Urig, schwäbisch, guat wie d`Sau

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Urig, schwäbisch, guat wie d`Sau
FR EITAG , 24 . J U L I 2 0 09
Urig, schwäbisch, guat wie d’Sau
Geselliges Großereignis: Sommerkonzert des katholischen Kirchenchors Kressbronn auf dem Rathausplatz
Graubedeckter Himmel und verräterische Windstöße ließen Übles befürchten. Doch davon ließen sich wahre
Heerscharen nicht abhalten, auf den
Kressbronner Rathausplatz zu strömen und die Biertische zu besetzen, in
froher Erwartung dessen, was der katholische Kirchenchor heuer bieten
würde. Der Pakt mit dem himmlischen Wetteramt erwies sich als erfolgreich und so wurden alle Erwartungen aufs Schönste belohnt. Programm war „Für immer jung“, nicht
etwa „Forever young“, denn Englisch
sollte heute verbannt sein, wenigstens
für die Chorsänger. Kleine Ausnahmen waren der schwedischen Sängerin Lillemor Bornmann gestattet.
Chorleiter Stefan Heitz hatte eine
gehörige Menge von Texten schwabifiziert. Richtig schade, dass man nicht
gar jedes Wort verstehen konnte, denn
es waren köstliche Wendungen dabei.
Kostproben: „Mamma mia, ’s geht
scho wieder los“, „Fühl mi guat wie d’
Sau“ (Feel good) oder „Bleibt noch e
bitzele da“ (Tequila). Den gesungenen
Tequila gab’s umsonst, stilvoll mit
Sombrero wurde aber auch flüssiger
Tequila angeboten von Christoph
Binzler, der gemeinsam mit etlichen
Helfern schwer beschäftigt war am
Stefan Heitz und der Chor waren an Witz kaum zu übertreffen und kamen großartig an.
Getränkeausschank.
Ein Höhepunkt war, angeregt durch
die überraschende Version des titelgebenden Songs, „Forever Young“ von
Karel Gott und Rapper Bushido. Auch
hier hatte Stefan Heitz seine literarische Feder gespitzt und daraus eine
Hommage an den bald aus dem Amt
scheidenden Pfarrer Sigbert Baumann
gemacht. Ob der nun künftig den katholischen Easy Riders vorsitzen wird,
darf bezweifelt werden. Er bedankte
sich am Ende mit fröhlichen Worten
und zwei Weinflaschen, wunderte sich
schier, dass „die Band“ trotz grenzwertiger Verausgabung das Konzert
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überlebt hatte und zitierte Volkes
Stimme betreffs Stefan Heitz: „Der hat
sich ja mächtig die Haare rausgegelt!“
Die Band – das waren wieder Dieter
Melzer am E-Piano und Harald Guist
hinter seiner Batterie. Stilsicher bearbeiteten sie Tasten und Trommeln, um
den Chor zum richtigen Drive zu ani-
mieren. Zusätzlich hei(t)zte der Dirigent noch ein mit zahlreichen Intros
und Intermezzi, sehr schön jazzig, mit
Saxophon und Klarinette, der Woody
Allen von Kressbronn.
Ganz besonders gut kam „Über sieben Brücken musst du gehn“ beim Publikum an, zu erkennen daran, dass
hier mindestens jeder zweite begeistert mitsang.
Gerne beklatschten die Kressbronner auch die solistischen Auftritte der
polyglotten Lillemor Bornmann. Sie
sang auf Schwedisch, Englisch, Jiddisch, Italienisch und Deutsch. Sie war
nicht nur „Von Kopf bis Fuß auf Liebe
eingestellt“, sondern fragte auch:
„Kann denn Liebe Sünde sein?“ oder
ermunterte „Bei mit bist du scheen“.
Ach ja, in einer Fremdsprache sang
der Chor auch noch: eine recht besinnliche Ballade von den Bläck Fööss:
„Dat Wasser von Kölle is jot“ – hier war
nicht das duftende in den Fläschchen
gemeint. Mit „Fürstenfeld“ nahm das
Programm ein Ende, der ausschließlich gemütliche Teil – gesellig war’s ja
vorher schon – konnte beginnen. Bis
nach Mitternacht hockten noch viele
schwätzend beieinander.
SABINE VON BELLERSHEIM