Neue Lebensenergie tanken

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Neue Lebensenergie tanken
32
| 7. Januar 2016
Style
Topfit
Ulrike Myrzig/Schloss Elmau
Die «Handelszeitung» kürt
die 50 besten Spa-Hotels
in der Schweiz und im
benachbarten Ausland.
Gesamtsieger:
«Schloss Elmau»
mit 69 von
70 Punkten.
S
Claus Schweitzer
pa-Gäste lassen sich in zwei
Kategorien einteilen. Einerseits die Genussmenschen,
welche einen stilvollen Zufluchtsort zum Entspannen
und Auftanken suchen und in
sinnbetörendem Ambiente ihre Vitalität
zurückgewinnen wollen. Anderseits die
Selbstoptimierer, welche körperlich und
emotional richtig berührt werden möchten und von einem Spa-Aufenthalt individuelle und nachhaltig wirkende Lösungen für ihre Zipperlein erwarten.
Ganz egal, ob Verwöhnoase oder
­Gesundheitstempel: «Erholungsuchende
wollen ein Wow-Erlebnis für Body und
Soul», erklärt Jay Gauer, Gastgeber im
Hôtel des Trois Couronnes in Vevey.
«Jede einzelne Massage muss heute so
gut sein, dass man sich im Idealfall den
Namen des Therapeuten merkt – ganz
egal, ob man für ein genuss­orientiertes
Wellness-Wochenende oder für eine
zehntägige Detox-Kur angereist ist.»
Ohne das Versprechen auf hohe therapeutische Kompetenz geht es auch in
Wellbeing-Hotels nicht mehr. Dem­­
ge­
gen­­über legen Health-Retreats punkto
atmosphärischen Flairs und Gaumen­
freuden zu (siehe Artikel auf Seite 35).
Spa-Ranking 2016
So wurde
bewertet
Methodik Grundlagen der beiden
Ranglisten sind eine Umfrage bei 35
Spa-Experten und Hotelprofis, die
Wertungen bedeutender Fachpublikationen und Testportale sowie die
­Erfahrungen des Autors vor Ort. Berücksichtigt wurden alle relevanten
Spa-Hotels in der Schweiz, in Süddeutschland, in Westösterreich, im
Süd­tirol und im grenznahen Frankreich. Maximum pro Bewertungskriterium: 10 Punkte; Total: 70 Punkte.
Spa-Ranking 2016 Kategorie «Hotels für Genussmenschen»
Neue Lebensenergie tanken
E
in Blick auf die Bestenliste der führenden Wellbeing-Oasen in der
Schweiz und im benachbarten Ausland genügt für die Feststellung,
dass jedes der 30 in dieser Kategorie gerankten Hotels auf seine ganz eigene Art für WowErlebnisse sorgt (siehe Tabelle auf Seite 33).
Doch nur ein Haus erzielt die Maximalpunktzahl in sechs von sieben Bewertungskriterien im grossen Spa-Ranking der «Handelszeitung»: Schloss Elmau in den bayrischen
­Alpen. In diesem weltweit unvergleichlichen
Hideaway trifft man nicht nur auf neue Sichtweisen zeitgemässer Hotellerie, sondern auch
auf eine kosmopolitische Angebotsvielfalt
und ein hochkarätiges, fast täglich stattfindendes Konzert- und Kulturprogramm. Zudem wählt der Hotelgast jederzeit zwischen
fünf verschiedenen Spas, drei davon sind nur
für Erwachsene zugänglich, und überall gibt
es feine Rückzugsbereiche. Einzigartig ist
auch der Yoga-Pavillon auf der Dachterrasse
der neuen Dépendance «Schloss Elmau
­Retreat» – und so manches Weitere, das hier
jedoch verschwiegen sei, weil das Traumhotel
seit dem letzten G7-Gipfel Gefahr läuft, vor
lauter medialer Aufmerksamkeit seinen
Charme zu verlieren. Die Wochenzeitung
«Die Zeit» formuliert es so: «Wir befürchten,
dass das Universum implodiert, wenn der
Name dieses Etablissements nur noch ein
einziges Mal irgendwo genannt wird.»
