Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Sachsen
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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Sachsen
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, ADFC Landesverband Sachsen-Anhalt Antworten der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt auf die Fragen zur Landtagswahl 2016 Die Antworten wurden in Übereinstimmung mit dem verkehrspolitischen Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, Herrn Frank Hoffmann, erstellt. Vorbemerkung Die Fragen des ADFC zur Landtagswahl 2016 weisen mit bemerkenswerter Detailtiefe auf wichtige Punkte aus der Evaluation des Landesradverkehrsplans (LRVP) 2010 hin und reichen dabei teilweise weit in kommunale Wirkräume und Bereiche der Exekutive hinein. Im Falle einer Regierungsbeteiligung ist es verkehrspolitisches Anliegen der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt, diese Fragen in der Praxis gemeinsam Kommunen und weiteren Akteuren vertieft zu diskutieren. Expertise und Engagement lokaler Gruppen sowie größerer Initiativen, wie dem ADFC SachsenAnhalt, sind dabei unerlässlich und müssen stärker als bisher eingebunden werden in die Ausgestaltung der Radverkehrspolitik im Land Sachsen-Anhalt. 1. Radverkehrsanteil steigern DIE LINKE. Sachsen-Anhalt spricht sich für eine ökologische Wende in der Verkehrspolitik aus. Verkehrs-, Struktur- und Regionalplanung sollen enger zusammengeführt werden. Ökologisches Handeln muss vor Ort beginnen. Ziel unserer kommunalen Verkehrspolitik ist es daher, den Anteil des Fahrradverkehrs zu erhöhen. Die „Radfahrerfreundlichkeit“ der meisten Städte lässt noch sehr zu wünschen übrig. Es fehlt oft an sicheren, guten Radwegen, sinnvollen Ampelschaltungen und soliden Abstellmöglichkeiten z.B. in Fahrradgaragen. Die Infrastruktur ist Grundvoraussetzung dafür, dass sich mehr Menschen entscheiden, das Rad zu nutzen. Insbesondere auf den kurzen Wegen in urbanen Räumen wird noch zu häufig auf das Auto zurückgegriffen. Marketing und Appelle an die Bürgerinnen und Bürger, aus Gründen der Gesundheit und des Umweltschutzes häufiger das Rad zu nutzen, werden allein nicht ausreichen. Die Schaffung einer radfahrerfreundlichen Infrastruktur im innerstädtischen Bereich geht einher mit baulichen und verkehrsordnungsrechtlichen Maßnahmen, die auch den motorisierten Individualverkehr zurück auf Augenhöhe mit anderen Verkehrsträgern bringen. Im Rahmen von Pilotprojekten wollen wir Städte fördern, die eine solche radfahrerfreundliche Infrastruktur schaffen wollen. Erfolgreiche Pilotprojekte können dabei positiv auf weitere Städte im Land wirken und ein Fundament für Kompetenzaufbau und –austausch mit Blick auf künftige Projekte schaffen. Insgesamt muss den Kommunen ein größerer finanzieller Spielraum zur Verfügung stehen, um wichtige Maßnahmen der Daseinsvorsorge und der Wegeführung realisieren zu können. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt hat auch unter den Bedingungen einer weiter angespannten Haushaltssituation in ihrem Wahlprogramm gefordert, die Finanzzuweisungen an die Kommunen zu reformieren und an ihre Aufgaben und wirtschaftliche Leistungskraft anzupassen. Auch die Förderprogramme für Pflege und Ausbau entsprechender Infrastrukturen wollen wir ausschöpfen und vereinfachen. 2. Finanzierung von Radverkehrsanlagen Der derzeitige Entwurf der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehung sieht einen Wegfall der GVFG Länderprogramme ab 2019 vor. In diesem Fall wird es höchste Zeit für ein landeseigenes GVFG, welches beispielsweise aus den ebenfalls in der Neuregelung enthaltenen zusätzlichen Umsatzsteuerpunkten finanziert werden könnte. So lang die Verhandlungen noch laufen, drängt DIE LINKE. Sachsen-Anhalt jedoch darauf, das GVFG in seiner jetzigen Form fortzuschrieben und die Mittel bedarfsgerecht zu erhöhen, statt sie mit den allgemeinen Finanzzuweisungen zu vermischen. Die Mittel sollen weiter zweckentsprechend die Planungs- und Finanzierungssicherheit der kommunalen Infrastrukturprojekte absichern. 