangs
Die Bewertung des Kausalzusammenhangs bei Arzneimittelnebenwirkungen ist immer komplex und
mit Unsicherheiten verbunden. Eine
Reihe unterschiedlicher Aspekte,
die den Patienten, das Medikament,
mögliche Begleitmedikationen, aber
auch nicht-medikamentöse Faktoren
betreffen, spielen in diese Bewertung
mit ein.
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Ein wichtiger Teil der Pharmakovigilanz ist es, Daten
von möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen
zu sammeln, zu beurteilen und zu interpretieren. Diese
Daten sind unter anderem für die Evaluation des RisikoNutzen-Profils von Bedeutung. Wenn ein unerwünschtes
Ereignis auftritt, stellt sich die Frage, ob das Medikament
das unerwünschte Ereignis ausgelöst hat oder ob es auch
passiert wäre, wenn der Patient das Medikament nicht genommen hätte.
Nach Definition der WHO ist eine unerwünschte Arzneimittelnebenwirkung („adverse drug reaction“, ADR)
eine Reaktion, die schädlich und unbeabsichtigt ist und
die bei einer normalen Dosis bei der Prophylaxe, Diagnose oder Therapie einer Krankheit oder für den Einfluss
auf physiologische Funktionen benutzt wird.[1]
Ein Kausalzusammenhang besteht dann, wenn eine
bestimmte Behandlung Ursache für das Auftreten eines
unerwünschten Ereignisses ist.
Die Bewertung des Kausalzusammenhangs ist immer
komplex und mit Unsicherheiten verbunden. Viele
verschiedene Aspekte spielen in diese Bewertung mit
ein. Diese Aspekte können den individuellen Patienten,
die speziellen Eigenschaften des Medikaments, eine
eventuell vorhandene Begleitmedikation oder auch nichtmedikamentöse Faktoren betreffen. Eine Voraussetzung
für das Identifizieren eines Zusammenhangs zwischen
Medikament und dem Auftreten eines klinischen
Ereignisses ist die Abgrenzung der Kausalität. Um
ein unerwünschtes Ereignis von einer unerwünschten
Arzneimittelreaktion (ADR) zu unterscheiden, muss
der Fallbericht in Hinblick auf neun Aspekte betrachtet
werden. Diese Aspekte sind die Stärke, die Konsistenz,
die Spezifität, der zeitliche Zusammenhang, der
biologische Verlauf (Dosis-Wirkungs-Beziehung), die
Plausibilität, die Kohärenz, der experimentelle Faktor
und die Analogie der Assoziation.[2] Ein möglicher
Kausalzusammenhang kann also dann gegeben sein,
wenn z.B. eine zeitliche Abfolge vorliegt, d.h. das Ereignis
nach der Medikation aufgetreten ist oder auch wenn eine
Analogie nachgewiesen ist, d.h. eine Veränderung der
Medikation auch mit einer Veränderung des Ereignisses
einhergegangen ist.
Viele Methoden zur Kausalitätsbewertung von unerwünschten Ereignissen sind in den letzten zehn Jahren
entwickelt worden.[3] Dabei wird versucht, eine standardisierte und verlässliche Methode zu finden, um die Validität und Reproduzierbarkeit von Kausalitätsbewertungen
zu verbessern. Sie sollen bei der Beurteilung einer ADR
Methodik
Kategorie
Beurteilungskriterien
„unklassifizierbar“
(unassessable/unclassifiable)
•Informationen widersprüchlich oder unvollständig
•Informationen können nicht vervollständigt werden
„unklassifiziert“
conditional/unclassified)
•Informationen sind unvollständig
•Informationen können aber nachgereicht werden
„unwahrscheinlich“
(unlikely)
•Zeitpunkt zwischen der Medikamenteneinnahme und Ereignis macht einen Zusammenhang unwahrscheinlich, aber nicht
unmöglich
•Krankheit oder andere Medikamente liefern mögliche Erklärungen zu dem Ereignis
„möglich“
(possible)
•zeitlicher Zusammenhang zwischen Medikamenteneinnahme und unerwünschtem Ereignis ist gegeben
•Krankheit oder andere Medikamente könnten auch für das Ereignis verantwortlich sein
•fehlende oder unklare Informationen darüber, was passiert, wenn das Medikament abgesetzt wird
„wahrscheinlich“
(probable/likely)
•zeitlicher Zusammenhang besteht
•unwahrscheinlich, dass die Krankheit oder andere Medikamente für das Ereignis verantwortlich sind
•Ereignisse bei Absetzen des Medikamentes sind klinisch begründet
•kein Rechallenge erforderlich
„sicher“
(certain)
•zeitlicher Zusammenhang ist plausibel
•unerwünschtes Ereignis kann nicht durch die Krankheit oder andere Medikamente erklärt werden
•Informationen über Ereignisse bei Absetzen des Medikaments können definitiv pharmakologisch oder phänomenologisch
begründet werden
•Rechallenge bestätigt den Kausalzusammenhang, ist aber nicht zwingend erforderlich
Tabelle 1
Kategorien und ihre Kriterien in aufsteigender Reihenfolge[4]
an einem individuellen Patienten helfen, die Daten zur
Sicherheit des Medikaments zu validieren und das Auftreten von fehlerhaften Entscheidungen zu vermindern.
