Elegant wie Gill Sans - Hochschule für Künste Bremen
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Elegant wie Gill Sans - Hochschule für Künste Bremen
Stadtteil-Kurier SEITE 2 MIT · NR. 63 · MONTAG, 16. MÄRZ 2009 Buchmesse ist überall: Neuerscheinungen und Lesungen in Bremen WK 16.03.2009 Der versammelte Heinz Erhardt Lyrische Momente auch in Schulen Von Alena Hecker Rudolph Bauer bereitet Poesietag vor Von Karin Osmers Ostertor. Im Jahr 2000 hat Unesco den 21. März zum Welttag der Poesie erklärt. Erstmals beteiligen sich Autoren aus Bremen und umzu jetzt an diesem Tag, der an den Stellenwert der Poesie, an die Vielfalt des Kulturguts Sprache und an die Bedeutung mündlicher Traditionen erinnern soll. Das Bremer Programm eröffnet WDR-Lektorin Barbara Engelmann am Mittwoch, 18. März, um 20 Uhr mit dem Thema „Kontraste – unterschiedliche Tendenzen aktueller deutscher Lyrik“ im Raum 103 des BambergerHauses an der Faulenstraße 69. „Sehr spannend und interessant“, wie der Ostertorsche Autor, Künstler und Wissenschaftler Rudolph Bauer meint. „Der Begriff Lyrik klingt vielleicht antiquiert und verstaubt, aber ist das so?“, fragt er und wünscht sich ein großes Publikum. Der Eintritt ist frei. Viele Bewerbungen Am Donnerstag, 19. März, zieht die Lyrik in verschiedene Klassenzimmer in Grundschulen und Schulstufen Sek I und Sek II im gesamten Bremer Raum. Zehn Autoren haben laut Organisator Hartmut Horn ihre Teilnahme am „World Day of Poetry: Poesie in die Schulen“ zugesagt. Weil sich so viele Schulen darum beworben haben, wird mancherorts auch an anderen Tagen gelesen, gereimt und im Rhythmus geklatscht. Hartmut Horn, Wort-Sinn-Künstler aus dem niedersächsischen Bötersen und auch unter dem Namen Hartmut Global bekannt, wird vier Schulen besuchen und beispielsweise „Elfchen“ mit den Schülern schreiben. Aus dem Viertel, so bedauert er, habe sich keine einzige Schule angemeldet, obwohl Rundbriefe verschickt worden seien. „Vier Autoren, die im Eck leben, wären gerne in die dortigen Schulen gekommen“, sagt Horn. Ebenfalls am Donnerstag, 19. März, gibt es die „Lange Nacht der Poesie – Lyrik und Lyrikübersetzungen, vorgetragen von AutorInnen und Übersetzern aus Niedersachsen und Bremen“ im Alten Fundamt, Auf der Kuhlen 1a. Sie beginnt um 20 Uhr. Es sei gelungen, eine Vielzahl von Schreibenden unter einen Schlapphut zu bekommen, freut sich Rudolph Bauer. Die musikalische Begleitung übernehmen Ortrud Staude und Almut Drüner, und moderiert wird die lyrische Nacht von Detlef Michelers. Es lesen am Donnerstag Nalini Bath, Rudolph Bauer, Inge Buck, Martin Bührig, Jens-Ulrich Davids, Jürgen Dierking, Barbara Engelmann, Irmtraud Hansemann, Uwe Herkt, Ulrike Marie Hille, Hartmut Horn, Ulrike Kleinert, Volkert H.-U. Koch, Reiner Kornberger, Siegfried Marquard, Ursula Meyer-Pabst, Brigitte Röttgers, HansMartin Sänger, Wolfgang Schlott, Dorothea Tarach, Heide Marie Voigt und Michael Weisser. Auch hier ist der Eintritt frei. Mehr Informationen zum Bremer Welttag der Literatur bei Rudolph Bauer unter Telefon 78 781. Wer sich für die Literaturszene in Bremen, Bremerhaven und umzu interessiert oder literarische Veranstaltungstips sucht, kann sich an das Bremer Literaturkontor in der Villa Ichon, Goetheplatz 4, wenden. Telefon 32 79 43 oder im Internet unter www.literaturkontor-bremen.de. Lettischer Autor im Kunstsalon Leuwer Altstadt (rik). Der Kunstsalon Leuwer, Am Wall 171, stellt mit einer Ausstellung und einer Lesung drei besondere lettische Künstler vor: die Glaskünsterin Barbala Gulbe, die