3. Verkehrssicherheit/Verkehrserziehung Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht nicht nur Kritikpunkte aufgezählt, sondern entsprechende Wege aufgezeigt, mit denen Abhilfe geschaffen werden kann. Diese Hinweise nehmen wir ernst und wir wollen sie umsetzen. Auch die Maßnahmen des Landesverkehrssicherheitsbeirates wollen wir stärker berücksichtigen, als dies bisher der Fall war. Insbesondere die ehrenamtliche Arbeit, beispielsweise in Verkehrswachten, wollen wir mit einer finanziellen Unterstützung würdigen und sichern. Das Fahrrad kann auch ein Beförderungsmittel zur Schule sein, wenn die Sicherheit des Weges, die Belastbarkeit der Kinder und sonstige Umstände dies zulassen. Ein Ersatz für die rechtlich garantierten Leistungen der Schülerbeförderung ist es nicht. Wir gehen davon aus, dass zahlreiche Schülerinnen und Schüler den Weg zur Schule gern mit dem Rad zurücklegen. Deshalb setzen wir uns in den Kommunen dafür ein, die Bedingungen für den Radverkehr zu den Schulen im Rahmen der Möglichkeiten zu verbessern. Wir begrüßen es, wenn die Schulträger bei den Schulen auch sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder schaffen. Diese Aufgaben liegen allerdings in der Verantwortung der Kommunen, das Land kann mit einer Rahmenrichtlinie entsprechende Vorgaben schaffen. Hinsichtlich der Verkehrserziehung enthält der Evaluationsbericht weitere gute Hinweise, die es umzusetzen gilt. Eine verkehrliche Schulung der Radfahrerinnen und Radfahrer im Rahmen der Unfallprävention kann dabei immer nur ein Aspekt sein, denn zu einem Unfall gehören in der Regel zwei oder mehr Parteien. Gerade wenn das Ziel lautet, den Radverkehrsanteil zu steigern, muss auch bei anderen Verkehrsteilnehmern die Akzeptanz und Rücksichtnahme für Radfahrerinnen und Radfahrer weiter gesteigert werden. Beispiele aus anderen Ländern deuten zudem darauf hin, dass eine intelligente (Rad-)Verkehrsinfrastruktur die effektivste Form der Unfallvermeidung darstellt. Diskussionen beispielsweise um eine Helmpflicht spielen für DIE LINKE. Sachsen-Anhalt daher eine nachgeordnete Rolle. Eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften wäre ein weiterer Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit. Die dafür notwendige Änderung der StVO braucht jedoch Zeit und langen Atem. Wir ermuntern Kommunen und lokale Initiativen, diesbezüglich bereits von den heutigen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. 4. Verknüpfung ÖV-Rad Zur Sicherstellung der Fahrradmitnahme wollen wir gemeinsam mit der NASA entsprechende Vorgaben für die Bestellung der Verkehrsleistungen entwickeln und der Fahrradmitnahme mehr Gewicht einräumen. Angesichts voraussichtlich sinkender Bundeszuweisungen für den Nahverkehr auf der Schiene verdient die Fahrradmitnahme auf landesbedeutsamen Buslinien eine verstärkte Aufmerksamkeit. Wir präferieren dabei die Möglichkeit, Fahrzeuge mit entsprechenden Anhängern auszustatten. Darüber hinaus spielt Intermodalität eine wichtige Rolle in urbanen Räumen und ihren Randgebieten. Durch baulich unterschiedliche Fahrzeuge im ÖPNV sind die Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme nicht überall gleich ausgeprägt. Gerade in Randgebieten und an Knotenpunkten haben sich hingegen Fahrrad-Parkhäuser als erfolgreiches Modell bewährt. Dies wollen wir stärker fördern durch entsprechende planerische Vorgaben. Die Ausweitung von Leihfahrrad-Systemen in den größeren Städten des Landes ist eine notwendige und sinnvolle Ergänzung in diesem Zusammenhang. 5. AGFG DIE LINKE. Sachsen-Anhalt begrüßt und unterstützt die Zusammenarbeit von Kommunen in Form der AGFG-Arbeitsgemeinschaften. Wir wollen Kommunen ermuntern, diese Möglichkeit zu nutzen. Dabei ist es vorstellbar, dass Städte wie Dessau, mit einschlägiger Erfahrung als „Fahrradstadt“ eine wichtige Funktion für den Anstoß und die Ausgestaltung einer solchen Zusammenarbeit übernehmen. 