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MTUreport Das Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy I Rolls-Royce Power Systems Brands Ausgabe 02 I 2014 I www.mtu-report.de Schneller informiert > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nachrichten > Mehr Infos zu den im Artikel genannten Produkten > Interessante Storys > Optimiert für PC, Tablet und Smartphone > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nachrichten > Mehr Infos zu den im Artikel genannten Produkten > Interessante Storys > Optimiert für PC, Tablet und Smartphone > Schneller informiert > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nachrichten > Mehr Infos zu den im Artikel genannten Produkten > Interessante Storys > Optimiert für PC, Tablet und Smartphone > Schneller informiert > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nachrichten > Mehr Infos zu den im Artikel genannten Produkten > Interessante Storys > Schneller informiert > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nachrichten > Mehr Infos zu den im Artikel genannten Produkten > Interessante Storys > Optimiert für PC, Tablet und Smartphone > Schneller informiert > Mehr Bilder, Videos, Slideshows > Wöchentlich neue Nach- MTU Report jetzt auch online! Das Heft zum T Technologie, Turbine oder Turbolader – ohne den Buchstaben T bewegt sich im Motor nichts Lego für Ingenieure Weltweit erster reiner schnelllaufender Gasmotor für Marineantrieb www.mtu-report.de Hals über Kopf MTU-Motoren können auf dem Kopf stehen und laufen trotzdem 28 38 30 46 42 Inhalt Editorial 22 Die Zukunft gehört dem Gasmotor Dr. Ulrich Dohle ist Vorsitzender des Vorstands der Rolls-Royce Power Systems AG sowie Vorsitzender der Geschäftsführung der MTU Friedrichshafen GmbH. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Dieselmotoren-Fan bin. Auch im Pkw genieße ich den Fahrspaß moderner Dieselmotoren seit über 15 Jahren. Umso erstaunlicher ist wohl die Überschrift meines Editorials: Die Zukunft gehört dem Gasmotor. Natürlich werden wir auf den Dieselmotor auch in den nächsten Jahrzehnten nicht verzichten können und wollen. Aber je mehr Gas kostengünstig zur Verfügung steht und je besser die Infrastruktur ausgebaut wird, desto mehr wird Gas als Kraftstoff und für mobile Antriebe ein Thema – auch für uns. Stationäre Gasmotoren zur Stromerzeugung haben wir schon lange im Angebot. Jetzt entwickeln wir auch einen schnelllaufenden Gasmotor für Marineanwendungen. Noch ist er auf dem Prüfstand, aber die Ergebnisse stimmen mich zuversichtlich. Im kommenden Jahr werden wir den ersten Prototypen an die Damen-Werft in den Niederlanden liefern, die damit einen Hafenschlepper antreiben wird. Es gibt also viel zu tun, packen wir es an! So wie unsere Kunden es von uns erwarten. Dieses Heft ist voll mit spannenden Projekten, wie sie unsere Antriebsanlagen und Energiesysteme nutzen. In Italien klimatisiert ein Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy mit einem Erdgasmotor eine Tabakfabrik. Unser Redakteur Wolfgang Boller hatte die Möglichkeit, einen Blick in die Fabrikhallen zu werfen. Mehr darüber lesen Sie ab der Seite 22. Marcel Rothmund, Volontär in unserer Unternehmenskommunikation, hat in London erlebt, dass unsere wiederaufbereiteten Reman-Motoren genauso gut laufen wie unsere Neumotoren. Und unsere Redakteurin Lucie Maluck hat an einer Übung der holländischen Seenotrettungsgesellschaft mit einem neuen, mit ganz besonderen MTUMotoren ausgestatteten Schiff teilgenommen. Wenn das Schiff kentert, laufen die Motoren trotzdem weiter, auch wenn sie auf dem Kopf stehen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die letzte Ausgabe unseres MTU Reports? Die war der Beginn unserer Trilogie M-T-U und stand unter dem Motto „M“. Wir haben damals Geschichten rund um diesen Buchstaben gebracht. Mit der aktuellen Ausgabe setzen wir die Trilogie fort und es geht um den Buchstaben T. Wenn Sie wissen wollen, was wir mit dem Buchstaben T verbinden, dann fangen Sie am besten gleich an zu lesen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen. Das Heft zum T Historie 16 Was heißt das T in MTU? MTU und die Turbinenhistorie Technologie 18 Tiefer, immer tiefer Die Emissionsgrenzwerte sinken weiter. Welche Technologien sind notwendig, um die Emissionslatte nicht zu reißen? Energie Bahn 38 Zug um Zug um die Welt MTU-Motoren treiben Triebwagen und Lokomotiven auf der ganzen Welt an. Technologie 42 Lego für Ingenieure MTU entwickelt einen mobilen Gasmotor – ein Legospiel für die Ingenieure. 22 Tabacco Tradizionale Ein Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy liefert das richtige Klima, um die Zigarren der Manifatture Sigaro Toscano herzustellen. Service 46 „Geht nicht“ gibt’s nicht Warum sich MTU ValueCare für Mining-Kunden lohnt. Technologie Marine 50 Hals über Kopf Die holländische Seenotrettungsgesellschaft testet ein neues Schiff mit MTU-Motoren. Diese laufen weiter, auch wenn sie buchstäblich auf dem Kopf stehen. 28 T wie Turbo Turbolader sind die Lunge des Motors und das Herzstück eines jeden MTU-Motors. Marine 30 Themsen-Taxi Eine Stadtrundfahrt auf der Londoner Themse mit MTU-RemanMotoren. Technik & Co. 36 Der Teufel im Detail Manchmal ist auch ein Teufel nicht zu unterschätzen. Eine Geschichte in Bildern. 37 Aus dem Ölsumpf Technologie 60 Wie machen wir ... Kisten? Dass eine Transportkiste für einen MTU-Motor mehr als nur eine Kiste ist, zeigt ein Blick in die MTU-Schreinerei. Apropos 62Nachbehandlung Was unsere Redakteure besonders beeindruckt hat. 63Comic Ihr Dr. Ulrich Dohle Das Jahr von M, T und U MTU – eine Marke, auf die wir stolz sind. Auf dem Fundament einer über 105-jährigen Unternehmensgeschichte steht sie seit 45 Jahren für Antriebssysteme auf höchstem Niveau. Was fällt einem zu diesen in der Motorenwelt berühmten drei Buchstaben ein? In der ersten Ausgabe dieses Jahres drehte sich alles um den Buchstaben M. Dies ist nun das Heft des T. Im nächsten Heft geht’s dann um den Buchstaben U. Seien Sie gespannt, was man aus diesen Buchstaben alles machen kann. 2 I MTU Report 02/14 50 Aktuell MTU Report jetzt online Drei MTU Reporte im Jahr sind Ihnen nicht genug? Dann haben wir etwas für Sie: Den MTU Report gibt’s jetzt auch online. Unter www.mtu-report.de versorgen wir Sie aktuell mit Neuigkeiten aus der Welt unserer Energieanlagen und Antriebssysteme. Auf Ihrem Computer, Ihrem Tablet-PC oder Ihrem Smartphone lesen Sie nicht nur, wenn wir einen großen Auftrag bekommen haben oder wenn unsere Produkte in ganz besonderen Anwendungen zum Einsatz kommen. Sie lesen auch einige Geschichten aus dem MTU Report früher als im gedruckten Magazin. Und noch dazu gibt es im Onlinemagazin Videos, Bildergalerien und weitere Informationen zusätzlich zum Printmagazin. Reinschauen lohnt sich – wenn Sie mögen immer wieder! www.mtu-report.de 4 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 5 Aktuell Aus heiß wird Eis Läuft Ihnen bei diesem Anblick nicht auch gerade das Wasser im Mund zusammen? Ob Milch-, Fruchtoder Wassereis – Eis ist doch im Sommer der pure Genuss. Im größten Eisproduktionsstandort Deutschlands, im Langnese-Werk in Heppenheim, werden jährlich 150 Millionen Liter der süßen Verführung produziert. Das sind bis zu fünf Millionen Stück am Tag. Um aus den Grundbestandteilen Milch, Zucker, Fett, Schokolade, Fruchtzubereitungen, Aromen, Trinkwasser und Luft Eis herzustellen, braucht man ausgerechnet Wärme. Mit ihr werden zum Beispiel Fette und Schokolade erhitzt, das Eis pasteurisiert, die Produktionshallen geheizt und das Wasser für die Reinigung der Produktionsanlagen erwärmt. Um die Wärme zu erzeugen, ist im Langnese-Werk in Heppenheim ein Blockheizkraftwerk (BHKW) von MTU Onsite Energy im Einsatz. Mit einem MTU-Erdgasmotor der Baureihe 16V 4000 GS vom Typ L62 erzeugt es 1.719 Kilowatt thermische und 1.562 Kilowatt elektrische Leistung. „In den heißen Sommermonaten produzieren wir am meisten Eis. Dann brauchen wir mehr warmes Wasser, als das BHKW erzeugen kann“, erläutert Friedrich Daum, Betriebsingenieur im Langnese-Werk in Heppenheim. Daher hat das Unternehmen den bestehenden Heizwasserkessel an das BHKW angeschlossen, um in diesem Fall das Wasser auf die benötigte Temperatur zu erhitzen. Wird zu viel Wärme produziert, speichert Langnese diese in Puffertanks. Bei wenig Bedarf wird das BHKW komplett runtergefahren. Der Strom, den das BHKW erzeugt, wird in das Werksnetz eingespeist, wo ein Trafo aus den gelieferten 400 Volt die benötigten 20 Kilovolt generiert. „Insgesamt kommen wir mit dem BHKW auf 5.000 bis 5.500 Betriebsstunden pro Jahr“, so Daum. 6 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 7 Nachrichten Kurz notiert: Neu im Lieferprogramm: DieselAggregate ab 30 kVA Die Erhaltungsfahrzeuge von Harsco Rail mit MTU-PowerPacks mit Bahnmotoren der Baureihe 1600 sollen im Gotthard- und Ceneri-Basistunnel die Gleise pflegen. Für seinen zweitgrößten Stapler, den 180D-9 hat der Industriekonzern Hyundai Heavy Industries Europe erstmals einen MTU-Motor ausgewählt. Ein 6R 1000 treibt den 18-Tonnen-Industriestapler an. Mit MTU im Gotthardtunnel Hyundai stapelt mit MTU MTU-Motoren der Baureihe 1600 werden künftig eine wichtige Rolle bei der Instandhaltung des neuen Gotthard- und Ceneri-Basistunnels spielen. MTU Friedrichshafen liefert 13 PowerPacks mit Bahnmotoren der Baureihe 1600 für Erhaltungsfahrzeuge. Sie sollen den einwandfreien, sicheren und pünktlichen Bahnbetrieb auf der zukünftigen Nord-Süd-Achse Gotthard ermöglichen. Die Firma Harsco Rail Europe produziert die Fahrzeuge im Auftrag der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Bis zu 18 Tonnen transportiert der neue Hyundai-Frontstapler 180D-9, angetrieben von einem MTUMotor vom Typ 6R 1000. Der 180D-9 ist der erste Tier 4 final-fähige Stapler aus dem Hause Hyundai Heavy Industries. Möglich machen es die Abgasrückführung und eine SCR-Anlage am 6R 1000. „Mit unserem MTU-Motor erfüllt der Frontstapler die Tier 4 final-Emissionsrichtlinien der USA und EU Stage IV in Europa. Der Kunde plant damit auf dem amerikanischen und europäischen Markt eine große Stückzahl der Stapler zu verkaufen“, so Melanie Yenidogan vom MTU-Vertrieb für Bauund Landmaschinen (C&I). Hyundai Heavy Industries hat sich beim 180D-9 erstmals für einen MTUMotor entschieden. „Uns überzeugten die hohe Leistungsdichte, der geringe Kraftstoffverbrauch und das hohe Drehmoment bei niedriger Drehzahl, wie es bei Staplern wichtig ist“, erzählt Milan Wamsteker von Hyundai Heavy Industries Europe. Mit starken 210 Kilowatt transportiert der Stapler seine Lasten. Hyundai Heavy Industries hat seine Dieselstapler-Palette nicht nur auf die neuen Emissionsstufen umgerüstet, sondern auch das Konzept und das Design der Stapler mit Blick auf die Sicherheit verbessert. Die MTU-PowerPacks für die Harsco-Fahrzeuge sind dieselelektrische Unterflurantriebe mit einer Leistung von jeweils 700 Kilowatt. Kern des Antriebspakets ist der MTU-ZwölfzylinderDieselmotor 12V 1600 R80L. Der Antrieb ist mit SCR-Abgasnachbehandlung ausgerüstet und erfüllt die strengen Emissionsgrenzwerte der EU-Stufe IIIB. Das PowerPack enthält neben dem Motor und dem Generator alle für den Antrieb des Fahrzeugs nötigen Nebenaggregate. Bei den Erhaltungsfahrzeugen handelt es sich um sogenannte Bi-Mode-Triebfahrzeuge, die unter Oberleitung rein elektrisch und auf nicht elektrifizierten Streckenabschnitten mit dieselelektrischem Antrieb fahren. Dies trägt dazu bei, die ohnehin geringen Emissionen weiter zu reduzieren. Die Fahrzeuge sind mit einer Vielzahl an Instandhaltungsausrüstung ausgestattet, darunter Kräne, Generatoren und Arbeitsplattformen. Die MTU-PowerPacks werden auch den Betriebsstrom für diese Ausrüstung liefern. Die Auslieferung der ersten PowerPacks an Harsco Rail soll Anfang 2015 erfolgen. Die Erhaltungsfahrzeuge sollen zunächst im Gotthard-Basistunnel eingesetzt werden, ab 2019 auch im dann fertiggestellten Ceneri-Basistunnel. Stationiert werden die Fahrzeuge in den Erhaltungs- und Interventionszentren der SBB in Erstfeld und Biasca. Die Neue EisenbahnAlpentransversale (NEAT), deren Herzstück die beiden Basistunnel am Gotthard und am Monte Ceneri sind, ist das größte Bauprojekt der Schweiz und gilt als Jahrhundertprojekt. Mit seinen 57 Kilometern Länge zählt der neue Gotthard-Basistunnel zu den längsten Eisenbahntunneln der Welt. Ab Dezember 2016 sollen ihn Personen- und Güterzüge im Normalbetrieb durchqueren. Personenzüge können dann auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im Tunnel mit bis zu 250 km/h verkehren. Die Reisezeit zwischen Zürich und Mailand soll sich so von heute etwa vier auf dann knapp unter drei Stunden verkürzen. Der Tunnel soll auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem er die Verlagerung eines Großteils des Schwerverkehrs auf die Schiene ermöglicht. Strom auf hoher See Eine neue Off-Shore Plattform, die Martin Linge, zur Erschließung von Öl- und Gasvorkommen soll Ende 2016 in Dienst gehen. Sie wird in der zu Norwegen gehörenden Nordsee zwischen Bergen und den Shetlandinseln installiert werden. Insgesamt sieben MTU-Motoren der Baureihe 4000 werden auf der Plattform im Einsatz sein. In zwei Aggregaten, die Strom für sogenannte „Essential Consumers“ generieren, erzeugen je ein 20V 4000 P63-Motor 2.600 Kilowatt Strom. Ein 20V 4000 P63-Motor mit 2.245 Kilowatt Leistung kommt in einem Notstromaggregat zum Einsatz. Weitere vier 16V 4000 P83-Motoren mit einer Leistung von 2.240 Kilowatt treiben im Notfall Feuerlöschpumpen an, die von einem norwegischen Pumpenhersteller geliefert werden. Das Martin Linge-Projekt soll ein Vorreiter für Nachhaltigkeit bei der Stromversorgung des Bohrfelds werden. Diese soll über das mit 170 Kilometer bisher längste Hochspannungs-Unterwasserkabel, das vom norwegischen Festland kommt, bereitgestellt werden. Damit soll der CO2-Ausstoß im Vergleich zur herkömmlichen Energieversorgung durch Gasturbinen innerhalb eines Zeitraums von 18 Jahren um zwei Millionen Tonnen reduziert werden. Seit Anfang April bietet MTU Onsite Energy zwei neue dieselbetriebene Systemserien für den unteren Leistungsbereich mit 50 Hertz an. Basis des Aggregats für die Leistung von rund 30 bis 85 kVA ist ein Vierzylinder-Reihenmotor von Iveco. Für die Leistung von rund 265 bis 665 kVA wird die MTU-Baureihe 1600 eingesetzt. MTU Onsite Energy bietet nun auch Dieselaggregate mit einer Leistung von 30 bis 85 kVA an. Italienische Patrouillenboote überwachen Tunesiens Mittelmeergrenze Das italienische Innenministerium hat bei der Werft Cantiere Navale Vittoria zwölf Patrouillenboote in Auftrag gegeben und schenkt diese Tunesien. Es sind jeweils sechs Schiffe der 27und der 35-Meter-Klasse, ausgestattet mit MTUMotoren der Baureihen 2000 und 4000. Fährantriebe in der Türkei MTU liefert sechs Dieselmotoren für drei türkische Doppelendfähren an die türkische Werft Çeksan Shipyard. Die neuen Fähren werden von der Izmir Metropolitan Municipality in der Bucht der westtürkischen Stadt Izmir für den Transport von Personen und Fahrzeugen eingesetzt. Die MTU-Motoren des Typs 16V 4000 M54 haben eine Leistung von je 1.685 Kilowatt. MTU-Motoren der Baureihe 4000 liefern Strom auf der Ölplattform Martin Linge. 