Das zweitplatzierte The Alpina Gstaad
schärft sein Profil als Spa-Destination und
perfektioniert das Angebot. Hier kann man
sich darauf verlassen, dass eine Thai-Massage
immer so ist, wie eine Thai-Massage zu sein
hat: Nämlich mindestens so gut wie bei den
Spa-Meistern in Thailand und mit dem
­zusätzlichen Vorteil, stark auf den einzelnen
Gast abgestimmt zu sein – was im Land des
Lächelns oft nicht der Fall ist. Wer einmal eine
Thai-, Shiatsu- oder Tuina-Behandlung bei
Antonis Sarris erfahren hat, will eigentlich
nie wieder einen anderen Therapeuten und
­bedauert es, nicht in Gstaad zu leben. Sarris,
dessen sanfte Stimme geschickt von seinen
gnadenlosen Händen ablenkt, führt im «Alpina» auch mehrtägige Tibet-Retreats durch,
bei denen es nicht nur um tibetanische
­Heilbehandlungen geht, sondern die Körper,
Geist und Seele wieder in Balance bringen.
Für normale Spa-Gäste gibt es täglich um 9
und 16 Uhr Yoga- und Pilates-Gruppenlek­
tionen – im tadellos geführten Alpenpalast alles von einer Aura der guten Laune ergriffen.
Sieben Schweizer unter
den Wellbeing Top Ten
Im Tschuggen Grand Hotel (Rang 4) in
Arosa mag der erste Eindruck etwas hoch­
hausig sein, doch hat man das beim Betreten
der Lobby schon vergessen. Die mit riesigem
Aufwand in den Fels hineingebaute und von
farbig illuminierten Glassegeln gekrönte
Bergoase sammelt internationale Preise und
muss nicht mehr erklärt werden, ebenso
­wenig der hauseigene «Tschuggen Express»,
der in drei Minuten ins Skigebiet führt. Das
Spa-Team zählt konstant zu den Besten der
Schweiz. Wer sich beispielsweise einer ayurvedischen Abhyanga-Massage hingibt, meint
Das «Schloss
Elmau» setzt
den Standard
im Wellbeing.
danach zu schweben. Überdies bietet eine
Fachärztin aus dem Bereich der Schönheitsmedizin breitgefächerte Behandlungen von
kleinen Botox-Faltenglättungen bis zu um­
fassenden Anti-Aging-Programmen an. Im
Schatten dieser Highlights geht beinahe vergessen, wie sehr hier die Servicekultur überzeugt. Bei allem Ehrgeiz von Gastgeber Leo
Maissen spürt man immer zuerst dessen
Freude an der Hotellerie. Man kann nicht
­anders, als sich mit ihm zu freuen – auch über
das umgebaute Untergeschoss mit dem neuen ­Restaurant The Basement und Skiraum.
Zweitbestes Haus Süddeutschlands in der
Kategorie «Spa-Hotels für Genussmenschen»
ist das Bareiss (8), ein Gesamtkunstwerk der
Schwarzwälder Gastlichkeit im heimeligen
Landhausstil, derzeit auf inspiriertem Sprung
in die dritte Generation. «Altes neu gedacht»
lautet das Motto von Vater Hermann und
Sohn Hannes Bareiss. Der hohe Aufwand, den
sie auf allen Ebenen betreiben, kommt mit
­leiser Selbstverständlichkeit daher – nichts
geschieht übertrieben oder beifallheischend.
Auffallend: Im qualitativen Gesamtvergleich der «Handelszeitung» ist die Schweiz
mit sieben Häusern in den Wellbeing Top Ten
vertreten, darunter The Dolder Grand (3) und
die Gstaader Vorzeigehäuser Gstaad Palace
(6) und Le Grand Bellevue (8). Die gefürchtete
Konkurrenz aus Westösterreich landet mit
dem Posthotel Achenkirch, dem InteralpenHotel Tyrol, dem Jungbrunn und dem Jagdhof etwas abgeschlagen auf den Rängen 9, 21,
22 und 25 – dies jedoch auch, weil das SpaRanking lediglich die Regionen Vorarlberg
und Tirol berücksichtigt. Fährt man weiter ins
Salzburgerland, bieten etwa das Wiesergut
in Saalbach-Hinterglemm und Das Goldberg
in Bad Hofgastein smarte Interpretationen in
zeitgemäss arrangierter Ländlichkeit.
