„Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“
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„Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“
Zulassungsantrag der Kinowelt Television GmbH i. G. für die Fernsehprogramme „Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“ Aktenzeichen: KEK 204 Beschluss In der Rundfunkangelegenheit der Kinowelt Television GmbH i. G., vertreten durch den Geschäftsführer Achim Apell, An der Hauptwache 5, 60313 Frankfurt am Main, - Antragstellerin - wegen Zulassung zur bundesweiten Veranstaltung der digitalen Spartenprogramme „Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“ hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Vorlage der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen) vom 12.02.2004 in der Sitzung am 11.05.2004 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Mailänder (Vorsitzender), Prof. Dr. Dörr, Dr. Lübbert und Prof. Dr. Sjurts entschieden: Der von der Kinowelt Television GmbH i. G. mit Schreiben an die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen) vom 14.11.2003 beantragten Zulassung zur Veranstaltung der bundesweit verbreiteten digitalen Fernsehspartenprogramme „Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“ stehen Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen nicht entgegen. 2 Begründung I Sachverhalt 1 Zulassungsantrag Die Kinowelt Television GmbH i. G. („Kinowelt Television“) hat mit Schreiben vom 14.11.2003 an die LPR Hessen, dort eingegangen am gleichen Tag, die Zulassung zur Veranstaltung der bundesweiten digitalen Fernsehspartenprogramme „Kinowelt TV“ und „Kinowelt TV Premium“ beantragt. Die LPR Hessen hat der KEK den Antrag mit Schreiben vom 12.02.2004 zur medienkonzentrationsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Entgegen der von der LPR verbreiteten Erklärung (Pressemitteilung vom 16.02.2004 „Sendelizenzen für TGRT Europe und Kinowelt“) hat diese den Antrag noch nicht genehmigt; sie ist dazu nach dem Rundfunkstaatsvertrag auch nicht berechtigt (vgl. §§ 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 37 Abs. 1 RStV). 2 Programmstruktur 2.1 Das geplante ganztägige Unterhaltungsspartenprogramm „Kinowelt TV“ soll Spielfilme sämtlicher Genres enthalten (z. B. Action, Comedy, Thriller, Drama, Romanzen, Kinderfilme, Western, Horror, thematische Reihen wie: Autorenklassiker). Sie sollen insbesondere aus dem Filmstock der Kinowelt GmbH stammen, die über Rechte an Filmen aus Hollywood und europäischen Produktionen verfügt. xxx ... 2.2 Das digitale Programm „Kinowelt TV Premium“ soll Filme aus einem gesonderten Pay-TV-Programmstock der Kinowelt GmbH sowie ausgewählte Formate, die später auch im Programm Kinowelt TV gezeigt werden, enthalten. Das vorgelegte Programmschema sieht daneben ergänzende Formate (z. B. „Making Of´s“, Clips und Vorschauen) vor. 3 Verbreitung und Vermarktung 3.1 Es ist geplant, das Programm Kinowelt TV frei empfangbar über Astra-Satelliten und analog über Kabel zu verbreiten. xxx ... Der Sendestart ist für Juli 2004 vorgesehen. 3 3.2 Das Pay-TV-Programm Kinowelt TV Premium soll digital über Kabel verbreitet werden. Mit der Kabelnetzbetreiberin Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH & Co. KG („Kabel Deutschland“), Unterföhring, hat Kinowelt Television eine Plattformvereinbarung abgeschlossen (s. u. I 4). Kinowelt TV Premium soll ab Mitte Mai 2004 auf der Plattform von Kabel Deutschland im Rahmen des Pakets Kabel Digital Basic Plus verbreitet werden. Dieses Paket erhalten Abonnenten des Pakets Kabel Digital Basic im Zuge der Einführung der Digitalfernsehangebote zum 01.04.2004 zusätzlich für 12 Monate kostenlos. Kabel Deutschland verfügt derzeit nach