HSt-Stadt 23.07.2003
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HSt-Stadt 23.07.2003
HEILBRONN MITTWOCH 23. Juli 2003 17 BILDUNGSPLAN 2004 Sport, EWG, NWA und Co Kommentar Neuerungen in der Hela „Am Anfang“, erzählt Loretta Vass, nach den Ferien Zehntklässlerin, „da war’s voll die große Umstellung. Plötzlich alles in einem Fach.“ Bio, Chemie, Physik, insgesamt sechs Stunden NWA, Naturwissenschaftliches Arbeiten, möglichst mit nur einem Lehrer. In EWG, das Erdkunde, Wirtschaft und Gemeinschaftskunde verknüpft, war es genauso. Nach ersten Ängsten – Zeitdruck bei der Klassenarbeit mit Themen aus drei Fächern zum Beispiel – erfahren die Schüler den Fächerverbund durchweg positiv. Sie zählen auf: Statt sechs Klassenarbeiten (zwei pro Fach) sind es nur noch zwei. Im Fächerverbund gibt es nur eine Note, und die lässt sich eher ausgleichen. Die Inhalte wiederholen sich nicht mehr, weil der Unterricht fächerübergreifend ein Thema abhandelt. Im Unterricht ist alles interessanter, sagen die Kinder. Der Stoff ist schwieriger zu lernen, da vielfältiger. Man muss kontinuierlich lernen, nicht kurz vor der Klassenarbeit. Die Lehrerin Doris Grabherr hat gemerkt: „Die Noten sind durch die Bank besser.“ Und so sieht der neue Sportunterricht aus: 17 Stunden Sport gibt es in sechs Schuljahren. Die Anfänger haben vier mal Sport pro Woche, weil sie so viel Spaß dran haben. Die Großen freuen sich, dass sie nur noch zweimal zum Sport müssen. Die Jungen und Mädchen der Klassen 9 und 10 werden gemeinsam unterrichtet. Sie haben ein breites Angebot, aus dem sie mit Pflicht und Kür auswählen. Die Erfahrung lehrt: Die Fehlzeiten nehmen rapide ab. Die Atmosphäre ist gut. Die Guckerei zwischen Jungen und Mädchen gibt sich nach der zweiten Woche. (ger) HN1 Geschafft Im neuen Sportunterricht an der Helene-Lange-Realschule ziehen Mädchen und Jungen aus den oberen Klassen an einem Strang. In einem Wahlsystem werden sie gemeinsam unterrichtet. Auf den Barren gezwungen wird niemand. Sport ist so wieder populärer geworden. (Foto: Andreas Veigel) Ein Jahr lang hat die Helene-Lange-Realschule Heilbronn den neuen Bildungsplan 2004 erprobt Das Einstundenfach gibt es nicht mehr Von Gertrud Schubert Alle reden von den neuen Bildungsplänen, spekulieren, wie die Bildungsstandards wohl aussehen werden und fürchten sich vor der großen Umstellung. Die Helene-Lange-Realschule in Heilbronn hat ein Jahr Bildungsreform schon hinter sich. Schüler und Lehrer sind begeistert. Sollen wir oder nicht? Das war vor gut einem Jahr die große Frage im 35-köpfigen Lehrerkollegium der Helene-Lange-Realschule (Hela). Rektor Norbert Jung ließ nicht einfach abstimmen, ob seine Schule Erprobungsschule für den neuen Bildungsplan 2004 werden und die Reform für die Klassen 5 bis 9 auf ein- mal anpacken soll. Jeder Einzelne erwog schriftlich sein Pro und Kontra und tat nur gegenüber dem Chef seine Meinung zu dem arbeitsintensiven Mammutprojekt kund. Das Ergebnis: 95 Prozent Zustimmung. Die Hela konnte in die Probephase starten. Inzwischen gehen zahllose Lehrerkollegien und Arbeitsgruppen in der Hela aus und ein: Wie macht ihr das? Intensiver pädagogischer Austausch hilft anderen Realschulen im Land, ihren individuellen Bildungsplan zu entwickeln. Denn eines ist klar: Das muss jede Schule. Basis aller Neuerung ist die so genannte Kontingentstundentafel. Sie legt im ganzen Land einheitlich fest, wie viele Stunden in jedem Fach ein Schüler während seiner sechs Realschuljahre haben muss. Die