Ev. Pfarrkirche St. Ursula zu Gera-Lusan

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Ev. Pfarrkirche St. Ursula zu Gera-Lusan
DAS LANDESKIRCHENAMT
Landeskirchenamt der EKM | Postfach 80 07 52 | 99033 Erfurt
Ev.-Luth. Kirchengemeinde Gera-Lusan
über
Ev.-Luth. Pfarramt
Weidenstr. 8
07549 Gera-Lusan
Erfurt, 21.03.2012
R E F E R AT B A U
FA C H R E F E R E N T F Ü R
GLOCKENLÄUTEANLAGEN
UND TURMUHREN
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Ev. Pfarrkirche St. Ursula zu Gera-Lusan
Gutachterliche Stellungnahme zur Glockenläute- und
Turmuhrenanlage gemäß Nr. 11.1 KBauVO
Auf Veranlassung des Kreiskirchenamts Gera besichtigte der Verfasser
am 13.03.2012 den Turm und die Glockenläuteanlage der o.g. Kirche. Der
Ortstermin diente der Begutachtung des technischen Zustands der
Glockenläuteanlage und der Festlegung von Instandsetzungsmaßnahmen.
Teilnehmer:
- Frau Bornschein
- Herr Gerdes
- Herr Ruft
- Herr Knapp
- Verfasser
(Kirchenbaureferentin, KKA Gera)
(Architekturbüro Claus-Gerd Gerdes )
(Zimmerermeister)
(Glockenmontagefachfirma)
(Fachreferent Glocken, Landeskirchenamt)
Der Glockenbestand (Tab. 1) besteht aus zwei Eisenhartgussglocken (I u.
III) und einer unbezeichneten, mittelalterlichen Bronzeglocke (II) aus dem
15. Jahrhundert.
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A p o l d a - B u t t s t ä d t , W e i m a r,
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Letztere hat als einzige des früheren, historischen Glockenbestandes der Kirche unbeschadet das 20. Jahrhundert1 überstanden. Sie wird vom Verfasser als kunsthistorisch-wertvoll
und denkmalpflegerisch schützenswert eingestuft.
Tab. 1: Glockenbestand (technische und musikalische Daten)
Glocke
Nr.I
Nr.II
Nr.III
Bezeichng.:
Christkönigsglocke
Gießer:
Schilling & Lattermann
unbez.
Schilling & Lattermann
Gußjahr:
1958
1478
1919
Material:
Eisenhartguss
Bronze
Eisenhartguss
Durchm.:
Gewicht:
Nominal:
Unterton:
Prime:
Terz:
Quinte:
Oktave:
1220 mm
760 kg 2
gis' 5
838 mm
370 kg 3
h'+2 6
c'+1
a'+1 (V)
d''+1
fis''-3
h''+2
n.e.
354 kg 4
cis'' 7
Die Glocken hängen an schilling'schen gestelzten Stahljochen (zwei dorsal gegeneinander
gestellte U-Profile in geschweißter Ausführung), werden von Reversionsklöppeln angeschlagen und von elektrischen Läuteantrieben (Herst.: Siemens/ Regelung: PERROT/ Typ LR 10)
gezogen. Die Achszapfen der Joche lagern in Kugellagern. Die elektrische Läuteanlage
wurde nach Auskunft der Kirchengemeinde im Jahre 1995 eingebaut.
