Den kompletten connectionSpirit - Beitrag aufrufen

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Den kompletten connectionSpirit - Beitrag aufrufen
ERWACHENDES BEWUSSTSEIN
ERWACHENDES BEWUSSTSEIN
len Höhen, auf dem die Atemluft vielleicht
schon zu dünn ist für mich, der doch nur die
niederen Regionen gewohnt ist.
Die spirituelle
Es gibt große und kleine
Revolution
Wer weiß ...
Was aber, wenn ich bei einer solchen Befragung einem Scharlatan aufsäße, der behauptet, erwacht zu sein, ohne es zu wirklich zu sein? Reingefallen auf einen Heuchler, einen Pseudo-Meister, einen Verkäufer
von Illusionen? Selbst eine Beschränkung
auf Buddha-Zitate wäre noch keine Lösung,
denn auch bei diesem seit 2.500 Jahren und
heute in aller Welt verehrten Meister muss
ich entscheiden, ob ich ihm (und den Übersetzungen) trauen kann. Auch wenn Millionen Menschen Buddha für erwacht halten –
sie können sich irren. Weisheit ist nicht demokratisch zu bestimmen.
Ich habe mich deshalb entschieden, bei dieser Untersuchung des »erwachenden Bewusstseins« sowohl Innenschau wie Außenschau einfließen zu lassen. Zum einen möchte ich berichten, was ich selbst weiß, verstehe, erfahren habe und erfahre, zum anderen
das, was ich von anderen gehört habe und
zu verstehen glaube, wenn ich ihnen zuhöre
oder ihre Texte lese – von Menschen, die sich
als erwacht oder erleuchtet bezeichnen oder
von ihren Fans, Beobachtern oder Kritikern
als solche bezeichnet werden.
FOTOLIA.COM © BENLAU
Meine Erleuchtungsbiografie
Das Erwachen als Massenphänomen hat so seine Tücken
VON WOLF SCHNEIDER
Unsere heutige Gesellschaft gleicht in religiöser Hinsicht ein bisschen
der des römischen Reichs im vierten Jahrhundert: Da wurde eine
gesellschaftliche Randgruppe zur religiös-ideologisch dominanten Gruppe,
die dann anderthalb Jahrtausende sehr bestimmend war. Und auch mit der
Entwicklung des Jazz und Rock zur Popmusik lässt sich der Vorgang
vergleichen: Die heutige Popspiritualität ist ein Massenphänomen. Das darf
uns durchaus begeistern! Bei so viel Pop, Kommerz und Masse braucht es
aber auch ein paar kritische Stimmen – und »zweite Helfer«
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S
chon einige Male habe ich ein
Connection-Heft mit dem Schwerpunktthema »Erwachen« oder »Erleuchtung« gemacht. Jedes Mal habe ich mich
dabei gefragt: Was weiß denn ich davon? Wäre es nicht besser, jemand zu fragen, der
darüber Bescheid weiß? Jemand, der sich
da auskennt, der oder die »es« erfahren hat?!
Diese Menschen würde ich dann befragen
oder von ihnen Textausschnitte bringen über
das Erwachen, die Erleuchtung, diesen hohen Gipfel am Ende der spirituellen Pfade
– diesen Mount Everest unter den spirituel-
Mai-Juni 5-6/2013 · www.connection.de
Zunächst wieder etwas aus meinem Leben.
Wenn ich eine Kurve zu zeichnen hätte, die
auf der einen Koordinate mein Lebensalter
zeigt und auf der anderen mein Interesse am
Erwachen alias an der Erleuchtung, würde
diese zum Alter von 22 hin steil ansteigen
und einen Gipfel erreichen. Über das Alter
von 23 und 24 Jahre würde sie noch auf hohem Niveau bleiben, um dann von dort aus
allmählich abzufallen, bis sie in Richtung auf
die Gegenwart gegen Null geht.
