Workshop „Personalbemessung“ - Socium

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Workshop „Personalbemessung“ - Socium
Workshop „Personalbemessung“
des GKV-Spitzenverbandes
am 12.9.2014 in Berlin
Prof. Dr. Heinz Rothgang
Zentrum für Sozialpolitik
& Wissenschaftsschwerpunkt Gesundheitswissenschaften
Universität Bremen
Inhalt
A.
Projektvorstellung „EVIS“
B.
Anmerkungen zur Personalbemessung
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Evaluation des NBA
Erfassung von Versorgungsaufwänden
in stationären Einrichtungen (EVIS)
Prof. Dr. Heinz Rothgang, Mathias Fünfstück, Lydia Neubert
Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen
Prof. Dr. Martina Hasseler
Ostfalia, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Wolfsburg
Projektbeteiligte
• Modellprojekt zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung gemäß 8 Abs. 3 SGB XI unterstützt vom GKVSpitzenverband und vom Bundesministerium für Gesundheit
• Projektleitung:
Zentrum für Sozialpolitik (ZeS)
der Universität Bremen
• Projektleitung:
Ostfalia Hochschule
• Softwareentwicklung:
Evocura
• Datenmanagement:
Kompetenzzentrums für Klinische
Studien Bremen (KKSB)
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Hintergrund
• Neues Begutachtungsassessment wurde entwickelt und
erprobt (2008)
• Es gab etliche Weiterentwicklungen  Notwendigkeit zur
erneuten Erprobung des weiterentwickelten Instruments an
neuem Datensatz
 MDS-Studie
• Überleitung Pflegebedürftige  Beiratsvorschlag
• Überleitung Heimentgelte  noch offen
 EVIS-Studie
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Hintergrund
• Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen haben in der
Regel eine Pflegestufe und somit einen Leistungsanspruch
• Unbekannt ist bisher,
– wie viele Leistungen und welche Leistungen Bewohner je Pflegestufe
bekommen und
– ob die unterschiedlichen Leistungsbeträge den unterschiedlichen
Versorgungsaufwänden entsprechen.
• Hinterlegung der Pflegegrade mit Leistungen
– Beirat hat Szenarien und Modellrechnungen vorgelegt
– Es liegt keine Evidenz vor, wie stark durchschnittliche Aufwände mit
NBA-Score korrelieren
– Keine Evidenz wie homogen Pflegegrade bzgl. der Aufwände sind
• Fehlende Datengrundlage zur weiteren Bewertung  EVIS
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Ziel der Studie
1. Schaffung einer Baseline – Datengrundlage, die im
Rahmen einer zweiten Erhebungsphase für eine Evaluation
des NBA herangezogen werden kann:
–
Bestandsaufnahme der gegenwärtigen pflegerischen, gesundheitlichen und betreuerischen Versorgungssituation in Pflegeheimen
• welche Leistungen (Art) werden
• in welchem Umfang (Anzahl) und
• Ausmaß (benötigte Zeit) in den stationären Einrichtungen im Kontext
der jeweiligen Pflegegrade erbracht werden
2. Überprüfung welche Leistungsaufwände bei den einzelnen
Pflegegraden anfallen
–
–
Homogenität innerhalb der Pflegegrade
Abstufung der Leistungsaufwände zwischen den Pflegegraden
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Fragestellungen der Studie
•
Welche gesundheitlichen, betreuerischen und
pflegerischen Leistungen werden bei den Bewohner(inn)en
durchgeführt?
•
Welche Zeitaufwände liegen hierfür, differenziert nach den
einzelnen Pflegegraden des NBA vor?
•
Sind die Pflegegrade hinsichtlich des Pflegeaufwands
homogen oder heterogen; ergibt sich eine vertikale
Schichtung des Pflegeaufwands nach Pflegegraden?
•
Wie gestalten sich die Verhältnisse des Pflegeaufwands
zwischen den Pflegegraden in Bezug auf die
Durchschnittswerte?