8 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 9 Nachrichten Kenterfeste Seenotretter Gensets von MTU Onsite Energy gibt es jetzt in sieben verschiedenen Anwendungsgruppen. Ein Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy versorgt das Schwimmbad in Gaggenau mit Wärme und Strom. MTU-Motoren der Baureihe 2000 treiben neue Windfarm-Unterstützungsboote der britischen Reederei Seacat Services an. Neue Anwendungen für Dieselaggregate BHKW wärmt Thermalbad Seekatze schnurrt mit MTU Ein neues Blockheizkraftwerk (BHKW) von MTU Onsite Energy versorgt das Thermalbad Rotherma der Stadtwerke im süddeutschen Gaggenau mit Strom und Wärme. Zwei erdgasbetriebene Module des Typs GC 240 N5 ersetzen eine MTU-Anlage, die 1991 eingebaut wurde und inzwischen über 100.000 Betriebsstunden geleistet hat. Sie haben eine elektrische Leistung von 2 x 240 Kilowatt und eine thermische Leistung von 2 x 371 Kilowatt. In Spitzenlastzeiten wird der Wärmebedarf zusätzlich über einen Heizkessel gedeckt. Zum Lieferumfang von MTU Onsite Energy gehörten außerdem die Modulsteuerungen, die Leittechnik, das Anschlusssystem sowie zwei Gasstraßen. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Auftrags die Altanlage demontiert und die neuen BHKW-Module installiert. Aufgrund der hocheffizienten Arbeitsweise der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erreicht das BHKW einen Gesamtwirkungsgrad von knapp 92 Prozent. Auf diese Weise können Treibhausgasemissionen drastisch gesenkt werden. Die britische Reederei Seacat Services hat drei neue Windfarm-Unterstützungsboote bestellt, die mit MTU-Motoren und Wasserstrahlantrieben von Rolls-Royce ausgerüstet werden sollen. Den Hauptantrieb der Boote leisten je zwei MTU-Motoren des Typs 12V 2000 M72 mit 900 Kilowatt pro Motor. In Kombination mit Rolls-Royce Waterjets vom Typ 56A3 beschleunigen die MTU-Motoren die Boote auf bis zu 30 Knoten. Gebaut werden die Boote von der Firma South Boats IOW, einem der Marktführer bei Design und Bau von Windfarm-Unterstützungsbooten. Auf dem anspruchsvollen Markt für Windfarmschiffe ist der MTU-Motor der Baureihe 2000 weltweit einer der gefragtesten Motoren. Allein Seacat Services setzt – inklusive der jetzt bestellten Boote – neun Windfarm-Unterstützungsschiffe mit MTU-Motoren ein. Zwei der neuen Katamarane werden mit 26 Metern Länge die größten Boote von Seacat Services sein. Das dritte Schiff ist 24 Meter lang und hat bereits vier Schwesterschiffe bei Seacat. MTU Onsite Energy bietet Dieselmotoren und Dieselaggregate zur Stromerzeugung mit 50 Hertz in vier neuen Anwendungsgruppen an: „Mission Critical Power“, „Data Center Continuous Power“, „Standby Power with Overload“ und „Grid Stability Power“. Hiermit werden die schon bisher angebotenen Anwendungsgruppen „Standby Power“, „Prime Power“ und „Continuous Power“ marktgerecht ergänzt. MTU Onsite Energy bietet seinen Kunden damit spezifischere Lösungen an, die noch besser auf die Kundenanforderungen angepasst wurden. Wasser für das Welterbe Notstromaggregate von MTU Onsite Energy sichern die Stromversorgung einer Wasseraufbereitungsanlage in der marokkanischen Stadt Fés ab. 10 I MTU Report 02/14 Drei Notstromaggregate von MTU Onsite Energy sorgen in der marokkanischen Stadt Fés dafür, dass immer frisches Wasser zur Verfügung steht. Sie sichern die Stromversorgung der Wasseraufbereitungsanlage der drittgrößten Stadt des Landes ab, die außerdem noch eine UNESCO-Welterbestadt ist. Die zwei MTU-Generatoren vom Typ 12V 4000 GS mit je 1.850 Kilovoltampere (kVA) und ein MTU-Generator 12V 4000 GS mit 1.440 kVA sind in der Anlage extremen Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Während die Temperaturen in Fés bis zu 35 Grad Celsius erreichen, herrschen in der Anlage Umgebungstemperaturen von bis zu 55 Grad Celsius. Speziell entwickelte, übergroße Kühler liefern dafür die benötigten Kühlstufen. Die Wasseraufbereitungsanlage ist zurzeit die größte in ganz Marokko und eine der wenigen die Trinkwasser herstellen kann. Wasseraufbereitungsanlagen werden im Königreich eingesetzt, da Trinkwasser dringend benötigt wird und um die Umwelt zu schonen. Im Abwasser befinden sich verschiedene Feststoffe unterschiedlicher Größe und Konsistenz, die im Allgemeinen als Schlamm bezeichnet werden. Dieser Schlamm wird im Zuge der Abwasserreinigung durch unterschiedliche Vorgänge, Techniken und Prozesse zerkleinert und beseitigt. Das frische Wasser kann anschließend als Trinkwasser genutzt werden. Die britische Seenotrettungsgesellschaft Royal National Lifeboat Institution (RNLI) remotorisiert die Boote ihrer größten Klasse, Severn-Class, mit MTU-Motoren. Die Schiffe fahren künftig mit Motoren des Typs 10V 2000 M94. Je zwei 1.120 Kilowatt starke Motoren treiben die Schiffe zu einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Knoten an. In den Jahren 2008 und 2009 hat die RNLI in einem ihrer Severn-Class-Schiffe die MTU-Motoren getestet und für gut befunden. Der besonderer Clou der Motoren: Selbst wenn die Schiffe durchkentern und die Motoren für wenige Sekunden auf dem Kopf stehen, laufen sie weiter. Kein leichtes Unterfangen, denn durch das Kentern kann Motorenöl über die Kurbelgehäuseentlüftung in die Zylinder gelangen und durch unkontrollierte Verbrennung die Motoren zerstören. MTU-Ingenieure haben daher ein Ventil in die Kurbelgehäuseentlüftung eingebaut, das sich in Abhängigkeit von der Schiffsneigung schließt und so das Öl vom Auslaufen abhält. Befindet sich der Motor wieder in aufrechter Position, öffnet sich das Ventil automatisch. Die Motoren sind außerdem wesentlich leiser als die bisherigen und vibrieren weniger. Die Rettungsschiffe der Severn-Class waren künftig mit MTU-Motoren ausgestattet. Ein Schiff für alle Wellen Die Sea Hurricane, eines der neuesten Serviceschiffe für die Offshore-Windindustrie, ist SWATH-Schiff (Small Waterplane Area Twin Hull) und Katamaran zugleich. Das Schiff kann wahlweise als Katamaran (für eine bis zu 25 Knoten schnelle Fahrt) oder als SWATH – für Fahrten in extrem rauem Gewässer und die Ankunft an den Hochseeanlagen – betrieben werden. Der Wechsel zwischen Katamaran- und SWATH-Betrieb und umgekehrt kann innerhalb von 45 Sekunden auf hoher See erfolgen. Hierfür werden per Fernsteuerung je zwei Tanks pro Rumpf mit Wasser befüllt oder entleert. Sind die Tanks befüllt, senkt sich das Schiff und wird zum SWATH. Danish Yachts in Skagen baute das Schiff und stattete es mit zwei MTU-Motoren der Baureihe 10V 2000 M72 (jeweils 900 Kilowatt Leistung) aus. Mit 25 Metern Länge und 25 Knoten Spitzengeschwindigkeit ist die Sea Hurricane eines der größten und schnellsten Mannschaftstransportschiffe für OffshoreWindparks. MTU Report 02/14 I 11 Nachrichten Mit fünf Zwölfzylinder-MTU-Motoren der Baureihe 2000 wurde die Walbeobachtungsfähre Whale Watcher remotorisiert. Whale Watcher Hyannis Whale Watcher Cruises hat die im Jahr 1999 gebaute Fähre Whale Watcher mit neuen MTU-Motoren ausgestattet. „Die alten 2000er hatten nach zwölf Jahren mit rund 200 Touren pro Jahr das Ende ihrer Betriebsdauer erreicht“, so das Unternehmen. Ausschlaggebend für neue MTU-Motoren waren der sparsamere Verbrauch der neuen 2000er bei mehr Leistung und weniger Gewicht. „Besonders gut für das Walbeobachten ist, dass die neuen Motoren auch leiser sind. Das ist für die Passagiere angenehm und vertreibt die Wale nicht, wenn sie der Fähre nah sind“, so Jeff Sherman vom MTU-Vertrieb für Marinemotoren in Nordamerika. Herzlich willkommen auf der neuen LinkedIn-Seite von MTU! Hier finden Sie die neuesten Nachrichten über Produkte, Service und Events von MTU. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare und Fragen. Folgen Sie MTU bei LinkedIn Die M/S Fjordbris wird von vier 10V-Motoren der MTU-Baureihe 2000 angetrieben. Fähre für die Fjorde Im norwegischen Sunnhordland, südlich von Bergen, befördert der Fährenbetreiber Norled AS seine Passagiere seit kurzem mit der neuesten Schnellfähre aus dem Hause Brødrene Aa. Angetrieben wird die M/S Fjordbris von vier Zehnzylinder-Motoren der MTU-Baureihe 2000. Bei den ersten Testfahrten stellte sich heraus, dass der Katamaran 120 Kilowatt weniger Leistung als vorgesehen benötigt, um die Zielgeschwindigkeit von 35 Knoten (65 Stundenkilometer) zu erreichen. Der Grund für die effiziente Fahrweise ist die Kombination aus flacher Rumpfform, leichtem Konstruktionsmaterial und leistungsstarkem Motor. Damit übertraf die Fähre mit MTU-Antrieb die Erwartungen des Herstellers. 12 I MTU Report 02/14 Ab sofort finden Kunden der MTU und andere Interessierte auf einer eigenen Seite des Online-Businessportals LinkedIn die neuesten Nachrichten kurz gefasst und können auch hier mit uns in Kontakt treten. Unter www.linkedin. com/company/mtu gibt es Informationen über neue oder modifizierte Produkte der MTU, Serviceangebote, Messeauftritte oder herausragende Projekte und Referenzen. „Mit der LinkedIn-Seite möchten wir die Präsenz auf Social Media noch stärker auf unsere MTU-Kunden ausrichten. Hier bieten wir neben vielen interessanten Informationen ein weiteres Instrument für den Dialog mit uns und anderen Fachkundigen an“, sagt Wolfgang Boller, Leiter Corporate Publishing. „Dabei stehen außer den Mitarbeitern der Unternehmenskommunikation der MTU natürlich auch die Fachleute aus Vertrieb und Service für Fragen und Diskussionen parat.“ Seit diesem Frühjahr erfahren Kunden von MTU Onsite Energy auf der ebenfalls neuen Präsenz auf LinkedIn (www.linkedin.com/company/mtuonsite-energy) mehr aus den neuen Entwicklungen im Energiebereich. Über Twitter sendet das Social-Media-Team Kurznachrichten und interessante Links zu den Marken MTU (https://twitter.com/mtu_pr) und MTU Onsite Energy (https://twitter.com/MTUOE_PR). Auf Facebook gibt die Muttergesellschaft Rolls-Royce Power Systems einen Einblick in das bunte Portfolio des gesamten Unternehmens (https://www.facebook.com/rrpowersystems). Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen! THEMSE TASTE Tempel Technologie Thron Tauchen Tatendrang Tempo Tunnel TAKT Tausend TURBOLADER Traum Tulpe Training Typus TRIUMPH TEXAS Titan Taufe Troja TIER Trick Transport Thriller Tonne TECHNOLOGIE Turbine Tabak Teppich TAKTIK TRUTHAHN Technik Tanz T wie… Was wären MTU-Motoren ohne Turbolader? Und ohne die Entwicklung von Technologien hätte schon Karl Maybach nie den ersten schnelllaufenden Dieselmotor entwickeln können. Sprich: Ohne T bewegt sich nichts! Grund genug, sich den Buchstaben einmal genauer anzuschauen. Denn T steht nicht nur für Technologie oder den Turbolader, auch die Turbine beginnt mit T. Genauso wie die Themse oder der Tabak. Wollen Sie wissen, was der Buchstabe T genau mit MTU zu tun hat? Dann empfehlen wir Ihnen, jetzt umzublättern. 14 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 15 TRIUMPH Tulpe Thron Training Tauchen Typus THEMSE Tatendrang TAKT Tempo TAKTIK Tanz Tunnel Historie TASTE Tempel Technologie Traum Bei der MTU in München entstanden Mittel- und Hochdruckverdichter, das äußere Getriebe, die Mitteldruckturbine, das Zwischengehäuse, der Schubumkehrer und das Mantelstromgehäuse. Warum heißt MTU MTU? Klar, M steht für Motoren, das lässt sich leicht erschließen. Um die anderen beiden Buchstaben zu verstehen, muss man etwas tiefer in die Unternehmensgeschichte blicken – zurück ins Jahr 1968. Und seit MTU zum Rolls-Royce-Konzern gehört, ist auch die Flugzeugturbine zur MTU „zurückgekehrt“. Denn in England entstehen ja bekanntlich Flugzeugtriebwerke. Technik TRUTHAHN Eingesetzt wurde das Dreiwellen-Zweistromtriebwerk zunächst im Mehrzweck-Flugzeug Tornado. Was heißt das T in MTU? MTU Friedrichshafen firmierte damals noch als Maybach Mercedes-Benz Motorenbau GmbH und gehörte zu Daimler-Benz. Und genau diese Daimler-Benz AG gründete gemeinsam mit der M.A.N. Turbo GmbH ein neues Unternehmen: die Entwicklungsgesellschaft für Turbomotoren mbH. Diese sollte Flug-Gasturbinen entwickeln, die sich das deutsche Verteidigungsministerium wünschte. Die Partner entschieden sich, die Zusammenarbeit nicht nur auf Flugzeugtriebwerke zu begrenzen, sondern auch schnelllaufende Großdieselmotoren einzubeziehen. Daher gründeten die Muttergesellschaften Daimler-Benz und MAN 1969 zwei MTUGesellschaften: die Motoren- und Turbinen-Union München GmbH und die Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen GmbH. In München entstanden nun die Flugzeugtriebwerke, in Friedrichshafen die schnelllaufenden Dieselmotoren von Mercedes, Maybach und MAN, die in Zukunft alle MTU heißen sollten. Der Verbund der zwei Unternehmen bestand bis ins Jahr 1995, als die MTU München ihre Anteile an der MTU Friedrichshafen an Daimler-Benz übertrug. Doch bis dahin hatte die Turbine auch ihren Platz im Produktportfolio der MTU Friedrichshafen gefunden: Sie wird zur Stromerzeugung in Gasturbinenkraftwerken und als Schiffsantrieb in Kombination mit Dieselmotoren genutzt. TEXAS Titan Taufe Tabak Troja TIER Trick Transport Thriller Tonne TURBINE TURBOLADER Teppich Tausend Gemeinsam mit Rolls-Royce und Fiat Avio (jetzt: Avio) entwickelte und produzierte MTU Aero Engines seit dem Jahr 1969 das Triebwerk RB199. MTU Report 02/14 I 17 16 I MTU Report 02/14 Kennen Sie das Gefühl, wenn man sich beim Limbo immer weiter verrenken muss, um die Latte nicht zu reißen? Zunächst ist sie noch recht weit oben und es ist nur wenig Bewegung notwendig, um unter ihr durchzukommen. Doch dann wird die Latte immer niedriger gelegt. Irgendwann liegt sie so weit unten, dass man es nur mit äußerst geschickten Verrenkungen schafft, unter ihr durchzukommen, ohne sie zu reißen. Einen solchen Limbo tanzen MTU-Ingenieure, seit die Umweltbehörden im Jahr 2000 angefangen haben, die Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffemissionen bei Off-Highway-Dieselmotoren zu reglementieren. Um die Emissions-Latte nicht zu reißen, brauchen Sie aber weniger ein besonders gutes Körpergefühl als vielmehr ausgefeilte Technologien. Thron Tauchen Tatendrang Tempo Tunnel TURBOLADER Traum Tulpe Training Typus Taufe TRIUMPH TIER Trick Transport Thriller Seit 2000 Grenzwerte für Rußpartikel und Stickoxide Im Jahr 2000 traten in Amerika die ersten Grenzwerte für den Ausstoß von Rußpartikeln und Stickoxiden in Kraft. MTU war gut darauf vorbereitet, denn die entscheidenden Schlüsseltechnologien wie Einspritzung, Aufladung oder die Motorelektronik entwickelten MTU-Ingenieure in der über 100-jährigen Tradition von MTU schon lange im eigenen Haus. Die Entwickler erhöhten den Einspritzdruck, wodurch der Kraftstoff feiner zerstäubte, sich besser mit der Luft vermischte und dadurch vollständiger verbrannte. So entstanden weniger Rußpartikel. Sie erhöhten zudem den Ladedruck, wodurch der Motor besser mit Frischluft versorgt war und noch einmal weniger Rußpartikel ausstieß. Die Stickoxid-Emissionen reduzierten sie erfolgreich, indem sie die Verbrennung optimierten. TEXAS Titan Teppich TAKTIK Technik TRUTHAHN Tanz Dr. Marc Hehle, Technologieentwicklung Abgasnachbehandlung MTU Friedrichshafen entscheiden, die ab dem Jahr 2019 gelten sollen. In den USA liegt noch kein Entwurf zur Entscheidung vor. » Ulrich Beutke, Forschung und Technologieentwicklung