Zahlreiche Methoden für die Bestimmung eines Kausalzusammenhangs von ADRs sind veröffentlicht worden.
Sie lassen sich generell in drei Klassen einordnen: Expertenurteil, Algorithmen und Bayes‘sche Methoden.[2] Bei
der Methode des Expertenurteils (oder auch allgemeine
Prüfung) erfolgt eine individuelle Beurteilung basierend
auf früheren Erfahrungen und Wissen des Arztes. Algorithmen sind strukturierte und standardisierte Methoden
zur systematischen Annäherung zur Bestimmung von
ADRs, die durch Fragen zu Details des Ereignisses eine
Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Kausalität
ermitteln. Bayes‘sche Methoden ermöglichen komplexe
Wahrscheinlichkeitsberechnungen, die u.a. auf epidemiologischen Daten basieren können.
Die Methoden unterscheiden sich in vielen Aspekten,
jede Methode benutzt unterschiedlich viele Kriterien und
Kategorien. Die Struktur der Methoden ist jedoch ähnlich. Durch gezielte Fragen werden Informationen gesammelt, auf deren Basis eine Zuordnung zu einer (Wahrscheinlichkeits-)Kategorie erfolgt.
Im Weiteren wird jeweils eine Methode der drei Klassen
erläutert. Eine Methode des Expertenurteils ist das WHOUMC (=Uppsala Monitoring Centre)-Kausalitätssystem.
Dieses System wurde in Zusammenhang mit nationalen
Zentren entwickelt und gibt generelle Parameter vor, die
dazu benutzt werden sollen, eine Kategorie auszuwählen,
die den Kausalzusammenhang zwischen Medikament und
unerwünschtem Ereignis angibt. Sie bezieht klinisch-pharmakologische Aspekte der Fallgeschichte und die Qualität
der Beobachtungen in die Entscheidung mit ein.
Die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs wird in
folgende Kategorien unterteilt: “unklassifizierbar“ (unassessable/unclassifiable), “unklassifiziert“ (conditional/
unclassified), “unwahrscheinlich“ (unlikely), “möglich “
(possible), “wahrscheinlich“ (probable/likely) und “sicher“ (certain).[4] Eine Aufstellung dieser Kategorien mit
den einzelnen Eigenschaften wird in Tabelle 1 dargestellt.
“Unklassifizierbar“ wird verwendet, wenn die Informationen in dem Report widersprüchlich oder unvollständig sind
und nicht vervollständigt oder verifiziert werden können.
Die Kategorie “unklassifiziert“ wird eingesetzt, wenn
Daten fehlen, diese aber nachgereicht werden.[4] Der Kausalzusammenhang zwischen Medikament und Ereignis
ist dann “unwahrscheinlich“, wenn der Zeitpunkt der
Medikamenteneinnahme einen Zusammenhang unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich macht. Außerdem wird
der Kausalzusammenhang “unwahrscheinlich“, wenn
die Krankheit selber oder andere Medikamente mögliche
Erklärungen für das Ereignis liefern.[4]
“Möglich“ ist ein Kausalzusammenhang dann, wenn
der zeitliche Zusammenhang zwischen Medikamenteneinnahme und unerwünschtem Ereignis gegeben ist, das
Ereignis aber auch durch die Krankheit oder andere Medikamente erklärt werden könnte. Ein Kausalzusammenhang ist ebenfalls dann möglich, wenn Informationen
darüber fehlen oder es unklar ist, was passieren würde,
wenn das Medikament abgesetzt wird.[4]
Bei der Kategorie “wahrscheinlich“ besteht ebenfalls
der zeitliche Zusammenhang, doch ist es hier unwahrscheinlich, dass die Krankheit oder andere Medikamente
für das Ereignis verantwortlich sind. Im Gegensatz zur
nachfolgenden Kategorie “sicher“ können Ereignisse bei
Absetzen des Medikaments nur klinisch begründet und
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Steht das Ereignis in
einem angemessenen zeitlichen
Zusammenhang mit
der Anwendung des
Medikaments?
