Hortkonzept (pdf-Datei)
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Hortkonzept (pdf-Datei)
Jamila, 7 Jahre Collage nach Picasso Rahmenkonzept Hort „Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge: Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann. Es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann. Und es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt.“ Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie, Universität Göttingen Inhaltsverzeichnis Einleitung Kinder stärken – „Freundlichkeit steckt an“ Ressourcenorientierung – „Stärken (an)erkennen“ Umgang mit Konflikten Bindung – „Der sichere Hafen“ Peer-groups – „Freunde finden“ Partizipation – „Hier kann ich mich einbringen!“ Umgang mit Irrtümern – „Keine Angst vor Fehlern!“ Recht des Kindes auf Achtung und gewaltfreie Erziehung 4 5 5 6 7 7 8 8 9a „Wie sieht ein Hortalltag aus“10 Gesehen werden 10 Mittagessen10 Hausaufgabenbetreuung10 Angebotsformen11 Ferien – „Zeit für gemeinsame Erlebnisse“ 12 Gäste und Hobbys 12 Medien13 Eigene Räume 13 Einstieg und Abschied 13 Bildung – „Sich ein Bild machen“15 Unser Auftrag 15 Unser Bildungsbegriff 15 Bildungs- und Lerngeschichten 17 Gender – „Weil ich ein Mädchen/Junge bin ???“ 19 Kooperation Hort und Schule20 Eltern21 Qualitätsentwicklung und -sicherung22 Abschlusswort(e)24 Einleitung Dieses Konzept möchte die Leserin, den Leser einladen, unsere Hortarbeit kennen zu lernen. Der Verein für Kinder e.V. ist anerkannter Träger der Jugendhilfe mit der Trägerschaft von vier Horteinrichtungen, einem Betreuten Mittagstisch, sechs Kindergärten und neun Krippen in Oldenburg und Umgebung. Wesentliche konzeptionelle Prinzipien in den Einrichtungen sind Elternmitverantwortung und Elternmitbestimmung. In der Eigenschaft als Interessensvertretung von Eltern und Kindern arbeitet der Verein überregional als Kontaktstelle für Elterninitiativen im Regierungsbezirk Weser-Ems. Die vier Horteinrichtungen werden von Jungen und Mädchen im Alter von 6 –10 Jahren besucht. Im Jahre 1991 wurde die erste Horteinrichtung auf Grund einer Elterninitiative gegründet. Unsere jüngste Gruppe wurde 2007 ebenfalls auf Wunsch und mit viel Engagement seitens der Eltern ins Leben gerufen. Horte sind Kindertagesstätten und haben nach § 22 SGB VIII den Auftrag, die Entwicklung der Kinder zu 4 eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern. Die Aufgabe der Horte umfasst die Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder. In der Umsetzung gibt es neben den gemeinsamen Grundsätzen eigene Profile der einzelnen Horte. Dies findet sich im Aufbau unseres Konzeptes wieder: Einem allgemeinen Teil, dessen Inhalte auf Hortkreisen und Fortbildungen entwickelt wurden und für alle verbindend sind, folgt die Darstellung der Einrichtungen durch die jeweiligen Hortteams. Der Hortarbeitskreis ist ein ca. sechswöchentliches Treffen, an dem alle MitarbeiterInnen teilnehmen und inhaltliche Themen der Praxis weiterentwickeln. Die Auseinandersetzung mit Lebenswirklichkeiten und neuen Erkenntnissen sowie die kontinuierliche Reflexion unserer Arbeit wirken sich auf die Inhalte unseres Konzeptes aus. Es wird nicht starr bleiben, sondern immer in Bewegung sein. Die Form der Klemmmappe versucht, diesem Umstand gerecht zu werden: Einzelne Seiten können ergänzt und verändert werden. Kinder stärken – „Freundlichkeit steckt an!“ Gesehen werden, wenn ich etwas kann oder wenn ich Hilfe brauche, etwas falsch machen dürfen, von anderen akzeptiert werden, spannende Dinge erleben, lachen, streiten, sich vertragen, in den Arm genommen und verstanden werden... Willkommen im Hort! Die Wertschätzung jedes einzelnen Kindes und das respektvolle Miteinander in der Gruppe sind Grundhaltungen unserer pädagogischen Arbeit. Die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Forschung, die der Frage nachgeht, was Kinder stärkt, hat uns darin bekräftigt: Die Fähigkeiten, sich aktiv mit der Umwelt auseinanderzusetzen, sich seiner Fähigkeiten und Hilfsmöglichkeiten bewusst zu sein und in diese vertrauen zu können, bieten den Kindern eine sichere Basis, um Schwierigkeiten als lösbare Herausforderungen angehen zu können.1 Kinder in der Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls zu unterstützen, ihnen eine entspannte, respektvolle und freundliche Atmosphäre zu bieten, ist das Ziel unseres täglichen Handelns und findet sich in folgenden Leitgedanken wieder: Ressourcenorientierung – „Stärken (an)erkennen“ Umgang mit Konflikten Bindung – „Der sichere Hafen“ Partizipation – „Hier kann ich mich einbringen!“ Peer-Groups – „Freunde finden“ Umgang mit Irrtümern – „Keine Angst vor Fehlern!“ Ressourcenorientierung – „Stärken (an)erkennen“ Damit wir das Kind in seinem Selbstbewusstsein stärken können, ist es wichtig, dass es sich gesehen und wertschätzend anerkannt fühlt. In unserer Arbeit knüpfen wir an den Fähigkeiten der Kinder an und unterstützen sie in ihrer Selbstständigkeit. Wir interessieren uns für ihre Fragen und Anliegen und versuchen, die individuellen Lernstrategien der Kinder zu erfassen. Es ist ein großes Erfolgserlebnis, ein eigenes Ziel zu erreichen. Um in diesen Genuss zu kommen, müssen komplexe Anforderungen bewältigt werden: Die Entwicklung eines Bewusstseins für ein eigenes Ziel, von Strategien der Umsetzung, eines Umgangs mit Niederlagen, von Ausdauer, von Handlungsalternativen bzw. -abwandlungen etc. Auf diesem Weg sprechen wir die Kinder auf ihre Stärken an und unterstützen sie bei der Erweiterung ihrer Fähigkeiten. So möchten wir es ihnen ermöglichen, eigene Erfahrungen zu machen und Lösungen zu finden. Wîr staunen über die kreativen Einfälle der Jungen und Mädchen, die sie zur Problemlösung (er)finden. Ein Vorwegnehmen von Antworten hingegen stört die Kinder in ihrer Neugierde und Eigenständigkeit und fördert Abhängigkeit. 