Rolls-Royce Power Systems 18 I MTU Report 02/14 Tausend «schiedene Für alle Anforderungen haben wir verTechnologien entwickelt, um die Grenzwerte zu unterschreiten. » «Herbst Das Europäische Parlament wird wohl im über die neuen Emissionsgrenzwerte Ungefähr 0,25 Gramm Rußpartikel pro Kilowattstunde stieß ein neuer Bahnmotor im Jahr 2000 aus. Heute ist es ein Zehntel des damaligen Wertes, 0,025 Gramm pro Kilowattstunde. Parallel dazu sank der Ausstoß von Stickoxiden um etwa zwei Drittel. Doch die Emissions-Latte soll weiter sinken. Die Umweltbehörden in Europa und Amerika diskutieren gerade darüber, wie die Emissionsgrenzwerte in Zukunft aussehen sollen. Dass es weitere Stufen geben wird, steht fest. Wie genau sie aussehen und wann sie eingeführt werden, allerdings noch nicht. „Das Europäische Parlament wird wohl im Herbst über die neuen Emissionsgrenzwerte entscheiden, die ab dem Jahr 2019 gelten sollen. In den USA liegt noch kein Entwurf zur Entscheidung vor“, erläutert Ulrich Beutke, der bei Rolls-Royce Power Systems die Entwicklung der Emissionsgesetzgebung verfolgt. Doch eins lässt sich ohne groß in die Emissionsglaskugel zu schauen schon heute sagen: Der Emissions-Limbo geht weiter. Die Latte wird noch einmal tiefer gelegt werden und MTU-Entwickler werden wieder neue Antworten finden müssen, um sie nicht zu reißen. Ihr Ziel wird auch bei den nächsten Emissionsstufen wieder sein: Motoren zu entwickeln, die die Emissionsgrenzwerte einhalten und gleichzeitig robust sind und möglichst wenig Kraftstoff verbrauchen. Ein Balanceakt, den Sie schon lange kennen. THEMSE TASTE Tempel Troja Tiefer, immer tiefer TAKT TECHNOLOGIE Tabak Turbine Tonne Technologie Technologie für weniger Emissionen Im Jahr 2000 gab es die ersten Grenzwerte für den Ausstoß von Rußpartikeln und Stickoxiden. Damals war die Limbo-Latte für die MTU-Entwickler allerdings leicht zu bewältigen. Technologien, die dafür notwendig waren, entwickeln MTU-Ingenieure schon lange im eigenen Haus. Rußpartikel und Stickoxiden geht's an den Kragen Doch dann sanken die Grenzwerte weiter. Die Emissionslatte lag immer tiefer und es brauchte immer mehr Technologien, um diese Latte nicht zu reißen: Mit einem höheren Einspritzdruck und einer weiter verbesserten Verbrennung ging es den Rußpartikeln an den Kragen. Das Miller-Verfahren und ein System zur gekühlten Abgasrückführung wurde eingeführt, um zu verhindern, dass Stickoxide entstehen, wenn der Kraftstoff verbrennt. Die Motorelektronik sorgte dafür, dass die Systeme perfekt zusammen harmonierten. „Ein Balanceakt“, erinnert sich Dr. Marc Hehle. Denn wenn man beispielsweise den Zeitpunkt der Kraftstoffeinspritzung verschiebt und damit dafür sorgt, dass der Motor weniger Stickoxide ausstößt, steigt der Kraftstoffverbrauch. Um diesem Effekt entgegenzuwirken können auch andere Technologien wie Abgasnachbehandlung eingesetzt werden. Dabei sind die Effekte der Emissions- und ggf. gleichzeitiger Verbrauchsreduzierung noch größer, wenn die Abgase des Motors mit einem SCR-Katalysator oder einem Dieselpartikelfilter gereinigt werden. Serienmäßig setzt MTU bisher allerdings nur bei Lokomotivmotoren einen Dieselpartikelfilter ein. Bahn-Unterflurantriebe und Industriemotoren mit weniger als 560 Kilowatt Leistung sind serienmäßig mit einer SCR-Anlage ausgestattet. Erschwerend kommt zu den niedrigen Grenzwerten hinzu, dass es weltweit keine einheitlichen Emissionsgrenzwerte gibt, sondern einen Flickenteppich. Je nach Motoranwendung und Einsatzland liegt die Emissions-Latte anders: Mal darf der Motor besonders wenig Stickoxide ausstoßen, mal liegt der Schwerpunkt darauf, die Dieselpartikel oder gar beides zu reduzieren. In einigen Ländern gibt es zudem noch lokale Vorschriften. „Für all diese Anforderungen haben wir verschiedene Technologien entwickelt, um die Grenzwerte zu unterschreiten“, erinnert sich Hehle. Seine Kollegen aus der Serienentwicklung sind daher in der Lage, die Motoren und Abgasnachbehandlungssysteme optimal an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Zwischen den Jahren 2006 und 2009 wurden die Grenzwerte verschärft. In dieser Zeit führt MTU die ersten Motoren ein, die mit dem Miller-Verfahren den Ausstoß von Stickoxiden verringerten. MTU Report 02/14 I 19 > Ein Schlüssel dazu war der Einspritzdruck. Beim ersten Common-Rail-Einspritzsystem für Großdieselmotoren, das MTU im Jahr 1996 im Markt eingeführt hat, schoss der Kraftstoff noch mit 1.200 Bar Druck in den Brennraum. Bei aktuellen Motoren sind es 2.200 Bar. Dadurch verbrennt der Kraftstoff sauberer und es entstehen weniger Rußpartikel. Um die Emissionen weiter zu minimieren, verwendet MTU zusätzlich eine Mehrfacheinspritzung. Bei dieser wird der Kraftstoff nicht nur beim Zündvorgang, sondern auch kurz vorher und kurz nachher in den Brennraum gespritzt. Partikel zählen statt wiegen Dies auch in Zukunft zu schaffen, ist natürlich das Ziel der MTU-Entwickler. Sie warten daher gespannt auf die neuen Vorgaben der Umweltbehörden in Europa und den USA. Die Europäische Kommission diskutiert gerade die neue Emissionsstufe V, mit der beispielsweise der Schadstoffausstoß von Binnenschiffen, Triebwagen oder Baumaschinen gesenkt werden soll. Bei einigen Anwendungen kommt dann ein neuer, in der Welt der > Im Jahr 2007 setzten MTU-Entwickler erstmals das Miller-Verfahren ein: Um die Stickoxid-Emissionen zu reduzieren, werden die Einlassventile eines jeden Zylinders schon vor dem unteren Totpunkt geschlossen, sodass die Luft im Zylinder expandiert und abkühlt. Mit diesem Verfahren können bis zu 30 Prozent der Stickoxid-Emissionen eingespart werden. «Emissionsziele, Wir kennen noch keine konkreten doch wir gehen bei einigen > Um den Ausstoß von Stickoxid-Emissionen weiter zu reduzieren, statteten die MTU-Entwickler im Jahr 2011 erstmals Motoren mit einem Abgasrückführungssystem aus. Bis zu einem Drittel der Motorabgase werden zunächst gekühlt und dann noch einmal der frischen Verbrennungsluft zugeführt. Dadurch gelangt weniger Sauerstoff in den Zylinder und die Verbrennungstemperatur ist geringer. Beides führt dazu, dass weniger Stickoxide entstehen. Anwendungen davon aus, dass wir einen Dieselpartikelfilter einsetzen müssen, um die Emissionslatte nicht zu reißen. Dr. Marc Hehle, » Technologieentwicklung Abgasnachbehandlung MTU Friedrichshafen > Um den Ausstoß von Stickoxiden weiter zu reduzieren, setzt MTU bei einigen Motoren auf den Einsatz einer SCR-Anlage. Bei dieser wird eine wässrige Harnstofflösung – die in einem extra Tank mitgeführt wird – dem Abgasstrom beigefügt. Der Harnstoff wird zu Ammoniak umgewandelt, das dann im Katalysator mit den Stickoxiden zu den nicht schädlichen Stoffen Wasser und Stickstoff reagiert. Diese chemische Reaktion ist selektiv, das heißt, es werden nur die Stickoxide reduziert, unerwünschte Nebenreaktionen werden weitgehend unterdrückt. Off-Highway-Fahrzeuge noch unbekannter Wert hinzu. Die Rußpartikel müssen nicht mehr wie bisher nur ein bestimmtes Gewichtslimit einhalten, sie dürfen auch eine bestimmte Anzahl nicht überschreiten. „Wir wissen noch keine konkreten Emissionsziele“, erläutert Hehle. „Doch wir gehen bei einigen Anwendungen davon aus, dass wir einen Dieselpartikelfilter einsetzen müssen, um die Latte nicht zu reißen“, sagt er. Diesen möglichst kompakt, kostengünstig und kraftstoffeffizient zu entwickeln, ist die nächste Herausforderung, die der Emissionslimbo den Entwicklern beschert. > Um zu verhindern, dass die Rußpartikel aus dem Motor austreten, wird ein Dieselpartikelfilter (DPF) eingesetzt: Die Abgase werden durch Kanäle mit porösen Wänden geleitet, die die Abgase selbst durchlassen, Ruß- und Partikelanteile aber herausfiltern. Somit können die Partikelemissionen um bis zu 99 Prozent reduziert werden. Und so verrenken sie sich weiter, feilen an Technologien und Motorabstimmungen, um auch die nächste Emissions-Latte erfolgreich zu unterschreiten. > Allen Systemen zur Emissionsreduzierung ist gemeinsam, dass sie die Wirkung der Turboaufladung beeinträchtigen: Beim Miller-Verfahren, der Abgasrückführung und dem Dieselpartikelfilter steigt der Abgasgegendruck, bei der Abgasrückführung steigt die Luftmasse, die in den Zylinder befördert werden muss. Um den Motor trotzdem mit genug Sauerstoff zu versorgen, muss der Turbolader – vereinfacht gesagt – mehr Luft in den Brennraum pressen. Moderne MTU-Motoren werden daher mit zwei Turboladerstufen ausgestattet: In der ersten Stufe wird die Luft durch einen Niederdruckturbolader vorverdichtet, dann zwischengekühlt und in der zweiten Stufe in einem Hochdruckturbolader nachverdichtet. Neue Emissionsstufen traten im Jahr 2011 für Baumaschinen (USA) und 2012 auch für Schienenfahrzeuge inkraft. Um die Latte nicht zu reißen, brachte MTU erste Motoren mit einer zweistufigen Turboaufladung und geregelter Abgasrückführung auf den Markt. Beim Bahnmotor der Baureihe 4000 wird erstmals auch ein Dieselpartikelfilter eingesetzt. 20 I MTU Report 02/14 > All diese Techniken müssen zusammengeführt und von einem Motormanagementsystem aufeinander abgestimmt werden. Hier hilft die von MTU im eigenen Haus weiterentwickelte Motorsteuerung ADEC. Bisher musste diese lediglich die Motordrehzahl, den Kraftstoffhochdruck und den Einspritzbeginn regeln. Doch je mehr Technologien der Motor enthält, desto komplexer werden die Aufgaben der Motorsteuerung. Sie errechnet beispielsweise über zusätzliche Sensoren im Abgaspfad, wie viel Abgas der Frischluft zugeführt werden muss, um die Verbrennungstemperatur und damit auch den Stickoxidanteil im Abgas zu senken. Gleichzeitig muss sie die zweistufige Aufladung regeln und dafür sorgen, dass der Motor zum richtigen Zeitpunkt ausreichend Luft zur Verbrennung hat. Auch die Regelung der Abgasnachbehandlung wird durch die Motorsteuerung übernommen und beinhaltet äußerst komplexe, von MTU selbst entwickelte Regelungsalgorithmen. Text: Lucie Maluck; Illustrationen: Martina Ries Baumaschinen und Industrieanwendungen mit weniger als 560 Kilowatt Leistung dürfen seit dem Jahr 2014 nur noch 0,4 Gramm Stickoxide und 0,02 Gramm Rußpartikel pro Kilowattstunde ausstoßen. MTU setzt eine SCR-Anlage ein, um diese Latte nicht zu reißen. Ihre Fragen beantwortet: Dr. Marc Hehle [email protected] Tel. +49 7541 90-4690 Ein entscheidender Hauch von Nichts ME M O Technologien für weniger Emissionen ME MO Technologie Etwa 60 Nanometer klein ist ein durchschnittliches Rußpartikel, das von einem Dieselmotor emittiert wird. Zum Vergleich: Der Durchmesser eines Männerhaars ist mit etwa 0,06 Millimetern, also 60.000 Nanometern‚ rund 1.000 Mal größer. Um diese mit dem menschlichen Auge nicht einmal zu erahnenden Partikel zählen zu können, werden sie zunächst mit Butanol bedampft, um sie zu vergrößern. So werden sie zumindest für ein elektronisches „Auge“ zählbar gemacht. MTU Report 02/14 I 21 TASTE Tempel Typus Tausend Themse TEXAS Titan Taufe Traum TRUTHAHN TRIUMPH Tulpe Training TIER Trick Transport Thriller TABAK Technologie TURBOLADER Technik Energie TURBINE Thron Tauchen Tempo Tatendrang Tunnel TAKT Troja Teppich Tonne Tanz TAKTIK Blockheizkraftwerk erzeugt Strom und Wärme in italienischer Tabakfabrik Der Komponist Giacomo Puccini liebte sie ebenso wie der italienische Einigungskämpfer Giuseppe Garibaldi und die Filmschauspieler Marcello Mastroianni und Bud Spencer. Sie gehört zum Klischee von italienischem Stil und Lifestyle: die italienische Zigarre, der Toscano. Nicht nur beim Lebensgefühl, bei den kulinarischen Genüssen und beim Design gilt die italienische Variante als die etwas andere, die besondere. Bei den Zigarren italienischer Machart ist das nicht anders: Sie ist nicht zylindrisch wie viele Zigarren, sondern elliptisch oder konisch, es gibt sie sogar aromatisiert in zahlreichen Geschmacksrichtungen. Aber das Wichtigste ist: Sie besteht aus Kentucky-Tabak. Der wird meistens zu Pfeifentabak verarbeitet – außer eben in Italien, genauer in Cava de' Tirreni, einem Städtchen gleich neben der weltberühmten Amalfiküste. Tabacco Tradizionale Zum Wohlfühlen gehört nicht zuletzt das richtige Klima. Genussmenschen wissen: Damit etwas zum Genießen ein Genuss wird, muss das Klima stimmen, in dem es wächst und hergestellt wird. Bei der Manifatture Sigaro Toscano im süditalienischen Cava de' Tirreni kommt das richtige Klima für Mensch und Tabak von MTU Onsite Energy. Italienischer Stil: Mit einem großen T sind die Tabakläden in Italien gekennzeichnet. Das eigentliche Aushängeschild italienischer Rauchkultur beginnt ebenfalls mit T: der Toscano, die italienisch-eigenwillige Variante der Zigarre. 22 I MTU Report 02/14 Aroma pur Wer das Fabrikgebäude am Ende einer Gasse an der vielbefahrenen Autobahn Salerno-Neapel erreicht, dem steigt schon auf dem Parkplatz der herbe, schwere, süßliche Duft in die Nase, der von Schritt zu Schritt stärker wird. Dazu gibt nur ein kleines Schild „Manifatture Sigaro Toscano“ einen weiteren Hinweis auf das Geheimnis des Duftes: Hier entstehen die typischen italienischen Zigarren. Auch der kleinste italienische Tabakladen hat wenigstens eine Auswahl davon. Und auf der ganzen Welt gibt es Kenner, die genau diese speziellen und sehr aromatisch-kräftigen Zigarren mögen. Mit einem Malheur fing alles an Das war nicht immer so. „Man hat früher in Italien gute, teure Zigarren für die feinen Leute hergestellt und billige für die Armen“, erzählt Gaetano Marino, der technische Leiter von Manifatture Sigaro Toscano. Doch ein Malheur sollte die Klassenunterschiede aufbrechen: Als im Jahr 1815 bei Florenz eine große Charge Tabak von einem heftigen Gewitterregen durchnässt wurde, in der Sonne wieder trocknete und dabei fermentierte, galt der Tabak als verdorben. Arme-Leute-Zigarren sollten deshalb daraus werden. Doch die Fermentation hatte dem Kentucky-Tabak einen besonderen Geschmack verliehen. „Den mochten nicht nur die die armen Leute, sondern der hat sich auch zu den Reichen herumgesprochen. Das war der Anfang unseres Erfolgs“, sagt Gaetano Marino, der hochachtungsvoll mit „Ingegnere“ angesprochen wird. Zwei Wochen kuschelige Wärme Der Gewitterregen findet seither im Saale statt – unter kontrollierten Bedingungen. Sprich: Der Tabak wird nunmehr absichtlich befeuchtet, in fast mannshohe Gitterboxen gefüllt und in die Fermentationshalle gebracht. „Alle drei Tage schichten wir den Tabak um, damit die Fermentation gleichmäßig abläuft und sich kein Schimmel bildet“, erklärt Angelo Bencivenga, Abteilungsleiter in Cava de' Tirreni. Er nimmt eine Wand der Gitterbox ab, die gerade an den Anfang der langen Tabak-Verarbeitungsstraße gefahren wird. Deren Seitenwände sind isoliert, damit die bei der Fermentation entstehende Wärme im Tabak bleibt. „Der Tabak wird dabei bis zu 65 Grad Celsius warm“, erklärt er. Die warme Luft im Gärraum, wo tonnenweise Tabak in dutzenden Gitterboxen fermentiert, ist vom Tabakduft satt getränkt – kein Klima für den Menschen, aber für guten Tabak. MTU Report 02/14 I 23 Energie Mit der kuscheligen Ruhe ist es nach der Fermentation vorbei. „Jetzt wird der Tabak für die Zigarrenproduktion aufbereitet“, erklärt Angelo Bencovenga. Der Staplerfahrer schüttet die gute halbe Tonne italienischen Kentucky-Tabaks in einen großen Metalltrichter. Förderbänder transportieren die dunkelbraunen Blätter von Station zu Station. Walzen, Messer, Siebe und Gebläse zerteilen, zerschneiden, sortieren und trocknen die Blätter. Am Ende zeigt Angelo Bencivenga gleichmäßig geschnittene Tabakstückchen, die spätere Einlage der Zigarre. Die dicken Rispen und Stiele sind aussortiert. „Daraus wird Biogas gemacht“, erklärt er. Wie Tabakreste wohl riechen mögen, wenn sie zu Biogas fermentieren? Vielleicht ist es besser, es nicht zu wissen. Gaetano Marino, der technische Leiter der Manifatture Sigaro Toscano, ist stolz auf die „Trigenerazione“, mit der das Zigarrenwerk in Cava de‘ Tirreni elektrischen Strom, Wärme und Kälte erzeugt. Vom Blatt zum Genuss: Bei Temperaturen von bis zu 65 Grad Celsius fermentiert der italienische Kentucky-Tabak. Energieversorgung raucht nicht mehr Gas spielt eine wichtige Rolle in der Produktion. Denn ein Gas-Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy mit Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung sorgt für elektrische Energie und das passende Klima. „Wir brauchen von Anfang bis Ende gleichbleibende kontrollierte Bedingungen. So stellen wir die Qualität unserer Produkte sicher“, stellt Ingegnere Marino fest. Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit müssen stimmen bei Fermentation, Verarbeitung, Lagerung und Trocknung. Das braucht viel Energie. Ein bisschen dürfte vor allem im Sommer das warme Mittelmeerklima helfen, die nötigen Temperaturen zu erreichen. Ungefähr die Hälfte des elektrischen Stroms für die Klimakammern, in denen beispielsweise die Zigarren trocknen und reifen, produziert die Zigarrenmanufaktur selber. „Das ist deutlich günstiger als der teure Strom aus dem Netz des Stromversorgers“, sagt Marino. 20 Prozent stammen von einer Photovoltaikanlage, 30 Prozent werden in einem GasBlockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy gewonnen. Es ersetzte im Jahr 2011 den alten Dampfkessel, der mit Heizöl betrieben worden war. Jetzt schnurrt nebenan schadstoffarm der Zwölfzylinder-Gasmotor der Baureihe 400. Der Fabrikkamin stößt nun keinen schwarzen Rauch mehr aus. Sigaro Toscano hat der eigenen Energieversorgung das Rauchen abgewöhnt. Strom, Wärme, Kälte – alles aus Gas Das Gas für den Motor ist Erdgas aus der öffentlichen Gasversorgung. Der Technikchef aus der Zentrale in Lucca ist stolz darauf, was hier vor drei Jahren installiert wurde. Denn neben dem elektrischen Strom des BHKWs – bis zu 375 Kilowatt - nutzt Sigaro Toscano auch die beim Betrieb anfallende Motorwärme. Sie sorgt für angenehme Temperaturen in den Büros – sogar im Sommer. Denn wenn die Sonne erbarmungslos auf Süditalien brennt, macht eine Absorbtionskältemaschine aus der Motorabwärme angenehme Kühle. Der Ingenieur hat diese „Trigenerazione“ selber ausgelegt, berichtet er nicht ohne Stolz. Enplus, italienischer Distributor für MTU Onsite Energy, hat die Gesamtanlage realisiert und das BHKW und die Kältemaschine verknüpft, sodass sie miteinander sowie mit dem Stromnetz und dem Wärmenetz des Unternehmens harmonieren. 25 Prozent weniger Kosten „Das Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy hat die ideale Größe für uns. Es ist eine sehr gute Anlage. Und sie ist sehr leise. Ich glaube, von unseren Nachbarn hat noch gar niemand bemerkt, dass wir sie haben“, schmunzelt Gaetano Marino. „Wir erfüllen nicht nur gesetzliche Vorgaben, sondern versorgen uns besser und umweltfreundlicher mit Strom, Wärme und Kälte als zuvor.“ Die Erfahrung nach rund drei Jahren Betrieb: 25 Prozent der Energiekosten spart das Unternehmen gegenüber der alten Anlage. Strom und Wärme aus dem öffentlichen Netz sind doppelt so teuer wie die Eigenproduktion. Mit dem elektrischen Strom aus dem Blockheizkraftwerk betreibt die Zigarrenmanufaktur unter anderem die Trocknungsanlagen für den Tabak, aber auch die Klimakammern, in denen die Zigarren nachfermentieren, reifen und trocknen. 24 I MTU Report 02/14 1 2 1, 2 Tonnenweise fermentiert der Tabak in fast mannshohen isolierten Gitterboxen im schwülwarmen Klima der Fermentierungshalle. 3 Zarte Frauenhände? Das war einmal. Maschinen mit uhrwerkähnlicher Mechanik rollen die Zigarren. 4 Gute Zusammenarbeit: Vincenzo Pardi (vorne) von MTU Italia und Ivano Odone vom italienischen Serviceunternehmen CCS arbeiten Hand in Hand. Der italienische Distributor für MTU Onsite Energy, Enplus, hat die Gesamtanlage mit Kraft-Wärme-KälteKopplung auf Basis eines Blockheizkraftwerks der Baureihe 400 erstellt. Die Servicetochter CCS wartet die Anlage. 3 4 MTU Report 02/14 I 25 1 2 1 Vincenzo Ruggiere sortiert fehlerhafte Zigarren aus und legt die guten auf Gitterrahmen, auf denen sie trocknen dürfen. 2 Prima Klima schafft prima Zigarren: Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit müssen im Trockenraum stimmen, damit die Zigarren nachreifen können. Qualitätskontrolleur Gerardo Alfieri ist zufrieden. Wochenlang Wohlfühlklima Sieben Tage lang trocknen die Zigarren und reifen etwas nach. Je nach Sorte und Aromatisierung dürfen es bis zu 30 Tage oder sogar mehrere Monate sein, erklärt Cristoforo Sannino, einer der Vorarbeiter, in einem Trockenraum. Dessen Klima – Temperatur und Luftfeuchtigkeit - wird automatisch geregelt, auch mit Strom aus dem BHKW. Erst wenn die Zigarren nur noch die vorgeschriebene Restfeuchte enthalten, kommen sie wieder raus. So lange haben sie noch die charakteristische elliptische Form – vorne und hinten dünner, zur Mitte hin dicker – ähnlich wie ein Zeppelin. Das sind die großen, langen, abendfüllenden Varianten. Früher, so die Legende, wurde die Zigarre in der Mitte auseinandergeschnitten oder zerbrochen – eine Hälfte für den Vormittag, die andere für den Nachmittag. Heute geht ein großer Teil der Zigarren gleich fertig halbiert in die Tabakläden – mundgerecht sozusagen. Fünf Stück kommen in eine kleine Schachtel. Zellophan versiegelt das italienische Geschmackserlebnis für die Liebhaber dieses speziellen Genusses. Die Drei-Männer-Zigarre 40.000.000 dieser Zigarren produziert die Firma in Cava jedes Jahr, berichtet Gaetano Marino und betont: „Unsere Zigarren sind Genussmittel, man sagt heute Lifestyle. Man sollte sie behutsam genießen.“ Kenner dieser ziemlich kräftigen Zigarren ist der Hinweis auf die Behutsamkeit nicht neu. Man sagt, es brauche für eine solche drei Männer – einer raucht, zwei halten ihn fest. Text: Wolfgang Boller; Bilder: Robert Hack Ligurisches Meer Korsika Bosnien Kroatien Italien Rom Ihre Fragen beantwortet: Daniele Di Franco, [email protected] Tel. +39 0187 9526-72 Adriatisches Meer Mehr dazu... Neapel Cava de' Tirreni MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Die Manifatture Sigaro Toscano geht auf eine im Jahr 1818 bei Florenz gegründete Tabakmanufaktur zurück. Heute ist die Manifatture Sigaro Toscano Teil der 135 Jahre alten Unternehmensgruppe Maccaferri aus Bologna in Norditalien. Dazu gehören unter anderem Tochterunternehmen für Tiefbauprodukte, Biotechnologie, Metallbearbeitung, Bau, Energietechnik und Lebensmittel. Die Zigarrenproduktion kam erst im Jahr 2006 dazu. Die italienische Tabakindustrie war seit dem 19. Jahrhundert in staatlicher Hand. BAT (British American Tobacco) übernahm die gesamte Tabakproduktion vom italienischen Staat im Jahr 2003 und verkaufte drei Jahre später die Zigarrensparte an Maccaferri. 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK ON L IN E Frankreich Zwei mit langer Tradition M EM O Energie Ohne Opern-Romantik Zuvor muss aber aus dem Tabak eine Zigarre werden. Das Klischee der Frauen, die an langen Tischen und im Halbdunkel die Zigarren rollen, wie in Georges Bizets Oper „Carmen“, bedient Sigaro Toscano hier nicht. Zigarrenmacherinnen gibt es nur im Hauptwerk in Lucca in der Toskana – und die rollen nur die teuersten Exemplare von Hand. In Cava de' Tirreni ist es auch keine schummrige Baracke, sondern ein großer, heller Raum. In dem arbeiten vor allem Männer – und Maschinen. Etwa zwei Dutzend vollautomatische Apparate mit komplizierter Mechanik haben die Arbeit der Zigarrenmacherinnen übernommen. Der Tabak kommt portionsweise aus einem großen Trichter, die einzelnen Deckblätter von einer Gaze-Rolle (für Insider: ein Umblatt zwischen Füllung und Deckblatt braucht es nicht). Die Männer kommen zum Schluss zum Einsatz – nein, nicht erst beim Rauchen, sondern bei der Qualitätskontrolle. Antonio Polverino ist einer von ihnen. Er nimmt die vom Tabakleim feucht glänzenden Zigarren aus der Maschine. Manchen sehen seine geübten Augen gleich an, dass diese Zigarre wohl besser von feinfühligen Frauenhänden gerollt worden wäre – Ausschuss. Die anderen verteilt er auf einem mit einem dünnen Gitternetz bespannten Holzrahmen, streicht mit geübter Hand darüber, nimmt einzelne heraus, beäugt und rollt sie kritisch - und wirft sie zum anderen Ausschuss. Alles, was fehlerhaft, zu dick, zu dünn, zu hart oder zu weich gerollt ist, fliegt raus, wird später zermahlen und bekommt im Produktionsprozess eine zweite Chance. Mehr Bilder aus der Zigarrenfabrik gibt's auf www.mtu-report.de/BHKW_Italien MTU Report 02/14 I 27 Thron Tauchen Tatendrang Tempo Tunnel Tausend TECHNOLOGIE Taufe Traum Teppich TAKTIK Technik TRUTHAN Tanz Tulpe Training Typus TEXAS Titan TRIUMPH TIER Trick Transport Thriller TURBOLADER Tabak Turbine Tonne Technologie Das T im Namen MTU ist zwar eher von historischer Bedeutung und steht für das Wort Turbine – doch bei Motoren ist der Buchstabe T dennoch eine große Nummer. Denn was wären moderne Dieselmotoren ohne Turbolader? Turbolader gehören zu den Schlüsselteilen am Motor. Sie geben den Motoren ihre Power und ihren Charakter. Und sie beeinflussen ihre Wirtschaftlichkeit, ihre Dynamik und ihren Schadstoffausstoß. MTU entwickelt und fertigt Turbolader für die meisten Motoren im eigenen Haus. Doch was genau macht der Turbolader? THEMSE TASTE Tempel Troja T wie Turbo TAKT Vereinfacht gesagt ist der Turbolader die Lunge des Motors. Er gibt ihm die Power und sorgt dafür, dass der Motor bei gleichem Hubraum immer leistungsfähiger wird. Denn der Turbolader pumpt die Luft in den Brennraum des Motors. Je besser er das macht, desto mehr Sauerstoff steht dort zur Verfügung. Mehr Sauerstoff bedeutet, dass mehr Kraftstoff verbrennen kann. Und mehr verbrannter Kraftstoff führt zu mehr Leistung. Die eigentliche Aufgabe des Turboladers ist es also – kurz zusammengefasst – möglichst viel Luft aufzunehmen, diese zu komprimieren und wieder abzugeben. Bei den neuesten MTU-Motorgenerationen gibt es hierzu sogar zwei Turboladerstufen: In der ersten Stufe wird die Luft durch einen Niederdruckturbolader vorverdichtet, dann zwischengekühlt und in der zweiten Stufe in einem Hochdruckturbolader nachverdichtet. So steht auch bei viel Gegendruck immer gleichbleibend viel Luft zur Verfügung. Das Beste daran: Der Turbolader nutzt dafür praktisch „Abfall“. 30 Prozent der im Kraftstoff gebundenen Energie werden nach der Verbrennung als Abgas in die Luft geblasen. Es liegt also nahe, diese für die Aufladung zu nutzen. Der Abgasstrom treibt das Turbinenrad an. Auf der gegenüberliegenden Seite des Turboladers saugt das Verdichterrad mit seinen aerodynamisch geformten „Schaufeln“ diese Luft an und presst sie über den Ladeluftkühler in den Zylinder. Erleben Sie den Turbo lader auf Ihrem Smartphone 1. Junaio App (Android/ iOS) laden 2. Die rechte Magazinseite scannen 3. Genießen Sie den Turbolader in 3D 28 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 29 TIER TEXAS Titan Taufe TRIUMPH Tulpe Training THEMSE TURBOLADER Thron Tauchen TURBINE TASTE Tempel Tausend Tabak Technik TRUTHAN Typus Tempo Tatendrang Tunnel TAKT Trick Transport Thriller Teppich Tonne Marine Themsen-Taxi Tanz TAKTIK Technologie Traum Troja In 25 Minuten vom Big Ben zum Londoner Tower und weiter zur O2-Arena. Für Touristen gibt es auf der Themse keine schnellere und schönere Verbindung zu Londons Sehenswürdigkeiten als die Hochgeschwindigkeits-Katamarane von Thames Clippers. Jährlich nutzen über 3,5 Millionen Touristen und Pendler die „Wassertaxis“, von denen sechs mit MTU-Reman-Motoren fahren. Reman-Motoren treiben Katamarane auf der Themse an „Auf der Themse fahren wir Engländer ausnahmsweise rechts“, sagt Sean Collins, Geschäftsführer von Thames Clippers, und lacht. Er steht bei leicht bewölktem Himmel im halb überdachten Heck der Monsoon und beobachtet die vorbeifahrenden Schiffe. Seine Stimme wird vom Brummen der Schiffsmotoren teilweise übertönt. Die Monsoon ist einer von zwölf Katamaranen der Reederei Thames Clippers aus London. Sechs davon fahren mit MTU-Reman-Motoren der Baureihe 2000. Das sind keine neuen, sondern grunderneuerte Motoren, die MTU für ein zweites Leben flottgemacht hat. Auf den Sitzen im Heck hat es sich ein Mann mit Glatze und Feinstrickpulli bequem gemacht. In der einen Hand hält er eine Flasche Peroni-Bier, die andere Hand hat er um die Schulter seiner Frau gelegt. Daneben steht eine junge Asiatin mit Sean Collins, Geschäftsführer von Thames Clippers, fährt auf einem seiner Katamarane. Im Interview spricht er über die Vorteile der Reman-Motoren in seinen Schiffen. Die Katamarane von Thames Clippers sind die Wassertaxis auf Londons Themse. Im Heck der Monsoon fotografieren Touristen die berühmte Tower Bridge während der Fahrt. MTU Report 02/14 I 31 Marine 1 Zwölf Katamarane der Reederei Thames Clippers sind das ganze Jahr über auf der Themse unterwegs. Für Touristen und Pendler sind sie ideal als Wassertaxi. 2 Sechs Katamarane von Thames Clippers fahren mit je zwei Reman-Motoren der MTU-Baureihe 2000. Die Motoren haben eine Leistung von je 900 Kilowatt. rosa Schildmütze. Mit ihrem Smartphone filmt sie den altehrwürdigen Tower von London am linken Ufer – eine Festung, die jahrhundertelang der Sitz der englischen Könige war. Heute befinden sich hinter den dicken Mauern die Kronjuwelen der Königsfamilie. „Auf unseren Schiffen fährt jeder mit – Touristen, Pendler und Londoner“, sagt Sean Collins. Seit 15 Jahren sind die Katamarane seiner Reederei auf der Londoner Themse unterwegs. Besonders im Sommer seien die Schiffe voll von Touristen. „Viele Passagiere nutzen unsere Schiffe wie Taxis, um zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten an der Themse zu gelangen“, berichtet er. Die Asiatin neben ihm schwenkt ihr Handy nun zum rechten Flussufer, wo das Londoner Rathaus, die City Hall, steht – ein moderner eierförmiger Glasbau. Als die Monsoon kurz danach unter der Tower Bridge durchfährt, holen auch die anderen Fahrgäste ihr Handy raus und schießen Erinnerungsfotos. Schließlich ist die monumentale Klappbrücke das Wahrzeichen von London, wie der Eiffelturm von Paris. 