Das Posthotel Achenkirch war vor rund 30
Jahren der Pionier der sinnlich inszenierten
Wellness. Ein rasant gewachsener Familienbetrieb, der in den 1990er- und 2000er-Jahren
immer wieder neue Massstäbe setzte, von
Quadratmeter gross ist der Spa-Bereich des «The Alpina
Gstaad» mit 56 Zimmern und Suiten im Berner Oberland.
­ngezählten Wellness-Hotels im ganzen
u
Alpenraum teilweise unverschämt kopiert
­
wurde und dennoch den anderen stets einen
Schritt voraus war. Bis heute erkennt man den
Ursprung und die Originalität; doch was die
Ferienanlage an Grösse zulegte, verlor sie an
Charme und Individualität. Um dem Trubel
im Spa und in den Restaurants entgegenzusteuern und Freiräume für Ruhesuchende zu
schaffen, beschloss Hotelier Karl C. Reiter als
einer der Ersten in ganz Europa, Gäste erst ab
14 Jahren zu akzeptieren. Das kommt gut an.
Rang 2: Der Alpenpalast The Alpina Gstaad
mit einem Six Senses Spa im Berner Oberland.
Rang 3: Zürichs glamouröses City-Resort The
Dolder Grand mit einem öffentlichen Day Spa.
Der Trend
geht von
«high tech» zu
«high Touch».
4000
Quadratmeter gross ist der Spa-Bereich des «The Dolder
Grand» mit 176 Zimmern und Suiten auf dem Zürichberg.
5500
Quadratmeter gross ist der Spa-Bereich des «Grand Resort
Bad Ragaz» mit 267 Zimmern und Suiten im Sarganserland.
So manche Klassiker der Tiroler WellnessHotellerie – zu ihnen zählen das Schalber in
Serfaus, das Stock im Zillertal, der Stanglwirt
bei Kitzbühel oder das Alpenresort Schwarz
in Mieming – haben immer und immer wieder
angebaut, mit labyrinthischen Grundrissen,
grotesken Verbindungsgängen und Schreckmomenten fürs Auge. Auch sind die Zimmer
und Suiten oftmals in die Jahre gekommen,
und an den endlosen Buffets und in den überfüllten Spas fühlt man sich eher auf einem
Clubschiff als im Wohlfühlparadies. Trotz
vergleichsweise tiefem Preisniveau denkt
­
man eher «Uii» als «Wow».
Besser punkten können die Österreicher in
der Kategorie «Spa-Hotels für Selbstoptimierer» (siehe Tabelle auf Seite 35), insbesondere
mit dem Hotel Post Bezau (6) im Bregenzerwald, dem Quellenhof Leutasch (7) auf dem
Seefelder Plateau und dem Ayurveda Resort
Sonnhof (9) im Thierseetal.
«Die Menschen vital
und schön machen»
Hierzulande im Aufwind ist das Kulm Hotel
St. Moritz (7), das unter anderem mit 26 neuen­
Zimmern des französischen Stararchitekten
Pierre-Yves Rochon begeistert. Und das Vic­
toria-Jungfrau (19) in Interlaken holt Anlauf
zu einer neuen Spa-Vision: Hans-Peter Veit,
eine Koryphäe in der Branche, übernimmt die
­Leitung des Wellness-Bereichs mit 50 Mitarbeitenden. Weitere Neuerungen wie die komplette architektonische und kulinarische Umgestaltung des Hauptrestaurants La Terrasse
folgen noch in diesem Jahr.
Im guten Mittelfeld der Schweizer Wellbeing-Oasen liegen das Ermitage Chalet
­Resort in Schönried (14), der Lenkerhof im
Simmental (16) und das Grand Hotel Kronen­
hof (18) in Pontresina. Ein idealer Ort, um
ganz in der Nähe und in unprätentiös luxuriöser Atmosphäre die Akkus aufzuladen, bleibt
das Park Weggis (9). Die fabelhaften Therapeuten aus Tibet, das beste Grillrestaurant im
Land und das nette Hotelteam machen den
bunten Stilmix wieder wett. Einzigartig sind
die sechs geräumigen Spa-Cottages, in denen
man sich allein, zu zweit oder mit der Familie
im privaten Rahmen erholen kann. Vom
dampfenden Aussenpool blickt man auf den
gegenüberliegenden Bürgenstock, dessen Silhouette derzeit von zahlreichen Baukranen
geprägt wird. Das dort vom Emirat Katar für
über eine halbe Milliarde Franken hochgezogene Resort soll 2017 eröffnet werden.
