Grippe? - InfoVac
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Grippeprävention – Informationen für Fachpersonen im Gesundheitswesen Impressum Bundesamt für Gesundheit (BAG) Abteilung Übertragbare Krankheiten 3003 Bern Weitere Informationen zur Grippeprävention des BAG sowie zur Grippe generell finden Sie auf dem Internet unter www.grippe.admin.ch sowie unter www.grippe.ch und www.influenza.ch Nachbestellungen dieser Broschüre und Anforderung weiterer Unterlagen zum Thema bitte an: Dokumentationsstelle Grippeprävention Postfach, 3000 Bern 6 Telefon: 031 352 14 60, Fax 031 352 14 71 E-Mail: [email protected] Konzeption, Redaktion und Gestaltung: Stoll, Traber und Partner AG, Bern Juni 2006 Grippe? Wir sind geimpft. I N H A LT S V E R Z E I C H N I S D I E G R I P P E – E I N E R N S T E R FA L L Editorial von Bundesrat Pascal Couchepin: Die Grippe – ein ernster Fall Sehr geehrte Damen und Herren Seite 3 Grippe – Zahlen und Tatsachen Seiten 4 und 5 Die Grippe kostet, die Impfung lohnt sich Seite 6 Grippe – Eine alte Bekannte Seite 6 Grippeviren – Genetisch variabel Seite 7 Grippe – Die Merkmale Seite 8 Grippe – Mögliche Komplikationen Seite 9 Grippe – Die Risikogruppen impfen Seite 9 Grippeimpfung – Schutz und Wirksamkeit Seite 10 Grippeimpfung – Zeitpunkt und Häufigkeit Seite 11 Grippeimpfung – Die Impfstoffe Seite 12 Grippeimpfung – Mögliche Nebenwirkungen Seite 13 Grippeimpfung – Kontraindikationen Seite 13 Antivirale Medikamente – Prophylaxe und Therapie Seite 14 Sieben gute Gründe, sich gegen Grippe impfen zu lassen Seite 15 Die Grippe ist eine ernst zu nehmende Infektionskrankheit. Jedes Jahr suchen 100'000 bis über 300'000 Personen wegen einer grippeähnlichen Erkrankung eine Ärztin oder einen Arzt auf und zwischen 400 und 1000 Personen sterben an den Folgen einer Grippeerkrankung. Eine Grippeerkrankung kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen oder zur Verschlechterung eines bestehenden Grundleidens führen. Am meisten gefährdet sind Personen über 65 Jahre sowie Menschen, die an chronischen Herz-, Lungen- oder Stoffwechselkrankheiten oder an einer Immunschwäche leiden. Die jährlich zu wiederholende Grippeimpfung bietet keinen 100-prozentigen Schutz vor einer Grippeerkrankung, ist aber ein wirksames Mittel zur Verhinderung von Komplikationen. Krankheits- oder sogar Todesfälle können durch eine Influenzaimpfung vermieden werden. Die Fachpersonen des Gesundheitswesens spielen eine Schlüsselrolle bei der Grippeprävention. Eine im Jahr 2003 bei Personen über 65 Jahre durchgeführte Studie zeigt, dass sich ältere Menschen primär auf Rat einer Fachperson gegen Grippe impfen lassen. Diejenigen, die sich nicht impfen lassen, sind häufig der falschen Meinung, dass gesunde Ernährung und viel Bewegung als Vorbeugung gegen die Grippe genügen. Ein gesunder Lebensstil allein schützt jedoch nicht vor einer Grippeerkrankung. Die Grippeimpfung empfiehlt sich auch für das Medizinal- und Pflegepersonal und für alle anderen Personen, die mit Menschen aus Risikogruppen in nahem Kontakt stehen. Dank einer rechtzeitigen Impfung im Herbst kann die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von Influenzaviren auf andere massgeblich reduziert werden. Entsprechende Studien zeigen, dass in Alters- und Pflegeheimen die Anzahl der Todesfälle bei älteren Langzeitpatientinnen und -patienten deutlich abnimmt, wenn nur schon die Hälfte des Pflegepersonals gegen Grippe geimpft