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Stichprobengröße und -auswahl
2000
Bewohner
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Stichprobengröße und -auswahl
2000
Bewohner
40*
Einrichtungen
* Bei Rekrutierungsschwierigkeiten erfolgt eine Anpassung
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Stichprobengröße und -auswahl
2000
Bewohner
40*
Einrichtungen
4-5**
Bundesländer
* Bei Rekrutierungsschwierigkeiten erfolgt eine Anpassung
** Mecklenburg-Vorpommern,
Bremen/Niedersachsen,
Rheinland-Pfalz,
Baden-Württemberg
Nordrhein-Westfalen
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Studiendesign
Vorgehen
2000
Bewohner
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Vorgehen
2000
Bewohner
NBA
Begutachtungen
durch den MDK
Ermittlung des
Pflegegrades
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Vorgehen
2000
Bewohner
Erfassung der
Pflegeinterventionen
NBA
Begutachtungen
durch den MDK
Ermittlung des
Pflegegrades
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Anwendung des NBA
•
Durchführung erfolgt durch geschulte Gutachter der MDK in
enger Abstimmung mit dem MDS
•
Für die Einverständnis der Pflegebedürftigen bekommen
die Einrichtungen eine Einverständniserklärung, die an die
Bewohner(innen) weitergegeben wird.
•
Alle erhobenen Daten werden personenbezogen erhoben,
aber pseudonymisiert ausgewertet.
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Studiendesign
Ermittlung des Pflegeaufwands
•
Erhebung des Pflegeaufwands erfolgt über eine mobile
Datenerfassung mit hinterlegtem Leistungskatalog
•
Mobile Datenerfassung:
– Einsatz von Handgeräten (Smartphone und App)
– Vorbereitung der Erfassung durch Erstellung von Tagesplänen
– Die Applikation schlägt dann Leistungen zur Uhrzeit passend vor
– Leistungserfassung wird von den Mitarbeitern selbst durchgeführt
– Datensicherung erfolgt nach jedem Dienst
– Kontinuierliche Datenprüfung durch die Softwarefirma
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Studiendesign
Ermittlung des Pflegeaufwands
•
Erhebung des Pflegeaufwands erfolgt über eine mobile
Datenerfassung mit hinterlegtem Leistungskatalog
•
Der Leistungskatalog gliedert sich nach Leistungsgruppen:
 Pflege: Leistungskomplexe, abgeleitet aus dem ENP
 Physiotherapie*: Heilmittelkatalog (HK), KTL, ICF
 Ergotherapie*: Indikationskatalog der DVE, HK, KTL, ICF
 Soziale Arbeit*: DVSG-Fallgruppen, OPS, ICF
 Betreuung: Pflegerichtlinie zu § 87b, GKV-Schrift (Band 9)
* Angestellte, die über den Pflegeschlüssel laufen
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Zu erwartende Ergebnisse
Aussagen über
• die Art und den Umfang von bezogenen gesundheitlichen,
pflegerischen und betreuerischen Leistungen
– im Kontext der bisherigen Pflegestufen
– Im Kontext der zukünftigen Pflegegrade
• Hinweise für leistungsrechtliche Setzungen und
vergütungsrechtliche Setzungen
• Hinweise für den ambulanten Bereich
– NBA erfolgt Setting-unabhängig
– Differenzierte Tätigkeitserfassung ermöglicht Hinweise für häusliche Pflege
• Datenauswertung erlaubt Hinweise auf Versorgungsbereiche mit
Ausbaupotential
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Zeitplan
Ablauf der Datenerhebung in einer Einrichtung
• Tag 1: Schulung der Mitarbeiter
• 1-2 Wochen: Erstellung der Tagespläne durch die Mitarbeiter
• Anschließend 7 volle Tage Datenerhebung (8 Tage vor Ort)
• Zeitversetz werden in insgesamt 4 Einrichtungen die Daten
parallel erhoben – Punktuelle Begleitung durch Projektmitarbeiter
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Zeitplan
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Jan
Entwicklung der Software
Rekrutierung der Einrichtungen
Rekrutierung und Schulung der Gutachter
Schulungen zu den Handgeräten (Smartphone)
Durchführung der Datenerhebung
Mecklenburg-Vorpommern
Bremen/Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Baden-Württemberg
Durchführung der Begutachtungen
Datenübermittlung
Datenauswertung
Berichterstellung
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Projektstand
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Auswertungen
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Auswertungen
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Auswertungen
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Auswertungen
Pflegeaufwand nach Pflegestufe
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Mögliche Erkenntnisse für die Personalbemessung
Empirische (!) Aussagen zum Versorgungsaufwand
(=Versorgungszeiten) differenziert nach
• Bewohner
– Pflegestufen
– Pflegegraden
– Beeinträchtigungen nach NBA-Modulen
• Versorgungsperson
– Berufsgruppe
– Qualifikationsniveau
• Intervention/Aktivität
– Bereiche und
– Einzelaktivitäten
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II. Personalbemessungsverfahren
• Brauchen wir Personalbemessungsverfahren?