Zahl der Stunden pro Altersstufe und Fach bestimmt die Schule individuell. Das war eine der Aufgaben der Fachkonferenzen in schier endlosen Sitzungen. So wurde beispielsweise ausgemacht, dass Geschichte in der Hela schon ab der 6. Klasse unterrichtet wird, die Realschulanfänger vier Stunden Sport haben und die 12 Stunden Computerunterricht außer für die Jüngsten in andere Fächer integriert werden. Ob der Bildungsstandard eingehalten wird, kontrollieren gemeinsame Klassenarbeiten nach Klasse 6 und 8 und die Abschlussprüfung in der 10. Einstündige Fächer, in denen der Lehrer kurz reinschneit, und dann ist die Stunde schon wieder vorbei, gibt es nicht mehr. Überhaupt wird die einzelne Klasse von möglichst wenigen Lehrern betreut. Das kommt bei den Schülern übrigens hervorragend an. „Man verträgt sich besser“, hat Doris Grabherr festgestellt. Sie ist die EWG-Spezialistin der Hela. EWG steht für den Fächerverbund Erdkunde, Wirtschaftskunde und Gemeinschaftskunde. Physik, Chemie und Biologie sind in NWA, Naturwissenschaftliches Arbeiten, zusammengeschmolzen. Die einzelnen Fächer sind abgeschafft. Das hat große Auswirkungen aufs Lernen, auf den Lernaufwand und auf Art und Zahl der Klassenarbeiten. Kommentar „Geschafft“ In dreifachem Sinne ist und hat es die Lehrerschaft der Helene-Lange-Realschule Heilbronn geschafft: Ein turbulentes Schuljahr liegt hinter den 35 Lehrerinnen und Lehrern, in dem sie für ihre Schule das Unterrichten neu erfunden haben. Das ging nicht ohne zusätzliches Engagement, ohne Endlos-Debatten in Fachkonferenzen, ohne detaillierte, zeitaufwändige Absprachen. Schlichte Mehrarbeit. Sie haben geschafft fürs Ganze – geschafft ziehen sie in die Ferien. Wie schaffen sie das? Norbert Jung überschaut bestimmt nicht mehr, wie oft ihn seine Schulleiterkollegen das gefragt haben. Mehrere Faktoren mögen zu diesem Gelingen beigetragen haben: eine gute Atmosphäre in der Schule, für die sich einzustehen lohnt. Der prompte Erfolg, die gute Resonanz der Schüler, das beflügelt jedes Engagement. Und schließlich wird in der Hela ein souveräner Umgang mit Überstunden und Unterrichtsausfall gepflegt. Selbstverständlich blieben Unterrichtsstunden für Lehrerfortbildung auf der Strecke, zumal eine ganze Reihe Hela-Lehrer Kollegen anderer Schulen für die Reform fit machten. Selbstverständlich wurde vertreten, eingesprungen, wo’s nur ging. Und selbstverständlich fiel Unterricht aus. Aber: Die Eltern waren nicht erbost. Sie wussten: Da tut sich viel Neues für unsere Kinder. Geschafft schließlich ist die Umstellung. Zuversichtlich gehen Schüler und Lehrer ins zweite Erprobungsjahr, wo nötig, gibt es kleine Korrekturen. Der Rest ist ein gutes Gefühl: Schule macht allen Beteiligten wieder mehr Spaß. Gertrud Schubert Einbruch-Ermittlungsgruppe der Unterländer Polizei macht erstmals Diebesgut virtuell zugänglich – Besitzer gesucht – Überörtlich agierende Täter Frühmorgens in Heilbronn Gestohlene Schmuckstücke im Internet wiederfinden Überfall auf dem Heimweg Von Franziska Feinäugle Wenn niemand kommt und sagt, „das gehört mir“, muss die Polizei Schmuck wieder an die Tatverdächtigen zurückgeben. Um die rechtmäßigen Besitzer sichergestellter Geschmeide zu finden, stellt die Heilbronner Polizei die mutmaßliche Beute aus Einbrüchen jetzt im Internet aus. Früher mussten die Ermittler in aufwendigen Wanderausstellungen Schmuckstücke zeigen, die bei Tatverdächtigen sichergestellt worden und niemandem zuzuordnen waren. Bloß dass der Schmuck viel- leicht