Nein
Kausalität eher
unwahrscheinlich.
Nein
Ja
Kam es zu einer
Dechallenge?
Nein
Kausalität ist
möglich.
Nein
Kausalität ist
möglich.
Ja
Kam es zu einer
Verminderung des
Ereignisses nach der
Dechallenge?
Ja
Kam es zu einer
Rechallenge
Nein
Ja
Kam das Ereignis
nach der Rechallenge
zurück?
Könnte das Ereignis
aufgrund einer
zugrundeliegenden
Krankheit
aufgetreten sein?
Ja
Nein
Kausalität ist
möglich.
Ja
Kausalität ist zu
hoher Wahrscheinlichkeit gegeben.
Grafik 1
Algorithmus zur Bewertung der Kausalität [5]
nicht definitiv pharmakologisch erklärt werden. Ergebnisse einer Rechallenge* werden nicht in die Entscheidung mit einbezogen.[6]
Ein Kausalzusammenhang ist dann “sicher“, wenn
der zeitliche Zusammenhang plausibel ist oder wenn dieses unerwünschte Ereignis nicht durch die Krankheit oder
andere Medikamente erklärt werden kann. Außerdem
wird der Kausalzusammenhang als “sicher“ eingestuft,
wenn bei Absetzen des Medikaments der Ablauf von Ereignissen darauf hinweist, dass das Medikament verantwortlich für das Ereignis ist und der Ablauf gleichzeitig
definitiv pharmakologisch und pathologisch erklärt werden kann. Dieser Punkt bedeutet auch, dass jedes andere
Ereignis, das nicht definitiv pharmakologisch oder phänomenologisch erklärt werden kann, automatisch aus dieser Kategorie ausgeschlossen wird, selbst wenn eine Rechallenge positiv ausfällt. Eine Rechallenge bestätigt den
Kausalzusammenhang, ist aber auch in dieser Kategorie
nicht zwingend nötig.[4]
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Bei der Bewertung des Kausalzusammenhangs beginnt man mit der Kategorie, die für die Wahrscheinlichste gehalten wird und vergleicht die Kriterien mit den vorliegenden Daten des Reports. Stimmen die Kriterien mit
den vorliegenden Daten nicht überein, werden die Kriterien der vorhergehenden und nachfolgenden Kategorien
mit den Daten verglichen, bis eine Entscheidungskategorie gefunden wird, die am besten zutrifft [4]
Das WHO-UMC-Kausalitätssystem ist wie andere
Expertenurteile leicht zu handhaben. Es sind keine Software und keine bestimmten Kenntnisse nötig. Außerdem
werden keine komplizierten Rechnungen verwendet. Allerdings werden bei dieser Methode vorhergehendes Wissen und statistische Wahrscheinlichkeiten nicht in die Beurteilung mit einbezogen.[2]
Ein weiterer Ansatz zur Bewertung des Kausalzusammenhangs sind Algorithmen. Algorithmen sind strukturierte und standardisierte Methoden zur systematischen
Annäherung zur Bestimmung von ADRs. Die Methode
hat die Form eines Fragebogens, der ausführliche Arbeitsanweisungen für das Klassifizieren der Wahrscheinlichkeit der Kausalität gibt. Die Algorithmen basieren auf
Parametern wie Beginn der ADRs, der zeitlichen Reihenfolge oder dem vorhergehenden Medikament. Diese Methodik wird verwendet, um das Bias-Problem, z.B. den
Einfluss von subjektiven Erfahrungen, zu verhindern, die
Vergleichbarkeit und Aussagekraft zu erhöhen und Aussagen über die Nicht-Kausalität zu belegen.[2]
Für die Beurteilung von ADRs benutzt die FDA seit
1982 einen eigenen Algorithmus, der auf anderen generellen Algorithmen basiert. Ein erstes Kriterium ist die zeitliche Abhängigkeit zwischen der Gabe des Medikaments
und dem Zeitpunkts der unerwünschten Nebenwirkung.
Die zweite Stufe untersucht, ob nach Absetzen der
Medikation Veränderungen im „Krankheitsbild“ auftreten. Um eine sichere Aussage zu treffen, sollte man mittels einer Dechallenge prüfen, welches Medikament für
die ursächliche Wirkung verantwortlich ist. Wenn die
Wirkung nach der Dechallenge verschwindet, ist eine
Kausalität zwischen Arzneimittel und der unerwünschten
Wirkung wahrscheinlich.