1 2 MEMO Ein besonderer Blickfang während der Schifffahrt ist wegen seines Aussehens das Hochhaus The Shard (engl. Glasscherbe). Dauerstrom für Londoner Krankenhaus Eine besonders wichtige Aufgabe übernehmen MTU-Motoren der Baureihe 4000 am westlichen Ufer der Themse im „Chelsea and Westminster Hospital“ von London. Dort sorgen zwei Gasaggregate von MTU Onsite Energy in Blockheizkraftwerken vom britischen Hersteller EnerG für Dauerstrom im Krankenhaus. „Mit den MTU-Aggregaten decken wir 90 Prozent unseres Strombedarfs im ganzen Gebäude“, sagt Simon Black, Bereichsleiter der Firma Norland, welche für die Energieversorgung im Krankenhaus verantwortlich ist. Die beiden Aggregate erzeugen seit dem Jahr 2012 zusammen eine elektrische Leistung von 2,8 Megawatt für den Gebäudekomplex mit seinen über 500 Betten. Die restlichen zehn Prozent des Strombedarfs bezieht das Krankhaus aus dem Stromnetz. Die Abwärme der Aggregate wird im Krankenhaus für warmes Wasser, die Küchen, Waschräume und zum Reinigen der medizinischen Instrumente genutzt. Außerdem gibt es im Krankenhaus eine Station für Patienten mit Brandverletzungen. „In diesen Räumen muss es immer 25 bis 26 Grad Celsius warm sein“, erläutert Simon Black. Im Winter wird dafür die Abwärme genutzt und im Sommer das Kühlsystem, das ebenfalls mit der Abwärme der Aggregate betrieben wird. „Wir nutzen bis zu 80 Prozent der Abwärme und können dadurch viel Geld einsparen“, sagt Simon Black begeistert. 32 I MTU Report 02/14 Irland Vereinigtes Königreich London Ärmelkanal MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Frankreich „Die Reman-Motoren waren eine perfekte Lösung“ Nach der Brücke legt das Wassertaxi deutlich an Geschwindigkeit zu. Das braune Wasser der Themse verwandelt sich an den beiden Enden des Katamarans zu schäumender Gischt. Die Monsoon und ihre fünf Schwesterschiffe sind je 38 Meter lang und fahren seit 2008 auf der Themse, mit Platz für jeweils 220 Passagiere. Sie alle sind mit je zwei MTU-Motoren ausgerüstet – zuerst mit fabrikneuen, jetzt mit Reman-Motoren. Das sind MTU-Motoren, die nach 12.000 Betriebsstunden für ein weiteres Motorenleben grunderneuert wurden. „Das Reman-Prinzip von MTU ist die perfekte Lösung für uns“, sagt Sean Collins. „MTU liefert uns einen Reman-Motor an, wir bauen den alten aus und den quasi neuen ein. Den alten bekommt MTU zurück und bereitet ihn wieder auf“, erzählt er weiter. Hätte die Reederei die ersten MTU-Motoren klassisch überholen lassen, wären ein paar Wochen vergangen und allle Schiffe stillgestanden. Denn sie sind damals zusammen in Betrieb gegangen. Außerdem sind die Reman-Motoren kostengünstiger als neue Motoren. „Die alten Motoren haben unsere Monteure innerhalb eines Tages gegen die neuen Reman-Motoren ausgetauscht“, erzählt Sean Collins begeistert. Dadurch hat die Reederei die Stillstandzeit der Katamarane auf ein Minimum reduziert. Bisher hat Thames Clippers schon über 20 Reman-Motoren gekauft, denn manche Schiffe fahren bereits mit den zweiten RemanMotoren. Zwischenstopp North Greenwich Während Sean Collins von den Reman-Motoren erzählt, taucht am Flussufer die O2-Arena auf. Mittlerweile sitzen im Heck zehn Schüler mit blauen Schildmützen von einer Grundschule aus Devon. Die Lehrerin zeigt mit dem Finger in Richtung O2-Arena und erklärt den Schülern, was sie sehen. Dieser weltgrößte Kuppelbau mit 365 Metern Durchmesser und 52 Metern Höhe wurde im Jahr 1999 eröffnet und dient heute als Sportarena oder Konzerthalle. Bekannt ist der riesige Bau durch den James-Bond-Film „Die Welt ist nicht genug“. Im Film endet eine abenteuerliche Verfolgungsjagd in Schnellbooten auf der Themse vor der O2-Arena. Nicht weit entfernt von der O2-Arena legt der Katamaran am Pier North Greenwich an. Hier ist die Endstation der Route RB 1 und die Crew nutzt die längere Anlegezeit, um das Schiff mit frischem Wasser zu versorgen und ein bisschen zu putzen, bevor neue Passagiere an Bord gehen. Nach etwa 20 Minuten legt die Monsoon wieder ab in Richtung London Eye, zum anderen Ende der Route. Das Schiff beschleunigt so schnell, dass sich die Passagiere im Heck freiwillig hinsetzen. Denn die Motoren haben eine Leistung von 900 Kilowatt und beschleunigen damit den Katamaran auf bis zu 29 Knoten (54 Stundenkilometer). Für die Motoren ist das ständige Beschleunigen und Abbremsen zwischen den Haltestellen die größte Belastung. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir die Motoren morgens und abends durchchecken“, sagt Sean Collins. Kleinere Wartungsarbeiten wie Öl- oder Filterwechsel erledigen die Monteure von Thames Clippers selbst. Für die größeren Wartungsarbeiten hat die Reederei einen Vertrag mit MTU UK abgeschlossen, der britischen MTU-Tochterfirma. Zum Wartungsvertrag gehören das Wechseln der Injektoren, Turbolader oder Kraftstoffpumpen, wenn ein Motor die Hälfte seiner Laufzeit erreicht hat. Außerdem checken MTU-Monteure die Motoren regelmäßig in den ersten zwölf Monaten durch. Das Chelsea and Westminster Hospital in London wird mit Dauerstrom, Wärme und Kälte von MTU-Aggregaten versorgt. MTU Report 02/14 I 33 Marine Was ist Remanufacturing? M EM O Hochgeschwindigkeitszüge mit MTU „Von welcher Haltestelle komme ich denn am schnellsten zur Paddington Station?“, fragt ein älterer Mann mit Goldrandbrille, kariertem Hemd und kurzen Hosen. „Am besten gehen Sie am Embankment Pier von Bord“, antwortet ein Matrose, der auf dem Weg zur Kommandobrücke ist. Von dort gibt es einen direkten U-BahnAnschluss zum großen Bahnhof Paddington Station, den Agatha Christie mit ihrem Roman „16 Uhr 50 ab Paddington“ weltberühmt machte. Auf den Gleisen eins bis fünf fahren hier Hochgeschwindigkeitszüge der britischen Eisenbahngesellschaft Great Western Railway aus dem Südwesten Englands ein. Auch Great Western Railway hat seit 2007 einen Wartungsvertrag mit MTU für ihre Class 43-Züge. Diese fahren mit Reman-Motoren der Baureihe 4000. Mit einer Leistung von 1.680 Kilowatt je Motor sind die Züge bis zu 200 Stundenkilometer schnell. Der Antrieb der insgesamt 119 Züge ist dieselelektrisch und manche von ihnen legen am Tag eine Strecke von London bis nach Penzance, in den südlichsten Zipfel der Insel, zurück. Dank der MTU-Motoren der Baureihe 4000 haben die Hochgeschwindigkeitszüge eine Verfügbarkeit von 99 Prozent und sind täglich bis zu 17 Stunden unterwegs. Beim Remanufacturing, zu Deutsch Grunderneuerung, werden Motoren und Komponenten nach einem standardisierten industriellen Verfahren wiederhergestellt, damit sie wieder die Eigenschaften von neuwertigen Teilen oder Motoren erhalten. Das zentrale Reman-Center für MTU-Motoren ist die MTU Reman Technologies GmbH in Magdeburg. Dort entwickeln Mitarbeiter auch neue Verfahren und Prozesse zur Aufarbeitung, welche MTU für serienmäßiges Remanufacturing an allen Reman-Standorten einsetzt. Beim Reman-Prozess zerlegen Mitarbeiter zuerst den kompletten Motor und reinigen die Bauteile. Dann begutachten sie die Bauteile und entscheiden, ob sie diese aufarbeiten können oder ob ein neues Teil verwendet werden muss. Rund 80 Prozent der Motor-Bauteile können Mitarbeiter für ein zweites Motorenleben wiederherstellen. Nachdem sie die alten Bauteile aufgearbeitet und wieder zusammengebaut haben, folgen zum Schluss ein QualitätsCheck und ein Testlauf auf dem Motorenprüfstand. 34 I MTU Report 02/14 Hochbetrieb für Thames Clippers Nachdem am Bankside Pier ein paar Passagiere das Schiff verlassen haben und neue dazu gestiegen sind, legt der Katamaran wieder ab. Bankside Pier ist die vorletzte Haltestelle nach 45 Minuten Fahrt auf der Route RB1. Auf dieser Hauptroute fahren jährlich 1,6 Millionen Passagiere und insgesamt sind es auf allen Routen der Thames Clippers 3,5 Millionen Fahrgäste im Jahr. „Im Sommer transportieren wir die meisten Fahrgäste oder wenn mal wieder die Jubilee Line der U-Bahn streikt – dann ist bei uns Hochkonjunktur“, sagt Sean Collins. Vor allem die Zahl der Touristen unter den Fahrgästen habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Als im Jahr 2012 die Olympischen Spiele in London stattfanden, hatten die Katamarane von Thames Clippers noch mehr Passagiere als sonst. Das war auch eine Bewährungsprobe für den MTU-Service. „Für den Ernstfall hat uns MTU UK vorausschauend wichtige Ersatzteile und einen Reman-Motor als Reserve zugeschickt“, erzählt Sean Collins. Als dann während dieser hektischen Zeit tatsächlich Probleme an einem Motor auftraten, haben die Arbeiter von Thames Clippers an nur einem Tag den Motor aus- und den Ersatz-RemanMotor eingebaut. Später stellten die Monteure fest, dass nur ein Verschleißteil am Motorausfall schuld gewesen war. Als die Monsoon an der Station London Eye beim großen Riesenrad anlegt, ist die Fahrt fast zu Ende. Das letzte Highlight der Route ist hier für die Touristen der Blick auf den WestminsterPalast mit dem weltberühmten Big Ben. Für Sean Collins ist der Anblick der Turmuhr nichts Besonderes mehr, doch die begeisterten Fahrgäste knipsen noch ein paar Fotos, bevor der Katamaran an der Endstation Embankment anlegt. Für die Crew gibt es dort nur eine kurze Verschnaufpause. Dann startet das Wassertaxi seine nächste Fahrt zu Londons berühmten Sehenswürdigkeiten an der Themse. 1 3 Auf der Route RB 1 fahren die Katamarane von Thamse-Clippers die Touristen zu den Sehenswürdigkeiten Londons wie das Riesenrad London Eye (1). Während der Fahrt sieht man unter anderem das kuriose Hochhaus in der Fenchurch Street, genannt Walkie-Talkie (2), die Millennium Bridge (3) mit der St. Pauls Cathedral im Hintergrund oder das Londoner Rathaus, die City Hall (4). Völlig ungewöhnlich ist die Seilbahn (5) über die Themse, die als Verbindung zwischen den Sportstätten für die Olympischen Spiele 2012 gebaut wurde. Weitere Highlights auf der Route sind der Big Ben (6) am WestminsterPalast oder das Museumsschiff Belfast (7), das in der Themse vor Anker liegt. 2 Am Londoner Bahnhof Paddington Station fahren die Hochgeschwindigkeitszüge der Great Western Railway ein. Die Züge sind mit Reman-Motoren der MTU-Baureihe 4000 ausgestattet. 5 4 6 7 Am östlichen Ende der Schiffsroute RB 1 steht die O2-Arena. Der Kuppelbau wurde durch den James-Bond-Film „Die Welt ist nicht genug“ berühmt, in welchem eine Verfolgungsjagd auf der Themse an der O2-Arena endet. Text: Marcel Rothmund Bilder: Robert Hack Ihre Fragen beantwortet: Andy Crabbe [email protected] Tel. +44 1342 335 450 MTU Report 02/14 I 35 Tausend TURBOLADER Traum Tulpe Training Typus Taufe TRIUMPH TEXAS Titan Teppich TAKTIK Technik TRUTHAHN Tanz Troja TIER Trick Transport Thriller Tonne TECHNOLOGIE Tabak Turbine Bahn TASTE Tempel Kolumne THEMSE Thron Tauchen Tatendrang Tempo Tunnel TAKT Zug um Zug um die Welt Starke Mitte von Wolfgang Boller Was wäre MTU ohne T? Auf das T sind wir schon stolz – nicht nur weil die Marke ohne T längst nicht so harmonisch klänge. Eine zentrale Rolle spielt das T nicht nur in der Mitte des Kürzels MTU. Vielmehr verbinden Kunden mit MTU nicht zuletzt eines: Technik, herausragende Technik. Und wen wundert’s, dass die vielen Ingenieure, Konstrukteure, Entwickler, Fertigungs- und Montagefachleute in Abteilungen arbeiten, deren Kürzel mit einem T beginnt? Als Karl Maybach vor 90 Jahren seinen ersten schnelllaufenden Dieselmotor für den Antrieb von Zügen präsentierte, ahnte er wohl kaum, welche Erfolgsgeschichte er damit startete. MTUMotoren bewegen seitdem Züge und Triebwagen auf der ganzen Welt – ob in Asien oder Afrika, in Sibirien, in Argentinien oder im australischen Outback. 20.000 Bahnmotoren hat MTU in den vergangenen 90 Jahren verkauft – ein Blick auf die Landkarte zeigt, wo die überall im Einsatz sind. Und die Karte in diesem Heft ist nur der Anfang: Unter www.mtu-report.de/weltkarte_ bahn erfahren Sie mehr über MTU-Bahnprojekte auf der ganzen Welt. So ein T ist ein kräftiger Buchstabe. Er gibt Wörtern ebenso Halt wie die (Doppel-)T-Träger den Motoren und Aggregaten, auf denen diese montiert sind. Harte Tests, schwere Trucks, starke Turbolader – ein T steht oft für ziemlich Wuchtiges und Starkes. Kein Wunder, dass es sich in der Welt der starken Motoren so wohl fühlt. So ein T, vor allem das kleine, hat aber auch Nachteile. Obwohl es hart klingt, ist es meistens schmal, braucht kaum Platz, kommt eher schmächtig daher. Ein Autor, der eine Kolumne zum Thema T im Zusammenhang mit MTU schreiben soll, weiß das am besten. Man kann noch so viele t’s schreiben – die kleinen Dinger bringen vor allem eines nicht: Text. Wie einfach muss das beim M gewesen sein. Mal sehen, wie’s beim U wird. 36 I MTU Report 02/14 Text, Illustration: Robert Hack MTU Report 02/14 I 37 38 I MTU Report 02/14 Bahn 1 > Madagaskar MTU-Motoren für Güterund Streckenlokomotiven 2 > Australien Schwerstarbeit In Madagaskar sind seit dem Jahr 2007 Streckenlokomotiven mit MTU-Motoren an Bord unterwegs. Die bei China South Rail in Sifang produzierten Lokomotiven werden von MTU-Motoren des Typs 12V 4000 R41R angetrieben. 3 > China Die stärksten diesel-hydraulische Lokomotiven der Welt 40 Std. ohne Pause bei Temperaturen von knapp 50 Grad Celsius. Loks des chinesischen Herstellers CSR Ziyang ziehen in Australien Fracht- und Eisenerzzüge von Adelaide nach Coober Pedy. Ihr Antrieb: 20-Zylinder-MTUMotoren der Baureihe 4000. Mit 5.400 PS Leistung stattete MTU im Jahr 1972 die stärksten diesel-hydraulischen Lokomotiven der Welt aus. Mit je zwei Zwölfzylinder-MTU-Motoren der Baureihe 956 waren sie prädestiniert für lange Strecken durch dieses riesige Land. Mehr online 4 5 > USA Mittelschnellläufer raus, Schnellläufer rein > Argentinien Netzausweitung in Argentinien Der amerikanische Lokhersteller Knoxville Locomotive hat eine bestehende Rangierlokomotive mit einem schnelllaufenden, 2.250 PS starken MTU-Dieselmotor der Baureihe 4000 remotorisiert. Das argentinische Transportministerium will das nationale Schienenpersonennetz ausweiten und hat dafür 20 neue Lokomotiven des chinesischen Herstellers Dalian Locomotive & Rolling Stock bestellt. 7 6 > Spanien Weltrekordler Mit 256 km/h Spitzengeschwindigkeit ist der „Talgo“ das schnellste dieselangetriebene Schienenfahrzeug der Welt. Den Rekord stellte die Lok bei Testfahrten zwischen Madrid und Barcelona auf – angetrieben von zwei Zwölfzylinder-MTU-Motoren. 8 9 > England Schnell und zuverlässig > Deutschland Als die Züge fliegen lernten > Schweden Auf der grünen Schiene Die Hochgeschwindigkeitszüge der engl. Bahnbetreiber First Great Western, National Express und Cross Country fahren mit 16-Zylinder-MTU-Motoren des Typs 4000 R41R. Sie überzeugen mit einer Verfügbarkeit von 99,5 %. In 2 Stunden und 18 Minuten von Hamburg nach Berlin fahren – das war im Jahr 1933 eine Sensation. Der Fliegende Hamburger machte diese möglich – dank des Maybach GO-5-Motors und einer neuen, aerodynamischen Fahrzeugform. Die Lokomotiven des Typs T44 des schwedischen Transportunternehmens Green Cargo fahren seit dem Jahr 2009 mit MTU-Dieselmotoren der Baureihe 4000. 