5 Unser Zurücknehmen ermöglicht dem Kind eigene Erfahrungen und Erfolgserlebnisse, die Grundlage für nachhaltiges Wissen sind. In dem individuellen Verstehen der Themen und Fragen der Kinder unterstützt uns die Arbeit mit den „Bildungs- und Lerngeschichten“. Mit Hilfe dieser stärkenorientierten Methode werten wir unsere regelmäßigen Beobachtungen aus und treten darüber in den Dialog mit dem Kind. In einem Brief für das Kind werden die Eindrücke anschließend festgehalten. Die „Bildungs- und Lerngeschichten“ werden von den Kindern regelrecht eingefordert. Sie sind berührt und stolz, wenn sie hören, wie sie in ihren Fähigkeiten erkannt werden. Umgang mit Konflikten Konflikte sind für die Persönlichkeitsentwicklung unabdingbar. Über sie findet eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wertvorstellungen statt, aus der sich die eigene Positionierung sowie ein Verständnis für die Anliegen anderer entwickeln. Die Kinder sehen einander als Spielpartner, die gemeinsame Regeln finden wollen. Meistens erkennen sie sehr leicht, dass die Bedürfnisse und Meinungen voneinander abweichen. Es ist in diesem Alter aber eine großartige Herausforderung, bei sich widersprechenden Ansichten eine Lösung zu finden. Und damit diese Lösungen irgendwann gefunden werden können, heißt es, diese Situationen immer wieder zu üben, sprich: immer wieder in die Auseinandersetzung zu gehen. 6 Bei Konflikten ist von den Erwachsenen eine Hilfestellung gefragt, die keinen Verlierer und Gewinner kennt. Daher haben wir uns für die Konfliktschlichtung nach dem Psychologen Thomas Gordon entschieden: Jedes, der am Streit beteiligten Kinder, schildert in einem ersten Schritt den Streit aus seiner Perspektive. Dabei achten wir darauf, dass Kinder und Erwachsene sich körperlich auf Augenhöhe und, wenn möglich, in Augenkontakt befinden. Wir unterstützen die Kinder dabei, aus ihrer Sichtweise, von ihren Gefühlen zu erzählen, und ermutigen sie so, Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen. Die Bereitschaft zum gegenseitigen Verstehen wird mit den „Ich-Botschaften“ gestärkt: Das Gegenüber über sich sprechen zu hören, erleichtert dem Kind, eigene Anteile am Konflikt zu erkennen. So lernt es, eine empathische, einfühlende Haltung einzuüben. Beschuldigungen oder Generalisierungen („Das machst du immer so!“) erschweren das Zuhören, sodass wir Hilfestellungen geben, in der Erzählung darauf zu verzichten. Nachdem die Kinder einander angehört haben, sie sich ernst genommen und gesehen fühlen, können von ihnen Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Wir beobachten bei den Kindern, dass sie mit der Zeit im Lösen der Konflikte an Selbstständigkeit gewinnen. Wir trauen den Kindern eigene Lösungen zu und werden darin von ihnen tagtäglich bestätigt! Bindung – „Der sichere Hafen“ Peer-Groups - „Freunde finden“ Die Einschulung ist für die Kinder ein weiterer großer Schritt in ihrer Entwicklung. Nach der Zeit des Kindergartens werden in der Schule neue Anforderungen an sie herangetragen: Neben dem ungewohnten langen Sitzen vermehren sich die Aufgaben, die ein abstraktes Denken voraussetzen. Kulturtechniken werden erlernt, die den Eintritt in einen neuen Lebensbereich ermöglichen. Das Erlernen der Schriftsprache erweitert die Möglichkeit des Ausdrucks und der gesellschaftlichen Teilhabe: Briefe können geschrieben und Texte, die bisher nur den Lesekundigen entschlüsselbar waren, können nun selbstständig erfasst werden. Mit dieser zunehmenden Autonomie wächst auch der Bedarf an eigenen Räumen. Der räumliche Horizont erweitert sich: Orte, die vorher nur in Begleitung aufgesucht werden konnten, werden zunehmend alleine entdeckt. Die Kinder gehen vermehrt außerhalb des familiären Rahmens ihre eigenen Wege. Das Bedürfnis nach wachsender Unabhängigkeit wird von dem nach Nähe und Geborgenheit begleitet. Der Hort bietet mit seinen kontinuierlichen Beziehungspersonen Schutz, Nähe und Orientierung - einen „sicheren Hafen“. Für unsere Arbeit mit den Kindern im Hort ist ein Gleichgewicht zwischen Halten und Loslassen von großer Bedeutung. Für die Mädchen und Jungen im Hortalter ist das Schließen von Freundschaften ein großes Bedürfnis. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bietet - insbesondere für Einzelkinder - die Chance, einen Erfahrungsort zu finden, der nicht durch die Präsenz eines Erwachsenen bestimmt wird. In der Gruppe werden gemeinsame Vorstellungen entwickelt, deren Umsetzung allerdings oft durch verschiedene Meinungen erschwert wird. Mit zunehmendem Alter bzw. Erfahrungen können Kinder zu Lösungen kommen, die nicht auf einem Gerechtigkeitssinn aufbauen, der alle(s) gleich behandelt sehen will. Bis dahin bedeutet Freundschaft das Aushandeln und Einhalten von Gleichem: „Du hast mich nicht zu deinem Geburtstag eingeladen, also lade ich Dich auch nicht ein.“ „Du hast mir wehgetan, also tue ich dir auch weh, dann ist es gerecht.