eigenen Angaben über ca. 10 Mio. angeschlossene Haushalte, von denen ca. 3,5 Mio. Haushalte direkte Endkunden sind. Die Anzahl der Digital-Haushalte beläuft sich nach Auskunft des Unternehmens zur Zeit auf ca. 1,5 bis 1,6 Mio. An Kabel Deutschland sind zu je einem Drittel die Gesellschafter Apax Europe V, Kanalinsel Guernsey, Goldman Sachs Group, Inc., USA, und Providence Equity Partners Ltd., Großbritannien, beteiligt (Entscheidung der Europäischen Kommission vom 28.02.2003, SG (2002) D/228813). Providence Equity ist auch mittelbar an der ProSiebenSAT.1 Media AG und somit an den Veranstaltern der bundesweiten Fernsehprogramme SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24 und NEUN LIVE beteiligt (vgl. Beschluss i. S. ProSieben, Az.: KEK 189-1, I 2.2.4.4). Kinowelt TV Premium soll ferner ab Mitte Mai 2004 im Rahmen des Angebots Kabel!Vision der Decimus GmbH, einer Tochtergesellschaft der Primacom AG, verbreitet werden. Kabel!Vision wird seit dem 22.04.2004 von Leipzig aus über Satellit in verschiedene Kabelnetze eingespeist, zunächst in diejenigen der Primacom AG (Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Leipzig vom 16.04.2004, www.rpl.sachsen.de). Zudem soll Kinowelt TV Premium ebenfalls ab Mitte Mai 2004 im Rahmen des Pay-TV-Angebots visAvision von Eutelsat verbreitet werden, das über verschiedene Kabelnetze, z. B. Bosch Breitbandnetze und Tele Columbus, empfangbar ist (vgl. www.eutelsat.com/deutsch/visavision). Schließlich steht die Antragstellerin wegen der Einspeisung des Programms mit den Kabelnetzbetreibern Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co. KG, Ish GmbH & Co. KG und iesy Hessen GmbH & Co. KG in Verhandlungen. Kabel Deutschland hat die beabsichtigte Übernahme von Kabel Baden-Württemberg und iesy Hessen beim Bundeskartellamt und von Ish bei der Europäischen Kommission angemeldet; der Vollzug der Zusammenschlüsse steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Kartellbehörden (Pressemitteilung der Kabel Deutschland vom 04.04.2004). 4 4 Plattform- und Vermarktungsvertrag mit Kabel Deutschland xxx ... 5 Antragstellerin und beteiligte Unternehmen 5.1 Kinowelt Television Der Unternehmensgegenstand von Kinowelt Television ist u. a.: Konzeption, Aufbau, Realisation, Betrieb und Veranstaltung von digitalen und analogen Fernsehvoll- und Spartenprogrammen, Mediendiensten, Fernseheigenwerbe- und -einkaufskanälen, Pay-TV, Video-on-Demand und sonstigen medialen Plattformen für alle Zielgruppen; Herstellung, Konzeption, Bearbeitung, Vertrieb und Sendung von Film-, Video-, DVD-, Internet-, Telefon-, SMS-, Online-, Print- und sonstigen Medienproduktionen sowie Ton-, Bild- und Datenträgern aller Art, jeweils in redaktioneller, technischer und gestalterischer Hinsicht; Handel und Lizenzhandel mit visuellen Medienprodukten aller Art, Merchandisingprodukten und sonstigen Produkten; Rechtehandel; Beteiligung an Medienunternehmen (xxx ...). Kinowelt Television ist nicht anderweitig im Medienbereich aktiv. Am Stammkapital sind jeweils zur Hälfte der Geschäftsführer Achim Apell und die MK Medien Beteiligungs GmbH im alleinigen Beteiligungsbesitz seiner Schwester Dr. Doris Apell-Kölmel beteiligt. 