ist. Zur Förderung der Grippeprävention sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Einwände gegen eine Grippeimpfung beruhen häufig auf falschen oder unvollständigen Informationen. Helfen Sie mit, solche Fehlinformationen zu berichtigen, und empfehlen Sie die Grippeimpfung. Pascal Couchepin, Bundesrat 2 3 G R I P P E : Z A H L E N U N D TAT S A C H E N Junge Menschen erkranken häufig an Grippe … 140 Meldungen von Influenzaverdacht in der Schweiz g 120 Influenzaverdacht pro 100’000 Population Influenzaverdacht pro 1000 Konsultationen 90 80 70 60 50 (Sentinella-Meldungen: Woche 45/2005–18/2006) 100 80 60 40 20 0 40 0–4 30 5–14 15–65 >65 Alter in Jahren Aufgrund der Meldungen im Sentinella-Meldesystem erkranken Kinder und junge Erwachsene am häufigsten an Grippe. 20 10 … leiden aber seltener an schweren Komplikationen als ältere Menschen 2005/06 2004/05 2003/04 2002/03 2001/02 2000/01 1999/00 1998/99 1997/98 1996/97 1995/96 1994/95 1993/94 1992/93 1991/92 1990/91 1989/90 1988/89 1987/88 1986/87 0 Seit 1986 wurden in der Schweiz von den rund 250 Arztpraxen des SentinellaMeldesystems pro Grippeepidemie zwischen 3000 und 10'000 Influenzaverdachtsfälle gemeldet. Auf die ganze Schweiz hochgerechnet entspricht dies jährlich 100'000 bis über 300'000 Erkrankungsfällen. Jedes Jahr sterben mehrere hundert Personen infolge Influenza, bei schweren Epidemien sind es bis zu 1000. Zusätzlich sind zwischen 1000 und 5000 Hospitalisierungen pro Jahr auf eine Grippeerkrankung zurückzuführen. Pneumonien und Hospitalisierungen Seit 1986 wurde bei 5,0% der im Sentinella-System gemeldeten Grippeverdachtsfälle bei der Erstkonsultation eine Pneumonie diagnostiziert. Bei den unter 60-jährigen Grippeerkrankten lag der Anteil bei 4,2%, während 60-Jährige und ältere zu 15,3% betroffen waren. Von den im Sentinella-System registrierten Fällen mussten 0,3% bei unter 60-Jährigen und 2,7% bei 60-Jährigen und älteren hospitalisiert werden. Ältere Menschen sterben häufiger an Grippe 92% 8% 60-Jährige und ältere unter 60-Jährige 4 In einem Zeitraum von 30 Jahren (1970– 2000) wurden dem Bundesamt für Statistik jährlich zwischen 126 und 1052 influenzabedingte Todesfälle gemeldet. 92 Prozent der betroffenen Personen waren 60 Jahre und älter, 7 Prozent zwischen 5 und 59 Jahre alt und ein Prozent jünger als 5 Jahre. 5 D I E G R I P P E K O S T E T, D I E I M P F U N G L O H N T S I C H G R I P P E V I R E N : G E N E T I S C H VA R I A B E L Studien, die das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Grippeimpfung untersuchten, zeigen, dass mit der Impfung in den Risikogruppen Kosten gespart werden können. Gemäss einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 1994 reduzierten sich die Spitalaufenthalte infolge Grippeerkrankung und Lungenentzündung bei Personen über 65 Jahre dank der Impfung um 48 bis 57 Prozent. Akute Atemwegserkrankungen und Lungenentzündungen nahmen um 27 bis 39 Prozent ab. Andere Studien deuten darauf hin, dass dank der Grippeimpfung auch in der breiten Bevölkerung sowohl bei den direkten Kosten für Behandlung und Arztkonsultationen wie auch bei den indirekten Kosten (Arbeitsausfall) Einsparungen gemacht werden können. 