“ Die Kinder müssen also aushandeln, argumentieren, streiten und Lösungen finden etc. Hier entstehen alterstypische Erfahrungsspielräume, in denen die Mädchen und Jungen, die Kinder unterschiedlicher Altersgruppen voneinander profitieren können: Im Spiel können soziale, kognitive, sprachliche und emotionale Kompetenzen, Empathie und die Herausbildung der geschlechtlichen Identität durch den Erfahrungsaustausch mit den anderen differenziert und erweitert werden. Die Kinder sollen sich wohl fühlen. Dazu gehören verlässliche Beziehungen, die die Voraussetzung für das Erforschen der Welt - das Lernen - sind.2 7 Partizipation – „Hier kann ich mich einbringen!“ Damit das Zusammensein gelingen kann, braucht es Regeln, die auf Akzeptanz treffen. Wir vermitteln den Kindern, dass Regeln sinnvoll sind, dass sie dem einzelnen Orientierung und Schutz versprechen. Wenn wir Regeln gemeinsam entwickeln, ihnen die Bedeutsamkeit der Verbindlichkeit verständlich machen, können sie sich für deren Einhaltung einsetzen. Damit die Regeln sinnvoll und begreifbar bleiben, können sie von den Kindern hinterfragt werden. Ein Forum, in dem solche und andere Angelegenheiten der Gruppe angesprochen werden können, ist die Kinderbesprechung. Diese findet (unter unterschiedlichen Namen) regelmäßig in jedem Hort statt. Hier wird beispielsweise über den Essensplan oder das Ferienprogramm abgestimmt, Wünsche und Kritik von den Kindern ausgesprochen. So wie im Alltag das einzelne Kind in Entscheidungsprozesse einbezogen wird, erfährt es in den Besprechungen eine respektvolle Lernumgebung. Die Gruppe zeichnet sich durch ihre Heterogenität, Vielfalt aus, sie gibt jedem Kind die Chance, sich als ernstgenommenes Individuum einzubringen und damit Einfluss auf das Miteinander zu nehmen. In den demokratischen Abstimmungsprozessen lernen die Kinder, für ihre Meinung einzutreten manchmal mit dem gewünschten Erfolg, manchmal mit der Erfahrung, dass sich eine andere Position durchsetzt, jedoch immer mit dem Wissen, sich einbringen und lernen zu können, die eigenen Interessen zu vertreten. 8 Wenn ein respektvoller Rahmen gegeben ist, beobachten wir, wie souverän Kinder ihre Anliegen vor einer großen Gruppe vortragen können. Umgang mit Irrtümern – „Keine Angst vor Fehlern!“ Fehler gehören zum Lernen dazu. In der Auseinandersetzung mit der Umwelt kommt es zu Fehleinschätzungen, aus denen wiederum neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Entscheidend für die Persönlichkeitsentwicklung ist, wie Fehler von einem Individuum wahrgenommen, interpretiert und bewertet werden. Wir erleben häufig, dass Fehler negativ bewertet werden. Die Angst vor einem Fehler hemmt die Kinder unter Umständen, neue Erfahrungen zu wagen. So beobachten wir, dass Kinder die Ursache für den Fehler bei einem anderen suchen bzw. den Umständen zuschreiben: „Ich konnte ja nichts dafür, der andere hat angefangen.“ Damit Kinder das positive Potential ihrer Fehler erkennen können, sehen wir es als unsere Aufgabe, ihnen die Angst vor Fehlern zu nehmen: Fehler sind für uns Erfahrungen, aus denen wir lernen können. Auch wir Erwachsenen profitieren von dieser Fehlertoleranz, die wir den Kindern durch unser Vorleben vermitteln möchten. Wir hören den Kindern zu und überlegen mit ihnen, wie sie auf die Situation Einfluss nehmen können. Wenn die Kinder eine aktive Haltung im Umgang mit Fehlern lernen, können sie mutiger in die Auseinandersetzung mit der Umwelt treten. Sie haben nicht zu befürchten, dass Fehler ihr Selbstbewusstsein angreifen könnten. Sie können ihr eigenes Verhalten betrachten, besser eigene Schlüsse daraus ziehen und gelangen zu einer differenzierten Selbsteinschätzung. Sie erleben, dass sie Einfluss auf das Geschehen nehmen können. Mit diesem Wissen lassen sich auch schwierige Situationen meistern. Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen. Dietrich Bonhoeffer 9 Recht des Kindes auf Achtung und gewaltfreie Erziehung Die Jungen und Mädchen verbringen einen Teil ihrer Lebenszeit in den Horten. Die Erzieherinnen und Erzieher sind für viele Kinder wichtige Bezugspersonen, denen sie ihr Vertrauen schenken. In den Gesprächen wird über Schönes gesprochen und auch über das, was ein Kind bedrückt. Wenn wir in den Horten Auffälligkeiten beobachten, nehmen wir den Kontakt zu den Eltern auf. Gemeinsam kann ein Austausch stattfinden und überlegt werden, ob eine Unterstützung des Kindes bzw. der Familie als hilfreich eingeschätzt wird. Nur bei solchen Beobachtungen, die eine Verschlimmerung der Situation vermuten lassen, beispielsweise bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch, werden die Eltern nicht sofort einbezogen, sondern zuerst eine anonyme Beratungsstelle aufgesucht. Ziel ist es immer, das Wohl der Kinder zu fördern. Der Verein für Kinder e.V. nimmt den Schutzauftrag im Rahmen der Vereinbarung mit der Stadt Oldenburg wahr. Das Jugendamt hält hierfür wichtige, stärkende Angebote für Familien vor. Damit auch wir die Kinder vor Übergriffen in unseren Einrichtungen schützen, reichen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein erweitertes Führungszeugnis ein und aktualisieren dies. Gespräche über den Umgang mit Nähe und Distanz finden regelmäßig statt. Außerdem sind stets alle Räume für alle offen. 9a 10 „Wie sieht ein Hortalltag aus?