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Theater
Franz Grillparzer »Das Goldene Vlies«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
47. Woche | 2005
Titel, Das Goldene Vlies
Regie, Lars-Ole Walburg
Darsteller, Jörg Schröder, Sandra Hüller,
Chantal Le Moign, Martin Hug, Sandro Tajouri
Bühnenbild, Hugo Gretler
Kostüm, Selina Peyer
Termine, 24., 27., 30. November und 8.,
12., 21., 29. Dezember 2005
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Lars-Ole Walburg inszeniert in Basel wieder einen antiken Stoff
Theater Basel
Elisabethenstr. 16
CH-4051 Basel
Kartentelefon
+41(0)61 - 2951133
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SUMMA-METER
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MEDIEN-ECHO
© Josef Kriehuber (1800-1876)
Inhalt
Besonderheit
Verzweifelte Begierde. Im Zentrum dieser Trilogie um die Ar-
Humanitätsparabel. Nach groÿen archaischen Projekten wie den
gonautensage steht die Tragödie von Medea, der Tochter des
Königs in Kolchis. Dieser besitzt das Goldene Vlies, das er einem verbannten Griechen unrechtmäÿig entwendet hat. Als der
Argonautenführer Jason das Goldene Vlies zurückerobern will,
verliebt sich die zauberkundige Medea in ihn und hilft ihm gegen
den Willen ihres Vaters. Als Jason und Medea in Korinth ankommen, wendet er sich von ihr ab. Ein Konflikt entbrennt, an dessen
Ende Medea die beiden gemeinsamen Söhne tötet.
Inszenierungen von Hebbels Nibelungen oder Kampf um
Troja widmet sich Regisseur Lars-Ole Walburg in seiner letzten Baseler Spielzeit erneut einem groÿen Stoff der Literatur.
Das Goldene Vlies handelt von verschiedenen menschlichen
Konflikten, von enttäuschter Liebe, unstillbarem Verlangen, Besitz und Macht, Integrationskonflikten, Grausamkeit und Gewalt.
Walburg deutet mithilfe von Kostüm und Requisite einen geschichtlichen Wandel an, der die Probleme im Kern aber nicht
verändert.
Kritikenspiegel
Biografisches
Großes Lob für Walburg. Die Presse äuÿert sich fast einig lobend
Franz Grillparzer, 1791-1872, war ein wichtiger österreichischer
über Walburgs Inszenierung. Lediglich Christopher Schmidt (SZ)
übt Kritik an der ersten Hälfte der Aufführung: Vor der Pause
kommt der Text zu kurz und nuanciertes Spiel nicht in Frage . Doch das ändere sich im Folgenden, denn bis hierher war
der Abend nur konventionell, danach wurde er sensationell .
Lars-Ole Walburg erreicht mit sparsam eingesetzten Bildern
psychologische Tiefe und groÿe Gefühlsintensität , urteilt Dorothea Marcus (Deutschlandfunk). Ihm gelänge eine Studie
... über die absolute Machtlosigkeit der Ausgegrenzten, über
die Deutungsmacht der Sieger . Martin Halter (FAZ) schreibt:
nicht alles, was an Walburgs Vlies glänzt, ist Gold und pure
Magie; aber aus dumpfen Wasserspielen und stumpfen Fellmenschen leuchtet am Ende doch so etwas wie eine Kritik humaner
Bestialität hervor. Einhelliges Lob erhält vor allen anderen die
Darstellerin der Medea: Sandra Hüller spielt die Zerrissenheit
zwischen Vater und Geliebtem, archaischer Magie und Vernunft
herzzerreiÿend (Martin Halter, FAZ). Alfred Schlienger (NZZ)
sieht in Hüller das Herz des vierstündigen Abends . Es pocht
immer, fast bis zum Zerspringen, am stärksten im ersten Teil
und kurz vor Schluss, wenn Jason und Medea nochmals in verzweifelter Leidenschaft übereinander herfallen, wo Küsse Bisse
und aus Liebe Hiebe werden. Das ist, in seiner unmöglichen
Sehnsucht, schrecklich und schön. Laut Christopher Schmidt
(SZ) erspielt Hüller eine Inständigkeit und Verletzlichkeit, als
wäre das gesellschaftliche Parkett, auf dem sie sich bewähren soll,
mit Glasscherben gespickt. Ihrer Medea gehöre die Bühne. Das
Stück sei, so Dorothea Marcus (Deutschlandfunk), fantastisches
Schauspielertheater . Das ist selten geworden.
Dramatiker, Lyriker, Erzähler und Essayist. Grillparzer arbeitete nach seinem Studium der Rechte in Wien, während dessen
er bereits dichtete, zunächst als Privatlehrer, dann als Beamter
und war ab 1832 Direktor des Hofkammerarchivs. Wegen des
Erfolgs seines Stückes Sappho (1818) wurde er zum k.k. Hoftheaterdichter ernannt, löste den Vertrag 1821 jedoch selbst. Die
1820er Jahre waren schriftstellerisch Grillparzers fruchtbarste
Jahre. Auf eine Krise in den 1830er Jahren folgte später wieder
Anerkennung. Seine Bühnenkunst zeichnet sich durch groÿe Anschaulichkeit in Wort und Bild aus, durch die Spannung zwischen
der Integrität menschlichen Handelns und der eigenen Identität
sowie psychologisch feinsinnige Charakterdarstellung.
Ähnliche Werke
Für seine Version der Medea-Tragödie dienten Grillparzer, dessen Stück 1821 in Wien uraufgeführt wurde, verschiedene Fassungen als Quelle. Zu den ältesten Bearbeitungen dieses philosophisch geprägten Stoffs gehören, jeweils unter dem Titel Medea , die Tragödien von Euripides (431 v.Chr.), Ovid (verschollen) und Seneca. Wie Grillparzer von diesen Vorläufern inspiriert,
verfasste auch Pierre Corneille seine Version der Tragödie, die
1635 uraufgeführt wurde. Auch Anouilh schrieb eine Fassung der
Geschichte (1946), die mit seiner Antigone jedoch nicht mithalten konnte. Selbst Lessings Miÿ Sara Sampson (1755) wurde
von dem tragischen Schicksal der Medea angeregt. Grillparzers
Stück gilt zudem als Vorläufer der modernen Ehetragödie, wie
sie in Ibsens Hedda Gabler (1890) zu finden ist.
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