Malerin Madara Gulbis und einen der bekanntesten lettischen Schriftsteller, Pauls Bankovskis. Die Schau mit Bildern und Skulpturen wird am Freitag, 27. März, um 19 Uhr eröffnet. Barbala Gulbe lässt sich in der Gestaltung ihrer Glasobjekte von der Natur inspirieren. Sie spielt mit den Gegebenheiten des Materials, der Farbe und erzählt auf abstrakte Weise Geschichten, die beim Betrachter vielfältige Assoziationen auslösen. Diesem künstlerischen Prinzip folgt auch ihre Schwester, die Malerin Madara Gulbis. Sie malt mit Öl auf Leinwand, indem sie die Farbe verdünnt, sie schichtet, verschmelzt und damit zu Kompositionen voll meditativer Ruhe findet. Pauls Bankovski liest am Freitag, 17. April, um 19 Uhr aus seinem neuen und in deutscher Sprache erschienenen Buch „Schule“. Elegant wie Gill Sans Hochschulstudierende fertigen Buch über Typografie an / Ein Exemplar wird verkauft Von Alena Hecker Bahnhofsvorstadt. „Du bist Bodoni!“ Mit diesen Worten entführte Daniel Henry Bastian, Dozent der Bremer Hochschule für Künste, angehende Grafikdesigner in die Welt der Typografie. Ein Semester lang untersuchten die Studierenden verschiedene Schriftarten und schufen schließlich ein einzigartiges Buch über Schriften und ihre Geschichten. „Lasziv räkelte sich die Großstadtpomeranze – naiv, aber eine Grazie – auf dem Sessel des Antiquariats…“ So beginnt der Titel des Buchobjekts, das Studenten des Integrierten Designs während des Wintersemesters gefertigt haben. Ähnlich ungewöhnlich geht es weiter. „Wir haben uns in die jeweilige Schrift hineinversetzt“, erklärt Meike Verhoff aus Gröpelingen. „Das heißt, wir haben – fast wie Schauspieler – den Platz der Schrift eingenommen, ihre Geschichte und Entstehung aufgearbeitet.“ So wie einst Giambattista Bodoni, einer der berühmtesten Schriftentwickler und Erfinder der gleichnamigen Schriftart, legten die Studenten Wirkung, Atmosphäre und Ausstrahlung der Schriften offen. „Helvetica“ heißt der Schrifttyp, den Meike Verhoff untersuchte. „Das ist die Schrift der Moderne, sehr geradlinig und ausgewogen, dafür aber auch anonym“, kommentiert Studentin Verhoff die Systemschrift von Apple. „Helvetica“ stamme aus der Schweiz und werde oft für Schriftmar- ken oder Kleinanzeigen genutzt. „Zugfahrt“ sei ihr deshalb auch gleich als beschreibendes Stichwort für die Schrift eingefallen: „Eine Zugfahrt hat ein genauso widersprüchliches Image“, meint Meike Verhoff. „Auf der einen Seite freut man sich auf eine schöne Fahrt, man sieht Landschaft und hat was vom Leben. Auf der anderen Seite stehen anstrengende Fahrten zur Arbeit und Verspätungen." Ganz anders ging es Kommilitonin Johanna Werner aus dem Steintor. In der von ihr untersuchten Schriftart „Gill Sans“ sieht sie vor allem den Luxus. Auf einer von ihr gestalteten Doppelseite zur Schriftart türmen sich Perlenketten, Gold- und Silberknöpfe, Glitzerpapier und dürre Models. Eine „Schimmelstute“, findet Johanna Werner, passe als Schlagwort am besten zu diesem Schrifttyp: „Ich verbinde ‚Gill Sans' mit den Farben Weiß, Gold und Silber“, sagt sie, „sie wirkt schlank, luxuriös und parallel.“ Von Serifen und Antiqua über Fraktur zur modernen Computerschrift – 15 Schrifttypen haben die Studenten in ihrem Buchobjekt vorgestellt. Jede Schrift wird durch ein Schlagwort vorgestellt, Bilder aus der jeweiligen Epoche ordnen ihre Entstehung zeitlich und geschichtlich ein. Ein Technikheft, das im Buchrücken versteckt ist, reiht zudem noch einmal alle Fakten und Daten der einzelnen Schriftarten auf. „Wir fanden die Arbeit mit den Schriften im Kurs so toll, dass wir uns für dieses Buch eingesetzt haben", sagt Meike Verhoff. Zu- Hastedt. Er war der Lieblingskomiker der Deutschen in den 50er und 60er Jahren, rundlich und mit Hornbrille: Heinz Erhardt, der lustige Mann von nebenan. Zu seinem 100. Geburtstag hat das Designbüro designetcetera ein Erinnerungsbuch gestaltet. 