Palliative Betreuung am Lebensende

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Palliative Betreuung am Lebensende
UKD
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Palliative Betreuung am Lebensende
Informationsbroschüre für Angehörige
Vorwort
Liebe Angehörige unserer Patientinnen und Patienten,
seit einiger Zeit betreuen wir ein Mitglied Ihrer (Wahl-)
Familie. Das Behandlungsteam hat nun den Eindruck, dass das
Lebensende naht. Das Sterben eines nahestehenden Menschen
ist für Angehörige und Freunde eine Zeit der Krise, der Angst und
der Unsicherheit. Sie fragen sich vielleicht: „Wie kann ich noch
helfen?“ oder „Was geschieht denn im Sterben?“ Um dieser
Angst zu begegnen, kann es helfen, die Veränderungen, die
während der Sterbephase eines Menschen auftreten, zu kennen.
Das Betreuungsteam hat wahrscheinlich mit Ihnen über diese
Veränderungen gesprochen. Mit dieser Broschüre möchten wir
Ihnen die Möglichkeit bieten, in Ruhe zu Hause alles noch einmal nachzulesen.
Unser Team arbeitet nach einem bewährten Konzept, dem
Liverpool Care Pathway (LCP), welches die Lebensqualität am
Ende des Lebens in den Mittelpunkt stellt.
Der Weg des Sterbens ist für jeden Menschen anders. Es gibt
spezifische Zeichen oder Veränderungen, die darauf hinweisen,
dass dieser Weg begonnen hat. Es kann sein, dass mehrere,
vielleicht aber auch nur wenige dieser Veränderungen bei Ihrem
Angehörigen auftreten.
Im Folgenden möchten wir Ihnen diese Zeichen etwas näher
erläutern.
1. Veränderungen im körperlichen Bereich
Reduziertes Bedürfnis nach Essen und Trinken
Wenn ein Mensch beginnt, Essen und Trinken zu verweigern, kann es für
Angehörige schwer sein, diesen Wunsch zu respektieren. Anfangs kann
bei zunehmender Schwäche das Essen und Trinken einfach zu anstrengend sein. Dann ist Hilfe bei der Nahrungsaufnahme sehr erwünscht.
Wenn der menschliche Körper sich jedoch auf den nahenden Tod einstellt,
benötigt er für diesen Prozess kaum Nahrung und Flüssigkeit. Manchmal kann zu viel Flüssigkeit zum Anschwellen von Händen und Füßen
führen oder auch die Atmung erschweren. Bei Mundtrockenheit genügt
es, wenn Sie dem Sterbenden mit einem Teelöffel kleine Mengen seiner
Lieblingsflüssigkeit in den Mund geben. Falls er nicht mehr schlucken
kann, können Sie ihm mit einem feuchten Tupfer den Mund immer wieder
befeuchten.
Die Fürsorge für Ihren Angehörigen muss sich nicht auf das leibliche Wohl beschränken, sie kann und sollte auch auf anderen Wegen
fortgeführt werden, wie z.B. dem Erzählen von Familiengeschichten,
Betrachten von Bildern, Vorlesen oder einer Handmassage. Es kann für
Sie und Ihren Angehörigen auch ein großer Trost sein, einfach zusammen
zu sein.
Sollten Sie unsicher sein oder eigene Ideen besprechen wollen, wenden
Sie sich jederzeit gerne an ein Mitglied des Betreuungsteams.
Veränderungen bei der Atmung und Körpertemperatur
Menschen, die unter einer erschwerten Atmung leiden, haben oft Angst,
am Ende ersticken zu müssen. Die Körperfunktionen sind jedoch gegen
das Lebensende so reduziert, dass nur noch ein Minimum an Sauerstoff
benötigt wird. Es kann sein, dass Menschen in der Zeit des Sterbens
das Atmen sogar leichter fällt als in der Zeit davor. Während der letzten
Stunden des Lebens kann ein rasselndes oder gurgelndes auftreten.
Dies wird durch Schleim verursacht, der nun nicht mehr selbstständig
abgehustet werden kann. Durch geeignete Medikamente kann der Schleim
vermindert werden, auch eine Lageveränderung kann Erleichterung verschaffen. Atemnot kann durch Ängste verstärkt werden. Die Gewissheit,
dass jemand in der Nähe ist, kann für den sterbenden Menschen nicht nur
beruhigend sein, sondern auch helfen, die Atemnot zu mildern. In der
letzten Phase kann auch der Atemrhythmus noch einmal wechseln, dies
ist für die Angehörigen oft unangenehmer als für den Patienten selbst.
Auch die Körpertemperatur verändert sich durch die geringere Durchblutung. Die Haut kann kalt, blass und bläulich werden. Manchmal schwitzt
der Sterbende auch übermäßig, und der Puls kann schwach und unregelmäßig sein.
2. Veränderungen des Bewusstseins
Fehlende Orientierung/Verwirrtheit
Der Weg des Sterbens wird von jedem Menschen anders beschritten. Der
sterbende Mensch ist manchmal sehr müde und verliert jedes Zeitgefühl.
Möglicherweise erkennt er anwesende Personen nicht mehr, was aber
kein Zeichen von Ablehnung ist, sondern ein Rückzug in eine eigene
Welt. Es kann auch sein, dass er über ungewohnte Vorstellungen von
Ereignissen und Menschen spricht, die für Sie unbekannt sind. Er sieht
und spricht vielleicht auch zu Menschen, die schon verstorben sind.