1
Das vergangene 20. Jahrhundert mit seinen zwei Weltkriegen führte zu großen Glockenverlusten. Es wurden zwei flächendeckende Glockenerfassungen zu Kriegszwecken, einmal 1917 und Anfang der 1940er Jahre, durchgeführt. Aufgrund dieser
Erfassung weiß man heute, dass ca. 44 % aller abgelieferten Kirchenglocken 1917 vernichtet wurden. Der Zweite Weltkrieg
hatte noch verheerendere Folgen. Im Jahre 1940 erließ die Hitler-Regierung den Befehl „zur Sicherung der Metallreserven für
eine Kriegsführung auf lange Sicht“, wonach sämtliche Kirchenglocken der Rüstungsindustrie zur Verfügung gestellt werden
mussten. Die Glocken wurden bis auf wenige Ausnahmen (die sog. D-Liste) requiriert, zerschlagen und verhüttet. Nach Äußerung des damaligen Beauftragten für den Vierjahresplan, Reichsmarschall Göring, sollten in Deutschland nur noch 10 bis 12
Glocken erhalten bleiben. Allein auf dem Gebiet der ehem. Thüringer Landeskirche wurden nach Aktenlage des Landekirchenamtes 2.584 Glocken aus den Kirchtürmen entfernt. Davon betroffen waren vor allem auch Glocken aus dem 16. - 20. Jahrhundert, wovon im Jahre 1949 rund 400 Glocken von den Glockenlagern in Ilsenburg, Hettstedt und Hamburg wieder zurückkehrten. Insgesamt wurde im 20. Jahrhundert ca. 80 % des gesamten Glockenbestandes katholischer und evangelischer
Kirchengemeinden verhüttet oder auch durch Bomben zerstört. Man rechnet mit fast 90.000 verloren gegangenen Glocken,
darunter sehr viele historisch wertvolle Stücke.
2
Aktenlage Landeskirchenamt
3
Berechnung des Verfassers
4
Aktenlage Landeskirchenamt
5
Aktenlage Landeskirchenamt
6
Gemäß Stimmgabel-Analyse zum Ortstermin (Normton: a’=435 Hz, Abweichungen in 1/16 HAT)
7
Aktenlage Landeskirchenamt
–2–
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Technische Beschreibung, Fotodokumentation, Mängelbericht
Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
1
Die Glockenläuteanlage ist im oberen Geschoss des Chorturms der
aus der Mitte des 13. Jahrhunderts
(s. DEHIO8) stammenden Kirche
untergebracht.
(Foto: C.-G. Gerdes)
8
Georg Dehio; Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Thüringen; 2. Auflage; Hrsg. TLDA; 2003; S. 461
–3–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
2
Glocke Nr. I
3
Glocke Nr. I
Detail: Engelrelief auf Flanke
(Elly-Viola Nahmmacher, Greiz)
–4–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
4
Glocke Nr. II:
Die mittelalterliche Bronzeglocke
wurde im 20. Jahrhundert an ein
gestelztes Stahljoch umgehangen.
Bei der aus heutiger Sicht denkmalwidrigen9 Umhängung, wurde das
original eingegossene Klöppelhangeisen herausgetrennt, die Glockenhaube zur Befestigung des Bodenstücks des Reversionsklöppels
durchbohrt und die Glocke um 90°
gedreht. Eine Prozedur, wie sie leider immer wieder respektlos im 20.
Jahrhundert an denkmalgeschützten
historischen Glocken vorgenommen
wurde.
5
Glocke Nr. II:
Inschrift in gotischen Minuskeln (vgl.
auch Lehfeldt10):
anno dni m° cccc° lxxviii° o rex
glorie veni cvm pace
(zwischen den Worten jeweils eine
Raute  als Worttrenner)
9
Merke: Jede Durchbohrung des Gusskörpers verändert eine Glocke empfindlich in ihrer Substanz und in ihrer künstlerischen
und klanglichen Einheit.
10
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens; Prof. Dr. Lehfeldt; I. Band; Jena; 1896; S.94
–5–
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Nr.
Foto
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6
Glocke Nr. III
–6–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
7
Detail: Glockentragwerk (Gebinde)
Das Glockentragwerk besteht aus
einem zweigefachigen Holzglockenstuhl (Kastenverband/ Streben/ Gegenstreben), an dem im Zuge der
Einhängung der Eisenhartgussglocken in Vergangenheit Eingriffe in
das Konstruktionsgefüge vorgenommen wurden.
Die Gebinde (z.B. Vorhölzer im
Fußbereich) sind mit den Außenwänden verbunden.
–7–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
8
Detail: Glockentragwerk
(Streben/Gegenstreben)
9
Auflagerung Glocke Nr. I
Glocke Nr. I hängt nicht im Glockenstuhl. Das Joch der Glocke lagert
einseitig regelwidrig11 auf einem
Stahlträger, welcher in die Turmaußenwand eingespannt bzw. an
dieser montiert ist. Eine solche
Glockenaufhängung stellt per se
einen Baufehler dar, infolge dessen
die durch den Läutevorgang verursachten Rüttelbewegungen und
alternierenden Kraftspiele punktuell
an statisch falscher Stelle in das
Bauwerk eingetragen werden und
schadensinduzierende Wirkung entfalten können.