Wohin geht der Trend in der Spa-Welt?
«High touch statt high tech», sagt Susan
Christian Kerber/laif
2000
Rang 1: Das «Schloss Elmau» in Oberbayern ist unangefochtener Sieger in der Kategorie
«Die 30 besten Spa-Hotels für Genussmenschen – zum Relaxen und Entschleunigen».
Harmsworth, Gründerin von ESPA, und meint
damit eine Rückkehr zu vorwiegend manuellen Behandlungen, die nach holistischem
Konzept den ganzen Körper mit einbeziehen
– vom Rücken bis zum Hautbild. Dieselbe Entwicklung beobachtet Corinne Denzler, Chefin
der Tschuggen Hotel Group, zu der das Eden
Roc (11) in Ascona gehört: «Tendenziell geht
es zurück zu den Basics. Weg von einem überlangen, komplizierten Spa-Angebot und hin
zu klassischen, kunstgerecht ausgeführten
Körper- und Beautybehandlungen. Der SpaGast informiert den Therapeuten über seine
Problemzonen und lässt diese gleich behandeln.» Stéphane Reumont, Spa-Leiter im
Beau-Rivage Palace (11) in Lausanne, nennt
ein weiteres wichtiges Grundbedürfnis: «SpaGäste wollen spüren, menschlich umsorgt zu
sein. Das sollte den Therapeuten aber leichtfallen, denn sie haben ja den dankbarsten Job
der Welt: Die Menschen glücklich, vital und
schön zu machen.»
Top 30 in der Kategorie «Die besten Spa-Hotels für Genussmenschen – zum Relaxen und Entschleunigen»
Stil und
Wellness-
Gesundheits- Lage und
Zimmer
Total
RangHotel
Ort, Region
Ambiente Infrastruktur
angebot
Umgebung
und Suiten
Küche
Service
Punkte
1 Schloss Elmau
Elmau, Oberbayern 10 10
10
10
9 1010 69
2 The Alpina Gstaad
Gstaad
9
9
10
10
10
10
9
67
3 The Dolder Grand
Zürich
10
8
9
10
10
10
9
66
4 Tschuggen Grand Hotel
Arosa
9
10
10
9
9
8
10
65
5 Bareiss
Baiersbronn, Schwarzwald
10
10
10
4
8
10
10
62
6 Gstaad Palace
Gstaad
10
7
9
9
9
9
8
61
7 Kulm Hotel St. Moritz
St. Moritz
9
8
9
8
9
8
9
60
8 Le Grand Bellevue
Gstaad
9
9
9
6
8
8
10
59
9 Park Weggis
Weggis
8
5
10
9
8
9
9
58
9 Posthotel Achenkirch
Achenkirch, Tirol
9
10
10
3
8
9
9
58
11 Eden Roc
Ascona
8
3
10
10
8
10
8
57
11 Beau-Rivage Palace
Lausanne
9
2
10
9
9
9
9
57
11 Park Hotel Vitznau
Vitznau
8
4
7
10
9
10
9
57
14 Fairmont Le Montreux Palace Montreux
9
4
9
8
9
8
9
56
14 Ermitage Chalet Resort
Schönried ob Gstaad 8 10
8
5
8 8956
16 Lenkerhof
Lenk im Simmental
8
9
7
7
7
8
9
55
16 Meisters Hotel Irma
Meran, Südtirol
8
7
8
8
7
7
10
55
18 Grand Hotel Kronenhof
Pontresina
10
4
8
8
7
8
9
54
19 Victoria-Jungfrau
Interlaken
8
8
8
6
6
8
8
52
19 Lefay Resort
Gargnano, Gardasee
7
8
7
10
7
6
7
52
21 Interalpen-Hotel Tyrol
Telfs-Buchen, Tirol
5
7
6
10
8
7
8
51
22 Beatus
Merligen am Thunersee
5
8
7
10
6
5
9
50
22 Jungbrunn
Tannheim, Tirol
8
8
5
7
7
7
8
50
