Bambus - Plankton Media

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Bambus - Plankton Media
Bambus
GRÄSER IM GR
MIT BAMBUS LASSEN SICH EXKLUSIVE
GÄRTEN GESTALTEN. WIR GEBEN EINBLICK
INS «BAMBUSREICH» VON MARGRIT UND
ROB LINDER IN MUNTELIER. SIE VERSTEHEN
ES, DIE FASZINIERENDEN GRÄSER
WIRKUNGSVOLL IN SZENE ZU SETZEN.
Eine einladende Holzbrücke führt
über einen grossen Teich zum Haus
von Margrit und Rob Linder in Muntelier. Bambusse unterschiedlicher
Höhe säumen das Ufer, ihr filigranes
Blattwerk spiegelt sich auf der Wasseroberfläche. Ein schmaler Weg, von
überhängenden Bambuswedeln nahezu verdeckt, bildet die Verbindung
in den hinteren Gartenteil. Dort fällt
der Blick zuerst auf die strahlendgelben, mehrere Meter hohen Bambusrohre von Phyllostachys vivax ‘Aureocaulis’, die dem Himmel entgegenwachsen. Ein ungewohntes, exotisches
Bild, das einen in Staunen versetzt.
Der Boden unter den dicken Halmen
ist mit Farnen bedeckt, im Hintergrund stehen malerische Amphoren
aus Ton, bepflanzt mit Alocasien.
Schweizer Garten 9/2001
Gartengestaltung
OSSFORMAT
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Die wunderschön
gefärbten Rohre
des Bambus
Phyllostachys vivax
‘Aureocaulis’
versetzen mit ihren
Dimensionen die
Besucher in Staunen.
Schweizer Garten 9/2001
Diesen horstbildenden Bambus
(Borinda perlonga)
hat Rob Linder
von einer Reise
nach Südchina
heimgebracht.
Margrit und Rob
Linder sitzen im
lichten Schatten
und geniessen
ihren Bambusgarten.
BAMBUS-REISEN
Entstanden ist Margrit und Rob Linders Bambusgarten gleichzeitig mit
dem Umbau des Hauses am Murtensee, das die beiden vor vier Jahren bezogen haben. Bereits vor über zehn
Jahren, als Bambus bei uns erst spärlich verwendet wurde, wuchsen in
Linders’ damaligem Garten einige
ausgesuchte Exemplare. Ein Zeitungsartikel hatte sie zum international bekannten Schweizer Bambus-Sammler
Toni Grieb geführt, mit dem sie seitdem eng befreundet sind. Die Faszination ist im Laufe der Zeit immer intensiver geworden und spielt selbst bei
der Auswahl der Ferienziele eine entscheidende Rolle.
Auf den Spuren des Bambus’ bereisten
sie bereits Indien, China, Vietnam,
Nepal, Burma und Ecuador. «Aus
einigen Ländern brachte ich auch selber Bambus mit nach Hause», erzählt
Rob Linder. «Zu diesen habe ich eine
ganz besondere Beziehung.» Einer
dieser Bambusse, Borinda perlonga,
stammt aus Yunnan in China. Die zu
Beginn kleine Pflanze hat sich mittlerweile zu einem stattlichen Horst entwickelt.
«FREUND DES VOLKES«
«In seinen Ursprungsländern stellt
der Bambus eine wichtige Lebensgrundlage dar. Aus den Halmen werden alle erdenklichen Gebrauchsgegenstände gefertigt», erzählt Margrit
Linder. Aus der schnell nachwachsenden Ressource entstehen nebst Häusern auch Möbel, Körbe, Musikinstrumente und vieles mehr. Die
Sprosse zahlreicher Arten sind ausserdem essbar.