11
vgl. DIN 4178: (Zitat) "Ein Glockenstuhl muß in seiner Aufstandsebene kraftschlüssig mit der Tragkonstruktion des Turmes
verbunden sein. Er sollte mit dieser an keiner anderen Stelle Kontakt haben."
–8–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
10
Detail:
An ca. 1/3 aller Konstruktionshölzer
sind Spuren tierischen Holzschädlingsbefalls (z.B. Hausbock;
Hylotrupes bajulus; nicht aktiv)
sowie Fäulnisschäden, infolge
früheren Wasserschadens, zu
erkennen.
–9–
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Lfd.
Nr.
Foto
Beschreibung
11
Blick unter den Dielenfußboden
(Aufstandsebene):
Balkendecke, Lastableitung in
Turmwand
Ein Balken ist unterbrochen
Empfehlungen
für eine fachgerechte Instandsetzung der Glockenläuteanlage
Größe Investitionen in den status quo der Glockenläuteanlage werden als unwirtschaftlich
eingeschätzt.
Auf Grund des baulichen Zustandes wird seitens des Verfassers zu einem Ersatzneubau
eines Holzglockenstuhls (s. Pkt. c)) geraten. In dem Zusammenhang wäre auch ein Austausch der beiden Eisenhartgussglocken12 gegen zwei neue Bronzeglocken (s. Pkt. a)) zu
empfehlen.
12
Eisenhartguss (C-Anteil >3,5%) wurde hauptsächlich nach den Kriegszeiten im 20. Jahrhundert als "preiswerter" Ersatzwerkstoff für Kirchenglocken angeboten. Eine aktuelle Glockenerfassung des Landeskirchenamts weist für den Gesamtglockenbestand der EKM-Kirchen auf dem Gebiet des Freistaats Thüringen fast 50% an Eisenhartgussglocken (rd. 1600 Stck.) aus.
An Hand eines Bruchstücks wurde im Jahre 2008 im Institut für Materialwissenschaften und Werkstofftechnologie der FriedrichSchiller-Universität Jena ein Feinschliff angefertigt und untersucht. Nach visueller Auswertung kann von einem stabilen Fe-CSystem ausgegangen werden. Auf Grund der niedrigen Abkühlgeschwindigkeit beim Gussprozess ist der Kohlenstoff in Form
von Graphit ausgeschieden. Eine Eisenhartgussglocke kann nicht geschweißt werden, da Warmschweißen über 300°C wegen
Versprödungsgefahr bei Gusseisen nicht zulässig ist. Die Materialeigenschaften des porösen Gusseisens bedingen zudem ein
unaufhaltsames Rosten, welches mit Schutzanstrichen nur verzögert werden kann. Mit der Korrosion geht eine Volumenzunahme innerhalb der Glockenrippe einher, bis es infolge der Materialspannungen zum partiellen Bersten (z.B. Abplatzungen,
Ausbrüche) der Glocken kommt. Bei Eisenhartgussglocken kann von einer technischen Nutzungsdauer von ca. 90 Jahren ausgegangen werden.
– 10 –
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a) Ersatzguss von Bronzeglocken:
Glockenguss nach den Qualitätsstandards des Ökumenischen Beratungsausschusses für
das Deutsche Glockenwesen im Lehmschablonenformverfahren (Glockenbronze 78% Cu/
22% Sn/ 2% Fremdanteile, deutsche Glockengießerei)
zukünftige Nr.
I
II vorh., hist.