“ Gesehen werden Hausaufgabenbetreuung Die Kinder kommen direkt nach Schulschluss in den Hort. Unsere Einrichtungen befinden sich alle auf dem Schulhofgelände, sodass die Wege kurz sind. Die Kinder werden von den MitarbeiterInnen begrüßt und auf einer Liste eingetragen. Bereits die ersten Worte und Körperhaltungen bieten wichtige Informationen über die momentane Befindlichkeit der Kinder. Nach einem langen Schulvormittag ist das Bedürfnis, einer selbst gewählten Tätigkeit nachgehen zu können, sehr stark. Die Kinder können sich mit dem beschäftigen, was ihnen gut tut. Oft beobachten wir einen großen Bedarf an körperlicher Bewegung. Genauso gehen sie aber auch ruhigen und kreativen Beschäftigungen nach oder/und erzählen von den Erlebnissen des Vormittags. Wenn die Eltern es wünschen, bieten wir nach dem Essen eine Hausaufgabenbetreuung an. Die Hausaufgaben dienen dem Zweck zu üben und ermöglichen den Lehrern/Lehrerinnen zu erkennen, ob der Inhalt verstanden wurde. Mittagessen Anschließend findet das Mittagessen statt. In der zweigruppigen Einrichtung bereitet eine Köchin das Essen zu. Die anderen Horteinrichtungen beziehen das Essen von der „Karotte“. Die Kinder können über den wöchentlichen Essensplan abstimmen. Wir legen Wert auf ökologische Produkte und bieten zusätzlich frische Rohkost an. Damit das Essen zu einem sinnlichen Erlebnis werden kann, achten wir auf eine ruhige, familiäre Atmosphäre. 11 Uns ist es wichtig, eine ruhige Atmosphäre zu schaffen. Unter Umständen wird vorab eine Entspannungsübung angeboten. Bevor die Kinder mit den Hausaufgaben beginnen, unterstützen wir sie dabei, die Arbeitssituation/ den Arbeitsplatz zu strukturieren. Dies ist besonders bei den Jüngsten von großer Bedeutung. Sie profitieren, wenn sie bei den „Großen“ eine entsprechende Arbeitsstruktur beobachten können. Die Hausaufgaben werden von einer Kollegin, einem Kollegen begleitet. Sie stehen jederzeit für Fragen und zur Unterstützung zur Verfügung. Wenn es Informationen zu dem Methodeneinsatz der LehrerInnen gibt, kann darauf eingegangen werden (z.B. das Arbeiten mit dem Zahlenstrahl). Zudem unterstützen wir die Kinder darin, Verantwortung für die Erledigung der Hausaufgaben zu übernehmen, beispielsweise indem sie abzeichnen, dass sie die aufgetragenen Aufgaben bearbeitet haben. Bei der Dauer der Hausaufgaben orientieren wir uns an den schulischen Empfehlungen. Der Hort bietet folgende Angebotsformen an: Zeit für selbst gewählte Aktivitäten – „Eigenzeit fördert den Eigensinn“ Wie in den vorangegangenen Kapiteln angesprochen, sehen wir im Spiel eine sinnvolle, ernsthafte, lustvolle und kreative Auseinandersetzung mit der Umwelt. Um die Selbstbildungsprozesse individuell und adäquat unterstützen zu können, nutzen wir diese Zeit zum Beobachten. Wir sind AnsprechpartnerInnen für die Belange der Kinder. Außerdem beobachten wir häufig, dass die Tätigkeiten der Erwachsenen die Kinder zum Mitmachen einladen. So können beispielsweise beim Fegen des Schulhofes schnell alle Besen vergriffen sein. Angebote Wir machen den Kindern regelmäßig Angebote. Bei der Auswahl greifen wir die Interessen der Kinder auf, beziehen Kinder in die Planung mit ein. Manchmal bieten die Kinder etwas an. Aber auch die Eltern sind herzlich eingeladen, ihre Fähigkeiten in Form eines Angebotes einzubringen. Die Kinder entscheiden, ob sie mitmachen möchten. Wir bieten neben der bereits genannten Hausaufgabenbetreuung und den Kinderbesprechungen folgende Möglichkeiten an: kurzfristige / spontane Angebote Diese Form gibt uns die Möglichkeit, spontan Themen der Kinder aufgreifen zu können. Die Teilnahme ist unverbindlich. regelmäßige Angebote Die AGs finden über einen klar definierten Zeitraum regelmäßig statt und greifen verschiedene Bereiche (sportlich, kreativ, musisch etc.) auf. Die Teilnahme ist nach der Anmeldung verpflichtend. Projekte Während eines Projektes wird in verschiedenen Arbeitsgruppen an einem übergreifenden Thema gearbeitet. hortübergreifende Aktionen Unser jährlich stattfindendes Fußball-Turnier ist für viele Kinder ein ganz besonderes Ereignis, für das lange vorher trainiert wird. Die Gruppen bereiten zum Teil eigene T-Shirts und Parolen vor. Bei dieser Auswahl ist es schnell 17.00 Uhr und somit Zeit, den Heimweg anzutreten. Wenn die Eltern uns entsprechend benachrichtigen, können die Kinder alleine nach Hause gehen. Doch gerade in der ersten Zeit ist es für die Kinder häufig wichtig, den Eltern etwas zeigen, ihre Erfahrungen mitteilen zu können. 12 Ferien – „Zeit für gemeinsame Erlebnisse“ Ist der Hortalltag während der Schulzeit an die Hausaufgaben gebunden und auf den Nachmittag beschränkt, können in den Ferien zeitintensivere Angebote durchgeführt werden. Unsere Horte sind dann, bis auf die Schließungszeiten, ganztägig geöffnet. Das Ferienprogramm wird gemeinsam mit den Kindern geplant. Zu den bereits vorgestellten Angebotsformen bieten wir Ausflüge und teilweise auch mehrtägige Freizeiten an. Um den Personaleinsatz planen zu können, sind für die Ferienzeiten verbindliche Anmeldungen erforderlich. 