Was ist da passiert? Habe ich mich nach
diesen Jahren höchster spiritueller Motiviertheit auf andere Ziele ausgerichtet? Waren
da irgendwelche großen Enttäuschungen?
Ein Hinwenden zu anderen Zielen war es in
meinem Falle eigentlich nicht, sondern eher
das Verschmelzen anderer Ziele und ganz
alltäglicher Verrichtungen mit dem Streben
nach Erleuchtung, das dann aber zu einem
Streben nach Achtsamkeit, Wachheit oder
Präsenz wurde. Enttäuschungen? Im Sinne
von »Desillusionierung«, ja, da gab es Enttäuschungen, aber nicht im Sinne von Unglück. Diese Enttäuschungen waren keine
Unglücksfälle, sondern eher so etwas wie in
dem Märchen von »Hans im Glück«: Dort
tauscht Hans die eine Last immer wieder gegen eine andere ein, den Goldklumpen gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh; jedes Mal wird es leichter, was er da zu tragen
www.connection.de · Mai-Juni 5-6/2013
Satoris, so wie es großes
und kleines Gelächter gibt,
große und kleine Orgasmen,
und alle diese Ekstasen
sind kopflos erschütternd
rell geprägt, aber von Kultur zu Kultur sehr
verschieden ist. Das Aufwachen aus dieser
Prägung ist ein entscheidender biografischer
Schritt, ein Knick, eine Wende, ein Zu-sichKommen. Es kann jenseits aller kulturellen
Grenzen, Prägungen, Konditionierungen,
Bildungen und Indoktrinierungen Menschen
miteinander verbinden, die vielleicht nicht
einmal eine gemeinsame Sprache sprechen,
denn nun sind sie zu ihrer Freiheit (von Prägungen und von Manipulierbarkeit) erwacht.
Lachen und Aufwachen
oder zu ertragen hat, bis er schließlich gar
nichts mehr hat und sich leicht und frei fühlt.
Der gewisse Knick
Dass Erleuchtung als Ziel aus meinem Leben verschwunden ist, heißt aber nicht, dass
es mir egal wäre, wie wach ein Mensch ist –
und wie wach ich selbst bin, jeweils, von Moment zu Moment. Ich bin halt kein Erleuchtungsstreber mehr, so wie damals, als buddhistischer Mönch und als frisch gebackener
Osho-Sannyasin.
Heute belustige ich mich über den »gewissen Knick« in der Biografie, wenn ich etwa
in dieser Zeitschrift als Juxanzeige einen Hagiografie-Schreibkurs anbiete, in dem man
lernt, seine eigene Biografie mithilfe eines
Knicks in ein Vorher und ein Nachher einzuteilen. Da ist »es« passiert, das Unbeschreibliche, und wie bei den Fotos, die für eine
Schlankheitskur werben, ist danach alles
anders. Der Wettbewerb der von diesem Mysterium Ergriffenen besteht nun darin, wer
das Unbeschreibliche als noch unbeschreiblicher anpreisen kann und darin der Ergriffenste und Sprachloseste ist. Solch religiöser Kitsch ist für einen Kabarettisten ja sehr
leicht auf die Schippe zu nehmen.
Das Aufwachen aus solch erziehungsbedingter Trance ist von Mensch zu Mensch
verschieden. Vielleicht ist es mit dem Lachen
zu vergleichen, dieser rhythmischen Zwerchfellerschütterung, dessen Auslöser ja auch
sehr vielfältig und mysteriös sein können.
Das Lachen kann ein Glucksen sein, ein Giggeln, vielleicht ist es auch nur ein in sich hinein Lächeln oder Schmunzeln, dann wieder
ein lautes, schallendes Gelächter, ein Platzen
vor lachen und sich schier totlachen, sich
nicht halten können vor lachen.