III
13
im Geläute
(Neuguss )
(unbz., 1478)
(Neuguss14)
______________________________________________________________
Nominal:
a'+1
h'+2
d''+2
Durchm.:
910 mm
838 mm
700 mm
Gewicht:
450 kg
370 kg
200 kg
Es wird darauf hingewiesen, dass eine Glocke ohne Inschrift und Dekor nicht der Würde
eines liturgischen Musikinstrumentes entspricht. Sowohl Inschriften als auch Zier sollen Bezug auf ein theologisches Thema und Aussage oder Funktion der Glocke herstellen. Der Verfasser kann zur ggb. Zeit entsprechende Beratung anbieten.
b) Schwingungsuntersuchung:
Mit der Planung sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die spätere Bauschäden am Turm
ausschließen und es ist dafür zu sorgen, dass das Turmbauwerk die Beanspruchungen aus
dem Läuten der Glocken auf Dauer schadlos aufnehmen kann. Da das Glockenläuten den
Turm dynamisch belastet, wird im Vorfeld eine schwingungsdynamische Untersuchung (Anregung mit einem Unwuchterreger: vgl. DIN 4178 v. April 2005; Pkt. 7) empfohlen. Das
Ergebnis dieser Untersuchung dient der Feinabstimmung des neuen Geläutes auf die vorhandene Bausubstanz.
c) Ersatzneubau Glockentragwerk:
➔ dreigefachiger Bockstrebenstuhls auf der instandgesetzten Balkendecke (Lasteinleitung gem. DIN 4178, Pkt. 9.15); Der Glockenstuhls ist zur Aufnahme der Glocken an
geraden Holzjochen zu konzepieren.
➔ Verwendung von absolut splintfreiem und herzgetrenntem Halbholz/Halbrift (Stichwort: Vermeidung von Rissbildung) der europäischen Stiel- oder Traubeneiche (Güteklasse 1, Sortierklasse LS13 nach DIN 4074-5, Feuchtigkeitsklasse D30 nach DIN
1052-2004, mind. 5 Jahre abgelagert, luftgetrocknet mit zulässiger Holzfeuchte <
15%)
➔ Der Glockenstuhl ist mit traditioneller Zimmermannshandwerkstechnik, also mit Versätzen, Zapfen, Kämmen, Riegeln, Holznägeln (achtkantig zugehauen, aus einem
Kernquerschnitt gefertigt, Holzart: Robinie) herzustellen. Bei der Herstellung der Verbindungen ist wegen der dynamischen Belastung auf exakte Passung zu achten! Aus
diesem Grund wird empfohlen, die Querschnitte vor Abbund zu hobeln. Die Kanten
sind zu fasen. Die Hirnhölzer sind gegen Aufreisen infolge Austrocknung mit einer
Bienenwachsschicht, Dickschichtlasur o. glw. zu schützen. Zur Reduzierung der
Körperschallübertragung sind im Auflagerbereich Weichholzfaserplatten beizulegen.
➔ Die Glockenstuhlpodestebene ist mit 5 cm-Dielung als sog. "Statische Scheibe" auszubilden.
13
Durchm. u. Gewicht der neuen Glocke vorbeh. Rippenkonstruktion durch Glockengießer (bis 10% Toleranz möglich)
14
Durchm. u. Gewicht der neuen Glocke vorbeh. Rippenkonstruktion durch Glockengießer (bis 10% Toleranz möglich)
15
Gemäß DIN 4178 (Pkt. 9.1; S. 33) sind die horizontalen und vertikalen Kräfte nur in die zur Schwingrichtung parallelen
Turmwände einzuleiten.
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d) Armaturen/ elektrische Läuteanlage:
➔
Armatur für Glocken Nr. II:
gerades Holzjoch (s.Foto), absolut splintfreies, herzgetrenntes
Halbholz der europäischen Stieloder Traubeneiche (GK 1, Sortierklasse LS13 nach DIN 4074-5,
Feuchtigkeitsklasse D30 nach DIN
1052-2004, mind. 5 Jahre abgelagert); freiformgeschmiedete und
heiß aufgeschrumpfte
Umfassungsbänder; Aufhängebänder
(aus einem Stück nach DIN 7527
Blatt 6, Stahl S 235 J2G3), Bänder
mit Zinkfarbe (z.B. „Glasurit“)
anthrazitfarbig gestrichen, alle
Schraubverbindungen geölt; Anschweißenden werden nicht abgenommen! Es
werden alle Kronenbügel gefasst; je Joch 1 Satz Querriegel und Laschen; 2 gedrehte
Achszapfen; 2 Stück Pendelkugellager (zweireihig) mit Lagerfußplatten und Stoßeisen (eine Seite als Fest-, die andere als Loslager) auf den Obergurten des neuen
Glockenstuhls vertieft im Holz eingelassen; Es ist durchzubolzen; Die Glocke ist im
Abstimmung mit dem Verfasser um ca. 30° zu drehen, so dass sichtbar geschädigte
Bereiche der alten Klöppelanschlagsstellen nach der Drehung in Zonen geringerer
Beanspruchungsintensität liegen. Unter dieser Voraussetzung kann eine Restaurierung der Gusskörpers auf ein späteren Zeitraum verschoben werden. Die historische Bronzeglocke ist bei der Demontage zu wiegen. Das Gewicht ist dem Landeskirchenamt mitzuteilen.