1995 wurde in den USA mit gesunden Erwerbstätigen ab 18 Jahren eine Untersuchung durchgeführt. Die Studie hat gezeigt, dass bei geimpften Personen im Vergleich zu ungeimpften die krankheitsbedingte Arbeitsplatzabwesenheit um 36 Prozent und die Zahl der Arztkonsultationen infolge respiratorischer Erkrankungen um 44 Prozent tiefer lagen. Eine sozioökonomische Studie über die Auswirkungen der Grippe hat gezeigt, dass die Gesamtkosten (direkte und indirekte Kosten) einer Grippeepidemie durchschnittlicher Intensität in der Schweiz bei CHF 4,1 Mio. pro 100'000 Population liegen. Auf die gesamte Schweizer Bevölkerung bezogen, entspricht dies einem Betrag von ungefähr CHF 300 Mio. Die direkten Kosten allein machen dabei zwischen 0,10% und 0,24% der Gesamtkosten des Schweizer Gesundheitswesens aus. Influenzaviren besitzen verschiedene Mechanismen, um ihre Oberfläche laufend zu verändern: Beim so genannten «antigenic drift» verändert sich durch eine Anhäufung von Punktmutationen die Struktur der beiden wichtigsten Oberflächenantigene des Influenzavirus – die Glykoproteine Hämagglutinin und Neuraminidase. Dadurch können die infolge einer früheren Impfung oder Erkrankung bestehenden Antikörper die neuen Virusvarianten immer schlechter erkennen. Aufgrund dieser Veränderungen kommt es in der Bevölkerung praktisch jeden Winter zu Grippeepidemien, die, je nachdem wie stark sich die zirkulierenden Virusstämme von den früheren unterscheiden, Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfälle verursachen. Weitaus seltener sind grundlegende Veränderungen in den Oberflächenglykoproteinen des Virus. Durch das so genannte «antigenic shift» entstehen neuartige Viren mit unter Umständen völlig neuen Eigenschaften. Gegen solche Viren besteht in der Bevölkerung im Allgemeinen keine oder allenfalls nur eine geringe Immunität. Es kann zu einer Grippepandemie kommen, die einen grossen Teil der Weltbevölkerung betrifft. Im 20. Jahrhundert gab es drei solche Pandemien, nämlich 1918–19, 1957 und 1968. Die Vermehrung des Grippevirus G R I P P E : E I N E A LT E B E K A N N T E Die Grippe (Influenza) ist eine seit Jahrhunderten bekannte akute Infektionskrankheit, die jeden Winter eine grosse Zahl von Krankheitsfällen verursacht. Es werden drei Typen von Influenzaviren unterschieden: Influenza A, B und C. Infektionen mit Influenza C verlaufen häufig asymptomatisch. Klinisch von Bedeutung sind dagegen Influenza-A- und Influenza-B-Viren, wobei es bei 20 bis 30 Prozent der infizierten Personen nicht zum Ausbruch der Krankheit kommt. Auch in diesen Fällen können Viren auf andere Personen übertragen werden. 6 Influenzaviren vermehren sich in den Zellen des menschlichen Respirationstraktes. Für das Anheften an die Wirtszelle und die Penetration der Zellmembran ist vor allem das Oberflächenprotein Hämagglutinin verantwortlich. Die Virusvermehrung findet im Zellkern statt. Für die Freisetzung der neu gebildeten Viren ist ein weiteres Oberflächenprotein wichtig, die Neuraminidase. Unter den humanpathogenen Virusstämmen sind vier Typen von Hämagglutinin (H1, H2, H3, H5) und zwei Typen von Neuraminidase (N1, N2) bekannt. 7 GRIPPE: DIE MERKMALE G R I P P E : M Ö G L I C H E K O M P L I K AT I O N E N Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 4 Tage. Die ersten Symptome umfassen Unwohlsein, Abgeschlagenheit, rasch ansteigendes Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, gefolgt von Appetitlosigkeit und Schwindelgefühl. Häufig wird auch über Augenbeschwerden, speziell beim Blick zur Seite, Lichtscheue sowie Tränenfluss und Augenbrennen berichtet. Im Verlauf der Grippeerkrankung gewinnen respiratorische Symptome wie trockener Husten, Halsweh, Heiserkeit