Auch das Lachen kommt oft unerwartet, und
seine Ursache ist eine Überraschung. Die
Pointe, die bei einem Witz das Lachen auslöst, gibt der erzählten Geschichte eine unerwartete Wende, und wenn die damit verabreichte Ent-täuschung der Erwartung groß
genug ist, kann auch hier das Vorher und
Nachher sehr verschieden sein. Es gibt große
und kleine Satoris, so wie es großes und kleines Gelächter gibt, große und kleine Orgasmen, und alle diese Ekstasen sind kopflos erschütternd und in den stärkeren Fällen irreversibel, dass heißt: Nichts ist danach mehr
so ganz wie vorher – zumindest erscheint es
zunächst so. Aber das Alte ist mächtig; auch
so manche politische Restauration hat es geschafft, das Ergebnis einer Revolution fast
zu annullieren.
Mehr oder weniger erleuchtet
Erwachen als
transkulturelles Phänomen
Bei allem Spott über die hieraus entstandene spirituelle Szene und ihre Art der Selbstdarstellung bleibt jedoch etwas übrig: Es gibt
solche Knicks. Sie sind von Individuum zu
Individuum verschieden und auch von Kultur zu Kultur; auch deshalb ist ein Wort wie
Satori so schwer zu übersetzen. Die deutschen Satsangfans würden sich von einem
Begriff wie dem der »religiösen Umkehr«
vermutlich mit Schaudern abwenden – das
»Erwachen« auf dem Weg des Advaita Vedanta hat jedoch etwas von dem, was Christen und Juden oft schlicht »die Umkehr«
nannten.
Vieles spricht dafür, dass es ein kulturübergreifendes Phänomen des Erwachens gibt.
Das Erwachen aus einer Trance, die kultu-
Gautama Buddha, der vor gut 2.500 Jahren
in Nordindien lebte, hat das Erwachen als
das Ende des Leidens bezeichnet. Viele derer, die sich heute als erwacht bezeichnen,
leiden aber – noch. Heißt das, sie sind noch
nicht wirklich erwacht? Haben sie vielleicht
nur einen Vorgeschmack auf das große Erwachen bekommen, einen gewissen Einblick
erfahren, aber noch nicht die ganze Wahrheit? Wilbers Modell der verschiedenen Linien, auf denen ein Mensch mehr oder weniger entwickelt, mehr oder weniger erwacht
sein kann, wie Torsten Brügge es in diesem
Heft auf den Seiten 38 – 41 darlegt, bietet ein
viel differenzierteres Bild vom Erwachen als
die platte These von Entweder-du-hast-esoder-du-hast-es-nicht. Ein bisschen schwanger, das gibt’s nicht – ein bisschen erleuchtet, das schon.
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ERWACHENDES BEWUSSTSEIN
ERWACHENDES BEWUSSTSEIN
Integralis
Wenn in der deutschen Satsangszene vom
Erwachen die Rede ist, kommt mir das oft
so vor wie das Erschaffen eines Bedarfs,
der vorher, ohne diese Rede vom Erwachen,
noch gar nicht da ist. Vor allem Frauen suchen eher Liebe, Glück, Gesundheit, Schönheit und schmerzfreies Wohlbefinden: »Erleuchtung? – kein Interesse, das musst du
woanders verkaufen!«
Wenn du noch nicht weißt, dass es das gibt,
sehnst du dich auch nicht danach und vermisst nichts. Kommt jedoch ein spiritueller
Lehrer daher und erzählt dir, dass es da etwas gibt, dass du noch nicht hast, etwas
Großartiges, das unermesslich begehrenswert ist, willst du es natürlich auch haben.
Dann wirst du sein Schüler, und der Guru
hat was zu tun, sein Leben hat Sinn, und er
hat sich mit dir als einer seiner Schülerinnen vielleicht auch noch eine ökonomische
Basis geschaffen.
So entsteht erneut eine zweigeteilte Gesellschaft. Einst war sie geteilt in Adlige und Bürgerliche, bald (in der spirituellen Szene schon
heute) wird sie erneut geteilt sein in zwei
Klassen, diesmal in die Erwachten und die
nicht Erwachten. Die einen haben es, das
blaue Blut der Erleuchtung, die anderen nicht.
