Das Geheimnis Nebel lüften

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Das Geheimnis Nebel lüften
Regionen | Thurgau | Dienstag, 28. September 2004
Das Geheimnis Nebel lüften
Theater Bilitz zeigt mit «Vorsicht Nebel!»
seine sechste Produktion aus der Reihe
«Rendezvous»
st. margarethen tg. Ein Trauerspiel ist sie nicht, die Collage
rund um ein herbstlich meteorologisches Phänomen. Dem
Nebel mit Humor möglichst viel abgewinnen, das schien die
Devise im Bilitz.
MARTIN PREISSER
Manchmal hilft ja sogar gutes Theater gegen mögliche
Herbstdepression. Wer jedenfalls «Vorsicht Nebel!», die
neueste Bilitz-Produktion, anschaut, stärkt seine (mentalen)
Abwehrkräfte gegen schlechte Gefühle in der grauen Suppe,
muss sich nicht dem überlegenen Lächeln derer aussetzen, die
vielleicht in St. Gallen oder anderswo ausserhalb der
Niederungen von der Wintersonne gewärmt werden.
Das Rezept ist ganz einfach: Man sammle Texte, von
Franz(iska) Hohler bis Herm(ann)ine Hesse, aber auch
Nichtliterarisches, Metaphysisches und Unmetaphysisches,
Meteorologisches, Märchenhaftes und
(Verkehrs-)Psychologisches. Die «Nebel»-Produktion lebt von
der Virtuosität der Leichtigkeit, mit der Verena Bosshard als
famose Fast-«Eiger, Mönch und ...»-Moderatorin agiert und
Barbara Bucher herrlich in verschiedene Rollen schlüpft (von
der Frau Professorin bis zu Stephen King) und eine
mitreissende Mimikry hinlegt. Als Bühnenbild genügt ein
Fernsehstudio. Und mit der frechen schauspielerischen
Konfrontation mit den grauen Herbst- und Winterschwaden
gelingt den beiden Miminnen fast wie nebenbei auch eine
Parodie auf allzu viel fernsehabendliche Studioverflachung.
Das Stück ist beileibe keine Nacht-und-Nebel-Aktion (Helmut
Vogel führte hier seine vierte und bewährte Bilitz-Regie). Zu
souverän reihen sich da ein Gedankenspiel, eine Reflexion und
ein Splitter Nonsens aneinander. Szenen aus London oder
Moskau, aber auch der klare Vorgeschmack auf alle
kommenden Erkältungen (vor Barbara Buchers Niesanfällen
konnte man in der ersten Reihe regelrecht Ansteckungsangst
bekommen), Autocrashs und sonstige Be- und Vernebelungen:
Das Duo Bosshard/Bucher zeigte auch die Schokoladen- und
Sonnenseite des Nebels. «So schön kann Nebel sein», denkt
da der Theaterbesucher nach siebzig Minuten heiter-farbigen
Kaleidoskops. Der Bilitz-Nebel-Humor wirkt ansteckend und
stärkt Abwehrkräfte, gerade auch, wenn der Nebel allzu früh
kommen sollte ...
Nächste Vorstellung: Fr, 1.10., 20.30 Uhr (Probenraum Bilitz,
St. Margarethen TG). Reserv.: 071 966 53 13.
Stichwort
«Rosigere Zukunft»
Ingrid Isler ist seit zwölf Jahren Präsidentin der Gönnervereins
«PRO Bilitz» und wurde anlässlich der Jahresversammlung für
weitere zwei Jahre in ihrem Amt bestätigt. «Bilitz ist Theater
zum Anfassen. Und Kinder brauchen einen frühstmöglichen
Kontakt zum Theater», beschreibt sie ihr ehrenamtliches
Engagement. 11 600 Franken hat der Gönnerverein im
Vereinsjahr mit einem Solidaritätsaufruf fürs Bilitz sammeln
können. Gönnerbeiträge und Spenden machten zusätzlich
wiederum 10 000 Franken aus. Der Kanton hat seine
Leistungsvereinbarung um 50 000 Franken auf neu 200 000
Franken erhöht. Damit kann das Bilitz ein neues Kinderstück
inszenieren und sein Defizit ausgleichen. «Ich sehe die
Zukunft des Bilitz rosiger», sagt Ingrid Isler. Ab 2005 muss
das Bilitz nach Frauenfeld in die Industriestrasse umziehen.
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