39 I MTU Report 02/14 Dies sind nur einige Projekte, die zeigen, wo MTU-Bahnmotoren überall im Einsatz sind. Die vielen weißen Punkte zeigen, dass es noch viel mehr spannende Projekte gibt. Ausführliche Informationen zu diesen gibt es auf www.mtu-report.de/weltkarte_bahn. MTU Report 02/14 I 41 Lego für Ein nicht ganz originalgetreuer LegoNachbau des Prüfstands, auf dem derzeit der weltweit erste Gasmotor für Marineanwendungen getestet wird. Im Jahr 2016 soll der weltweit erste Hafenschlepper mit schnelllaufenden Gasmotoren im Rotterdamer Hafen fahren. Die niederländische Werft Damen baut ihn, die dänische Reederei Svitzer wird ihn betreiben und MTU liefert seinen Antrieb. Dank der hohen Leistungsdichte des Motors und einem innovativen Schiffsdesign wird der Schlepper besonders kompakt und gut manövrierbar sein. Für MTU-Ingenieure war die Entwicklung eine Erinnerung an lange vergangene Kindertage: Sie durften Lego spielen. Denn sie kombinierten die entscheidenden neu entwickelten Komponenten mit einzelnen Bausteinen der MTUMotorbaureihe 4000, die es als Dieselvariante und als stationäre Gasvariante gibt. 42 I MTU Report 02/14 Er wirkt wie ein gut behüteter Patient auf einer Intensivstation. Aufgestellt in einem weiß gestrichenen, fast steril wirkenden Raum, beobachten ihn die Experten hinter der Glasscheibe ganz genau. Ihre Blicke wechseln zwischen den bunt flimmernden PC-Bildschirmen und dem Objekt hinter der Scheibe hin und her. Der neu entwickelte MTU-Gasmotor für die mobile Anwendung steht in Friedrichshafen auf einem neuen, hochmodernen und spezialisierten Prüfstand. Der Motor wird dort für den anspruchsvollen Betrieb in einem Schiff entwickelt und unter realitätsnahen Marinebedingungen auf Herz und Nieren getestet. 70 Tonnen Pfahlzug, Volllast fahren, beschleunigen, Teillast und Leerlauf fahren, wenden: Die 508 bunten Kabel, die aus dem Versuchsmo- tor herausragen, veranschaulichen, wie viele unterschiedliche Messungen die Versuchsingenieure an dem neuen MTU-Gasmotor vornehmen. In einer weiterentwickelten Form soll er ab 2016 in dem ersten Hafenschlepper mit schnelllaufendem Erdgasantrieb der DamenWerft im Einsatz sein, um riesige Überseeschiffe auf engstem Raum im Hafen zu manövrieren. Bisher gibt es nur wenige GasSchlepper auf dem Markt. Sie sind meist mit größeren und schwereren mittelschnelllaufenden Motoren ausgestattet, was die Schiffe im Gegensatz zum neuen Schlepper von Damen weniger kompakt und wendig macht. Kraftstoff der Zukunft „Erdgas ist ein wichtiger Kraftstoff der Zukunft. Er ist länger verfügbar, in vielen Weltregionen günstiger und hat eine bessere Umweltbilanz als Schweröl oder Diesel“, Ingenieure sagt Peter Friedl. Er ist Produktmanager für mobile Gasmotoren bei MTU Friedrichshafen. Weltweit verkehren derzeit 42 mit Flüssiggas (LNG) betriebene Schiffe auf den Weltmeeren, weitere 40 bis 50 Schiffe sind laut Angaben der Schiffsklassifikationsgesellschaft Det Norske Veritas in Bestellung und Konstruktion. Einer der Hauptgründe für die niedrig wirkende Zahl ist das bisher mäßig ausgebaute Netz an Bunkern, den Tankstellen für Schiffe. Bisher gibt es nur wenige Anlaufstellen, bei denen Schiffe den flüssigen oder gasförmigen Erdgas-Kraftstoff bunkern können. Vorreiter sind beispielsweise Häfen in den USA, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden. Doch das soll sich ändern: Die britische Klassifikationsgesellschaft „Lloyd’s Register“ hat für eine aktuelle Bunker-Infrastruktur-Studie zu Flüssiggas 22 internationale Häfen befragt. Danach erwarten die Häfen in den ECA-Zonen (Zonen, in denen besondere Umweltrichtlinien gelten), dass der Anteil an LNG am Gesamtbunker bis 2025 rund ein Viertel betragen wird – im kommenden Jahr sollen es erst 1,7 Prozent sein. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, in allen 139 See- und Binnenhäfen des transeuropäischen Verkehrsnetzes LNGBunkerstationen zu installieren. Lego für Ingenieure 2011 begannen die MTU-Vorentwickler einen Gasmotor für die mobile Anwendung zu entwickeln. Sie kombinierten unterschiedliche Komponenten aus der bewährten Baureihe 4000, die MTU als Diesel- und Gasvarianten anbietet. „Die Aufladung, das Triebwerk und die leicht modifizierte Abgasführung übernahmen wir vom Ironmen-Dieselmotor aus der Marineanwendung. Die Zylinderköpfe, die Zündanla- Technologie MTU entwickelt weltweit ersten schnelllaufenden Gasmotor für Marineanwendungen ge und die Drosselklappen stammen aus dem stationären 4000er-Gasmotor für die Stromerzeugung“, erklärt Dr. Philippe Gorse. Als MTU-Teamleiter für die Entwicklung neuer Motorenkonzepte verantwortete er das Projekt. Zudem ergänzten die Vorentwickler einige Komponenten von C&I-Motoren, um den künftigen mobilen Gasmotor auch bei niedrigen Lasten sicher betreiben zu können. „Die Konzeptentwicklung dieses neuen Motors begann im Grunde wie Lego für Ingenieure“, fasst Dr. Philippe Gorse zusammen. In den darauffolgenden zwei Jahren entwickelte das Projektteam unter anderem das Regelungskonzept, die Gaseinblasung und die Auslegung des Motors auf variable Gasqualitäten für gutes transientes Fahrverhalten. Bis Ende 2014 soll der Motor auf dem Prüfstand an die MTU-Serienentwickler übergeben werden. MTU Report 02/14 I 43 Technologie Unterschied Diesel- und Gasmotoren „Von einem MTU-Dieselmotor unterscheidet sich der neu entwickelte Gasmotor für die mobile Anwendung im Wesentlichen im Kraftstoffsystem und in der Motorsteuerung“, erläutert Gorse. Während der Kraftstoff beim Dieselmotor direkt in den Brennraum gespritzt wird, sich dort mit der Luft vermischt, verdampft und schließlich verbrennt, wird das Erdgas beim Gasmotor mithilfe der Gaseinblasung vor den Zylinderköpfen der Verbrennungsluft hinzugefügt. Der Effekt: Luft und Erdgas mischen sich gut durch, bevor sie in den Brennraum gelangen. Dort wird das homogene Gemisch anschließend verdichtet und verbrannt. Das Resultat: Es bilden sich kaum Rußpartikel. 44 I MTU Report 02/14 Ebenso stößt der Gasmotor 25 Prozent weniger Kohlendioxyd (CO2), deutlich weniger Stickstoffoxide (NOx) und keine Schwefeloxide (SOx) aus. Vorteilhaft an der spezifischen Kraftstoffzufuhr des Gasmotors ist, dass die Dosierung des Erdgas-Luft-Gemisches je nach Lastpunkt variabel gesteuert werden kann. Das heißt: Fährt ein Schlepper mit Gasmotor im Leerlauf, kann die Menge des hinzuzugebenden Erdgases niedriger sein, als wenn er mit voller Last einen großen Tanker in den Hafen manövrieren muss. Möglich macht’s die neu entwickelte Gaseinblasung des MTUMotors. „Die Herausforderung besteht also darin, das Gas so präzise hinzuzufügen, dass es verbrauchsgünstig verbrannt wird, der Motor unterschiedliche Lastanforderungen meistern kann und gleichzeitig die vorgegebenen Emissionen einhält“, so Dr. Philippe Gorse. Volle Kraft voraus und dabei Grenzen einhalten In puncto Leistungsfähigkeit kann der neu entwickelte, schnelllaufende Gasmotor von MTU mit seinem Dieselpendant mithalten. Bei 1.800 Umdrehungen pro Minuten liefert er in der Zwölfzylinder-Variante 1.500 Kilowatt sowie in 16-Zylinder-Variante 2.000 Kilowatt. Die Abgasnormen IMO Tier III hält er sicher ohne Abgasnachbehandlung ein. Peter Friedl erklärt: „Wenn 2016 die verschärften Umweltrichtlinien in den ECA-Zonen eingeführt werden, dürfen dort nur noch Schiffe fahren, die die strengen Emissionsgrenzwerte erfüllen. Gasmotoren sind dafür prädestiniert.“ Erster schnelllaufender Gas-Schlepper Den weltweit ersten gasbetriebenen Hafenschlepper mit schnelllaufenden Motoren entwickeln derzeit MTU, Damen und Svitzer gemeinsam. Er soll 2016 eingeführt werden. Neben dem 16-Zylinder-MTU-Gasmotor werden auch Ruderpropeller von Rolls-Royce im Einsatz sein. Martijn Smit, Europa-Vertriebsleiter der Damen-Werft, erklärt: „Damen ist stolz darauf, an diesem Projekt mitzuwirken, bei dem der erste CNG-Hafenschlepper der Welt entsteht.“ Kristian Brauner, Leiter des Ressorts Technologie der Reederei Svitzer, fügt hinzu: „Innovationskraft im sicheren und umweltfreundlichen Betrieb ist für uns ganz wesentlich. Die Entscheidung diesen neuartigen CNG-Schlepper zu entwickeln, ist demnach die logische Weiterführung unserer Wie sieht der Gasmotor in der Realität aus? www.mtu-report.de/Gasmotor zeigt Philosophie, Schleppergeschäft und Umweltschutz zu verbinden.“ Experten erwarten, dass die Zahl der erdgasbetriebenen Schiffe bis zum Jahr 2025 auf 3.200 Schiffe ansteigen wird. Bis dahin wird sich schon lange bewiesen haben, dass der bunt verkabelte Gasmotor auf dem MTU-Prüfstand den extremen Bedingungen im Schlepperalltag standhält. Bilder des Motors vom Prüfstand. Text: Nina Felicitas Kunzi Grafik: Grafik Atelier Güther Ihre Fragen beantwortet: Peter Friedl [email protected] Tel. +49 751 90-7049 MTU Report 02/14 I 45 M E MO Wenn Motorentwicklung zum Legobauen wird: Der mobile MTU-Gasmotor ist eine Kombination aus neu entwickelten Komponenten mit Bausteinen der MTU-Motorbaureihe 4000. „Geht nicht“ gibt’s nicht In einer Branche, in der ein einziger Kipper mehrere Millionen Euro kosten kann, zählt jeder Cent. Ob bei großen Ausgaben wie Neumotorisierungen oder bei Routinekosten für Motoröl-, Kühlmittel- und Filterwechsel: alle Betriebskosten werden von den Minenbetreibern hinterfragt. Genau das tut auch Ted Maslowski heute in seinem Büro bei Steuben Coal-Anthony Mining in Wintersville, Ohio. Maslowski ist verantwortlich für die Wartungsabteilung und Maschinenhalle des Steuben Kohletagebaus. Mit einer Flotte von 22 Terex 3309-Muldenkippern werden hier jedes Jahr etwa 100.000 Tonnen Kohle und mindestens ebenso viel Abraum bewegt. Steuben ist seit 35 Jahren Kunde des MTUDistributors Western Branch Diesel – hauptsächlich aus einem ganz einfachen Grund, wie Maslowski erklärt: „Wenn wir sie brauchen, sind sie da. Sofort!“ „Unsere Flotte ist schon älter, aber wir pflegen sie gut und Western Branch spielt dabei eine wichtige Rolle“, erzählt In einem Geschäft, in der die Verfügbarkeit der Maschinen oberstes Gebot ist, ist guter Service besonders wichtig. Motoren in Bergbaufahrzeugen sind oft pausenlos im Einsatz. Ausfallzeiten bringen nicht nur den Ablauf in der Mine durcheinander, sie kosten auch Geld. Service Maschinenlaufzeit ist der Parameter, der für den Geschäftsführer einer Mine zählt. Schließlich ist Bergbau eine Art geologischer Umwandlung von Gestein in Gewinn. Egal ob Kohle, Kupfer oder andere Bodenschätze – je höher die Wirtschaftlichkeit und damit die Betriebsstundenzahl der Bagger, Radlader oder Muldenkipper, desto höher der mögliche Gewinn. Und damit aus dem Gestein möglichst viel Gewinn wird, unterstützt MTU die Kunden nach dem Motorkauf individuell mit verschiedenen MTU ValueCare-Serviceprodukten. so kurz wie möglich zu halten. So hat Western Branch Diesel viele Kunden aus dem Mining-Segment mit verschiedenen Motoren – von den klassischen Detroit Diesel-Zweitaktmotoren bis hin zu den neuesten Modellen der MTU-Baureihe 4000. „Für all diese Motoren haben wir neue Originalersatzteile, grunderneuerte Teile und Verbrauchsmaterialien auf Lager“, so McClelland. Um die Ausfallzeiten ihrer Fahrzeuge gering zu halten hat McClelland einen Rat für seine Kunden: Nur MTU-Ersatzteile wie Filter, Öle und Kühlmittel verwenden. „Wir wissen aus Erfahrung, dass die bei den großen Hochleistungsmotoren wie der Baureihe 4000 einen echten Unterschied hinsichtlich Leistung und Lebensdauer ausmachen“, berichtet er. Ein zweites Leben Manchmal sei es aber notwendig, die Motoren auszutauschen, um die Fahrzeuge weiter wirtschaftlich betreiben zu können. Ted Maslowski erzählt davon, wie ihm der Distributor Western Branch dabei geholfen hat. „Auf einem Feld in der Nähe unserer Werkstatt rostete ein Haufen veralteter Ausrüstung vor sich hin, darunter einige alte Terex-Muldenkipper“, erinnert er sich. „Wir hatten zuvor schon Muldenkipper mit MTU-Motoren der Baureihe 60 remotorisiert und die liefen gut. Also habe ich mir mit McClelland die alten Fahrzeuge angesehen und überlegt, dass es Sinn machen könnte, die Kipper wieder herzurichten und ebenfalls neu zu motorisieren.“ Maslowski erzählt, dass die Fahrzeuge jetzt dank der Hilfe des Western Branch-Kundendienstes und der Qualität der grunderneuerten Motoren wieder zur Flotte von Steuben gehören. «Unsere Flotte ist schon älter, aber wir pflegen sie gut und Western Branch spielt dabei eine wichtige Rolle. » Ted Maslowski, Steuben Coal-Anthony Mining Maslowski. Die Mechaniker der Mine führen die meisten Wartungsarbeiten und Reparaturen an den Motoren durch. Gewährleistungsarbeiten oder kompliziertere Projekte wie etwa Neumotorisierungen lassen sie jedoch von Western Branch machen. Was Ersatzteile und Service angeht, sieht Maslowski die Sache so: „Für unsere Mechaniker dauert es nicht länger, ein Originalersatzteil von MTU einzubauen, als ein Teil von einem Drittanbieter. Aber wenn ich das Originalersatzteil nehme, muss ich mir keine Gedanken über Qualität oder Passgenauigkeit machen. Wir wissen einfach, dass unsere Motoren am besten und zuverlässigsten laufen, wenn wir ValueSpares-Teile und -Filter und grunderneuerte ValueExchange-Teile und -Motoren einsetzen“, sagt er. „Immer genug Teile auf Lager“ ValueSpares- und ValueExchange-Teile sind weltweit über das Logistiknetzwerk von MTU erhältlich. MTU-Distributoren verfügen über einen umfassenden, auf ihren Markt und Kundenstamm zugeschnittenen Lagerbestand. So berichtet Rich McClelland, Betriebsleiter bei Western Branch Diesel: „Wir haben für Steuben immer genug MTU-Teile auf Lager, darunter stets drei bis fünf grunderneuerte Mining-Motoren der Baureihe 60.“ Zwar kann ein Distributor nicht alle Teile bevorraten, sie setzen aber alles daran, die Ausfallzeiten für ihre Kunden MTU ValueCare für Mining-Anwendungen: Umfassende Unterstützung für maximale Laufzeiten M EM O MTU ValueCare für Mining-Fahrzeuge Mining-Manager wie Ted Maslowski und Steve Thompson verlassen sich für maximale Laufzeiten auf den Kundendienst ihres lokalen MTU-Distributors. Neben Ersatzteilen, Verbrauchsmaterial, Wartungen, Reparatur und Überholungen umfasst die umfassende MTU ValueCare Unterstützung für Mining-Anwendungen: > Customized Care: Professionelle Wartungs- und Reparaturverträge (MARC) erleichtern die Planung der Wartungskosten über den gesamten Lebenszyklus des Motors hinweg. Die Vertragsinhalte, Bedingungen und Laufzeiten werden an die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens angepasst. > Extended Coverage: Schützt Minenbetreiber nach Ablauf der Standardgewährleistung vor den Kosten unerwarteter Reparaturen (Material und Arbeitszeit). > Remote Services: Hilft Minenbetreibern dabei, Fehler früh zu erkennen, kostbare Zeit zu sparen und schnelle Entscheidungen zu Betriebsfragen zu treffen, indem sie über eine sichere Internetverbindung nahezu in Echtzeit Daten über ihre MTU-Motoren und -Systeme abrufen können – darunter Öltemperatur, Standort und Laufzeit des Motors. > Technische Dokumentation: Enthält auf jeden Motor bzw. jedes System zugeschnittene, vollständige und leicht verständliche Informationen zur effektiven Verwendung und Wartung und ermöglicht so den Mitarbeitern in der Mine, Motorleistung und Motorlaufzeit zu maximieren. 