In ein paar Jahren wird Ken Wilbers differenzierte Darstellung der Entwicklungslinien allerdings Allgemeingut sein, vermute
ich, so wie ähnlich wie heute Freuds Theorie des Bewussten und des Unbewussten, die
ja nicht nur unter Psychologen, sondern ganz
allgemein Standard ist – im vorfreud’schen
19. Jhd. war das noch keineswegs der Fall.
Die Einbildung »Ich hab’s!«
Vor ein paar Jahren gab ich Jahrestrainings,
die aus elf Kursen bestanden, vom Vi-
sionquest bis zum Abschlusstheater. Einer
dieser Kurse war eine verkürzte Form des
aus Kalifornien stammenden »Enlightenment Intensive« – ein Begriff, der natürlich Erwartungen weckt. So wurde dann dort
auch fleißig meditiert und sich gegenseitig
Fragen gestellt: »Wer bist du? Sage mir, wer
du bist!« Der Kurs war noch nicht mal halb
rum, da gab es schon zwei, die mir signalisierten »Ich hab’s!«. Sie saßen einfach nur
da, strahlten in alle Richtungen und sagten
nichts mehr oder nur noch Unsinn.
Was sollte ich tun? Ich war hier schließlich
der Kursleiter. Sollte ich sie nun aus der
Struktur herausholen, sie so gewissermaßen
vor den anderen adeln als diejenigen, die es
geschafft hatten und diese doch nun wirklich
ziemlich blöde Übung nicht mehr machen
mussten? Ich zögerte. Ich schickte sie dann,
so gut es ging, in die Struktur zurück mit
den Worten: »Mach es spielerisch!«, und ins
Ohr flüsterte ich ihnen sowas Ähnliches wie:
»Du weißt ja jetzt, dass du frei bist!«
Der Hauptgrund, sie nicht zu »adeln«, war
die von mir befürchtete soziale Wirkung. Es
hätte der Gruppe nicht gut getan, zwei so herauszuheben, und ihnen selbst wahrscheinlich
auch nicht. Als erwacht zu gelten, damit muss
man auch umgehen können. Solch eine »Einbildung« kann die eigene Entwicklung blockieren, denn nun denkst du »Ich hab’s!« und
glaubst vielleicht, dich nun nicht mehr entwickeln zu müssen, was dich unter Umständen zu einem sozialen Kotzbrocken machen
kann. Als mich der Erleuchtungswahn zum
ersten Mal ereilte, war ich 22 Jahre alt, buddhistischer Mönch im Theravada-Training
und somit den 227 Regeln der Bhikkus unterworfen. Eine dieser Regeln sagt, dass du
die Stufe, die du auf dem spirituellen Weg erreicht hast (oder erreicht zu haben glaubst),
nur deinen Mitmönchen mitteilen darfst, niemand anderem. Durchaus ein kluger Rat, das
finde ich auch heute noch.
noch. Sie hat auch die Beatles geadelt (durch
den MBE-Orden) und im Jahr 2003 die Stones: Da wurde Mick Jagger, dieser wilde
Bandleader von den Rolling Stones (»I can’t
get no satisfaction«), von ihr, vertreten durch
Prinz Charles, im Buckingham-Palast zum
Ritter geschlagen, er darf sich nun »Sir Mick«
nennen.
Der Kurs war noch
nicht mal halb rum,
da gab es schon zwei,
die mir signalisierten
Wird jetzt alles besser?
»Ich hab’s!