Mit der dritten Prüfung, der Rechallenge, wird überprüft, ob dieselbe unerwünschte Wirkung wiederholt
auftritt. In manchen Fällen ist es ungeeignet, ein Medikament, das schädliche Wirkungen hat, erneut zu verabreichen. Die Frage stellt sich besonders dann, wenn die
Reaktion irreversibel ist. In anderen Fällen empfiehlt sich
eine Rechallenge nur unter besonderen Umständen.
Der vierte und letzte Schritt ist auch gleichzeitig der
wichtigste und komplizierteste, der Störfaktor Krankheit.
Es gibt eine Vielzahl von klinischen Ereignissen, die einer schon vorhandenen Krankheit zuzuschreiben sind.
Diese Schwierigkeit kann eine Rückführung auf eine individuelle unerwünschte Reaktion unmöglich machen.[5]
Die vier Kriterien werden mit Hilfe folgender vier Fragen und dem unten stehenden Frageablauf erhoben (siehe
Grafik 1).[5]
Methodik
1.Folgt die Reaktion einer angemessenen zeitlichen Abfolge?
2.Hat die unerwünschte Wirkung nach dem Absetzen des
Medikaments nachgelassen?
3.Ist die Reaktion nach wiederholter Gabe wieder aufgetreten?
4.Kann die Reaktion durch die bekannten klinischen Eigenschaften des Patienten erklärt werden?
Aufgrund der Tatsachen, dass der Algorithmus nicht
die vorhergehende Evidenz des Medikaments berücksichtigt, die Einflussgrößen nicht eindeutig klassifiziert und
die Kausalitätskategorien nicht charakteristisch sind, ist
der Einsatz nur für spezifische Beurteilungen eines Einzelfalls anwendbar.[2]
Neben Expertenurteilen und Algorithmen wird der
Bayes‘sche Ansatz als dritte Kategorie in der Methodik
zur Bewertung eines Kausalzusammenhanges bei Arzneimittelnebenwirkungen erwähnt. Es wurde eine Reihe von
Programmen entwickelt, die auf dem Satz von Bayes, also
dem Bayes-Theorem, beruhen. Das Bayes-Theorem ist ein
Ergebnis der Wahrscheinlichkeitstheorie, das die Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten beschreibt. Das
„Bayesian Adverse Reactions Diagnostic Instrument“
(BARDI) wurde entwickelt, damit Grenzen mit Hinblick
auf die Reproduzierbarkeit bei Expertenurteilen und der
Mangel an Flexibilität der Algorithmen überwunden werden können. Es ist ein entscheidungstreffendes AnalyseTool. Kalkuliert wird die Wahrscheinlichkeit mittels einer
mathematischen Formel, die wie folgt aufgebaut ist: PsO
= PrO x LR(Hi) x LR(Ti) x LR(Ch) x LR(De) x LR(Re).
Hierbei ist mit PsO (posterior odds) die spätere Quote,
also die Wahrscheinlichkeit, gemeint. Die posterior odds
errechnet sich aus einer Multiplikation von PrO (prior
odds) mit LR (likelihood ratios). Die prior odds bezieht
sich auf epidemiologische und klinische Daten und die
Wahrscheinlichkeitsanteile (LR) werden aus der Fallanalyse gezogen. Die Fallanalyse ist in fünf spezifische Fallinformationen untergliedert. Dabei handelt es sich um die
Anamnese des Patienten (Hi), die zeitliche Koordinierung
der unerwünschten Ereignisse bezüglich der Medikamentenverabreichung (Ti), Merkmale des unerwünschten Ereignisses (Ch), Arzneimittel-Dechallenge (De), und Arzneimittel-Rechallenge (Re).[6]
Die Ausgabe des Ergebnisses wird in Prozent zwischen 0 % (nicht Arzneimittel-induziert) bis 100 % (auf
jeden Fall Arzneimittel-induziert) ausgedrückt. Die Methode ist reproduzierbar und nachvollziehbar. Ferner ist es
eindeutig, welche Informationen benutzt werden und wie
hoch die Komponenten der Informationen gewichtet sind.
Die komplexen Kalkulationen in dieser Methode sind
eine ihrer wesentlichen Einschränkungen.[2] Des Weiteren
kann das BARDI als Tabellenkalkulation entweder auf
Papier oder aber auf dem Computer verwendet werden.