und laufende Nase an Bedeutung. Besonders bei Kindern stehen gastrointestinale Zeichen wie Nausea, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall oft im Vordergrund. Die Symptome treten meist plötzlich auf, so dass sich die betroffene Person oft an die genaue Uhrzeit des Erkrankungsbeginns erinnern kann. Das Fieber als offensichtlichstes Symptom steigt in den ersten 12 Stunden rasch auf Werte über 38 °C an, mit Spitzen bis zu 41 °C. Die Fieberphase dauert in der Regel 3 Tage, kann aber auch bis zu 8 Tagen anhalten. Bei der Untersuchung fallen ein vor allem um die Augen aufgedunsenes Gesicht, glänzende Augen und Konjunktivitis auf. Der Rachen ist oft diffus livid gerötet. Es besteht eine Bradykardie, oft auch eine Hypotonie. Die zervikalen Lymphknoten sind vor allem bei Kindern häufig vergrössert. Infizierte Personen können bereits 24 Stunden vor Symptombeginn Influenzaviren ausscheiden und so die Grippe auf ihre Mitmenschen übertragen. Erwachsene Personen scheiden in der Regel noch während 3 bis 5 Tagen nach Symptombeginn Influenzaviren aus. Bei Kindern ist die Periode der Virusausscheidung häufig länger. Influenzaviren werden durch Tröpfchen oder Schmierinfektion übertragen. Besonders grosse Menschenansammlungen auf engem Raum und wenig belüftete Räume begünstigen die Ausbreitung. Die Rekonvaleszenz dauert durchschnittlich 1 bis 2 Wochen, kann sich aber auch über mehrere Wochen erstrecken. Das Risiko einer influenzabedingten Komplikation besteht in jedem Fall, ist jedoch in bestimmten Risikogruppen deutlich erhöht. Von Hospitalisierungen und Todesfällen sind insbesondere ältere Personen und Personen mit chronischen Erkrankungen betroffen. Am häufigsten treten primäre, viral bedingte sowie sekundäre, bakteriell bedingte Sinusitis, Otitis media, Bronchitis, Pneumonie und Pseudokrupp auf. Aber auch Pleuritis, Myositis, Myokarditis und Perikarditis mit nachfolgender dilatativer Kardiomyopathie, Myokardinfarkt sowie toxischer Schock können vorkommen und lebensbedrohlich sein. Möglich sind auch Meningitis, Enzephalitis, Myelitis und die Polyradikulitis Guillain-Barré. Seltenere gastrointestinale Komplikationen wie Appendizitis oder Cholezystitis treten eher mit Latenz auf und werden einer influenzabedingten Immunerschöpfung zugeschrieben. Grippe – keine Grippe Atemwegs- und Erkältungskrankheiten werden durch verschiedene Erreger ausgelöst – Adenoviren, Rhinoviren, RS-Viren etc. –, die zum Teil das ganze Jahr zirkulieren. Sie unterscheiden sich gegenüber der durch Influenzaviren hervorgerufenen Grippe insbesondere dadurch, dass sie schleichend beginnen und meist nur leichteres oder gar kein Fieber verursachen. Auch in diesen Fällen können aber, genau wie bei Influenza, Kopfschmerzen, Schnupfen und Husten auftreten. Diese Erkältungskrankheiten sind klar von einer Influenza zu unterscheiden. 8 GRIPPE: DIE RISIKOGRUPPEN IMPFEN Die Grippeimpfung stellt die wirksamste und kostengünstigste Grippepräventionsmassnahme dar. Sie ist insbesondere für Personen, die einem erhöhten Risiko von influenzabedingten Komplikationen ausgesetzt sind, angezeigt. Dazu zählen: • Personen im Alter von über 65 Jahren. • Personen (Kinder und Erwachsene), die aufgrund von Krankheiten einem erhöhten Risiko von schweren Komplikationen ausgesetzt sind, namentlich Personen mit chronischen Herz- oder Lungenerkrankungen, chronischem Asthma, angeborener Fehlbildung des Herzens, zystischer