13 Gäste und Hobbys Natürlich können die Kinder ihren Hobbys und Aktivitäten weiterhin nachkommen. Nur müssen wir darüber informiert sein, damit wir die Kinder entsprechend auf den Weg bringen und verabschieden können. Genauso ist es möglich, dass Kinder den Hort für andere Aktivitäten früher verlassen. Wir machen den Familien ein ergänzendes, nicht ersetzendes Angebot. Unsere Erfahrung ist jedoch, dass es sich für die Entwicklung des Kindes im Hort positiv auswirkt, wenn es einen „Platz in der Gruppe“ gefunden hat und es damit die Kinder und Erwachsenen, Regeln und Angebote kennt. Wenn es über eine entsprechende Orientierung verfügt, kann es intensiver in die Auseinandersetzung mit der Umwelt eintreten. Eigene Räume Im Hort sind auch Freundinnen und Freunde willkommen. Da der Besuch an einigen Tagen günstiger als an anderen in den Hortalltag zu integrieren ist, bitten wir die Hortkinder, die Gastkinder vorab anzumelden. Medien Unser Hauptanliegen ist es, den Kindern begreifbare, sinnreiche Erfahrungen zu ermöglichen. Wir geben den Kindern Hilfestellungen für einen sinnvollen Umgang mit den Medien. Die meisten Kinder im Hort bringen Medienerfahrungen mit. Dabei unterscheiden sich die Erfahrungen nach Art und Dauer. Mit Medien kann man tolle Dinge machen: Es gibt interessante Filme, die Wissen vermitteln, kreative Bearbeitungsprogramme, mit deren Hilfe am Computer beeindruckende Einladungen gestaltet werden können. Es kann viel Spaß machen, mit der Freundin/dem Freund ein Spiel am Nintendo DS zu spielen etc. Wir setzen Medien unterstützend, ergänzend und immer begrenzt ein: Indem z.B. die Kindersuchmaschine selbstständig eingesetzt werden kann, um einer eigenen Frage nachgehen zu können. Das Internet ist, neben allen Gefahren, eine reichhaltige Wissensquelle. Die Benutzung einer Kindersuchmaschine kann die Freude am eigenständigen Lernen positiv beeinflussen. Und das gemeinsame Lachen beim Gestalten der „Wilden Hühner“ am PC hat auch einen eigenen Wert. Über die genauen Regelungen können Sie sich gerne bei den einzelnen Hortteams erkundigen. Mit zunehmendem Alter steigt der Bedarf an „erwachsenenfreien“ Räumen. Die Kinder wollen vermehrt unter sich sein, Konflikte selber lösen und Regeln aushandeln. Ihnen ist es jedoch wichtig zu wissen, wo sich die Erwachsenen befinden, um evtl. auf Hilfe zurückgreifen zu können. Wir kommen diesem Bedürfnis nach Autonomie nach, indem Kinder auch eigene Räume aufsuchen können. Die Kinder informieren die ErzieherInnen darüber, wo sie was spielen wollen. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, einzuschätzen, ob ein Kind Unterstützung oder einen entsprechenden Freiraum benötigt. Die Erziehung soll das Kind in seiner Eigenverantwortung und Selbstständigkeit fördern. Diesem Ziel würde der Hort nicht gerecht werden, wenn er die Türen vor selbstständigen Erfahrungen in eigenen Räumen verschließen würde.3 . Einstieg und Abschied Die neuen Kinder und Eltern werden durch einrichtungstypische Angebote eingeladen, den Hort vor dem Schulbeginn zu „beschnuppern“. Ob auf einem gemeinsamen Sommerfest oder durch Einladungen während der Ferienzeiten – die Kinder haben die Möglichkeit, den Hort vor Schulbeginn kennen zu lernen. Wenn die Kinder nach der gemeinsamen Zeit den Hort verlassen, gestalten wir den Abschied mit einrichtungsspezifischen Ritualen. Der Abschied ist nach den gemeinsamen Erlebnissen sowohl für die Kinder als auch für die MitarbeiterInnen von einer großen Emotionalität geprägt. 14 Bereits im Vorfeld wird dieser mit den Kindern angesprochen: In einigen Gruppen gibt es spezielle Angebote für die Kinder der vierten Klasse, um ihnen einerseits ihren Interessen entsprechende Angebote unterbreiten zu können und sie andererseits bewusst auf den Abschied vorzubereiten. Manchmal besteht die Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besichtigen etc. Uns ist eine bewusste Begleitung wichtig, denn nachdem sie als „große ViertklässlerInnen“ den Hort verlassen, beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt, in dem sie zunächst die „kleinen FünftklässlerInnen“ sein werden. 14 15 Wiederholungen geben Orientierung. Der Hortalltag bietet tägliche Rituale (Essen, Hausaufgaben etc.) an. Auch die Abschiedsrituale kennen die Kinder, nachdem sie diese vorab bereits mehrmals miterlebt haben. Sie wissen deshalb um ihre Bedeutung. Der bewusst gestaltete Abschied kann den Kindern, Eltern und MitarbeiterInnen außerdem helfen, etwas Neues beginnen zu können. Natürlich sind die Kinder nach der Hortzeit herzlich eingeladen, ihren Hort zu besuchen, und diese Einladung wird von einigen Kindern gerne in Anspruch genommen. Bildung – „Sich ein Bild machen“ Unser Auftrag Unser Bildungsbegriff Die Aufgabe der Horte umfaßt die Bildung, Betreuung und Erziehung des Kindes. Horte haben gemäß SGB VIII /KJHG neben dem Betreuungsauftrag auch einen eigenständigen pädagogischen Auftrag. Die Kindertageseinrichtungen haben demnach einen lebenspraktischen, ganzheitlichen Bildungsansatz. Näher erläutert wird dies im für uns verbindlichen Landesgesetz. Die Landesgesetzgebung stellt die Erziehung und Bildung vor den Aspekt der Betreuung. Das niedersächsische KitaG gibt Kindertagesstätten den Auftrag: Die Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken. Sie in sozial verantwortliches Handeln einzuführen. Ihnen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die eine eigenständige Lebensbewältigung im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten des einzelnen Kindes fördern. Die Erlebnisfähigkeit, Kreativität und Phantasie der Kinder zu fördern. Den natürlichen Wissensdrang und die Freude am Lernen zu pflegen. Die Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen erzieherisch zu fördern. Den Umgang von behinderten und nicht behinderten Kindern sowie von Kindern unterschiedlicher Herkunft und Prägung untereinander zu fördern. Die Hortkinder sind von den konkreten Sachzusammenhängen fasziniert (z.B. „Wie funktioniert Strom?