Ich bin erwacht«
Heute freuen sich viele, dass nach der ÖkoBewegung nun auch die spirituelle Bewegung so weite Kreise zieht. Zeitschriften
wie Happinez und Happy Way bedienen diesen Markt (jetzt noch fast ausschließlich für
Frauen), und auch die nicht-spirituellen Medien des Mainstreams berichten immer mehr
und immer positiver über Spontanheilungen,
Meditation und spirituelle Aufbrüche aus Lebenskrisen, wie es vor Jahren noch undenkbar war. Und doch ist meine Freude über die-
Der Guru als Herzöffner
Es gibt aber nicht nur die Negativ-Seite der
Selbstdarstellung von Erwachten, ihre Eitelkeit. Es gibt auch mehrere positive Seiten.
Zum einen ist es eine Mutprobe für einen
Erwachten, in aller Öffentlichkeit zu seinem eigenen Erwachen zu stehen – eine Mutprobe und ein Test, der eigene Schwachstellen ans Licht bringen und Heuchelei erschweren kann, man wird ja nun sehr genau
beobachtet. Außerdem gibt es für den Erwachten als Lehrer diese riesige Chance der
Wirkungsverstärkung: Menschen sind gegenüber einem Menschen, den sie für erwacht halten, in viel größerem Maß bereit,
seine Aussagen für wahr zu nehmen; von keinem anderen Menschen würden sie eine Aussage so sehr ernst nehmen. Da wird auf einmal ein Lehren möglich wie nie zu vor. Da
kannst du als Lehrer Sachen sagen (welcher
Lehrer auf unseren Schulen würde sich das
nicht wünschen …), die tief in die Seele dringen, dort wirken und den Menschen, deinen
Schüler, verwandeln. Wenn du dabei Stuss
redest, kannst du viel kaputt machen. Wenn
du aber gute, kluge Sachen sagst, voller Liebe und Ermutigung, dann ist die Wirkung
wunderbar heilend und vielleicht sogar ein
bisschen erleuchtend.
Man kann heutzutage
als Coach, Lebensberater
oder Heilpraktiker kaum
mehr wirken, ohne
wenigstens anzudeuten,
dass man erwacht ist
oder aber das Erwachen
für Blödsinn hält
Vortrag in der Mount Eliza Schule
für Yoga und Meditation bei
Melbourne, Australien – der
spirituelle Weg zum Erwachen ist
heute ein weltweites Phänomen
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Es gibt auch eine soziale Negativseite: Man
kann heutzutage als Coach, Lebensberater
oder Heilpraktiker kaum mehr wirken, ohne wenigstens anzudeuten, dass man erwacht
ist oder aber das Erwachen für Blödsinn hält,
also »darüber hinaus ist«. Die Konkurrenz
ist ja sehr groß. »Warum sollte ich in meiner
Lebenskrise, wenn ich schon Geld ausgebe
und Zeit verschwende, nicht zu einem erwachten Berater gehen? Die noch Schlafenden können mir eh’ nichts mehr geben –
mir, der ich längst kurz vor dem Erwachen
stehe, mir fehlt ja nur noch ein kleiner Kick.«
So freuten sich in Europa Jahrhunderte lang
auch geadelte Bürgerliche, die den Kult ums
blaue Blut längst durchschaut hatten. Es
brachte einfach etwas an gesellschaftlichem
Renommée. Die Queen adelt sogar heute
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© SHIVA SCHOOL OF MEDITATION AND YOGA
Der erwachte Heilpraktiker
sen Vorgang von einigen Zweifeln getrübt.
Hat denn der Aufstieg des Christentums, wie
er im vierten Jahrhundert nuZ im römischen
Reich stattfand, von einer verfolgten Minderheit erst zu einer akzeptierten Religion,
dann zur Staatsreligion, das Leben der Menschen verbessert? Hat dieser Aufstieg das
Leben dort und damals wenigstens »spiritueller« gemacht? Dabei war Jesus doch ein
großartiger Guru, wie sie nicht alle naslang
auftauchen. So viel Weisheit, Hingabe und
Authentizität (walk your talk), wie er sie hatte, das muss man erstmal finden. Und er war
großzügig im Lehren, man durfte ihm
zuhören, ohne dafür zu bezahlen, nicht einmal ein Spendentopf für den »Energieausgleich« stand bei der Bergpredigt herum. Für
seine Botschaft riskierte er sogar sein Leben,
er opferte es, so »authentisch« war er. Müsste nicht das Reich Gottes auf Erden in nullkommanichts zu uns kommen, wenn der
Glaube an jemanden wie ihn zur Staatsreligion wird?