sorgfältig dimensionierter,
freiformgeschmiedeter
Klöppel nach historischem
Vorbild (s. Foto) und Aufhängung an Lederschlaufe;
Begrenzung der Materialhärte nach Brinell auf
HB30<130; Die Materialhärte ist von der ausführenden
Firma per Certifikat zu belegen.
➔
Armaturen für die neuen Glocken Nr. I und III:
Die beiden neuen Bronzeglocken sind an gerade Eichenholzjoche zu hängen. Zur
besseren Auslastung der Jochquerschnitte (Übertragung von Querkräften) sind unter
die Achszapfen Stahlplatten in voller Jochbreite unterzuschweißen. Es sind
fliehende, freiformgeschmiedete Stahlklöppel mit Kugelballen in die neuen Glocken
einzuhängen.
➔ Anpassung der vorh. elektrischer Läuteanlage an die neuen Joche und Glocken
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e) Schalllamellen:
Zum Schutz der Glockenläuteanlage und zur besseren Schallregulierung des Glockenklangs
im Ort wird empfohlen, alle Schallfenster mit hölzernen Schalllamellen, gemäß den
Konstruktionsempfehlungen des Ökumenischen Beratungsausschusses für das Deutsche
Glockenwesen, auszustatten.
Allgemeine Hinweise
Im Übrigen verweist der Verfasser auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften und Sicherheitsbestimmungen der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), erschienen in der Schriftenreihe Prävention, SP 9.6/2 “Sichere Kirchtürme und
Glockenträger” (www.vbg.de) sowie auf die Veröffentlichungen und Merkblätter, die
der Ökumenische Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen
(www.glocken-online.de) erarbeitet und herausgegeben hat. Diese sind Grundlage
für Planung und Ausführung aller Arbeiten an Geläuten.
➔ Das Gutachten weist die denkmalpflegerische Zielstellung aus und dient gemäß §§
13, 14 Abs.3, 32 ThürDSchG, in der Neubekanntmachung vom 14. April 2004, als
Abstimmungsgrundlage für die Benehmensherstellung mit dem Thüringischen
Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. Dieses bekommt somit einen Abdruck zugesandt.
➔ Maßnahmen an Glockenläuteanlagen sind gemäß § 11 (1) KBauG vom zuständigen Kreiskirchenamt zu genehmigen. Gemäß Nr. 11.1 KBauVO ist der zuständige Fachreferent für Glocken des Landeskirchenamts zu beteiligen.
Dieses Gutachten ist somit als Stellungnahme gegenüber dem Kreiskirchenamt
heranzuziehen und wird zum Bestandteil der kirchenaufsichtsrechtlichen
Genehmigung. Aufträge für solche Maßnahmen dürfen nur an fachlich anerkannte Personen beziehungsweise Fachfirmen vergeben werden. Die fachliche
Eignung ist auf Anforderung nachzuweisen.
➔
Marcus Schmidt
Dipl.-Ing.
geprüfter Glockensachverständiger
Mitglied im Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen
(Ausschuss der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz)
Verteiler:
–
Ev.-Luth. Pfarramt
–
Herrn Christian Klein (per eMail)
–
AB Gerdes (per eMail)
–
Kreiskirchenamt Gera
–
Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (Benehmensherstellung)
–
Akte Landeskirchenamt
– 13 –

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