Eine Klasse nur für Hochbegabte in Augsburg

Transcription

Eine Klasse nur für Hochbegabte in Augsburg
Augsburger Allgemeine Zeitung
Samstag 13.12.2008
Pauken fürs Leben:
Die erste staatliche Hochbegabtenklasse Schwabens startet im Herbst am Augsburger
Gymnasium bei St. Stephan.
http://www.augsburger-allgemeine.de/
Eine Klasse nur für Hochbegabte in Augsburg
BILDUNG
Von Lea Thies
Augsburg - Das hat es bisher noch nicht gegeben: Die erste staatliche
Hochbegabtenklasse Schwabens startet im Herbst am Augsburger
Gymnasium bei St. Stephan. 20 bis 25 Fünftklässler werden hier
besonders gefördert. Das Kultusministerium unterstützt dieses Projekt
mit zusätzlichen Lehrerstunden und will allgemein die
Begabtenförderung weiter ausbauen, so Sprecherin Nicole Steinbach.
Im nächsten Schuljahr soll es in jedem Regierungsbezirk eine solche
Klasse geben.
Schwabens Ministerialbeauftragter Hubert Lepperdinger begrüßt diese
“notwendige Entwicklung“. Bisher habe der Schwerpunkt bei der
Förderung schwacher Schüler gelegen. Die Hochbegabten seien etwas
vernachlässigt worden. “Früher waren die Gymnasien für Begabte da“,
sagt Franz Lettner, Leiter des St. Stephan Gymnasiums. Heute gingen
aber viel mehr Kinder aufs Gymnasium als früher. Also müsse der
Leistungsspitze wieder ein besonderes Angebot gemacht werden. Hier
soll es um geballte Wissensvermittlung, aber auch um Werte gehen.
Bescheidene, verantwortungsbewusste Schüler wünschen sich
Lepperdinger und Lettner für die Klasse, keine hochnäsigen kleinen
Besserwisser.
Bisher konnten Hochbegabte nur eine Schulklasse überspringen oder
sich individuell in Begabtenprogrammen weiterbilden. Ab Herbst
werden sie am Gymnasium bei St. Stephan, das in Augsburg einen
ausgezeichneten Ruf genießt, in einer gesonderten Klasse nach dem
normalen bayerischen Lehrplan unterrichtet. Sie erhalten aber neben
dem Unterricht zusätzliche Förderstunden, wie etwa Philosophie- und
Marketingkurse. Außerdem lernen die Schüler an dem humanistischen
Gymnasium vier Fremdsprachen (Latein, Englisch, Griechisch,
Französisch). Sie werden zudem besonders in naturwissenschaftlichen
und musischen Fächern gefördert, müssen sich aber auch sozial an der
Schule engagieren. Geplant ist auch, dass einige Schüler schon vor dem
Abitur als Frühstudenten Universitäten besuchen dürfen.
Anmeldung
●Frist Die Anmeldung für die
Hochbegabtenklasse in Augsburg müssen bis 16. März
beim Gymnasium bei St. Stephan eingegangen sein.
●Voraussetzungen Der Schüler/ Die Schülerin sollte in
allen Fächern sehr gute Leistungen haben und mit Druck
umgehen können. Zur Anmeldung müssen das Zeugnis der
3. Klasse und eine Beurteilung des Schülers von der
Grundschule eingereicht werden. Außerdem absolviert der
Schüler dann am Gymnasium
bei St. Stephan einen psychologischen Test und einen
Probeunterricht.
●Kontakt
Gymnasium bei St.Stephan
Gallusplatz 2
86152 Augsburg,
Telefon (0821) 324-18500
Mail:[email protected]
●Im Internet
Weitere Informationen über
die Schule finden Sie online
unter
www.st-stephan.de
Lepperdinger und Lettner sind schon gespannt auf den Schulversuch, der von der Universität Würzburg wissenschaftlich begleitet wird. Beide rechnen mit einer Flut von Elternanträgen aus ganz Schwaben. Sie wissen aber,
dass es pro Jahrgang nur rund ein bis zwei Prozent Hochbegabte gibt. “Diese Schüler fordern einen Lehrer als
Individuum viel stärker“, begründet Lepperdinger die kleine Klassengröße. Es werden nur Schüler aufgenommen, die umfassend begabt sind. Nicht solche, die nur in einem Fach als Überflieger oder gar als sozial problematisch gelten.
Augsburger Allgemeine Zeitung
Samstag 20.12.2008
Von Pisa, IgIu und Hochbegabtsein - Leserbriefe
„Hochbegabte Kinder werden über Jahre hinweg
bevor sie Förder-Unterricht kriegen! Warum
unterfordert, man lässt sie geistig verhungern.
„keine Förderung für Kinder, die gar als sozial
Welche Freude für mich, dass nun zumindest am
problematisch gelten“?
Gymnasium etwas für diese Kinder getan werden
Viele hochbegabte Kinder werden sozial proble-
soll - welche Enttäuschung, als ich den Artikel
matisch, weil sie in der Regelschule nicht ange-
fertig gelesen hatte. Denn das, was da vom baye-
messen gefördert werden können. Müssen sie jetzt
rischen Ministerialbeauftragten vorgebracht wird,
vorher von selbst „gesund“ werden, bevor sie eine
zeugt von unglaublicher Unkenntnis über das
„Therapie“ kriegen? Behinderte Kinder sind auch
Phänomen Hochbegabung!
sozial auffällig, wenn sie keine passende Förde-
Herr Lepperdinger und Herr Lettner wollen gar
rung bekommen! Dieses Zwei-Klassen-Denken
keine hochbegabten Kinder in ihrer „Hochbegab-
ist zutiefst ungerecht.
tenklasse“. Sie wollen fleißige, von ihren Eltern
Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich alle hoch-
zum Lernen angetriebene Kinder, die in allen Fä-
begabten Kinder entfalten und irgendwann zu
chern die Note 1 haben. Sie wollen „bescheidene“
netten, fröhlichen Schülern werden. Aber es
und angepasste Kinder, die auf keinen Fall „sozi-
braucht Zeit, Geduld und viel Anteilnahme. Auf
alproblematisch“ sind und keine „Besserwisser“.
manche Kinder muß man lange warten. Aber sie
Schade!“
sind es alle wert! Auch die schwierigen Kinder
Eva Baierl, Weil
haben ein Recht auf eine angemessene Förderung!“
„Ich protestiere gegen die diskriminierenden Äußerungen über hochbegabte Kinder. Warum sollen nur weich gespülte Vorzeigekinder gefördert
werden? Bei Kindern mit Migrationshintergrund
achtet man auch nicht nur auf Bescheidenheit,
Martina Mayer-Lauingen, Ettringen,
Hochbegabtenförderung Bayerisch-Schwaben

Documents pareils