46 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 47 Service „Durch die Remotorisierung haben wir jetzt um 35 Prozent geringere Kraftstoffkosten. Allein durch diese Ersparnis amortisiert sich die Remotorisierung bereits 14 bis 15 Monate nach der Modernisierung“, erzählt Maslowski. Damit der Kunde mit der neuen Technologie nicht allein gelassen wird, verkauft Western Branch jeden grunderneuerten Motor mit einer auf fünf Jahre verlängerten Gewährleistung. Ermöglicht wird sie durch ein Team von Servicetechnikern, das im voll ausgerüsteten MTU-Schulungszentrum in Canton, Michigan, umfassend geschult wurde. Hier vermitteln dass MTU ValueCare für Kunden wie ASARCO einen echten Mehrwert darstellt und sich das Eingehen von MTU auf den Kunden im Feld auszahlt: „Im Mining-Segment ist die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Ausrüstung der wichtigste Faktor. Der Kunde rechnet mit einer bestimmten Tonnage an Gesteinsbewegung pro Tag. Und wenn die Ausrüstung nicht zuverlässig funktioniert, geht diese Rechnung nicht auf“, sagt Martinez. Und genau hier kommen laut Martinez die MTU ValueCare-Teile und -Dienstleistungen ins Spiel: „Die Distributoren, die MTU gegenüber dem Kunden vertreten, arbeiten alle nach diesem Prinzip. Wir wurden alle von MTU technisch «Uns ist wichtig, dass unsere Kunden wissen: Für MTU ist der Verkauf eines Motors der Beginn, nicht das Ende der Geschäftsbeziehung. » Adam Wood, Service-Business-Leiter MTU America erfahrene Trainer ihr Wissen zu optimaler Vorgehensweise bei Reparatur und Wartung jedes von MTU vertriebenen und unterstützten Motors. „Unser Serviceteam ist für alle Eventualitäten gerüstet“, erzählt McClelland. „Das sind Experten für alle MTU-Motoren.“ Lange Betriebszyklen, extreme Klimabedingungen, der ständige Staub und die extrem hohen Zuladungen setzen Mining-Motoren besonders zu. Von der Kohle zum Kupfer Auf der anderen Seite des amerikanischen Kontinents, in einem staubbedeckten Wellblech-Bürogebäude in Sahuarita, Arizona, sitzt Steve Thompson. Wie Maslowski leitet auch er die Wartungsabteilung einer Mine. Sein Arbeitgeber ist die ASARCO (Grupo Mexico, Mexico City) Mission Mine, eine der größten Kupferminen Nordamerikas. In der Mission Mine fördern mehr als 600 Beschäftigte pro Jahr auf einer Fläche von 80 Quadratkilometern etwa 140 Millionen Tonnen Rohkupfer – ein Material von ständig steigendem Wert. Die Mine ist größer als die Steuben-Kohlemine. Auch die hier eingesetzten und mit MTUMotoren ausgerüsteten Muldenkipper sind gewaltiger. Trotzdem hat Steve Thompson denselben Anspruch wie sein Kollege Ted Maslowski in der Steuben-Mine: Die enorm teure Ausrüstung in dieser riesigen Mine soll so viel wie möglich laufen. Jerry Martinez, Kundendienstleiter in der Niederlassung des MTU-Distributors W. W. Williams in Tucson, Arizona, erzählt, geschult und haben alle Kenntnisse, die wir für die Arbeit an diesen Motoren brauchen. Außerdem müssen wir die notwendigen Werkzeuge und Teile auf Lager haben, um MTU-Motoren aller Baureihen reparieren und überholen zu können.“ „Wir bieten passgenaue Lösungen“ Das hört Martin Wendel, globaler MTU-Serviceleiter, gerne. Mit seinem Team hat er eine Produktpalette an Teilen und Dienstleistungen für spezifische Märkte zusammengestellt, die von ganzheitlicher Unterstützung profitieren. „Genau darum geht es bei MTU ValueCare“, erzählt er. „Wir konzentrieren uns ganz auf die Bedürfnisse des Kunden und bieten passgenaue Lösungen an.“ Das Mining-Segment gehört aus drei Gründen zu diesen spezifischen Märkten: Erstens sind moderne Dieselmotoren leistungsstärker und technisch komplexer als je zuvor. Doch die langen Betriebszyklen, extremen Klimabedingungen, der ständige Staub und die extrem hohen Zuladungen setzen selbst den besten Motoren zu, wenn diese nicht korrekt gewartet werden. Zweitens werden gerade im Mining-Segment Systeme und Lieferanten gezielt danach ausgesucht, ob sie planbare Betriebskosten ermöglichen – eine Strategie, mit der sich die Wirtschaftlichkeit der Ausrüstung über ihre Lebensdauer hinweg optimieren lässt. Und drittens, so erläutert Adam Wood, Service-Business-Leiter bei MTU America, ist zuverlässige Leistung tagaus, tagein gerade im Mining-Segment wichtig. Die riesigen Maschinen an einen anderen Ort zu fahren, um sie zu warten oder zu reparieren, ist kaum machbar. „Wo weltweit führende Minenbetreiber die Grenzen des Machbaren mit Hilfe von MTU-getriebener Ausrüstung immer weiter verschieben, steht ihnen das Team hinter diesem umfassenden Dienstleistungsund Teileprogramm immer zur Seite – und denkt oft schon einen oder zwei Schritte weiter“, erzählt Wood. „Uns ist wichtig, dass unsere Kunden wissen: Für MTU ist der Verkauf eines Motors der Beginn, nicht das Ende der Geschäftsbeziehung.“ Text: Mike Principato Bilder: MTU-Archiv und Getty Images Ihre Fragen beantwortet: Willy Tirado, [email protected] Tel. +1 248 560 8160 MTU schult sowohl das eigene ServicePersonal als auch das der Distributoren, sodass sie die Motoren fachgerecht warten und reparieren können. Kanada Vereinigte Staaten Sahuarita Mexiko Wintersville Nordatlantischer Ozean MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Kuba 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 48 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 49 Marine Holländische Seenotrettungsgesellschaft testet neues Schiff Hals über Kopf Wellen, die höher sind als ein Einfamilienhaus. Peitschender Regen. Kälte. Ein Wetter zum „in-den-Hafen-Fahren“. Die Rettungsboote der Niederländischen Seenotrettungsgesellschaft KNRM müssen oft genau bei diesem Wetter raus und Menschen von Schiffen retten, die es nicht mehr in den Hafen geschafft haben. Um diesen Bedingungen künftig noch besser zu trotzen, testet die Crew in IJmuiden bei Amsterdam gerade ein neues Schiff. Die Nh 1816 ist mit MTU-Motoren ausgestattet, die sogar dann weiterlaufen, wenn das Schiff auf dem Kopf steht und durchkentert. Ein Einsatz, der auf der Welt fast einmalig ist. Leendert Langbroek ist Skipper bei der holländischen Seenotrettungsgesellschaft KNRM. Er testet derzeit das neue Schiff Nh 1816, mit dem die KNRM die Schiffe ihrer Arie-Visser-Klasse ersetzen will. Die Nh 1816 soll das neue Flaggschiff der KNRM werden. Es ist das erste Schiff der holländischen Seenotrettungsgesellschaft, das von MTU-Motoren angetrieben wird. MTU Report 02/14 I 51 dem Bett gerufen wurde, um auf hoher See Menschen zu retten, kann er nicht mehr sagen. Seit 20 Jahren ist er Skipper. „Sein“ Boot ist die Koos van Messel, ein Allwetter-Schiff der Arie-Visser-Klasse, mit dem er zusammen mit seiner Crew Menschen, die in Seenot geraten sind. Dann hat er genau zehn Minuten Zeit, um aus dem Bett zu springen, sich anzuziehen, zum Hafen zu fahren und die vorgewärmten Motoren des Schiffes zu starten. Von der Station im niederländischen IJmuiden fährt er dann zusammen mit seiner fünfköpfigen Crew hinaus aufs offene Meer. Dort ziehen sie manövrierunfähige Segelboote an Land, helfen kranken Personen auf Frachtern oder anderen Schiffen, suchen Taucher oder retten Kitesurfer, die nicht mehr zurück ans Ufer kommen. Kopfstehen und weiterlaufen Eigentlich ist Leendert Langbroek schon in Rente gegangen. Doch einen erfahreneren Skipper als ihn gibt es bei der KNRM nicht. Daher holte die Gesellschaft ihn für eine ganz besondere Aufgabe zurück an Bord: Er soll ein neues Schiff testen. Die Nh 1816. Wenn die sich bewährt, soll sie die Koos van Messel und deren Schwesterschiffe der Arie-Visser-Klasse bei der KNRM ersetzen. Es ist das erste Schiff dieser Klasse bei der KNRM, das von der Werft Damen gebaut wird und MTU-Motoren an Bord hat. Zwei Achtzylinder-Dieselmotoren der Baureihe 2000 mit jeweils 895 Kilowatt Leistung treiben das 19 Meter lange Schiff über zwei Waterjets an zu einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 33 Knoten (61 Stundenkilometer). Sie sind in zwei wasserdichten, getrennten Maschi- „Mann über Bord“. Um für diesen Ernstfall vorbereitet zu sein, trainiert die niederländische Seenotrettungsgesellschaft einmal in der Woche. Diese Mal üben sie auf ihrem neuen Schiff, der Nh 1816. 50 I MTU Report 02/14 Ist das ein Traumjob? Dann, wenn es draußen kalt ist und stürmt aus seinem kuscheligen Bett oder vom gemütlichen Sofa aufzustehen, hinaus in die Kälte zu laufen, auf ein Schiff zu steigen und durch die Wellen hinaus aufs offene Meer zu fahren? Ungemütlicher geht es eigentlich nicht mehr. Doch Leendert Langbroek liebt genau das. Er ist Skipper bei der Niederländischen Seenotrettungsgesellschaft, der Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij (KNRM). Wie häufig er nachts schon vom kräftigen „Beeep“ seines Piepsers aus 52 I MTU Report 02/14 Marine nenräumen untergebracht. Doch der eigentliche Clou ist: Die Motoren laufen auch dann weiter, wenn das Schiff kentert und sich um die eigene Längsachse dreht. „Das konnten die Motoren unserer anderen Schiffe nicht“, erzählt Leendert Langbroek. Einmal sei er mit dem Vorgängerschiff durchgekentert. Die Motoren seien danach ausgefallen und das Schiff lag manövrierunfähig zwischen den Wellen. Da auch das Cockpit mit Wasser vollgelaufen war, funktionierten die Computersys– teme auch nicht mehr. Da wurde der Retter selbst zum Notfall und daraus hat die KNRM gelernt. Bei der Nh 1816 sind alle Computersysteme wasserdicht. Motoren können durchkentern Die Schiffe der KNRM müssen bei den harschesten Bedingungen aufs Wasser – dann, wenn andere Boote in Seenot geraten. Sollten sie dabei kentern, können sie sich selber wieder aufrichten. Und wie das Schiff, so die Motoren: Sie müssen weiterlaufen, selbst wenn sie kurzzeitig auf dem Kopf stehen. Dafür haben MTU-Entwickler die Entlüftung der Kurbelgehäuse und die Räume für das Motoröl so gestaltet, dass bei der 360-Grad-Drehung kein Öl in den Ansaugtrakt gelangen kann. Hierzu haben sie ein Ventil in die Kurbelgehäuseentlüftung eingebaut, das sich in Abhängigkeit von der Schiffsneigung schließt und so das Öl vom Auslaufen abhält. Ein von der DamenWerft verbauter Quecksilber-Neigungsschalter gibt dafür der Schiffsautomation ein Signal, wenn das Schiff einen vordefinierten Neigungswinkel überschreitet. Die Automation gibt daraufhin den Input, das Ventil zu schließen und lässt den Motor im Leerlauf weiterlaufen. Sobald sich das Schiff wieder aufgerichtet hat, sorgt die Automation dafür, dass das Ventil geöffnet und der Motor wieder eingekuppelt wird. Eine besondere Herausforderung: Sowohl das Schiff als auch der Motor müssen sich um ihre eigene Achse drehen lassen und trotzdem weiterlaufen. denn einmal in der Woche kommt die Crew um Skipper Leendert Langbroek zur Übung zusammen. Es wird eine der ersten Übungen mit dem neuen Schiff sein. Seit ein paar Monaten liegt sie schon in IJmuiden vor Anker, doch bisher wurde sie fast nur für Testfahrten und nicht für Übungen genutzt. „Die Koos van Messel hat sich bei Wind und Wetter bewährt, das muss das neue Schiff erst mal leisten“, so Jaap van der Laan. Der Mittfünfziger ist Operational Inspector der KNRM-Station in IJmuiden und zudem als Freiwilliger bei Einsätzen dabei. Er ist als Erster zur heutigen Übung erschienen und wartet nun zusammen mit Leendert Langbroek auf die Kollegen. Einmal in der Woche treffen sich die Volunteers der KNRM, um für Rettungseinsätze zu üben. Freude auf den Männerausflug 20 Freiwillige gibt es bei der KNRM-Station in IJmuiden, 1.300 im ganzen Land. Anders als der hauptberufliche Skipper Leendert Langbroek haben sie alle eigentlich einen anderen Beruf und die Rettungseinsätze bei der KNRM sind wie ein Hobby für sie. Bis sie daran teilnehmen dürfen, werden sie zunächst drei Jahre ausgebildet: Erste Hilfe, Funktechnik, navigieren, steuern, Knoten binden und retten gehören zur Ausbildung. Die Crewmitglieder müssen auch kleine Ingenieure sein, um das Schiff im Notfall wieder flottzukriegen. Bei den wöchentlichen Übungen geht’s dann raus aufs Meer, um den Ernstfall zu proben. Diese Woche sind neben Leendert Langbroek und Jaap van der Laan noch Richard van der Hammen, Ton Haasnoot, und Bas Tol gekommen. Ihr Gepäck: Ein Rettungsanzug und ganz viel gute Laune. Die fünf scheinen sich auf ihren Männerausflug zu freuen. Doch ehe sie anfangen, sich länger über die Ereignisse des vergangenen Wochenendes auszutauschen, startet Leendert Langbroek die Motoren und jeder geht auf seine Position. Richard van der Hammen sitzt rechts vom Skipper und übernimmt die Navigation. Links vom Skipper sitzt Ton Haasnoot. Er ist heute für die Kommunikation mit der Küstenwache und anderen Schiffen zuständig. Jaap van der Laan und Bas Tol sind nicht mit im Cockpit. Sie stehen auf dem Deck des Schiffes und ziehen sich ihre Rettungsanzüge an. Die beiden sind heute die Protagonisten bei der Übung „Mann über Bord“ und Zwei Achtzylinder-MTU-Motoren der Baureihe 2000 treiben die Nh 1816 mit je 895 Kilowatt Leistung an. Sie sind in zwei wasserdichten, getrennten Motorräumen untergebracht. Fällt ein Motor aus, kann der andere das Schiff weiter beschleunigen. 53 I MTU Report 02/14 M EM O „Sie ist schon ein tolles Schiff“, sagt Leendert Langbroek über die Nh 1816, ohne dabei euphorisch zu sein. Das ist auch nicht seine Art. Ob Leendert Langbroek überhaupt aus der Ruhe zu bringen ist, weiß man nicht. „Ruhig und überlegt“ beschreiben ihn seine Kollegen. Die trifft er heute Abend, MTU Report 02/14 I 54 MTU Report 02/14 I 55 Marine „Von dieser Entfernung aus kann unsere Crew auf den Frachter steigen, um dort eventuell Erste Hilfe zu leisten“. Vorgekommen sei das schon oft. Er erinnert sich an einen Hilferuf, bei dem der Kapitän eines Frachters auf der Nordsee plötzlich starke Schmerzen am Herz hatte. Die Crew um Skipper Leendert Langbroek kam gerade noch rechtzeitig, um dem Mann zu helfen. Er hatte einen schweren Herzinfarkt und überlebte nur dank der KNRM. Mann über Bord Weiter geht die Fahrt der Nh 1816. Als das Ufer kaum mehr zu sehen ist und die Abendsonne sich traumhaft schön im Wasser spiegelt, steht die nächste Übung auf dem Programm: Jaap van der Laan und Bas Tol machen sich an Deck des Schiffes bereit für ihren Sprung ins Wasser. Die Vorfreude steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Ohne zu zögern springen sie ab und landen in der eiskalten Nordsee. Doch die beiden scheinen dank ihres Anzuges überhaupt nicht zu frieren. Im Gegenteil: Sie winken fröhlich und genießen das Bad in den Wellen. Skipper Leendert Langbroek dreht ein paar schnelle Kreise um die beiden, damit die Wellen im Inneren des Kreises verschwinden. Währenddessen zieht sich auch Ton Haasnoot seinen Ret- Kentern nur mit Kran Und was kommt jetzt? Übt die Crew jetzt auch das Durchkentern? „Nein“, sagt Skipper Leendert Langbroek, der die ganze Übung hindurch konzentriert am Steuer stand. Um bei so wenig Wellen zu kentern, bräuchte man schon einen Kran. Einmal haben sie das schon gemacht, damit auch die Crew weiß, wie es sich anfühlt, wenn das Schiff plötzlich kopfsteht. Die Motoren seien damals nicht weitergelaufen, da das Schiff zu langsam durchgekentert ist. Um die Motoren zu schützen, werden diese abgestellt, wenn das Durchkentern länger als 30 Sekunden dauert. Sie können danach aber problemlos wieder gestartet werden. Aber wenn es draußen wirklich stürmisch ist und die Wellen weit höher als das Boot sind, dann würde die Nh 1816 in nur wenigen Sekunden durchkentern. Und dann laufen auch die Motoren weiter. „Dass sie das können, wissen wir nicht nur von unseren Kollegen der britischen Seenotrettungsgesellschaft RNLI, deren Zehnzylinder-Motoren von MTU ebenfalls speziell für das Durchkentern ausgelegt wurden. Wir haben es auch auf dem Prüfstand bei MTU Benelux schon gesehen“, sagt Jaap van der Laan überzeugt. Geschafft. Bas Toll, Ton Haasnoot und Jaap van der Laan (v.l.) freuen sich über die geglückte Übung. Jaap van der Laan (links) und Bas Tol machen sich bereit für den Sprung in die Nordsee. Einmal in der Woche übt die Crew der KNRM, einen Menschen aus dem Wasser zu