“). Wenn die Kinder ihren Fragen nachgehen, sind sie unermüdlich darin, sich mit der (Um)Welt auseinanderzusetzen. Wir beobachten, wie konzentriert sie sich mit ihren Themen beschäftigen. In der Auseinandersetzung bringt sich das Kind mit der ganzen Persönlichkeit ein, es erstellt Hypothesen, es bildet und verarbeitet Verallgemeinerungen, verwirft und/oder differenziert gewonnenes Wissen, übt und überprüft neues Wissen durch Wiederholungen etc. Das Wissen wird an bereits vorhandenes angeknüpft und damit nachhaltig „gespeichert“. Die Erfahrung in der eigenen Auseinandersetzung wird zu einem lebendigen Austauschprozess zwischen dem Individuum und der Welt. Bedeutungen und individuelle Strukturen der Verallgemeinerungen werden geschaffen, der Frage „Wie funktioniert diese Welt?“ wird nachgegangen – ein eigenes Meisterwerk entsteht! 16 Um das Kind in seiner Auseinandersetzung mit der Umwelt unterstützen zu können, sind uns folgende Ansätze wichtig: „Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen.“ Heraklit Der Raum (innen und außen) hat einen Einfluss auf das Sein der Kinder. Über die Umgebung, die Materialien werden Kinder neugierig und interessiert, einer eigenen Frage nachzugehen bzw. diese zu bilden. Wir möchten, dass aus Räumen Erfahrungsräume werden, die die Kinder in ihrer Suche nach Fragen und Antworten selbstständig tätig, selbstwirksam werden lassen. Der Raum ist neben den Erwachsenen und den anderen Kindern der dritte Pädagoge4. Neben den häuslichen Räumen ist es uns wichtig, dass Kinder das Sein in der Natur erleben können. Die Sinnhaftigkeit der Natur lädt die Kinder zu vielfältigen Beschäftigungen ein. Regeln, die im häuslichen Zusammensein wichtig sind, brauchen wir in der Natur nicht. Hier gibt es die Möglichkeit, laut sein zu können, ohne dass andere in ihrem Spiel gestört werden. Die Natur ist unerschöpflich an Material, Geheimnissen, Rhythmen und Herausforderungen. Kinder stehen noch staunend vor dem Springkraut, dessen Samen auf ihre Berührung hin wegschnellen. 17 Wir möchten den Kindern ein lebendiges Bewusstsein für ihre natürliche Umwelt ermöglichen. Darin sehen wir die beste Grundlage, um zunehmend mehr Verantwortung für die Natur übernehmen zu wollen. Das Lernen ist ein ganzheitlicher Prozess. Wenn wir lernen, eignen wir uns auch die entsprechenden Gefühle an. Damit das Erlernte später konstruktiv genutzt werden kann, ist es wichtig, dass wir in einer angenehmen, angstfreien Atmosphäre lernen. Angst versperrt die Kreativität, die gebraucht wird, wenn wir Wissen auf eine andere Situation übertragen wollen. Uns ist es wichtig, dass die Kinder in ihrem Spiel, ihrer Auseinandersetzung Fehler als Chance begreifen, aus denen etwas gelernt werden kann. Wir arbeiten ressourcenorientiert, bauen auf den Stärken der Kinder auf, machen ihnen Mut, eigene Lösungen zu finden. Wir geben positive Rückmeldungen, sodass „Lust auf mehr“ wachsen kann. „Man kann gar nicht Nicht-Lernen. Die Kinder lernen nur nicht immer das, was wir Erwachsenen wollen.“5 Bildungs- und Lerngeschichten Die „learning stories“ wurden von Magret Carr in Neuseeland entwickelt. Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat diese 2004 aufgegriffen, um sie in deutschen Tageseinrichtungen einzuführen und weiterzuentwickeln. Im Rahmen der Qualitätsentwicklung nach IQUE arbeiten seit 2006 alle Einrichtungen im Verein für Kinder e.V. mit den Bildungs- und Lerngeschichten. Drei interessierte Kolleginnen haben sich durch eine Zusatzausbildung vom DJI als Multiplikatorinnen zertifizieren lassen. Sie bieten jährlich eine Fortbildung für die neuen Kollegen/innen an. Auch für Fragen, die bei der praktischen Umsetzung entstehen, sind sie kompetente Ansprechpartnerinnen. Die Bildungs- und Lerngeschichten sind eine stärkenorientierte Methode der Beobachtung und Dokumentation. Die Beobachtungen werden ausgewertet, indem nach dem Interesse dem Engagement dem Standhalten bei Schwierigkeiten dem sich Mitteilen und Ausdrücken und dem Wirken in der Lerngemeinschaft, der Gruppe gefragt wird. Die Fragen helfen dabei, den Themen und Interessen der Kinder „auf die Spur zu kommen“. Darüber hinaus unterstützen sie, die Art und Weise des Lernens, die Lernstrategien zu erkennen. Im Austausch mit den Kollegen/innen wird über Angebote/Materialen nachgedacht, die das Kind in seinen Interessen unterstützen und herausfordern können. Das Gespräch mit den Kindern ist ein Herzstück der Arbeit, hier teilen die ErzieherInnen ihre Beobachtungen mit, vergewissern sich, ob ihre Wahrnehmung mit der des Kindes übereinstimmt. Die Kinder werden in die Gestaltung einbezogen, indem sie beispielsweise eine Schriftart wählen. Anschließend wird eine Bildungs- und Lerngeschichte formuliert, in Form eines Briefes, einer Fotoreportage o.ä. Diese wird in eine Mappe geheftet, die dem Kind gehört und in der weitere persönlichen Bilder und Beiträge zu entdecken sind. Die Kinder genießen den Dialog über die Inhalte und schauen mit Stolz auf IHRE Bildungs- und Lerngeschichte. Beobachtungen werden so zur Beachtung! Die Eltern sind natürlich herzlich eingeladen, sich an dem Füllen der Mappen zu beteiligen. Mit dem Integrieren der „Bildungs- und Lerngeschichten“ in den Hortalltag: werden Selbstbildungsprozesse und damit ein entsprechendes Bildungsverständnis proklamiert. Es gibt nicht den „allein wissenden Erwachsenen“, der den Kindern das Wissen zu vermitteln hat. In diesem Bildungsverständnis wird der Erwachsene zum Begleiter, Arrangeur, der Möglichkeiten zur Verfügung stellt und in Kauf nimmt, dass die Kinder in einigen Bereichen mehr wissen als er. 18 „Wenn etwas positiv ist, macht es Spaß und sie können besser denken. Wenn sie besser denken, bleibt es besser hängen, und das wollen wir ja beim Lernen.