Fibrose, chronischen Stoffwechselstörungen (u. a. Diabetes), Niereninsuffizienz, Hämoglobinopathie oder Immunsuppression. • Personen (Kinder und Erwachsene), die regelmässig medizinische Betreuung benötigen oder im Verlauf des Jahres hospitalisiert wurden. Allgemein ist die Grippeimpfung allen Bewohnerinnen und Bewohnern von Altersund Pflegeheimen und den Patientinnen und Patienten in Einrichtungen für Personen mit chronischen Erkrankungen zu empfehlen. Zusätzlich sollten sich Personen, die Grippeviren auf Risikopersonen übertragen können, gegen die Grippe impfen lassen. Dies sind vorab: • Das Medizinal- und Pflegepersonal und alle anderen Personen, die direkten Kontakt zu Patientinnen und Patienten haben, sei dies in Spitälern, Kliniken oder Arztpraxen, bei der Hauspflege, in Alters- und Pflegeheimen oder in Kurhäusern. • Erwachsene und Kinder, die nahen Kontakt haben zu Risikopersonen oder mit ihnen im gleichen Haushalt wohnen. 9 GRIPPEIMPFUNG: ZEITPUNKT UND HÄUFIGKEIT GRIPPEIMPFUNG: SCHUTZ UND WIRKSAMKEIT Mit der Grippeimpfung lässt sich in allen Altersklassen die Anzahl der influenzabedingten respiratorischen Erkrankungen und Arztbesuche senken. Insbesondere bei Personen mit erhöhtem Komplikationsrisiko können die Hospitalisierungen und Todesfälle reduziert werden, bei Kindern die Häufigkeit von Otitis media und bei Erwerbstätigen die Arbeitsausfälle. Mit der Grippeimpfung lässt sich das Risiko, an Grippe zu erkranken, erheblich reduzieren, jedoch nicht vollständig vermeiden. Die Wirksamkeit der Impfung hängt in erster Linie vom Alter und der Immunkompetenz der Geimpften sowie von der Übereinstimmung der Impfantigene mit den zirkulierenden Influenzaviren ab. Je nach Altersgruppe liegt die Feldwirksamkeit der Impfung zwischen 30 und 90 Prozent. Sie ist bei jungen Erwachsenen höher (70–90%) als bei älteren Personen (30–80%). Bei Personen, die trotz Impfung an Grippe erkranken, kommt es in aller Regel zu einem milderen Krankheitsverlauf, seltener zu Komplikationen und zu weniger Hospitalisierungen sowie Todesfällen. Bei älteren Personen können dank der Impfung in 30–80 Prozent der Fälle schwerwiegende influenzabedingte Komplikationen verhindert werden. Die Reduktion der Sterblichkeit aufgrund von Influenza und Pneumonie liegt bei 40–80 Prozent. Zudem schränkt die Impfung die Übertragung der Viren auf andere Personen und somit auch die weitere Ausbreitung der Grippe ein. Die Dauer des Impfschutzes lässt sich nicht genau festlegen. Nach zirka 4 Monaten kann ein Abfall der Antikörperkonzentration beobachtet werden. Die Dauer des optimalen Schutzes dürfte rund 4 bis 6 Monate betragen, was für die jährliche Grippeperiode ausreicht. Wirksamkeit der Grippeimpfung nach Alter in Prozent Reduktion der Erkrankungen Min; Max Altersgruppe 33; 64 >65 Jahrea Gesunde Erwachsene 68; 90 Kinder 67; 91 Kinder mit Asthma 23; 78 a miteinbezogen Hochrisiko Ältere; k.A.: keine Angaben Reduktion der Hospitalisierungen wegen Influenza und Pneumonie Min; Max 32; 77 k.A. k.A. k.A. Auf der Nordhemisphäre erfolgen Influenzaepidemien in der Regel zwischen Dezember und März. Damit der Aufbau der Immunität rechtzeitig vor der Influenzasaison erfolgen kann, und in Anbetracht der beschränkten Wirkungsdauer, sollte die Impfung zwischen Mitte Oktober und Mitte November vorgenommen werden. Die Grippeimpfung muss jährlich wiederholt werden. Die Zusammensetzung der Grippeimpfstoffe wird jedes Jahr neu durch eine