(Nachteile und Gefahren) Was sind funktionale Äquivalente
• Analytische vs. empirische Ansätze
• Vorgegebene Fragen
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Funktionale Äquivalente
Strukturqualität
Personalbemessungsverfahren
Prozessqualität
Ergebnisqualität
Outcomequalitätsmessung
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Nachteile Personalbemessung
• Personalbemessungsverfahren zementieren Strukturen und
verhindern Innovation. Beispiel: Krankenhaus
– 1972: KHG  Kostendeckungsgarantie
– Reglementierung der Stellenpläne  Personalanhaltszahlen der
DKG aus dem Jahre 1969 fortgeschrieben um Arbeitszeitverkürzung
– Ständig steigende Reglementierung  Verkrustung der Strukturen
– Versuch der Reform: Pflegepersonalverordnung
– Einführung der DRGs: Paradigmenwandel zur Outputorientierung
• Personalbemessungsverfahren in der stationären
Langzeitpflege:
– Verfestigung der Sektorentrennung ambulant vs. stationär
– Notwendige Verflüssigung der Strukturen wird verhindert
– Nur zu rechtfertigen, wenn Outcome-Qualitätskontrolle nicht möglich
ist
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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Mögliche Personalbemessungsverfahren
• Grundsätzliche Unterscheidung: empirische vs. Analytische
Verfahren
• Empirische Verfahren: Bewohnergruppen werden klassiert
und aktuelle Ist-Versorgung wird zur Soll-Versorgung erklärt
– Vorteil: Machbarkeit!
– Nachteil: Naturalistischer Fehlschluss (nur Verteilungs- aber keine
Bedarfsgerechtigkeit)
• Analytische Verfahren:
– Klassifikation von Bewohnern
– Pflegeplanung für Bedarfskonstellation
– Pflegewissenschaftliche Ableitung der notwendigen
Versorgungsquantitäten
– Theoretisch überlegen, praktisch kaum durchführbar
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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II. Personalbemessungsverfahren
1. Welche sind die zentralen Variablen zur Beschreibung der
Bewohnerstruktur und der Personalstruktur in stationären
Pflegeeinrichtungen?
– Sparsamkeit: Ideal, wenn Pflegegrade ausreichend sind
– Empirische Ergebnisse liegen noch nicht vor
2. Wie wird ‚Pflegeaufwand‘ klassifiziert und welche internen
und externen Einflussfaktoren lassen sich identifizieren?
– Empirisch: Tatsächliche Zeitaufwände, qualifiziert nach
Personalstruktur der Beschäftigten
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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II. Personalbemessungsverfahren
3. Wie wird das Verhältnis von „Pflegeaufwand“ und
„Pflegebedarf“ konzeptualisiert und begründet? Gibt es
typische Aufwands-und Bedarfskonstellationen? Welche
empirischen Befunde liegen dazu vor?
– Pflegeaufwand = empirisch gemessene Versorgung
– Pflegebedarf = analytisch gesetzte notwendige Versorgung
– Aufwands- und Bedarfskonstellationen
• Empirisch: aus den Daten ablesen und internationale Vergleich
– Gutachten 2010 (Görres et al.) basierend auf Literaturanalyse
Prof. Dr. Heinz Rothgang
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