“ Manfred Spitzer wird ein Menschenbild unterstützt, das von Vertrauen und Stärkenorientierung geprägt ist. Es geht darum, die Strategie des einzelnen Kindes zu verstehen, neugierig zu sein, dem Kind eine wertschätzende Atmosphäre zu schaffen. ist der Dialog mit dem Kind ein zentrales Anliegen. Ein Dialog setzt eine Offenheit für Veränderung voraus. Kinder werden in ihren Fähigkeiten gesehen und gehört, und das Vertrauen stärkt sie in ihrer Entwicklung. 18 19 können Kinder ihre Lernstrategien erkennen und erweitern. Neben den Erkenntnissen, wie sie sich selber Wissen aneignen, erfahren sie ebenso, wie sie sich in die Gruppe einbringen. Die Bildungs- und Lerngeschichten tragen dazu bei, dass die Kinder sich ihrer selbst bewusst sind, ihr Verhalten reflektieren können und in der Entwicklung ihrer sozialen Kompetenzen unterstützt werden – Kompetenzen, die in unserer Wissensgesellschaft von großem Nutzen sind und von den Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft in der Delphi-Studie als Schlüsselkompetenzen benannt werden.6 Gender - „Weil ich ein Mädchen/Junge bin???“ Für die Entwicklung der Ich-Identität ist es für Kinder bedeutsam, sich bejahend als Junge oder als Mädchen zu identifizieren und von der Umgebung entsprechend (an)erkannt zu werden. Das, was die Gesellschaft jedoch als „typisch männlich“ / „typisch weiblich“ zuordnet, ist gesellschaftlich konstruiert und unterliegt einer immerwährenden Veränderung. Die Zuschreibungen werden verbal und nonverbal vermittelt. Im Zusammensein ist es uns wichtig, dass die Mädchen und Jungen in ihrem Potential gesehen und unterstützt werden. Der Einengung, durch die sozialen Zuschreibungen - den Geschlechterklischees - möchten wir entgegenwirken. Unser Ziel ist es, den Jungen und Mädchen vielseitige Erfahrungs- und Entwicklungsspielräume zu ermöglichen. Die Sensibilisierung für die sozialen Zuordnungen ist uns wichtig, da Kinder versuchen, geschlechtsspezifischen Erwartungen zu entsprechen (ein möglicher Grund für die vielen Prinzessinnen und Cowboys zum Faschingsfest?). Kinder sind demnach auch immer Spiegel der Gesellschaft, in der sie leben. Das Spielzeug, das von der Industrie vermarktet wird, betont in den meisten Fällen traditionelle Rollenzuschreibungen.7 In der Entwicklung der Jungen und Mädchen kommt hinzu, dass sie über den Erwerb der Schriftsprache ergänzend zu den Informationen, die über die Bilder der Medien transportiert werden, nun auch Textinhalte verstehen. Die Horteinrichtungen haben nach § 9 Abs. 3 SGBVIII/KJHG und dem niedersächsischen Landesgesetz, dem KiTaG, den gesetzlichen Auftrag, „die Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen zu fördern“. In der Umsetzung bedeutet dies für unsere Arbeit: Wir vermitteln ihnen, dass ihnen in ihrem Jungen- und Mädchensein die ganze „Farbpalette von Gefühls- und Handlungsformen“ zur Verfügung steht. –Sprich: Wir setzen stereotypen Mustern Alternativen entgegen. Es geht uns darum, Kindern zu vermitteln, dass sie sich als Mädchen und Jungen begegnen können, die sich einander als gleichwertig wahrnehmen. Die Verwirklichung dieser Ziele bedeutet eine permanente Auseinandersetzung mit den eigenen Rollenzuschreibungen. In diesem Prozess können wir unser Verhalten, die Materialien und Angebote bewusst auf die entsprechenden Aussagen hin überprüfen. 20 Kooperation Hort und Schule Hortkinder sind Schulkinder. Für die Verknüpfung der beiden Lebensorte ist eine Kooperation der beiden Institutionen wichtig. Diese wird in unseren Einrichtungen dadurch erleichtert, dass sich die eigenen Horträume auf dem Schulgelände befinden. Die Hortteams sind an diesem Zusammenwirken sehr interessiert und haben mit den Schulen unterschiedliche Foren des Austausches gefunden. Die Themen beziehen sich auf gemeinsame Inhalte, wie z.B. die Nutzung gemeinsamer Räume oder den Umgang mit Konflikten. Ein Austausch über die Kinder zwischen den ErzieherInnen und den Lehrkräften findet nur dann statt, wenn die Eltern eine Erlaubnis erteilt haben. 20 21 Die Wirkenden der beiden Institutionen haben zum Teil verschiedene Aufgaben, aber gemeinsame Ziele. In der Kooperation geht es darum, uns gegenseitig über Inhalte und Methoden auszutauschen, um durch ein gegenseitiges Verständnis und Akzeptieren voneinander profitieren zu können. Lerninhalte der Schule lassen wir im Rahmen unseres ganzheitlichen Konzeptes in den Hortalltag einfließen. So beziehen wir Kinder beispielsweise in den Einkauf ein, lassen Preise errechnen, Einkaufslisten verfassen etc. Wenn Unterschiede keine Angst machen, können die beiden Systeme einander ergänzen und bereichern! Eltern Eltern sind bei uns herzlich willkommen! Wesentliche Merkmale für die Elternarbeit sind Transparenz und ein respektvoller Umgang. Der Austausch bestärkt den gemeinsamen Wunsch, das Kind in seiner Entwicklung zu unterstützen. Gelegenheit dazu gibt es bei: Elternabenden/-nachmittagen Elterngesprächen (nach Bedarf und Vereinbarung) Informationsaustausch über Briefe, Aushänge und Hortprograme Zudem bieten sich die MitarbeiterInnen beim Abholen der Kinder gerne als GesprächspartnerInnen für einen kurzen Austausch an. Bei Festen und Ausflügen kommen Kinder, Eltern und ErzieherInnen in lockerer Atmosphäre zusammen. Kennenlernen und gemeinsames Erleben bewirken unserer Erfahrung nach, dass sich Eltern gegenseitig unterstützen und