Johann Friedrich Herbart

Transcription

Johann Friedrich Herbart
Johann Friedrich
HerbartImmer noch ein
zeitgemäßer
Namensgeber für eine
moderne
Förderschule?
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„Wo
man
das
Ansehen
der
Vergangenheit nicht mehr achtet, da
wird
bald
jedes
Ansehen
lästig
gefunden, auch das der Gegenwart.“
(Johann Friedrich Herbart, 1776-1841)
1. Johann Friedrich Herbart – Ein kurzer Lebenslauf
Johann Friedrich Herbart wurde am 04. Mai 1776 in der niedersächsischen Stadt
Oldenburg geboren. Hier ging er auch von 1788-1794 zum Gymnasium und zur
Lateinschule, nachdem er zuvor Privatunterricht erhalten hatte.
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Nach dem Studium der Rechtswissenschaften, das er auf Wunsch der Eltern 1794 in
Jena begonnen hatte, begann Herbart, sich immer mehr auf das Studium der
Philosophie zu konzentrieren, unter anderem bei J.G. Fichte. Zwischen 1797 und
1800 war Herbart als Hauslehrer in Bern tätig, bevor er von 1800-1802 als Erzieher
und Privatgelehrter in Bremen lebte und arbeitete.
Nachdem er im Herbst 1802 in Philosophie promoviert und sich habilitiert hatte,
lehrte Herbart zunächst als Privatdozent, dann seit 1805 als Extraordinarius,
Philosophie und Pädagogik in Bremen. 1808 wurde Herbart nach Königsberg
berufen, wo er den kantschen Lehrstuhl für Philosophie innehatte. Er entwickelte
eine umfangreiche philosophische und literarische Tätigkeit und unterstützte die
Reorganisation des preußischen Schulwesens nach den Napoleonischen Kriegen.
1833 folgte er einem Ruf nach Göttingen, nachdem eine erhoffte Berufung nach
Berlin ausgeblieben war.
Am 14. August 1841 starb Johann Friedrich Herbart an den Folgen eines
Schlafanfalls, nachdem er seine Lehrtätigkeit bis wenige Tage vor seinem Tod
ausgeübt hatte.
2. Kann der Pädagoge und Philosoph Johann Friedrich Herbart auch heute
noch einen sinnvollen und zeitgemäßen Gedanken zum Schulprofil einer
Förderschule mit den Schwerpunkten Sprache und Lernen beitragen?
Die Idee eines Schulkonzepts bzw. Schulprofils wäre sicher ganz im Sinne des
Pädagogen und Philosophen Herbart gewesen, denn er engagierte sich sehr für die
theoretische Reflexion pädagogischer Unterrichts- und Erziehungsarbeit.
In seinem Herangehen verknüpfte er dabei stets die Pädagogik mit philosophischen
und
psychologischen
lehramtpädagogischen
Grundfragen.
Ausbildung
Zur
wissenschaftlichen
gründete
Herbart
deshalb
Fundierung
nicht
nur
der
ein
pädagogisches Unterrichtsseminar, sondern auch ein Internat in Königsberg, in dem
seine Studenten unter Anleitung durch ihn selbst und andere erfahrene Pädagogen
das Unterrichten erlernen und üben konnten.
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„Ein neunzigjähriger Dorfschullehrer hat die Erfahrung seines neunzigjährigen
Schlendrians, er hat das Gefühl seiner langen Mühe, aber hat er auch die Kritik
seiner langen Leistungen und seiner Methode?“ (Zit. Herbart, entn. Heesch, 1999).
Dies mag illustrieren, wie Herbart pointiert die Schwächen eines engagierten, aber
letztlich theoretisch nicht fundierten und reflektierten Unterrichtskonzepts empfand.
Er zeigt dabei auch auf, wie dem Pädagogen unter Umständen nichts bleibt, als das
Gefühl seiner lebenslangen Mühe, während er sich nicht zuletzt selbst um die
Früchte seiner Bemühungen bringt, wenn er seinen theoretischen Ansatz nicht
genau durchdenkt und seinen Unterricht auf der Basis methodischer Grundsätze
plant und durchführt.
Theorie und Praxis müssen nach Herbarts Ansicht Hand in Hand gehen. Er geht
dabei von einem Menschenbild aus, in dem die Erziehung eine die „Sittlichkeit“ und
Moral des Kindes prägende Bedeutung erfährt. Diese sieht er als nicht von Natur aus
im Kinde vorhanden, sondern vielmehr als eine durch Erziehung anzueignende