Es ist wichtig, Ihrem Angehörigen seine Wahrnehmung in dieser Phase
zu belassen. Sie können Anteil daran nehmen, indem Sie ihm zuhören
und vielleicht nach der Bedeutung fragen.
Wenn Sie sich unsicher fühlen oder nicht wissen, wie Sie reagieren sollen,
steht Ihnen ein Mitglied des Betreuungsteams jederzeit zur Verfügung.
Unruhe
Unruhe kann Teil der Veränderungen in der Sterbephase sein. Dies kann
sich z.B. durch Zupfen an der Bettwäsche, durch ziellose Arm- und Beinbewegungen oder durch den Versuch zeigen, immer wieder aufzustehen.
Es ist gut, wenn jemand in der Nähe ist um dem Sterbenden Sicherheit
zu vermitteln. Unser Team bietet Ihnen hierbei jederzeit Unterstützung an. In manchen Situationen kann die Unruhe zur Belastung für den
Sterbenden werden. In solchen Situationen stehen Medikamente zur
Verfügung, mit denen innere Unruhe und Angst gelindert werden
können.
Bewusstlosigkeit
Möglicherweise ist der Sterbende bewusstlos und scheint
gar nicht mehr ansprechbar zu sein. Viele Angehörig fragen
sich in dieser Situation, ob das betroffene Familienmitglied
noch etwas hört oder versteht. Aus unserer Erfahrung kann
es auch in diesen Situationen hilfreich sein, wenn Sie mit
Ihrem Angehörigen in ruhiger Tonlage sprechen. Manchmal kann dies auch ein Moment sein, um noch Wichtiges
mitzuteilen.
3. Veränderungen im zwischenmenschlichen Bereich
Rückzug vom Leben
In der letzten Lebensphase kann sich der Sterbende immer
mehr von der Außenwelt zurückziehen. Er ruht sehr viel, möchte nur noch wenige, ihm vertraute Menschen um sich haben oder
sogar ganz allein sein. Dies kann manchmal auf die begleitenden
Angehörigen wie eine Zurückweisung wirken. Wir verstehen dies jedoch
häufig als einen Ausdruck von großer Erschöpfung und innerem Rückzug.
Auch in dieser Situation steht Ihnen das Betreuungsteam zur Seite.
Kommunikation und Symbolik
Der Sterbende hat immer weniger das Bedürfnis zu sprechen. Worte verlieren ihre Wichtigkeit.
Es kann passieren, dass Ihr Angehöriger in einer Art Symbolsprache
spricht, z.B.: „Ich muss die Koffer packen und zum Bahnhof gehen…“,
„Ich darf den Bus nicht verpassen...“, „Ich brauche meine Schuhe…“
Die Sprache scheint nicht logisch, sondern ist Ausdruck inneren Erlebens.
Es kann hilfreich sein, in dieser Situation in der Symbolsprache Ihres
Angehörigen zu bleiben und in ruhiger Tonlage auf die symbolischen
Themen einzugehen.
4. Mit Veränderungen umgehen
Es ist sehr verständlich, wenn Sie das Sterbebett Ihres Angehörigen
nicht verlassen möchten. Wir haben allerdings auch die Erfahrung
gemacht, dass es für sterbende Menschen anstrengend sein kann, wenn
sie versuchen, für ihre Angehörigen da zu sein.
Da das Sterben einige Zeit in Anspruch nehmen kann, planen Sie auch für
sich kleine Auszeiten ein. Stirbt Ihr Angehöriger in solch einem Moment,
versuchen Sie, dies anzunehmen. So wie der Weg des Sterbens, ist auch
das Sterben selbst etwas vollkommen Persönliches.
Der Besuch durch Kinder und Jugendliche wird aus psychologischer
Sicht befürwortet, jedoch sollte dies vorher mit allen Beteiligten abgesprochen werden. Fragen Sie ruhig das Betreuungsteam um Rat. Kinder
gehen mit dieser Situation oft viel natürlicher um als Erwachsene.
Die Zeit des Abschiednehmens und der Trauer kennt verschiedene Phasen
und Formen: Gefühle der Verzweiflung, Wut und Ohnmacht gehören auch
dazu. Jeder von uns darf dafür Hilfe in Anspruch nehmen.
Liebe Angehörige!
Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen zeigen, dass wir immer
für Sie da sind. Wenn Sie weitere Fragen oder Wünsche haben
oder einfach nur reden möchten, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!
Ihr Behandlungsteam
Raum für Ihre Fragen
Dr. med. Andrea Schmitz
Leiterin des Zentrums, Oberärztin
Telefon +49 (0)211 81-08696
Telefax +49 (0)211 81-08699
[email protected]
Dr. med. Christian Schulz, MSc
Master of Science in Palliative Care
Stellvertretender Leiter des Zentrums,
Oberarzt
Telefon +49 (0)211 81-08696
Telefax +49 (0)211 81-08699
[email protected]
Christa-Maria Stillger
Stationsleiterin
Telefon +49 (0) 211 81-08693
[email protected]
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1. Version Universitätsklinikum Düsseldorf, Juli 2011
Diese Broschüre ist eine überarbeitete und adaptierte Version des Guidelines for use of
the LCP for Professional, Liverpool UK 2003

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