Im Werk «The Book of Bamboo» von
David Farelly ist nachzulesen, dass der
Bambus in China «Freund des Volkes», in Vietnam «Der Bruder» genannt wird. Wer an Bambus denkt,
verbindet ihn meist mit Asien. Doch
auch in Afrika und Südamerika gibt es
Schweizer Garten 9/2001
Gartengestaltung
grosse Bestände. Zu den über 1000 Arten, die weltweit vorkommen, gehören tropische ebenso wie nichttropische. Für unsere Gärten gibt es zahlreiche Arten und Sorten, die winterhart sind. Sie sind so vielseitig, dass
sich für die unterschiedlichsten Gartensituationen die passende Pflanze
finden lässt. Vorausgesetzt, der Boden
ist locker und durchlässig, der Standort
sonnig bis halbschattig. Robert Linder:
«Mit zu den wertvollen Eigenschaften
des Bambus gehört, dass praktisch alle
Arten wintergrün und darum ganzjährig attraktiv sind.»
HAINE UND HORSTE
Bambusse haben ganz unterschiedliche Wuchsformen. Die einen verbreiten sich über Ausläufer und sind bodendeckend oder hainbildend, während andere zu kompakten Horsten
werden.
Die Wachstumsphase dauert nur
kurze Zeit und liegt hauptsächlich
zwischen Mai und August. Die Halme
haben kein Dickenwachstum. Sie
schieben sich teleskopartig in die
Höhe, bereits in «fertigem» Umfang.
Erst wenn ein Trieb seine Endhöhe erreicht hat, beginnen die Blätter zu
spriessen.
Ausläuferbildende Arten: Die neuen
Triebe wachsen aus einem unterirdischen Wurzelsystem (Rhizom), das
sich auf der Suche nach Nahrung immer weiter ausbreitet. Ausläufer bilden beispielsweise die niedrigen, bodendeckenden Sasa- und PleioblastusArten sowie die Gattung Phyllostachys.
Lässt man Phyllostachys ungehindert
wachsen, können sie mit der Zeit umfangreiche Haine bilden. Ihre Rohre,
je nach Art bei uns bis zu 7 cm durchmessend, treten ganz unterschiedlich
in Erscheinung: Sie sind ganz in Grün
oder Gelb gekleidet, ihre Oberfläche
gestreift oder gefleckt. Wer sie in seinem Garten pflanzt, sollte unbedingt
eine 70 cm tiefe Rhizomsperre aus
Schweizer Garten 9/2001
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Dekorativer
«Leopardenlook»:
Die älteren Triebe
von Phyllostachys
glauca ‘Yunzhu’
sind braun gefleckt.
Mit ihren grazilen,
blau-violetten Austrieben ist die Neueinführung Fargesia
scabrida etwas ganz
Besonderes.
INFO
Nützliche Adressen
Wer vom Bambus fasziniert ist und Gleichgesinnte sucht,
kann sich an die Europäische Bambusgesellschaft Schweiz
(EBS) wenden. Sie wurde 1989 von Robert Linder gegründet.
Es geht der Gesellschaft einerseits um einen Wissensaustausch, anderseits allgemein um die Förderung des Bambus.
Jährlich werden Exkursionen durchgeführt, zusätzlich
erscheint regelmässig ein Bulletin.
Informationen EBS-Schweiz: Präsident: Rob Linder,
Architekt, Seeweg 19, 3286 Muntelier; Sekretariat: Samuel
Zwicky, Oberdorfstrasse 240, 3182 Ueberstorf,
Telefon 031 741 12 09. www.bambus-schweiz.ch
Wo gibt’s grosse Bambussortimente?
Alfred Forster AG, Baumschule, Ausserfeld, 3207 Golaten,
Telefon 031 755 67 07.
Baumschule Eberts, Saarstrasse 3–5 , D-76532 BadenBaden, Telefon 0049 7221 5074-0, www.bambus.de
Diverse Baumschulen und Garten-Center bieten ebenfalls
Bambusse an.