Eigenschaft des Menschen.
Gerade dieser Aspekt der pädagogischen Erziehung, die sich bei Herbart
ausdrücklich auch auf Autorität und Beschränkungen durch den Erzieher begründet,
muss heute durchaus kritisch beleuchtet, aber im gesamten Zusammenhang
gesehen werden. (Vergl. dazu Herder, 1953, S. 699 und Heesch, 1999, S, 48 ff).
Als Fundament der sittlichen Erziehung wird jedoch von Herbart eine umfangreiche
Allgemeinbildung angestrebt. Diese erst ermögliche die Freiheit, den eigenen
Möglichkeiten gemäß geistige Autonomie zu entwickeln und sich etwa zu
spezialisieren. (Vergl. Heesch, 1999, S. 52 ff). .
Aufgabe des Unterrichts ist es nun, vielseitig im Schüler Interesse zu wecken und
seine Handlungskompetenzen durch sachliche Vertiefung des Unterrichtsthemas,
aber auch durch seine reflektierende Verarbeitung zu erweitern und dem Schüler ein
Wissen zu vermitteln, das er sich übertragend verfügbar machen kann. Große
Bedeutung wird von Herbart hier der Anschaulichkeit des Unterrichtsstoffs
beigemessen. Er fasst sein Unterrichtskonzept zusammen in der Beschreibung, der
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Unterricht solle „zeigen, verknüpfen, lehren, philosophieren“ (Zit. Herbart, entn.
Heesch, 1999, S.55).
Diese Idee eines anschaulichen, im Schüler Interesse weckenden und um Reflexion,
bemühten Unterrichts (sowohl die eigene wie die des Schülers) kann auch heute
noch als aktuell und gerade im Bereich der Sonderpädagogik als relevant und
äußerst wichtig angesehen werden. Auch die Vermittlung von Werten und Normen ist
heute mehr denn je zur Aufgabe von Pädagoginnen und Pädagogen geworden und
die Schule zu einer maßgeblichen Institution auch für die ethische Erziehung und
Bildung vieler Kinder und Heranwachsender.
Gerade die so genannten „Förderschüler“ bedürfen der Mühe, ihnen trotz der sie im
Lernen behindernden vielfältigen Schwierigkeiten, eine möglichst gute und
umfassende Allgemeinbildung zu vermitteln und sie zu motivieren, sich diese nutzbar
zu machen. Mag ihnen der Zugang zu manchem Wissensbereich auch erheblich
erschwert, manchmal auch verwehrt, sein, so lohnt es sich doch immer, Wege
zusuchen, ihr Interesse für die sie umgebende Welt wie für ihre Innenwelt zu wecken
und sie ihnen verfügbar(er) zu machen.
Hier ist die von Herbart geforderte Anschaulichkeit des Unterrichts eine wichtige
Voraussetzung, da die allein theoretische Vermittlung der Inhalte oftmals nicht
erfolgreich zum Ziel führt. Kann es jedoch gelingen, einen Zugang zum Schüler und
seinen Lernmöglichkeiten zu finden, bestätigt sich vielleicht und hoffentlich auch eine
weitere These Herbarts:“…was der Knabe recht lernte, das weiß auch noch der
Greis.“ (Zitat Herbart, entn. Heesch 1999, S. 51).
Am Anfang stand die Frage, ob der Pädagoge und Philosoph Johann Friederich
Herbart immer noch ein zeitgemäßer Namensgeber für eine moderne Förderschule
sein kann. Die Beschäftigung mit Herbarts theoretischem Ansatz zeigt, dass einige
seiner pädagogischen Grundlegungen durchaus auch heute noch keineswegs ein
„alter Hut“ sind. Sie können im Gegenteil auch bei kritischer Würdigung noch immer
als pädagogisch bedeutsam und aktuell angesehen werden, wenn es etwa darum
geht, in Zukunft auch unseren eigenen förderpädagogischen Ansatz als Kollegium
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der Herbartschule in unseren schuleigenen Konzepten theoretisch zu beleuchten
und transparent werden zu lassen.
Kann Johann Friederich Herbart also noch immer ein zeitgemäßer Namensgeber für
uns sein? Wir als Kollegium der Herbartschule möchten dies ausdrücklich bejahen.
Genutzte Quellen:
Matthias Heesch, Johann Friedrich Herbart zur Einführung, Hamburg 1999
Herder Lexikon der Pädagogik, II Band, Freiburg 1953

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