24 Parkhotel Bellevue
Adelboden
8
4
6
7
6
7
9
47
25 Jagdhof
Neustift,Tirol
7
7
7
4
6
7
8
46
25 Das Kranzbach
Kranzbach, Oberbayern7
9
6
10
6 3 5 46
27 7132 Hotel
Vals
6
6
7
3
4
10
9
45
28 Hubertus
Balderschwang, Allgäu
8
4
7
4
7
7
7
44
29 La Clairière
La Petite Pierre, Elsass
5
4
7
8
4
7
8
43
30 Wellnesshotel Golf Panorama Lipperswil
4
5
5
9
5
6
8
42
Methodik: Siehe Kasten auf Seite 32
Zusammenstellung: Claus Schweitzer
Style | 35
handelszeitung | Nr. 1 | 7. Januar 2016
Spa-Ranking 2016 Kategorie «Hotels für Selbstoptimierer»
Das Gegenteil von Burnout
Investition in seine
eigene Gesundheit
Seit anderthalb Jahren blickt der Meraner
Palast des gesunden Lebens verschärfter Kon­
kurrenz entgegen. Der puristisch coole Lanserhof Tegernsee (Rang 2) bei München, der
sich als eine Art Kloster für die gesundheits­
bewusste Avantgarde versteht, hat selbstüber­
zeugt den Anspruch, «Europas erste Adresse
für innovative Vitalmedizin» zu sein. Und
könnte es auch werden, wenn es einmal eine
so grosse Anzahl von engagierten Mitarbei­
tenden quer durch sämtliche Abteilungen
hätte wie das «Palace Merano». Geboten wird
Askese auf hohem Niveau, basierend auf
einer modernen Interpretation der F.X.-MayrMethode zum Entgiften, Entschlacken und
Entsäuern, ergänzt durch leistungssteigernde
Therapien und energetische Anwendungen.
Man wohnt in ästhetisch ­makelloser Umge­
bung inmitten der oberbayerischen Land­
schaftsidylle, die allein bereits einen wertvol­
len Beitrag zur seelischen wie körperlichen
Entspannung leistet. Allerdings muss man
sich die Zeit nehmen, diese Szenerie zu ge­
niessen. Denn der individuelle Therapieplan
entpuppt sich als intensives Gesundheits­
regime, das von ganzheitlicher Diagnostik
ZVG
M
anchmal hilft alles nichts mehr,
und wir fühlen uns angesichts
des ruhelosen, ungesunden und
hyperaktiven Alltags wie eine bis
zum Rand mit Müll vollgestopfte Tonne. B
­ evor
unser Leben und unser Körper überschnap­
pen, entscheiden wir uns, etwas dagegen zu
unternehmen und unserem Körper das zu­
rückzugeben, was ihm vom täglichen Wahn­
sinn geraubt wurde. Es gibt praktisch nichts,
was ein Aufenthalt in einem Gesundheits­
tempel nicht wieder richten könnte, und die
besten unter ihnen machen den Weg zu neuer
Vitalität zu einer lustvollen Erfahrung.
Einer der Ersten, die es verstanden haben,
medizinischen Ferien den Anstrich von Sexi­
ness und Eleganz zu verleihen, war Henri
Chenot. Bis heute ist sein Palace Merano im
Südtirol das Mass der Dinge, wenn es um
­Detox-Kuren in heiter stimmendem BelleEpoque-Ambiente geht – und der Sieger in der
Kategorie «Spa-Hotels für Selbstoptimierer».