retten, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Ton Haasnoot rettet seine Kollegen gekonnt aus dem Wasser. Er reicht ihnen ein Seil ... ... zieht sie zu sich her, um sie dann auf eine Trage zu legen, mit der er sie zu sich auf das Boot zieht. dürfen in die 10 Grad kalte Nordsee springen. „In den Anzügen macht das aber Spaß und ist überhaupt nicht kalt“, sagt Bas Tol und lacht schelmisch. Er ist der Benjamin der Truppe, könnte mit seinen lockigen, blonden Haaren und dem strahlenden Lachen auch Retter bei der TV-Serie Baywatch sein. ten und steuert das Schiff mit 33 Knoten Höchstgeschwindigkeit an. Laut ist es an Bord aber dennoch nicht. „Auch wenn ich richtig Gas gebe, ist es im Cockpit der Nh 1816 20 Dezibel leiser als in der Koos van Messel“, erzählt Leendert Langbroek. Ton Haasnoot, der heute für die Kommunikation zuständig ist, entdeckt den Namen des Frachters, es ist die Thorco Copenhagen. Per Funkspruch informiert er den Kapitän des Frachters, was die Crew der Nh 1816 vorhat. Ganz nah fahren sie seitlich an den Frachter heran und fahren langsam neben ihm her. Ein paar Zentimeter nur liegen zwischen der Nh 1816 und der Thorco Copenhagen. „Das ist die Kunst unseres Skippers“, sagt Ton Haasnoot und erklärt, warum sie diese Übung machen. tungsanzug an. Er soll die beiden retten, scheint aber die Ruhe weg zu haben. „Eile bringt nichts“, sagt er ruhig, während er die Haube aufsetzt. Dann ist es so weit: Mit geübten Handgriffen senkt er die Trage am Bug des Schiffes und wirft den beiden ein Tau zu. Jaap van der Laan ist der Erste, der es ergreift. Er zieht sich selber an das Schiff heran und greift nach der Hand von Ton Haasnoot. Dessen Anstrengung sieht man nun doch im Gesicht. Er zieht seinen Kollegen auf die Trage und fährt diese langsam hoch. Mit einem Lachen im Gesicht steht Jaap van der Laan auf, schüttelt sich kurz und schaut dann zu, wie sein Kollege auch Bas Tol aus dem Wasser zieht. Herzinfarkt an Bord Langsam fahren die fünf hinaus aus dem Hafen von IJmuiden. Die Abendsonne scheint, Wellen sind nicht zu sehen. Es sieht nach einer entspannten Übung aus. Dann gibt Skipper Leendert Langbroek plötzlich Gas. In der Ferne hat er ein Frachtschiff entdeckt. Er lässt die zwei MTUler im Motorraum richtig arbei- MTU Report 02/14 I 57 56 I MTU Report 02/14 Marine Bas Tol, Ton Haasnoot, Skipper Leendert Langbroek und Jaap van der Laan (v.l.) freuen sich über die geglückte Übung auf ihrem neuen Schiff Nh 1816. Ob dies die Schiffe der bewährten Arie-Visser-Klasse ersetzen wird, wissen sie noch nicht. Noch muss der Prototyp viele Tests bestehen. Im Bild fehlt Richard van der Hammen, der die Nh 1816 zurück zum Hafen in IJmuiden steuert. Die Nh 1816 hat sich unterdessen schon wieder auf den Weg zum Hafen von IJmuiden gemacht. Richard van der Hammen navigiert, Skipper Leendert Langbroek steuert und die anderen ziehen ihre Rettungsanzüge wieder aus. Die Nh 1816 läuft, und das sei ein gutes Gefühl. Noch ist sie ein Prototyp und beim Anblick ihres „alten“ Schiffes Koos van Messel kommen sie weit mehr ins Schwärmen. „Mit ihr haben wir schon so viel erlebt, ihr vertrauen wir“, so Jaap van der Laan. Bis die Nh 1816 das erreicht hat, muss sie noch einige Übungen erfolgreich überstehen. In den nächsten Wochen werden zehn weitere Rettungsstationen in den Niederlanden das neue Schiff kennenlernen. Wenn alle ihr O.K. gegeben haben, will die KNRM weitere Schiffe dieses Typs bestellen. Bis es so weit ist, werden Leendert Langbroek, Jaap van der Laan, Bas Tol, Richard van der Hammen und Ton Haasnoot noch oft mitten in der Nacht von ihrem Pieper geweckt werden. Dann, wenn es draußen kalt und stürmisch ist, werden sie sich innerhalb weniger Sekunden anziehen, zur Rettungsstation in IJmuiden fahren und aufs Boot springen. Doch sie tun das gerne. Nicht nur, weil sie damit anderen helfen können. „Die KNRM ist Teil unseres Lebens“, sagt Richard van der Hammen. Und die anderen nicken. Text: Lucie Maluck; Bilder: Thilo Vogel Mehr dazu... Mehr Bilder vom sich drehenden MTU-Motor gibt's auf www.mtu-report.de/KNRM O NL I NE Ihre Fragen beantwortet: Wouter Hoek, [email protected] Tel. +31 78 63957-13 Nordsee Vereinigtes Königreich IJmuiden Amsterdam Niederlande Belgien Deutschland MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Frankreich 58 I MTU Report 02/14 MTU Report 02/14 I 59 MTU Report 02/14 I 59 →Wie machen wir ... Kisten? In der Kistenschreinerei bei MTU bauen Mitarbeiter für Motoren und Aggregate Transportkisten von der Größe eines Reisekoffers bis zur Dimension einer Fertiggarage. Doch dabei geht es um mehr, als nur Boden, Deckel und Seitenwände zusammenzunageln. Die Kisten müssen für eine Ladung von bis zu 35 Tonnen und für die unterschiedlichen Anforderungen der Transportmittel ausgelegt sein. Im Versand verpackt Onofrio Triglia einen Schiffsmotor der Baureihe 4000. Die Transportkiste haben Mitarbeiter in der Kistenschreinerei von MTU gebaut. 60 I MTU Report 02/14 Zwischen den vielen Montage- und Fertigungshallen im Werk von MTU sticht die Kistenschreinerei deutlich hervor. Statt Ölgeruch liegt in der Halle der Duft von frischem Fichtenholz in der Luft und anstelle von CNC-Maschinen hört man hier Kreissägen. Siegfried Keller baut gerade mit seinen Kollegen einen Unterbau aus Holz für die Transportkiste eines Motors. In der Hand hält er ein Eckstück aus Metall hoch und betont, wie wichtig dieses Teil beim Bau der Transportkiste ist. „Diese Eckstücke haben wir selbst zur Verstärkung konstruiert. Ohne die würden Transportseile an Kranen die Kanthölzer der Kiste wie Butter durchschneiden“, sagt er. Siegfried Keller ist Funktionsleiter der Kistenschreinerei bei MTU. In den vielen Jahren hat er mit seinem Team aus der Praxis gelernt, wie man Kisten für MTU-Produkte baut, damit diese den Kunden weltweit sicher erreichen. Bei Standardprodukten wie GensetMotoren baut ein Zulieferer die Kistenunterteile. Für alle anderen Motoren mit unterschiedlichen Maßen fertigt die MTU-Kistenschreinerei den Unterbau je nach Auftrag an. Für die Transportkiste eines Schiffsmotors der Baureihe 4000 bauen Mitarbeiter zuerst einen Unterbau. Manuel Maucher (links) legt die Dielen für den Kistenboden auf (1). Gemeinsam befestigen er und Fatih Bülbül auf dem Unterbau die Aufbauten für die Motorlagerung (2) und drehen Gewindestangen zum Befestigen des Motors ein (3). Ein Kran hebt den Schiffsmotor auf den mit Aluverbundfolie vorbereiteten Kistenboden (4). Zum Schluss sprühen Mitarbeiter das MTULogo auf die Stirnseiten (5) und verschließen die Transportkiste (6). 1 Eine Transportkiste besteht aus einem Kistenunterteil, auf dem der Motor befestigt wird, den Seitenwänden und dem Deckel. Alle Teile der Kiste fertigen die Mitarbeiter aus Fichten- und Sperrholz. Denn Holz reagiert beim Anheben der schweren Transportkisten elastisch. Damit aber Stahlseile beim Anheben der Kiste die Kanthölzer vom Kistenunterteil nicht durchschneiden, verstärken sie die Mitarbeiter mit den Metall-Eckstücken. Der Bau einer Transportkiste beginnt mit der Aufnahme der Außenabmessung am Motor. Jeden Tag macht Siegfried Keller einen Abstecher in die Lackiererei nebenan. Vor den Kabinen stehen Motoren, die Mitarbeiter zum Lackieren vorbereiten. Mittendrin steht ein Schiffsmotor der Baureihe 4000. An ihm nimmt Siegfried Keller die Außenmaße ab und zeichnet sie auf einer Holzlatte auf. Neben Länge, Höhe und Breite des Motors kennzeichnet er auch die Bohrlöcher für die Motorlagerung. Mithilfe der Maße auf der Holzlatte fertigen seine Mitarbeiter die komplette Kiste für den Schiffsmotor an. Die Basis sind zwei massive Holzbalken, auf deren Unterseite Dielen angebracht werden. Das ist der Boden der Holzkiste. Darauf nageln die Mitarbieter Kanthölzer, die sogenannten Querkufen, an denen sie die Metall-Eckstücke befestigen. Auf die Querkufen kommen drei weitere Kanthölzer – die Längskufen, auf denen später die Kiste steht. Mit einem Kran wenden die Mitarbeiter den Kistenboden und befestigen weitere Aufbauten für die Motorlagerung. Anschließend drehen sie Gewindestangen in die Aufbauten ein, damit der Motor auf dem Kistenunterteil festgeschraubt werden kann. „Wir verbrauchen etwa eineinhalb Millionen Nägel im Jahr“, sagt Siegfried Keller. Beim Massivholz verbauen sie sogar zwei bis drei Sattelzüge und einen Sattelzug Sperrholz im Monat. Aber das Holz muss ein wichtiges Kriterium erfüllen, damit es bei MTU verbaut werden darf. Es muss wärmebehandelt sein. Das schreibt das Internationale Pflanzenschutzübereinkommen (IPPC) vor und von den meisten Ländern außerhalb Europas wird das auch gefordert. Denn sonst könnten im Holz der Transportkisten unerwünschte Insekten in andere Länder und Kontinente eingeschleppt werden. Siegfried Keller deutet mit dem Finger auf den schwarzen Zertifikatsstempel auf dem Holz. „Der muss auf jedem verbauten Holzstück sichtbar sein, sonst bekommen wir Ärger mit dem Zoll“, sagt er. Als Mitarbeiter den fertig lackierten Schiffsmotor im Versand anliefern, sind der Unterbau und die Seitenwände der Kiste bereit zum Zusammenbauen. Ein Kran hebt den Schiffsmotor auf den mit Aluverbundfolie vorbereiteten Kistenboden und die Männer schrauben ihn an den Gewindestangen fest. Anschließend polstern sie den Motor mit Schaumfolie ab. Über die Folie hängen sie kleine Stoffsäckchen an Schnüren. „In den Säckchen ist Trockenmittel, das die Feuchtigkeit in der Verpackung aufnimmt“, erklärt Siegfried Keller. Dann wird der Motor in Aluverbundfolie vakuumverpackt. In die Folie schrauben die Mitarbeiter einen Feuchtigkeitsindikator ein, über den später von außen die Luftfeuchtigkeit in der Verpackung kontrolliert werden kann. „Ein Schiffsmotor ist auf Containerschiffen bis zu sechs Wochen unterwegs, aber so verpackt ist er ideal geschützt“, sagt Siegfried Keller. 2 3 Nachdem die Mitarbeiter die Wände und den Deckel mit dem Kistenunterteil des Schiffsmotors verschraubt haben, bringen sie ein Hinweisschild an und sprühen das MTU-Logo auf die beiden Stirnseiten der Kiste. Jetzt ist der Motor fertig verpackt und kann die lange Reise zu seinem Kunden starten, die ihn in der von MTU gebauten Transportkiste übers Meer bis nach Indien führt. 4 Text: Marcel Rothmund Bilder: Robert Hack Ihre Fragen beantwortet: Albert-Wilhelm Franz [email protected] Tel. +49 7541 90-8513 Mehr dazu... Eine Slideshow mit mehr Bildern aus der Schreinerei gibt’s auf www.mtu-report.de/Kiste 5 ON L IN E Technologie Herstellung von Transportkisten MTU Report 02/14 I 61 6 1 2 Nachbehandlung 1 So viel Spaß mit unseren Motoren Selten habe ich Menschen erlebt, die so viel Spaß und Freude mit der Power unserer Motoren hatten. Ich bin mit der Mannschaft der holländischen Seenotrettungsgesellschaft zu einer Übung auf die Nordsee gefahren. Und natürlich hatte ich vorher so meine Vorstellung, wie die Übung aussieht: Konzentriert und ernst habe ich sie mir vorgestellt – immerhin geht es um etwas. Und ja, die Männer waren konzentriert. Aber sie hatten vor allem Spaß. Vor allem als sie mir von den vielen Rettungsaktionen erzählt haben, die sie schon hinter sich haben: Bis hin zu einem deutschen Ballonfahrer, der eigentlich eine Rekordfahrt mit seinem Ballon unternehmen wollte. Über Holland ist er aber in ein Unwetter gekommen, sodass er von der KNRM gerettet werden musste. Und das Beste: Die Männer machen das ehrenamtlich. Sie bekommen für ihren Einsatz keinen Cent und sind trotzdem mit so viel Motivation bei der Sache. Toll! 2 Klischee muss sein Mediterranes Lebensgefühl dort einatmen, wo es entsteht – als Urlauber in Südeuropa erfüllt sich dieser Wunsch nicht immer. Zudem ist das ja oft nur ein Klischee, gespeist aus Reiseführern, Fernsehsendungen, Postkarten und Kochbüchern. Der Toscanello, die kurze, typisch italienische Zigarre, ist Teil des Klischees. Für einen Italien-Fan und früheren Pfeifenraucher wie mich war es deshalb eine besondere Freude, in Cava de' Tirreni 62 I MTU Report 02/14 nahe der italienischen Amalfiküste miterleben zu können, wie diese Pfeifentabak-Zigarren hergestellt werden. Die Klischees erfüllen sich dabei nur bedingt: Es duftet zwar überall nach Tabak, geraucht wird aber in speziellen Raucherräumen. Und die Klischee-Italiener mit dem Stumpen zwischen den Lippen sieht man nicht an jeder Ecke. Ein Toscanello auf der Flaniermeile von Cava de' Tirreni musste trotzdem sein – mach' ich mir mein Klischee eben selber. Beim kleinen T zu Haus' 1 Lucie Maluck nahm an einer Übung der holländischen Seenotrettungsgesellschaft KNRM teil. 2 Wolfgang Boller raucht gemütlich eine Toscanello, nachdem er sich im Produktionswerk im süditalienischen Cava de' Tirreni davon überzeugt hat, wie die Zigarren produziert werden. 3 Marcel Rothmund traf in London den Paddington-Bären, den er bisher nur aus Kinderbüchern kannte. 3 3 Auf der Suche nach dem Paddington-Bär Den ganzen Tag über gab es in London schon viel zu sehen. Aber jetzt war ich auf der Suche nach einem berühmten Bären. In der Bahnhofshalle wuselte es nur so von Reisenden, doch nach ein paar Minuten hatte ich ihn endlich gefunden. Neben der Rolltreppe beim Imbissstand Barburrito saß er. Ein Kinderheld in Bronze gegossen: der Paddington-Bär. Ein Foto mit der Kinderbuchfigur konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Das war der Abschluss eines langen Arbeitstages für eine Reportage über Katamarane von Thames Clippers, die mit MTU-Reman-Motoren wie „Wassertaxis“ auf der Themse fahren. Außerdem habe ich mir zwei weitere Highlights mit MTU-Motoren angeschaut: die Blockheizkraftwerke im Chelsea and Westminster Hospital und die Hochgeschwindigkeitszüge von Great Western am Bahnhof Paddington. Lesen Sie mehr dazu auf den Seiten 30 bis 35. Mehr über den Buchstaben T und was man daraus machen kann, lesen Sie auf den Seiten 16 bis 37. Impressum MTU Report Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy HERAUSGEBER Rolls-Royce Power Sys- IM P R E S S U M Apropos Apropos ... Was unsere Redakteure beeindruckt hat MTU Report online Neuigkeiten von MTU und MTU Onsite Energy lesen Sie tems AG; für den Herausgeber: Wolfgang Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Maluck, e-mail: lucie. auch unter www.mtu-report.de. Sie möchten regelmäßig [email protected], Tel. +49 7541 90-2974 REDAKTION Wolfgang Boller, e-mail: wolfgang. News von uns bekommen? Jeden Monat erscheint neben [email protected], Tel. +49 7541 90-2159; Bryan Mangum, e-mail: bryan.mangum@mtu-online. dem MTU Report der Online-Newsletter MTU eReport mit com, Tel. +1 248 560-8484; Marcel Rothmund, e-mail: m [email protected], Tel. +49 aktuellen Informationen rund um die Marken MTU und 7541 90-2566 WEITERE AUTOREN Nina Felicitas Kunzi, Mike Principato, Yvonne Wirth ANSCHRIFT MTU Onsite Energy. Anmeldung auf DER REDAKTION Rolls-Royce Power Systems AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG www.mtu-report.de/Newsletter. UND HERSTELLUNG Designmanufaktur|Ries, 88214 Ravensburg LEKTORAT Susanne Gernhäuser, 88214 Ravensburg LITHOGRAPHIE Wagner Medien UG, 88690 Uhldin gen-Mühlhofen DRUCK Druckerei Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr. 09 42-82 59, Nachdruck mit Quellenangabe e rlaubt. INTERNET-ADRESSE www.mtu-report.de MTU Report 02/14 I 63