Expertenkommission der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegt. Als Grundlage dienen Angaben zu den zirkulierenden Grippevirusstämmen aus der weltweiten Influenzaüberwachung. Influenzaverdacht pro 1000 Konsultationen Die Grippeimpfung kann auch in Betracht gezogen werden für Personen, die das Gripperisiko einschränken möchten. Für weitere spezielle Risikogruppen (Schwangere, HIV-positive Personen etc.) können zusätzliche Angaben den vollständigen «Empfehlungen zur Grippeprävention» des Bundesamtes für Gesundheit entnommen werden. Diese Unterlagen können bei der Dokumentationsstelle Grippeprävention bestellt werden (Adresse s. Rückseite). Verlauf der Grippeepidemien der Jahre 2002 / 03 – 2005 / 06 70 60 50 2005/06 2004/05 40 2003/04 30 2002/03 20 10 0 45 46 47 48 49 50 51 52 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Kalenderwoche Grippeimpfung – was zahlt die Krankenkasse? Für Personen aus Risikogruppen, bei denen das Bundesamt für Gesundheit die jährliche Grippeimpfung aus medizinischen Gründen empfiehlt, werden die Kosten der Impfung von den Krankenkassen rückerstattet, sofern die Franchise bereits erreicht wurde. Mehrere Studien unterschiedlicher Qualität und mit verschiedenen Studienprotokollen zeigen die Wirksamkeit von parenteralen Grippeimpfstoffen. Reduktion der Hospitalisierungen wegen allen respiratorischen Krankheiten Min; Max 15; 39 k.A. k.A. k.A. Reduktion der Mortalität wegen Influenza und Pneumonie Min; Max 43; 78 k.A. k.A. k.A. Reduktion von Arztbesuchen Min; k.A. 42; k.A. k.A. Max 44 11 GRIPPEIMPFUNG: DIE IMPFSTOFFE GRIPPEIMPFUNG: MÖGLICHE NEBENWIRKUNGEN Influenzaimpfstoffe sind trivalent und enthalten in der Regel zwei InfluenzaA-Stämme und einen Influenza-B-Stamm. Die entsprechenden Stämme werden auf befruchteten Hühnereiern gezüchtet, inaktiviert und bis zum Endprodukt weiterverarbeitet. In der Schweiz sind verschiedene parenteral zu applizierende Grippeimpfstoffe erhältlich: • Split-Impfstoffe mit Influenzaviruspartikeln in aufgebrochener Form (inkl. die beiden Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase). • Subunit-Impfstoffe, die nur die beiden Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase enthalten. • «Virosomen»-Impfstoffe, bei denen die beiden Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase Teil einer Membran sind, die von den Immunzellen besser erkannt wird. Totimpfstoffe, wie sie in der Schweiz zur Anwendung kommen, können keine Grippe auslösen. Leichtere Nebenwirkungen können bei 10 bis 60 Prozent der Geimpften beobachtet werden. Andere Altersgruppe – andere Dosierung Alter Impfstoffe Dosis Anzahl Dosen 6–23 Monate 24–35 Monate SP, SU SP, SU VS SP, SU, VS 0,25 ml 0,25 ml 0,5 ml 0,5 ml 1, 2a 1, 2a 1 1 ≥3 Jahre • Als lokale Reaktionen können Schmerzen, Rötungen und Juckreiz an der Einstichstelle während zweier Tage bei etwa einem Viertel der geimpften Personen auftreten. • Als systemische Reaktionen können Fieber, Muskelschmerzen oder Unwohlsein ebenfalls während maximal zweier Tage auftreten. Von diesen Nebenwirkungen sind weniger als 5 Prozent der Geimpften betroffen. • Als unmittelbare Reaktionen sind sehr selten Urtikaria, Angioödem, allergisches Asthma und Anaphylaxie beobachtet worden. • Die Frage bezüglich eines kausalen Zusammenhangs zwischen Impfung und Guillain-Barré-Syndrom (GBS) konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Die Häufigkeit von GBS nach der Impfung wird auf einen