Die einwöchigen Gesundheitsprogramme
kosten zwar rasch hohe vierstellige Beträge,
sind aber eine Offenbarung für jeden, den die
Burnout-Titel-Warnungen der grossen Print­
magazine einschüchtern. Obwohl rund 80
Ärzte und Therapeuten verschiedenster Dis­
ziplinen eingebunden sind, fühlt man sich im
einstigen Grandhotel jederzeit als Gast und
nicht als Patient. «Healing mit Feeling», um­
schreibt Gastgeber Maximilian Newiger die
Philosophie des Hauses. Empathie und Nähe
sind wesentlicher Teil der Kur, ebenso das
­kulinarische Konzept, welches die an Kalorien
und Volumen eher karge Kost zu geschmack­
lichen wie optischen Highlights gestaltet. Hat
man die ersten drei entbehrungsreichen Ent­
giftungstage hinter sich gebracht und gelernt,
bewussten Verzicht nicht als Selbstkasteiung
zu betrachten, sondern als ein Geschenk, um
den Kopf frei zu kriegen und den Körper auf
Trab zu bringen, fühlt man sich wie neugebo­
ren. Noch Wochen später könnte man Bäume
ausreissen und ist bestens für einen Wandel
seiner Gewohnheiten motiviert und fast süch­
tig nach der nächsten Detox-Kur. Die Quote
wiederkehrender Gäste ist jedenfalls hoch.
Rang 1: Das «Palace Merano» ist Sieger in der Kategorie «Die 20 besten Spa-Hotels für Selbstoptimierer – zum Revitalisieren und Entgiften».
über viele Massagen bis zu Laser-Biostimula­
tion reicht. Nutzt er alle Möglichkeiten, kostet
das den Gast schnell mehr als 1000 Euro pro
Tag. Aber wer fragt schon nach dem Preis,
wenn am Ende der Kur das Glück von mehr
­Gesundheit und weniger Gewicht steht ...
Das Podest der besten Gesundheitstempel
komplettiert das Grand Resort Bad Ragaz,
welches den zweiten Rang mit dem «Lanser­
hof Tegernsee» teilt. Die Ärzte und Spezialis­
ten zählen zu den profiliertesten Köpfen ihres
Fachs, hinzu kommen die 175 Jahre lange
Thermalwasser-Tradition und ein vielfältiges
Wellbeing-, Sport- und Freizeitangebot inklu­
sive zweier eigener Golfplätze. Soeben hat
Spitzenkoch Andreas Caminada das Restau­
rant Igniv in der früheren Äbtestube eröffnet,
mit «plates to share» als neuem kulinarischem
Konzept. Konkret: Ein Tisch kann entweder
14 oder 18 Gerichte in einem Drei- oder Vier­
gangmenü (138 respektive 156 Franken pro
Person) miteinander teilen. Die Frischzellen­
kur der Ostschweizer Gesundheitsbastion
treibt Geschäftsführer Peter P. Tschirky weiter
voran. Bald soll das integrierte «Grand Hotel
Quellenhof» komplett erneuert werden.
Im Park des Brenners Park-Hotel in BadenBaden zieht derzeit die Villa Stéphanie (4)
die Aufmerksamkeit der internationalen
­Entschleunigungsreisenden auf sich. Sie ver­
steht sich als holistisches Destination-Spa mit
­maximalem Individualisierungsgrad. Bereits
vor der Ankunft klärt ein «personal host» ab,
welche Bedürfnisse und Ziele der Gast hat,
und begleitet diesen dann durch alle Sta­
tionen des massgeschneiderten Programms.
Das Spa-Team hat ein sicheres Gespür für die
Anforderungen des Moments und kultiviert
dieses Gefühl von körperlicher und geistiger
Vollständigkeit, das den Selbstoptimierer vom
ersten Moment an aufatmen lässt. Für Gäste,
die abnehmen möchten, wird im Sterne­
Restaurant ein Diätplan kreiert, der möglichst
viele ihrer Lieblingsspeisen enthält. Smart­
phone-Zombies und Laptop-Süchtlinge kön­
nen darüber hinaus ein bisschen Digital
­Detox machen, indem sie per Knopfdruck
das gesamte Zimmer vom Strom- und/oder
Wlan-Netz trennen und sich damit für ein
paar Stunden von Elektrosmog und der
­Online-Versklavung befreien. Hoteldirektor
Frank Marrenbach sagt: «Wer wirklich wichtig
ist, kann sich den Luxus gönnen, zwischen­
durch mal offline zu sein.»
Drei Schweizer unter
den Medical Top Ten
Rang 2: Der «Lanserhof Tegernsee» sieht sich
als «das modernste Gesundheitsresort Europas».
Rang 2: Das «Grand Resort Bad Ragaz» nennt
sich «führendes Medical Health Resort Europas».
Der Tiroler
«Sonnhof» ist
ein Geheimtipp
für Ayurveda.