helfen können. Feste und Ausflüge werden sowohl von dem Team als auch von Eltern – oder auch gemeinsam – organisiert. Damit erleben auch Hortkinder das Zusammenwirken zwischen Hort und Familie. Offiziell sind die Eltern im Hort durch ElternvertreterInnen repräsentiert. Sie sind nach dem Niedersächsischen KiTaG in jeder Einrichtung zu wählen. Sie nehmen an Gesprächen teil, wenn es um Gruppenbelange geht, die z.B. wesentliche konzeptionelle Änderungen oder die Besetzung von unbefristeten Personalstellen etc. betreffen. In Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Team können die gewählten Eltern als Vermittler eingeschaltet werden. Als Vertreter der Einrichtung können sie an Sitzungen des Stadtelternrates der Kindertagesstätten (Kitas) teilnehmen. Alle Eltern sind eingeladen, sich mit ihren Wünschen, Fragen und Beiträgen aktiv einzubringen. 22 Qualitätsentwicklung und -sicherung Qualität liegt uns am Herzen! Uns ist es wichtig, dass sich die Qualität der Arbeit durch eine kontinuierliche Reflektion und die Auseinandersetzung mit neuen Erkenntnissen auszeichnet. Regelmäßige Supervision sowie interne und externe Fortbildungsangebote stellen dies sicher. Darüber hinaus haben wir im Verein für Kinder e.V. folgende Qualitätskriterien festgelegt: 23 Jede Einrichtungsart (Hort, Kindergarten, Krippe) wird von einer Fachberaterin begleitet. Sie steht mit den einzelnen Einrichtungen in Kontakt, ist für die Eltern Ansprechpartnerin und organisiert entsprechende Arbeitskreise. Der Hortarbeitskreis findet regelmäßig statt. Auf diesen Treffen werden inhaltliche Themen weiterentwickelt und gemeinsame Projekte (z.B. das Hortfußballturnier) geplant. Ein wichtiger Bestandteil ist der kollegiale Austausch, durch den die eigene Arbeit reflektiert und erweitert wird. Seit dem Jahr 2007 findet darüber hinaus einmal jährlich ein trägerübergreifendes „Regionaltreffen Hort“ statt, auf dem über gemeinsame Themen referiert und eine Möglichkeit zum Austausch gegeben wird. Leitbild Im Jahr 2000 wurde mit Eltern, den MitarbeiterInnen und dem Vorstand ein Leitbild entwickelt. Dieses wird den Eltern mit Vertragsabschluss mitgegeben. Es ist auf unserer Website www.verein-fuer-kinder.de nachzulesen. Das Leitbild beschreibt mit seinen 5 Säulen die Qualitätsmerkmale: Pädagogik, Eltern, Ökologie, Strukturen der Zusammenarbeit, Lobby für Kinder und Familien. Es hält Erfahrungen und Erkenntnisse fest, die wir seit 1980 im Verein gesammelt haben. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist die Zusammenarbeit mit den Eltern. Unsere Wurzeln liegen in einer Elterninitiative. Von Anfang an waren wir mit den Eltern im Dialog – und daran ist uns bis heute gelegen! Alle interessierten Eltern sind eingeladen, in den Gremien des Verein für Kinder e.V. mitzuwirken. Arbeitskreise Personal- und Qualitätsentwicklung in Bildung und Erziehung Im Jahr 2005 hat sich der Verein für Kinder e.V. entschieden, an einer fortlaufenden Qualitätsentwicklung teilzunehmen. Bei der Auswahl des Anbieters war für uns entscheidend, dass Qualität als Prozess verstanden wird, der von den Kollegen/innen, den Eltern und dem Vorstand gemeinsam entwickelt werden kann. Eine Entsprechung haben wir in dem Verfahren nach IQUE (integrierte Qualitäts- und Personalentwicklung) gefunden, das von Ulrike Ziesche entwickelt wurde. Nach dieser Methode werden Inhalte aus der täglichen Praxis ausgewählt (Kernprozesse), die methodisch und inhaltlich bearbeitet werden. Gemeinsam mit allen genannten Personen werden Leitsätze und Qualitätskriterien entwickelt, die nach einer Bestandsaufnahme nach Hand- lungszielen und Maßnahmen der Umsetzungen gegliedert werden. Die verbindlichen Qualitätsvereinbarungen, die die Einrichtungen abschließend formulieren, werden nach einem vereinbarten Zeitraum überprüft. Unser erster Kernprozess stellte die Auseinandersetzung mit der Thematik „Beobachtung und Dokumentation“ dar. Daraus haben wir uns für die Einführung der „Bildungs- und Lerngeschichten“ entschieden, die als Methode im niedersächsischen Orientierungsplan empfohlen wird. 24 23 Abschlusswort(e) Wir wollten Sie/ Euch neugierig auf unsere Arbeit im Hort machen und hoffen, dass uns dies gelungen ist. Über Fragen, Rückmeldungen und/oder einen Besuch freuen wir uns. Wir bitten vorab um eine Terminabsprache. Mehr über den Verein für Kinder e.V. finden Sie auf unserer Website: www.verein-fuer-kinder.de Wir (und noch mehr) haben an dem Konzept mitgewirkt: Iris Arndt, Ines Barrie, Monika Blancke, Petra Bruns-Gülker, Nadine Dyba, Martina Glock, Andrea Hanisch, Vanessa Knaack, Ronja Liebscher, Margret Roß, Ingrid Rowold, Susanne Schubert, Susanne Schumacher, Maike Settgast, Heino Verver, Katja Vogt, Johannes Weerts, Kathrin Wibbeke, Sibel Yoldas Fotos Konzept allgemein: www.fotolia.de; Fotos aus den Horten: privat Gestaltung: Werkstattgraphik, Jürgen Biella Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren. Maria Montessori Fußnoten 1 vgl. Opp, Fingerle, Freytag (Hg.), Was Kinder stärkt, München 1999, 177 2 vgl. Scheuerer-Englisch, Suess, Pfeifer (Hg.), Wege zur Sicherheit, Gießen 2003, 27ff. 3 vgl. Berry und Pesch, Welche Horte brauchen Kinder, Darmstadt, 2000, 131 4 in: Kahl, Kinder!(DVD); Archiv der Zukunft, 2008 5 in: Kahl; Manfred Spitzer, Lernen. Die Entdeckung des Selbstverständlichen (DVD), Archiv der Zukunft, 2006 6 DJI, Das Rad erfinden (DVD), DJI,1999 7 vgl. M. Walter, Jungen sind anders, Mädchen auch, München 2008, 87f 25