400 Seiten Material aus dem privaten Nachlass Heinz Erhardts lagen zu Anfang auf dem Schreibtisch von Grafikdesignerin Tanja Hastedt. „Und daraus sollte ich ein Buch mit 120 Seiten machen“, lacht die Bremerin. In Auftrag gegeben wurde das Werk von Nicola Tyszkiewicz, einer Enkelin des Spaßmachers. „In dem Buch sollte der private Erhardt zu sehen sein“, sagt sie. Von 1947 bis 1971 führte der Komiker akribisch Buch über sich und sein Leben. Kommentierte Pressefotos, Anekdoten aus dem Alltag mit Freunden und Familie – alles, was Erhardt für wichtig genug hielt, hat er notiert. „Aus Angst, irgendwann vergessen zu sein“, glaubt Tanja Hastedt, die im gleichnamigen Ortsteil wohnt. Drei Monate hatte die Grafikdesignerin Zeit, die Schnipsel aus Erhardts Erinnerungen zusammenzufügen und neu zu arrangieren. Abgescannte Seiten aus seinen Alben wechseln sich ab mit Fotos von der Familie, Briefen von Freunden und Zitaten des Künstlers. Das Buch ist ganz im Stil der 50er und 60er Jahre gehalten, die Farben Braun und Orange dominieren. Tanja Hastedt hat sich dabei für eine chronologische Reihenfolge entschieden: „In den Alben vollzieht sich eine Entwicklung“, sagt sie. Anfangs klebte Erhardt einfach Zeitungsartikel von sich ein, später kamen immer mehr handschriftliche Bemerkungen hinzu. „Ich fühle mich sehr schlecht. Habe Atemnot und einen zu hohen Blutdruck“, schrieb der beliebte Komiker am 2. März 1969. Daneben eine ganz ungewöhnliche Abbildung des Spaßmachers: Ernst, nachdenklich sitzt er vor einem Glas Bier. Der Grafikdesignerin ist es wichtig, den privaten Erhardt zu zeigen. „Für mich war Heinz Erhardt immer der lustige dicke Mann mit der Brille“, sagt die Grafikerin Hastedt. „Wir haben viel gelacht während der Materialsichtung und uns gegenseitig vorgelesen.“ Doch im Laufe ihrer Arbeit habe sie einen ganz anderen Blick auf den Komiker gewonnen. „Heinz Erhardt hatte hohes Lampenfieber, war von Selbstzweifeln geplagt.“ Vielleicht auch deshalb griff der Schauspieler dann und wann auf sein Gläschen Dornkaat zurück - ganz nach dem Motto: „Wenn ich einmal traurig bin, trink ich noch'n Korn.“ Für Tanja Hastedt war die Arbeit über den Humoristen spannend und aufschlussreich. Sie freut sich, dass gerade ihr Designbüro, das sie mit Maike Brink betreibt, den Auftrag für das besondere Erinnerungsbuch bekommen hat. „Wir haben hier nicht nur ein Fan- oder ein Designbuch zusammengestellt“, betont sie. „Sondern ein Stück Zeitgeschichte.“ sammen mit Johanna Werner und drei weiteren Kommilitonen organisierte die Studentin Material, kümmerte sich um den Druck und legte Nachtschichten ein, um in mühevoller Handarbeit schließlich 20 Exemplare des Buchobjekts zu produzieren. Alles in Eigenverantwortung und selbst finanziert. „Das ist eine Profession“, sagt Meike Verhoff fast entschuldigend. „Als Künstler haben wir auch immer den Antrieb, Wagnisse einzugehen." Dieses Wagnis hat bereits großen Anklang gefunden. Neben allen beteiligten Studenten nahm auch die Universitätsbibliothek zwei der Buchobjekte in ihren Bestand auf. „Das war so schön zu sehen, wie begeistert der Bibliothekar das Buch in den Händen hielt“, erinnert sich Meike Verhoff. Ein weiteres Schriftenbuch der Designstudenten wird in dieser Woche auf der Leipziger Buchmesse zu sehen sein. Das letzte Exemplar möchten die Designstudenten der Hochschule für Künste nun einem Liebhaber überlassen, „jemandem, der sich für handgearbeitete Bücher oder Typografie interessiert." 