6. LRVP/Evaluation/Fortschreibung DIE LINKE. Sachsen-Anhalt strebt eine personelle und finanzielle Verstärkung der Aktivitäten und Bemühungen um den Radverkehr auf Landesebene an. Der jetzige Mittelansatz ist sehr gering und wird den Ansprüchen vor Ort sowie den sich wandelnden Mobilitätsbedürfnissen nicht gerecht. Das Thema Radverkehr wurde bisher zu häufig nebenbei und halbherzig „miterledigt“. Eine klare Kompetenzbündelung ist hier notwendig, eine Aufstockung der Mittel ist sach- und zeitgemäß. Die Höhe der Aufstockung wollen wir prüfen. Die Empfehlungen des Evaluationsberichts zum LRVP sind eine hervorragende Grundlage für die Fortschreibung des LRVP. 7. Radverkehrsverantwortliche/r Die Schaffung eines/r Radverkehrsverantwortlichen würde der Kompetenzbündelung nutzen und der Bedeutung des Radverkehrs die entsprechende Aufmerksamkeit verleihen. Eine insgesamt gute personelle und finanzielle Ausstattung der Aktivitäten des Landes rund um den Radverkehr ist jedoch zwingende Grundlage und schafft überhaupt erst den Handlungsspielraum für eine/n solche/n Verantworliche/n. 8. Stärkung der planerischen Kompetenzen in Kommunen und Landkreisen Die Stärkung von Kompetenzen auf kommunaler Ebene hinsichtlich guter Fahrradinfrastrukturen wäre ein positiver Effekt einer AGFK in Sachsen-Anhalt. Hier ist insbesondere auf das Engagement der Stiftung Bauhaus Dessau zu verweisen. Überlegungen, Seitens des Landes zusätzliche Weiterbildungen anzubieten gibt es derzeit nicht. 9. Radschnellwege Radschnellwege sind eine sinnvolle Ergänzung guter Radverkehrsinfrastrukturen und ein gutes Mittel für die überregionale Verknüpfung. Auch alte Eisenbahntrassen können hier ertüchtigt und entsprechend genutzt werden. Somit können Radschnellwege nicht nur im Alltagsverkehr, sondern auch im touristischen Verkehr zu einer fahrradfreundlichen Infrastruktur beitragen. Der Bedarf muss jeweils vor Ort identifiziert werden. Eine Förderung wollen wir im Rahmen der bisherigen Förderprogramme ermöglichen. Eine Sonderförderung ist derzeit nicht vorgesehen. 10. Radabstellanlagen Die Entwicklung verdeutlicht, dass die Kommunen noch nicht ausreichend Gebrauch von ihrem Recht machen. Es ist daher zu prüfen, inwiefern hier Anreize geschaffen werden können, um das Ziel des Gesetzgebers zu erreichen: Mehr Abstellplätze für Fahrräder zu schaffen und Diebstahl vorzubeugen. Die Landesverwaltung sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen und DIN gerechte Abstellanlagen dort einrichten, wo es baulich möglich ist. 11. Fahrraddiebstähle Der ADFC selbst hat ein System entwickelt, welches die Codierung durch Gravur auch ohne Rückgriff auf große Datenbanken zu einem sicheren Identifizierungsmerkmal machen kann. Ein großes Hindernis in der Praxis besteht derzeit darin, dass bei den meisten Fahrradmarken die Hersteller-Garantie entfällt, wenn eine Gravur zusätzlich zur vorhanden Rahmennummer am Rahmen vorgenommen wird. Gemeinsam mit Handel, Polizei und gesellschaftlichen Akteuren wollen wir daher einen Dialog beginnen und nach Möglichkeiten für eine flächendeckende Einführung eines sicheren und datensparsamen Systems suchen. 12. Stärkung Kompetenz Polizei Einwandfreie Kenntnisse der StVO in ihrer jeweils aktuellen Fassung sind im Rahmen der Amtspflicht zwingende Voraussetzung für jede Beamtin und jeden Beamten im Vollzugsdienst. Wenn es tatsächlich dokumentierte Beispiele gibt, wo dies nicht gegeben ist, so gibt es hier konkreten Handlungsbedarf. Sollten sich derartige Fälle häufen, so könnte sich ein allgemeiner Informationsund Weiterbildungsbedarf ergeben. 13. Bedarfspläne und Finanzierung von Radverkehrsanlagen Jeder weitere Meter Radweg im Land ist ein Gewinn für den Tourismus und alle Bürgerinnen und Bürger, die das Auto gerne einmal stehen lassen. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt teilt die Auffassung des ADFC hinsichtlich unzureichender Haushaltsmittel für den Radwegebau. Schon bei der letzten Bedarfsplanung hat sich gezeigt, dass von den angemeldeten Vorhaben lediglich geringe Prozentsätze überhaupt realisiert wurden. Wir werden die Umsetzung der Forderung ernsthaft prüfen, die Haushaltsansätze für den Radwegebau zu verdoppeln. Dazu gehört auch, Möglichkeiten auszuloten, inwiefern wir zusätzliche EFRE-Mittel für den Radwegeausbau bereitstellen können. Zur Höhe der Mittel, die wir den Kommunen zur Verfügung stellen wollen, verweisen wir zudem auf die Antworten zu Frage 1 und 2.