nicht unbedingt dort gestohlen worden war, wo dann die Ausstellung stattfand. Dieses Problem umgeht die Polizei jetzt erstmals dank moderner Technik. „Wir gehen davon aus, dass großteils überörtlich agierende Täter unterwegs waren“, sagt Heilbronns stellvertretender Kripo-Chef Volker Mössinger über die knapp 120 Einbrüche, die die Unterländer Ermittlungsgruppe „Fenster“ beschäftigt haben. „Der Schmuck, der bei einigen der Tatverdächtigen sichergestellt worden ist, stammt also möglicherweise nicht nur aus Einbrüchen im Raum Heilbronn, son- dern vielleicht auch aus Ludwigsburg oder Böblingen.“ Trotzdem reicht eine einzige Ausstellung: eine im Internet. Der Schmucksachverständige des Heilbronner Raubdezernats hat erstmals sichergestelltes Diebesgut virtuell zugänglich gemacht. Volker Madinsky, Chef der Ermittlungsgruppe: „Jetzt kann jeder selbst gucken: Ist mein Schmuckstück dabei?“ Fünf Tatverdächtige haben die Unterländer Einbruch-Ermittler festgenommen, teilweise in Zusammenarbeit mit der Kripo Mosbach: einen Litauer, der als Tourist nach Deutschland eingereist war, und vier Deutsche aus Heilbronn und Mosbach. Vier der fünf Männer sitzen in Untersuchungshaft. Keine konkreten Täter, aber jede Menge Erkenntnisse haben die Ermittler, was die chilenischen Einbrecherbanden betrifft, die schon im Winter 2001/2002 in der Region unterwegs gewesen und von denen damals zwei Männer der Polizei ins Netz gegangen waren. „In Böckingen wurde ein Handy entwendet, und mit diesem Handy wurden dann Gespräche nach Chile geführt“, sagt Volker Madinsky. „Wir konnten zwar keine Täter festnehmen, haben aber schon wichtiges Wissen für den Herbst, wenn die Einbrüche wieder zunehmen.“ Nach Erkenntnissen der Polizei halten sich die Handlanger der großen chilenischen Bosse nur im Winter in Deutschland auf und werden immer wieder ausgetauscht. „Man weiß“, fasst Volker Mössinger zusammen, „dass es Chilenen gibt, die als Touristen einreisen und Einbrüche begehen. Und man weiß, dass sie hier einen Hehler haben und dass das Geld nach Chile geht.“ a www.polizei-bw.de, Links: Fahndung, Suchfahndung, Sichergestellter Schmuck. Blaue Netze kündigen Sanierung des Kiliansturmes an – Hauptgewerke günstig vergeben Kirche verhüllt Turm und Kosten Von Kilian Krauth Am Heilbronner Kiliansturm läuft die Sanierung an. Diese Woche wird das 62 Meter hohe Gerüst in blaue Netze gehüllt. In Schweigen hüllt sich die Kirche bei der Kostenfrage. Soviel gibt man zu: Die 2,9 Millionen Euro werden wohl weit unterschritten. Mit der Vergabe von drei Hauptgewerken hat die Evangelische Gesamtkirchengemeinde am Montagabend das Signal zur Sanierung gegeben. Auf wie viel die Kosten für die Reinigung von 12 000 Steinen sowie Steinmetzarbeiten und Steinkonservierungen veranschlagt sind, bleibt ein Geheimnis. „Wir rechnen erst am Ende ab“, sagte Hansjürgen Thomann. „Sanierungen bergen viele Überraschungen.“ „Wir wissen, wie’s beim Eispalast lief“, feixte Fördervereins-Motor Walter Dörr mit Blick auf die Knorr-Arena. Von „Kampfpreisen in Zeiten der Bauflaute“ sprach vor der Vergabe Kirchenpfleger Rolf Krieg. Den Zuschlag gab der 27-köpfige Engere Rat den Firmen „Steinsanierung und Denkmalpflege“ (Crailsheim), Herzig (Rot am See) und Hellstern Am Dienstag begannen Mitarbeiter der Firma Layher, das 62 Meter hohe Ge- (Freiburg im Breisgau). Wie Archirüst auf 4000 Quadratmetern mit Netzen einzuhüllen. (Fotos: Helge Kempf) tekt Peter Reiner (Hochdorf) sagte, Hohe Spende (von links): Hans Hambücher, Walter