Wenn neue Anhaltspunkte für einen vermuteten ADR
ausgewertet werden, wird sofort ein nummerisches und
grafisches Feedback kalkuliert. Generell besteht die Software aus Arbeitsblättern für Feststellungen und für die
Wertung. Diese Arbeitsblätter ermöglichen auch das Einbinden von zusätzlichen Fallparametern.[6] Eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Einführung darüber, wie die Analyse durchzuführen ist, ist ebenfalls vorhanden.
Im Gegensatz zu anderen Beurteilungsmethoden verlangt die BARDI-Methode mehr Zeit und Erfahrung in der
Handhabung, jedoch ist es möglich, zwei Ursachen zur gleichen Zeit zu bewerten. Individuelle Auswertungen können
auch eingebunden werden, um ADR inzidenzbasierend auf
Daten aus der Arzneimittelüberwachung nach Marktzulassung eines Arzneimittels (post-marketing surveillance) zu
schätzen. Das Tabellenkalkulationsblatt macht eine rasche
Kalkulation und Interaktion möglich. Definitiv ist es keine leicht anwendbare Methode, aber ein gut strukturiertes
Bezugssystem für valide und einheitliche Beurteilungen.[2]
Zusammenfassung
Allgemein ist zu sagen, dass keine Methode mit der
anderen vergleichbar ist. Jede Methode benutzt einen unterschiedlichen Ansatz, unterschiedliche Definitionen
und bezieht andere Informationen in die Entscheidung mit
ein.[2] Auch die Anzahl der Kategorien kann stark variieren. Ein weiteres Problem, das der ADR-Auswertung gegenüber steht, sind die unvollständigen Fallberichte.
Vorteile der angesprochenen Methoden sind, dass Unstimmigkeiten in Bezug auf Fallbewertungen verringert
und die Wahrscheinlichkeiten für einen Kausalzusammenhang klassifiziert werden können. Häufig werden
einzelne Methoden miteinander kombiniert, um Nachteile auszugleichen.[2] So ist zum Beispiel das Expertenurteil alleine nicht reproduzierbar und valide, deshalb wird
es mit Algorithmen kombiniert. Der Bayes‘sche Ansatz
ist im Vergleich zu der Methode des Expertenurteils und
der Algorithmen am aussagekräftigsten, weil er die validesten Daten ermittelt.[1] In der Praxis wird das Expertenurteil trotzdem als häufigste Methode angewendet,
weil es ähnlich wie die Diagnosefindung auf subjektiver
Erfahrung und anerkanntem Wissen beruht und einfach
umzusetzen ist. Bis heute gibt es allerdings noch keinen
allgemein akzeptierten Goldstandard, um einen Kausalzusammenhang festzustellen.[2]
* Um einen Kausalzusammenhang festzustellen, werden häufig ein Dechallenge und ein Rechallenge durchgeführt. Das Medikament wird abgesetzt, nachdem eine mögliche Nebenwirkung aufgetreten ist (Dechallenge). Nachdem alle
Symptome verschwunden sind, wird das Medikament erneut verabreicht, um
zu überprüfen, ob das Medikament schuld an dem Ereignis war (Rechallenge).
Autoren
Maren Kleine
Maren Kohpahl
Nikki-Adrian Krentel
Ute Scheibel
Ihre Fragen oder Anmerkungen richten Sie bitte an das Lehrgebiet
Klinische Forschung an der Hochschule Hannover unter folgender
E-Mail-Adresse: [email protected].
Hochschule Hannover
University of Applied Sciences and Arts
Expo Plaza 12, D-30539 Hannover
E-Mail: [email protected]
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Methodik
Literatur
[1]Requirements for Adverse Reaction Reporting. World Health Organization
Bulletin. Geneva,
Switzerland, 1975.
[2]Agbabiaki TB, Savovic J, Ernst E (2008) Methods for causality assessment
of adverse drug reactions. Drug Safety 31(1): 21–37.
[3]Hutchinson TA, Lane DA. Assessing methods for causality assessment of
suspected adverse drug reactions. J Clin. Epidemiol 1989; 42: 5-16.
[4]World Health Organization (WHO), Uppsala Monitoring Centre.
The use of the WHO-UMC system for standardized case causality assessment. WHO [online]. Available from URL: http://who-umc.org/Graphics/24734.pdf [letztes Abrufdatum:16.06.2011].
[5]Jones JK. Adverse drug reactions in the community health setting: approaches to recognizing, counseling, and reporting. Fam Community Health
1982; 5: 58-67.
[6]KL Lanctot, CA Naranjo. Computer-assisted evaluation of adverse events
using a Bayesian approach. J Clin Pharmacol 1994 34: 142.
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