70 Euro soll das Buch kosten, damit sei wenigstens der Materialwert gedeckt. „Am liebsten würden wir natürlich meistbietend verkaufen“, sagt „Heinz Erhardt: Nachdem ich mich hier versamMeike Verhoff. „Einfach als Zeichen der An- melt habe...“, Verlag edel earBOOKS, 39,95 Euro. erkennung für unsere Arbeit.“ Beigefügt sind eine CD, das Hörbuch „Da kommt Wer das Buch erwerben möchte, kann sich an doch noch was“ und die „10 Pfennig Oper“, PosMike Verhoff wenden. Telefon: 0170/1839363 sen von Heinz Erhardt, gelesen von Uwe Ochsenoder Internet: [email protected]. knecht, Otto Waalkes, Bill Ramsay und anderen. Fußball mit Countrymusik Stadionwurst statt Hackepeter Gerd Dembowski zu Gast in der Ostertor-Buchhandlung Hajo Königs Fotobuch will Werder aus Fansicht zeigen Von Ming Li jedoch davor ins Lächerliche abzurutschen. Werder-Fan Thomas aus Hastedt amüsiert Steintor. Bei Gerd Dembowskis Lesungen sich sichtlich: „Ich habe das Gefühl, dass wir prallen Welten aufeinander. Fußballstars auf einer Wellenlänge liegen“, sagt er. Litewie Oliver Kahn stehen in seinen satirischen ratur über Fußball kenne er, aber nicht auf Kurzgeschichten „Fußball vs. Countrymu- diesem Niveau. Das Fanprojekt Bremen sik“ im Mittelpunkt, während die Begeg- habe auf die Lesung aufmerksam gemacht. nung mit amerikanischen Wanderarbeitern Der Verein setzt sich wie das Bündnis aktisein neuestes Werk „Neben der Spur. Halb- ver Fußballfans, dessen Sprecher Gerd Demwahrheiten um eine Reise durch die USA" bowski seit über zehn Jahren ist, unter andebeeinflusst hat. Zwischendurch lockert der rem gegen Diskriminierung im Fußball ein. Jungschriftsteller die Lesung mit eigenen Auf seiner Lesung präsentiert sich DemSongs, pantomimischen Gesten bowski in erster Linie als Autor, und einer Geräuschkulisse auf, mit politischen Kommentaren die er mit Hilfe von Plastikspielhält er sich zurück. Viel deutlizeug erzeugt. cher wird er mit seiner Kritik an Normalerweise beginnt Gerd FIFA-Funktionären. Er schildert Dembowski mit einem Song. groteske Begegnungen mit „Erst mal nach vorne gehen und Sepp Blatter auf dem Weltkonsingen“, das habe ihm sein Psygress in Buenos Aires 2001 und chologe gegen Lampenfieber seine Bemühungen, am Fußballgeraten. Aber diesmal hat er am Olymp die eigene Integrität zu Abend zuvor am Bahnhof einen wahren, und erntet damit schalRaubüberfall miterlebt, und die lendes Gelächter. ZwischenAufregung ist weg. durch schmettert er CountryMit stoischer Ruhe trägt er songs. zum Auftakt in der Ostertor- Gerd Dembowski Manfred Knause aus dem Buchhandlung seine erste GeFOTO: W. GERBRACHT Steintor findet „die Mischung schichte vor. Singen wird er späaus Lesung und Gesang ungeter noch zur Genüge. Die erste Erzählung wöhnlich und interessant“, auch wenn er handelt von seinem jugendlichen Ehrgeiz die Anekdoten nicht alle für bare Münze im Verein Schwarz-Weiß Röllinghausen, da- hält. „Da ist sicher einiges dazu gedichtet“, mals, als er seine „fußballerische Unschuld meint auch Thomas. Die neuen Erzählunverlor“. Dembowski karikiert sich selbst. Ei- gen des Autors finde er noch ein wenig spannige Zuhörer im Publikum müssen unver- nender. Auf seinem Streifzug durch die hohlen grinsen, womöglich erkennen sie USA traf Gerd Dembowski Wanderarbeiter sich ein wenig in dieser