Eine hohe Dichte an stilvollen Gesund­
heitshotels für alle gewünschten Regenera­
tionsgrade findet sich in der Genferseeregion.
Top sind La Réserve Genève (5), das Hôtel des
Trois Couronnes (11) in Vevey, die Clinique La
Prairie (13) in Montreux, das Lausanne Palace
(14), Le Mirador Kempinski (15) hoch über
dem Lavaux sowie die Lonhea Alpine Clinic
(18) in Villars-sur-Ollon.
Ein Geheimtipp für Normalverdiener ist
das Ayurveda Resort Sonnhof (9) im Tirol. In
diesem engagierten Familienbetrieb wird
­Ayurveda nicht gemacht, hier ist es. Von der
ersten Begrüssung an ist das zu spüren. Die
Achtsamkeit, die jedem Gast entgegen­
gebracht wird, ist bemerkenswert und nicht
bloss höfliche Form. Sie kommt von innen
und offenbart sich auch bei der Untersuchung
durch den jungen indischen Hausarzt: Die
Haare zu dünn, die Zunge zu weiss, die
­Augenringe zu tief, der Puls zu schnell. Doch
ab jetzt wird alles gut – Vata, Pitta und Kapha,
die drei sogenannten Doshas, die nach der
­ur­alten indischen Gesundheitslehre für das
Wohlbefinden zuständig sind, können aus­
balanciert werden. Dies mit der passenden
Ernährung und einem Parcours von Kopfmas­
sagen, Ganzkörpermassagen und Fussmassa­
gen. Der Gast wird durchgeknetet wie kaum
zuvor im Leben, meist mit viel bis sehr viel Öl,
und mit dem puddingweich massierten Kör­
per gleitet auch die Seele langsam in andere
Sphären. Der Genuss liegt im Ziel, den Blick
für das Wesentliche wiederzugewinnen, und
das bedeutet hier: Mit seinem Körper wieder
per Du zu sein. Ewige Jugend? Überschätzt.
Schönes Altern ist bei Weitem spannender.
Top 20 in der Kategorie «Die besten Spa-Hotels für Selbstoptimierer – zum Revitalisieren und Entgiften»
Stil und
Wellness- Gesundheits- Lage und
Zimmer
Total
RangHotel
Ort, Region
Ambiente Infrastruktur
Angebot
Umgebung
und Suiten
Küche
Service
Punkte
1 Palace Merano
Meran, Südtirol
10
6
10
7
9
9
10
61
2
Lanserhof Tegernsee Marienstein, Oberbayern
9 6 1010107
8
60
2 Grand Resort Bad Ragaz
Bad Ragaz
7
10
10
5
9
10
9
60
4
Villa Stéphanie
Baden-Baden
97 81089
8
59
5
La Réserve Genève Genf-Bellevue 10
6 659
9
9
54
6
Hotel Post
Bezau, Bregenzerwald
95 976
8
9
53
7 Quellenhof Leutasch
Leutasch, Tirol 87 777
7
9
52
8
Hof Weissbad
Weissbad bei Appenzell
55 985
9
10
51
9
Ayurveda Resort Sonnhof
Hinterthiersee, Tirol
85 775
7
10
49
9
Adler Balance
Val Gardena, Südtirol
78 866
5
9
49
11
Hôtel des Trois Couronnes
Vevey
10
3 497
7
8
48
12
Kurhaus Cademario Cademario bei Lugano
65 797
5
8
47
13
Clinique La Prairie
Montreux
73 887
5
8
46
14
Lausanne Palace
Lausanne
85 465
10
6
44
15 Le Mirador KempinskiMont-Pèlerin bei Vevey
53 41085
8
43
16
Haubers Alpenresort Oberstaufen, Allgäu
56 675
5
8
42
17
Tannerhof
Bayrischzell, Oberbayern
63 783
4
9
40
18
Lonhea Alpine Clinic Villars-sur-Ollon 62 866
5
5
38
19
Parkhotel Igls
Igls bei Innsbruck43 764
3
9
36
20 Oberwaid Kurhotel & Privatklinik
St. Gallen
32 774
4
8
35
Methodik: Siehe Kasten auf Seite 32
Zusammenstellung: Claus Schweitzer

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