Ausflugsziel Bambus
Sehr lohnenswert ist der Besuch des europaweit grössten
Bambusgartens und Baumschule «la Bambouseraie de
prafrance» in Frankreich.
Adresse: Bambouseraie de prafrance, F-30140 Anduze.
Telefon 0033 466 61 70 47. www.bambouseraie.fr
Vallée de Bambou, Centre Horticole de Lullier (Dominique
Verdel), 1254 Jussy, Genève, Telefon 022 759 14 99.
Jeder Halm ein
Wunderwerk für
sich: Links
Phyllostachys
bambusoides
‘Castillonis’, in der
Mitte Sinobambusa
tootsik, rechts
Semiarundinaria
fastuosa.
Schweizer Garten 9/2001
Gartengestaltung
Kunststoff einbauen, damit sich das
Wurzelwerk nicht unkontrolliert ausbreiten kann. Die Sperre wird in einem genügend grossen Kreis um den
frisch gepflanzten Bambus eingegraben und mit einer Metallschiene gut
verschlossen.
Horstartige: Zu ihnen gehören alle
Fargesien. Einmal gepflanzt, bleiben
sie an Ort, und der Horst vergrössert
seinen Umfang gleichmässig nach
aussen. In Einzelstellung oder zu kleinen Gruppen formiert ist ihre Wirkung am grössten.
GESTALTEN MIT BAMBUS
Über 120 Bambusse findet man im
Garten der Familie Linder. Doch Rob
Linder geht es nicht primär darum,
möglichst viele Arten zu besitzen. Er
will sie nicht als Sammlung präsentieren, sondern mit ihnen charaktervolle
Gartenräume gestalten. Um diese längerfristig zu erhalten, sind von Zeit zu
Zeit Eingriffe nötig. Alte Triebe werden
weggeschnitten, ebenso jene, welche
die Harmonie des Gesamtbildes stören
würden. Damit die Schönheit der
Bambusrohre voll zur Geltung kommt,
entfernt Rob Linder jeweils bis zwei
Meter ab Boden sämtliche Zweige. Als
Unterpflanzung eignen sich Sträucher,
die von ihrer Blattstruktur her dem
Bambus entsprechen. Am Fusse der
gelben Rohre wächst beispielsweise der
immergrüne Schneeball Viburnum davidii, unter den grünen breitet sich ein
weiss panaschierter Kirschlorbeer aus.
Als Begleitpflanzen für die horstartig
wachsenden, feinblättrigen Fargesien
eignen sich grossblättrige Kontraststauden wie Federmohn (Macleya) oder Schaublatt (Rodgersia).
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Nicht nur die
Halme, auch die
Blätter der
Bambusse haben
einiges zu bieten.
Im Bild Sasaella
masamuneana f.
aureostriata.
Arten mit weiss
panaschierten
Blättern wie
LAUFEND ÜBERWACHEN
Rob Linder verbringt viel Zeit mit seinen Bambussen. Vor allem die ausläuferbildenden Arten müssen laufend
überwacht werden. Passt man nicht
auf, überwinden die Rhizome die ein-
Schweizer Garten 9/2001
Hibanobambusa
tranquillans
‘Shiroshima’ hellen
den Garten optisch
auf.
gebaute Wurzelsperre sogar auf oberirdischem Weg, selbst wenn die Kunststoffabgrenzung einige Zentimeter
aus dem Boden ragt. Mit regelmässigen Kontrollgängen lässt sich dieses
Problem jedoch in den Griff kriegen,
und die Rhizome können rechtzeitig
abgeschnitten werden. Wichtig ist,
sich vor dem Kauf gut über die Eigenschaften der Pflanze zu informieren.
So verhindert man, dass der Bambusgarten unversehens zum Bambuswald
wird…
Viele Bambusse
lassen sich gut in
Form schneiden. Im
Bild Pleioblastus
shibuyanus ‘Tsuboi’.