Geschichte wieder. und besuchte das zerstörte New Orleans. Um sich die Aufmerksamkeit seines Publi- „Mit den Hobos habe ich ein Lied zusamkums zu erhalten, greift Gerd Dembowski men geschrieben“, kündigt Dembowski seizu ungewöhnlichen Mitteln: Mal steigt er nen letzten Programmpunkt an. Der Refrain auf den Tisch, mal zupft er an einer Spiel- „All you have right now is time, time, time“ zeuggitarre oder schüttelt eine Rassel. Seine fordert das Publikum dazu auf, Lebensunaufgeregte Vorgehensweise bewahrt ihn träume zu verwirklichen. Von Jean-Charles Fays Bremen. Wenn Hajo König am Wochenende ins Weserstadion geht, dann überlässt er nichts dem Zufall. Der Stadiongang folgt einem fest definierten Plan, der sich in seiner vierten Dauerkarten-Saison verselbstständigt und zum Ritual entwickelt hat. Es fängt mit dem Hackepeter-mit-Zwiebel-Brötchen an, das seine Freundin ihm vor jedem Heimspiel schmiert. Die Brötchentüte verziert sie mit einer Werderraute und dem Wappen des jeweiligen Gegners. „Das Brötchen ist mein Glücksbringer für schlechte Zeiten. Ich hole es immer erst heraus, wenn Werder zurückliegt“, sagt der 40-Jährige mit einem verschmitzten Lächeln. Mit der Tüte und seiner Kamera verlässt er eine Stunde vor Spielbeginn das Haus und geht „auf die Jagd: Nach dem Foto, das die spezielle Stimmung des Spiels einfängt“. Sein Hobby ist es, alles zu fotografieren, was zu einem Spiel dazugehört: vom Warm-UpBier und der Stadionwurst über fröhliche Polizisten, die den Fans den Weg ins Stadion weisen, wartende Massen vor dem Stadion, die Fans, die sich in der Ostkurve mit wehenden Fahnen und lautem Gesang aufwärmen, bis zu den Spielern auf dem Platz. Irgendwann hatte der Grafikdesigner so viele Fotos beisammen, dass er am Computer digitale Alben erstellte. Anfang 2008 nahm er all seinen Mut zusammen und stellte das Fotobuch dem Mediendirektor von Werder, Tino Polster, vor. Er erteilte König die Werder-Lizenz für sein Buch „Stadionkultur“. Die Idee für die Fotostrecken zur Bundesligasaison 2007/2008 kam ihm beim Lesen des Fußballmagazins „11 Freunde“. So gelungen und amüsant einzelne Bilder für sich sein mögen – insgesamt ist es König nicht gelungen, eine Dramaturgie in die Aneinanderreihung seiner Fotos zu bringen. Leider erzählt der 40-Jährige mit seinen Bildern keine Geschichten, die den Betrachter über die 192 Hochglanzseiten hinweg im Buch halten. Ein roter Faden ist genauso selten zu erkennen wie die von ihm gepriesene „spezielle Stimmung eines jeden Spiels“. Gute Ansätze zeigt König aber bei der direkten Gegenüberstellung zweier Fotos aus dem Werder-Spiel gegen Schalke 04 vom 12. April 2008: Auf der einen Seite leuchtet auf der Anzeigetafel der 5:1-Endstand, auf der anderen Seite kauern drei enttäuschte Schalker mit gesenkten Häuptern und Bierflaschen in der Hand auf dem Boden. Diese Bilder bleiben aber eher die Ausnahme, wodurch vieles austauschbar wirkt. Schade ist auch, dass König auf die Vermittlung des speziellen Flairs von Auswärts-, Europapokal-, sowie von DFB-Pokal-Spielen verzichtet. Hinsichtlich der Professionalität der Aufnahmen und der Auswahl der Bildausschnitte ist Königs Werk zweifelsohne interessant. Da aber der Spannungsbogen fehlt, stellt sich beim Blättern früher oder später Langeweile ein. Neben Stadionwurst-Fotos hätten dem Buch Geschichten wie die vom Hackepeterbrötchen-Ritual gut getan. „Stadionkultur“ ist im Kellner-Verlag erschienen und als offizielles Werder-Lizenzprodukt in den Fanshops oder im Internet unter www.werderfanshop.de für 19,90 Euro erhältlich.