Leider ist das keineswegs der Fall. Es wurden dann nämlich statt der Christen bald
die Nicht-Christen verfolgt, und der Fundamentalismus der Christen, ihre Bigotterie
www.connection.de · Mai-Juni 5-6/2013
und ihr »spiritueller Materialismus« dominierten das Mittelalter und auch danach noch
Jahrhunderte lang die Kolonialisierung der
Welt. Deshalb habe ich unter den Sketchen
meines Esoterik-Kabarett-Stücks »Alles ist
eins« eine Reise in die Zukunft eingefügt, in
der ich die Tagesnachrichten aus dem Jahre
2033 verlese. Da ist Esoterik zur Weltreligion
geworden. Negatives Denken wird nun strafrechtlich verfolgt, und wer »noch im Kopf
ist«, wird verhaftet.
AKADEMIE
»Zweite Helfer«
Manche Entwicklungen kann man voraussehen, auch wenn man sich damit inmitten
einer vorherrschenden Euphorie nicht beliebt macht. Kurt Tucholsky und Silvio Gesell haben den zweiten Weltkrieg vorausgesehen und davor gewarnt. Leider hat ihnen
kaum jemand zuhört. Doch historische Vergleiche sind nur historische Vergleiche. Es
kann immer auch anders kommen. Vielleicht
lernen die Massen von heute ja zu unterscheiden zwischen echter Religiosität und
Pseudoreligiosität, wer weiß, es passieren
doch immer auch Wunder.
Auf jeden Fall braucht es nun »Zweite Helfer«, die »die Wahrheit freischlagen«, wie Eli
Jaxon Bear das hier im Heft im folgenden
Artikel beschreibt. Oder Menschen wie Abdi Assadi (mein Interview mit ihm findet ihr
auf connection.de) und viele andere, die dabei helfen, das Echte vom bloß Imitierten
zu unterscheiden. Auch das »Forum Erleuchtung«, eine Berliner Initiative, die sich
vorgenommen hat, den Mythos Erleuchtung
zu dekonstruieren, will dazu beitragen (www.
forum-erleuchtung.de), und ebenso unser
Kongress »Erwachendes Bewusstsein« – eine Initiative von der OneSpirit GmbH, Spirit-TV und Connection. Dort stellen sich
sieben in Deutschland bereits bekannte »Erwachte« vor und den Fragen aus dem Publikum. Ich hatte sie gebeten, uns für diese Ausgabe jeweils einen Text zum Kongressthema
einzureichen. Alle sieben haben was geschickt, ihr könnt ihre Texte auf den folgenden Seiten (24-37) nun lesen.
®
[
Das blaue Blut der
Erleuchtung
Der Kongress »Erwachendes Bewusstsein« tagt am
17./18. August in Freudenstadt (im Nordschwarzwald),
mit den Referenten Daniel Odier, Mayonah Bliss, Werner
Ablass, Renate Busam, Martina Gallmetzer, Edgar Hofer
und Gaia, moderiert von Wolf Schneider. Anmeldung über
www.rainbowspirit.info/Seiten/Erwachen.html oder über
(0049)-(0)7221-38 500.
WOLF SCHNEIDER, Jg. 1952. Autor, Redakteur, Kursleiter. Studium der Naturwissenschaften und Philosophie (1971-75) in München. 1975-77 in Asien.
1985 Gründung der Zeitschrift Connection. Seit
2008 Theaterspiel & Kabarett.
Kontakt: [email protected]. Blogs auf
connection.de und auf schreibkunst.com
www.Integralis-Akademie.de