Dörr, Hans-Wilhelm Dietel, Alexander Peter am Männle. wird beim Austausch von „unter einem Prozent“ der Steine Heilbronner Sandstein eingesetzt. Bei vier Sanierungsphasen seit 1886 wurde oft Muschelkalk verwendet. Pünktlich zum Sanierungsstart ging bei der Kirchenpflege der letzte Förderbescheid des Landes ein. Nach einem komplizierten, nervenund zeitraubend ausgehandelten Schlüssel werden die Kosten folgendermaßen aufgeteilt: Der Bund zahlt für das „nationale Kulturerbe“ sieben Prozent, die Kirche 18, die Stadt 20, das Land 21 und der Förderverein 33,3 Prozent. Bisher wurden für Gerüstkauf, Planung und Untersuchungen 800 000 Euro ausgegeben. Dass er mit 1,1 Millionen Euro nicht zu viel Geld gesammelt habe, beteuerte Walter Dörr. Es zeichneten sich bereits Renovierungen im Kirchenschiff ab. Hoch erfreut zeigte er sich über zwei Spenden, die ihm jetzt auf der Turmspitze in die Hand gedrückt wurden. Ludwig Egelhof von den Gerock-Reinigungsbetrieben gab 2224 Euro, und Alexander Peter im Namen von 17 regionalen Service-Clubs 13 216,25 Euro aus dem Erlös eines Benefizkonzerts im Mai. „Wir machen weiter“, beteuerte Dörr. Für 15. Juni 2004 habe bereits das Musikcorps der Bundeswehr die Harmonie angemietet. Und nach dem Abschied von Lothar Späth übernahm Hans Hambücher die Vereinsführung. Der KSK-Chef bekam für seine Großspende über 50 000 Euro eine Nachbildung des Männle. Katholik Hambücher sprach von einem „guten Zeichen der Ökumene“ und kündigte ein gesponsertes Buch an, in dem die Sanierungsarbeiten bis Ende 2005 dokumentiert werden. Damit bis dahin keiner vergisst, wie der 500 Jahre alte Renaissance-Turm ohne Gerüst und Netz aussieht, hat man in der Kirche ein zwei auf 1,50 Meter großes Bild von ihm aufgehängt. Überfallen und ausgeraubt wurde ein 53-Jähriger am Sonntagmorgen in Heilbronn. Der Mann war in den frühen Morgenstunden gegen 4.45 Uhr auf dem Nachhauseweg von seiner Arbeit in der Mönchseestraße. Auf Höhe einer Gaststätte packten ihn zwei junge Männer von hinten und forderten ihn auf, Geld herauszugeben. Daraufhin händigte der Überfallene den Räubern seine Geldbörse aus, in der sich laut Polizeibericht ein zweistelliger Eurobetrag befand. Die beiden Täter flüchteten anschließend Richtung Heilbronn-Innenstadt. Der Geschädigte beschreibt die Täter wie folgt: Einer der beiden war 1,65 Meter groß, korpulent, 18 bis 21 Jahre alt, hatte ein rundes Gesicht, dunkle kurze Haare, trug eine dunkle Hose und ein dunkelblaues Hemd. Sein Komplize war 1,70 Meter groß, etwa 19 Jahre alt, schlank, hatte eine helle Hose und ein weißes T-Shirt an. Nach Angaben des Geschädigten soll es sich um Ausländer handeln. Zeugenhinweise werden erbeten an die Kriminalpolizei Heilbronn, Telefon 07131 / 1 04-20 77. (red) Vorfahrt in Heilbronn missachtet Unfall mit zwei leicht Verletzten Zwei leicht Verletzte und 10 000 Euro Sachschaden sind die Bilanz eines Unfalls, der sich am Montag gegen 14 Uhr in Heilbronn ereignet hat. Laut Polizeibericht missachtete offensichtlich ein 20-jähriger Audifahrer an der Kreuzung Rosenbergstraße/ Cäcilienstraße die Vorfahrt eines 57-Jährigen, der mit einem VW Golf unterwegs war. Im Kreuzungsbereich kam es zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge. Durch den Aufprall kam der Golf nach links von der Straße ab und prallte dort auf zwei ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge. Im Golf trugen die 55 Jahre alte Beifahrerin und eine 16 Jahre alte Mitfahrerin leichte Verletzungen davon. (red)