Caroline Zollinger (Text und Bilder)
EINE AUSWAHL AN BAMBUSSEN, DIE BEI UNS ERHÄLTLICH SIND
Name
Höhe (m)
Hainbildend, ausläufertreibend (leptomorph)
Phyllostachys aureosulcata
f. spectabilis
3–5
Ph. bambusoides ‘Castillonis’
Ph. glauca ‘Yunzhu’
2–3
4–6
Ph. iridescens
Ph. nigra ‘Boryana’
Ph. nigra ‘Henonis’
Ph. nigra ‘Nigra’
Ph. viridisglaucescens
Ph. vivax ‘Aureocaulis’
Pseudosasa japonica
Semiarundinaria fastuosa
5–7
6–8
5–7
5–7
6–9
6–9
3–4
3–5
Beschreibung
Bemerkungen
Halme gelb, grüner Sulcus (= flache
Halmseite bei den Zweigen), teils
Zick-Zack-Wuchs
Halme gelb, grüner Sulcus
schwarze Tupfer auf Halmen
bläul. Austrieb
Halme grün, gelb gestreift
braun gefleckte Halme
grüne Halme, feine Blätter
schwarze Halme, feine Blätter
Halme grün, bläul. im Austrieb
Halme gelb, grüne Längsstreifen
Halme grün, dann beige
Halme grün, glänzend
sehr frosthart (bis –25 °C), sehr dekorativ
sehr dekorativ, gut frosthart (bis –18 °C)
sehr dekorativ, gut frosthart (bis –18 °C)
Pleioblastus variegatus (P. fortunei) 0,5–0,8
Pleioblastus pygmaeus
0,2–0,3
Pleioblastus shibuyanus ‘Tsuboi’
1–1,5
Blätter weiss gestreift
Blätter dunkelgrün
Blatt sehr hell, panaschiert
Pleioblastus viridistriatus (Sasa
auricoma)
Sasa masamuneana
‘Albostriata’
Sasa palmata
Sasa veitchii
0,3–0,5
Blätter gelb, m. grünen Längsstreifen
0,5–1
weiss gestreift
1,5–2
0,7–1
Blätter stark grün, breit
Blätter grün, im Winter weiss umrandet
bes. dicke Rohre, sehr frosthart (bis –22 °C)
sehr dekorativ, sehr frosthart (bis –22 °C)
sehr frosthart (bis –22 °C)
gut frosthart (bis –18 °C), sehr dekorativ
sehr frosthart (bis –22 °C), dicke Rohre
bes. dicke Rohre, sehr frosthart (bis –22 °C)
voll frosthart (bis –25 °C), aufrecht, schwach hainbildend
sehr frosthart (bis –22 °C), wächst zu Beginn horstig,
dann hainbildend, schmal, säulenförmig
sehr frosthart (bis –22 °C), dekorativ, bodendeckend
sehr frosthart (bis –22 °C), flächig od. als Unterpflanzung
kompakt, flächig, auch in Einzelstellung,
Formschnitt, gut frosthart (bis –18 °C)
sehr frosthart (bis –22 °C), Bodendecker, Unterpflanzung,
flächig anpflanzen
gut frosthart (bis –18 °C), in Gruppen, als Unterpflanzung,
flächig anpflanzen
sehr frosthart (bis –22 °C), flächig anpflanzen
sehr frosthart (bis –22 °C), flächig anpflanzen
Name
Höhe (m)
Beschreibung
Bemerkungen
Horstig wachsend (pachymorph)
Fargesia nitida
F. murielae
F. robusta
2–3
2,5–3,5
3,5–4
Blätter d.grün, Triebspitze rötlich
Halme grün bis gelblich
glänzende Blätter
sehr frosthart (bis –25 °C), Einzelstellung
sehr frosthart (bis –25 °C), Einzelstellung
aufrechter Wuchs, dekorativ anhaftende weisse Halmscheiden, gut frosthart (bis –18 °C)
Schweizer Garten 9/2000