Fall pro 1 Million Geimpfte geschätzt. Das Risiko ernsthafter Komplikationen nach einer Grippe ist weitaus höher als die Wahrscheinlichkeit schwerer Nebenwirkungen nach der Impfung. SP=Split, SU=Subunit, VS=Virosomen Zwei Dosen bei Kindern, die noch nie zuvor gegen Influenza geimpft worden sind a Die Impfdosierung beim Kind hängt nebst dem Alter davon ab, ob es sich um eine Erstimpfung handelt oder nicht. G R I P P E I M P F U N G : K O N T R A I N D I K AT I O N E N Personen mit Fieber dürfen erst nach dem Abklingen der Symptome geimpft werden. Bei Überempfindlichkeitsreaktionen auf einen der Inhaltsstoffe und auf Eiproteine ist die Grippeimpfung kontraindiziert. Über den Einsatz antiviraler Medikamente zur Prophylaxe ist je nach Fall zu entscheiden. 12 13 ANTIVIRALE MEDIKAMENTE: PROPHYLAXE UND THERAPIE SIEBEN GUTE GRÜNDE, SICH GEGEN GRIPPE IMPFEN ZU LASSEN Antivirale Medikamente gegen Influenza sind eine wichtige Ergänzung zu den Impfstoffen gegen die Grippe. Im Vordergrund stehen dabei die Neuraminidasehemmer. Der Behandlungserfolg dieser Medikamente hängt insbesondere von ihrem raschen Einsatz nach Ausbruch der Grippesymptome bei der erkrankten Person ab. Präexpositionell, das heisst prophylaktisch, kommen antivirale Medikamente zum Zug, wenn die Impfung kontraindiziert ist und, falls nötig, zur Überbrückung der Zeit, die nach einer Impfung verstreicht, bis die Immunität aufgebaut ist. In allen übrigen Fällen stellt die Impfung die wirksamste und kostengünstigste Präventionsmassnahme gegen Grippe und ihre Komplikationen dar. Zur Zeit sind in der Schweiz zwei Wirkstofftypen gegen Influenza erhältlich: Amantadin und die Neuraminidasehemmer Zanamivir und Oseltamivir. Diese beiden Substanztypen hemmen unterschiedliche Phasen der Influenzavermehrung und unterscheiden sich bezüglich ihres Wirkungsspektrums, ihrer Pharmakokinetik, ihrer Nebenwirkungen und Kosten. Die Neuraminidasehemmer sind gegen Influenza A und B einsetzbar, Amantadin dagegen nur gegen Influenza-A-Viren. 1. Den Grippeviren eine Nasenlänge voraus sein. Dank der Impfung verfügt der Körper über schützende Antikörper. 2. Sich selbst und andere schützen. Die Impfung schützt die Mehrzahl der geimpften Personen vor einer Grippeerkrankung und deren Folgen. Zudem wird dank der Impfung die Übertragung der Viren auf andere Personen eingeschränkt. 3. Das Risiko schwerwiegender Komplikationen vermindern. Vor allem in den Risikogruppen verhindert die jährliche Impfung schwere Krankheitsverläufe und Pflegenotfälle. 4. Keine langen Tage im Bett oder gar im Spital verbringen. Bei Grippe beträgt die Rekonvaleszenz 1 bis 2 Wochen. Sie kann aber auch länger dauern. Insbesondere bei schwerwiegenden Komplikationen wie Pneumonie wird häufig eine Spitaleinweisung nötig. 5. Die Impfung kostet weniger als eine Grippeerkrankung. Dank der Impfung können teure Hospitalisierungen verhindert und krankheitsbedingte Ausfälle reduziert werden. 6. Das Leben geniessen. Warum in den Wintermonaten auf kulturelle Veranstaltungen, Familienfeste, öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufszentren usw. verzichten? Mit der Impfung lässt sich das Risiko einer Grippeansteckung reduzieren. 7. Die Impfung ist ein einfaches, schnelles und kostengünstiges Präventionsmittel. Für Personen über 65 Jahre und Personen mit chronischen Erkrankungen wird die Impfung von der Krankenkasse rückerstattet, sofern die Franchise bereits erreicht wurde. 14 15