5.2 Beteiligte Unternehmen 5.2.1 MK Medien Beteiligungs GmbH Die MK Medien Beteiligungs GmbH, Leipzig, steht vollständig im Anteilsbesitz von Frau Dr. Doris Apell-Kölmel, der Schwester des Geschäftsführers der Antragstellerin Achim Apell und Ehefrau des Geschäftsführers der MK Medien Beteiligungs GmbH, Dr. Michael Kölmel. Das Unternehmen hält daneben 66,6 % der Anteile an der Kinowelt GmbH, die für die beiden beantragten Programme die Filme zuliefern soll. Sie hat ihren Filmstock 5 Anfang 2003 von der insolventen Kinowelt Medien AG erworben und ist nach Auskunft von Kinowelt TV „im Medienbereich in der gesamten Lizenzverwertungskette aktiv“. Die restlichen 33,3 % der Anteile hält die Starhaus GmbH, deren Alleingesellschafter Dr. Rainer Kölmel, der Bruder von Dr. Michael Kölmel, ist. Die Starhaus GmbH hält auch sämtliche Anteile an der Kinowelt Filmproduktion GmbH. 5.2.2 Der geschäftsführende Gesellschafter Achim Apell war früher u. a. in der Programmdirektion von SAT.1 und als Filmproduzent tätig. Zur Zeit ist er nach eigener Auskunft nicht anderweitig im Medienbereich aktiv. II Verfahren 1 Die Vollständigkeitserklärung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 5 RStV liegt vor. 2 In der Sitzung der KEK am 11.05.2004 nahmen für die Antragstellerin der Geschäftsführer Achim Apell, für Kabel Deutschland xxx ... sowie der Stellvertretende Direktor der LPR Hessen Joachim Becker Stellung. xxx... III Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung 1 Bestätigungsvorbehalt der KEK Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Veranstalter einer Zulassung nach Landesrecht. Fragestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt werden von der KEK nach Vorlage durch die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 RStV beurteilt. 2 Zurechnung von Programmen und Zuschaueranteile 2.1 Der Antragstellerin und den Beteiligten Achim Apell, MK Medien Beteiligungs GmbH und Frau Dr. Apell-Kölmel sind gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. § 17 AktG die beantragten Programme zuzurechnen. Die Programme haben mangels Ausstrahlung noch keinen Zuschaueranteil. 6 2.2 Zurechnung zu Kabel Deutschland Das Programm Kinowelt TV Premium ist auch der Plattformbetreiberin Kabel Deutschland aufgrund ihrer vertraglich vorgesehenen Einflussmöglichkeiten auf die Programmgestaltung zuzurechnen. 2.2.1 Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 RStV steht einer Beteiligung nach § 28 Abs. 1 RStV gleich, wenn ein Unternehmen allein oder gemeinsam mit anderen auf einen Veranstalter einen vergleichbaren Einfluss ausüben kann. Als vergleichbarer Einfluss gilt gemäß § 28 Abs. 2, 2. Alt. (1. Fallgruppe) RStV auch, wenn das Unternehmen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen eine Stellung innehat, die wesentliche Entscheidungen des Veranstalters über die Programmgestaltung von seiner Zustimmung abhängig macht. Diese Zurechnungsnorm setzt, ebenso wie die Zurechnung zu einem beteiligten Unternehmen gemäß § 28 Abs. 1 RStV, nicht voraus, dass das Unternehmen zugleich selbst Rundfunkprogramme veranstaltet. 2.2.2 Die KEK hat bislang mehrere auf Pay-TV-Plattformen von Dritten veranstaltete Programme gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV dem Plattformbetreiber zugerechnet, weil der jeweilige Plattformvertrag dem Veranstalter wesentliche Abweichungen des Programms von einem vertraglich vereinbarten Sendekonzept ohne Zustimmung des Plattformbetreibers untersagt. Dies betrifft mehrere auf der Plattform der Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG veranstaltete Drittprogramme (vgl. Beschlüsse i. S. Beate Uhse TV, insbes. Az.: KEK 160, III 2.2; Beschluss i. S. Heimatkanal, Az.: KEK 148, III 2.1.2, i. S. GoldStar TV, Az.: KEK 148-1, III 1.2, i. S. Hit24, Az.: KEK 200, III 2.1.2, und i. S. Classica, Az.: KEK 203, III 2.1.2) sowie ein Drittprogramm auf der Pay-TV-Plattform „PrimaTV“ einer Tochtergesellschaft der PrimaCom AG (Beschluss i. S. Silverline Movie Channel, Az.: KEK 194, III 2.1.1). Sofern der Plattformvertrag dagegen keinen solchen Zustimmungsvorbehalt vorsieht und keine inhaltlichen Vorgaben für die Programmgestaltung enthält, die über eine allgemein gehaltene Bezeichnung des Genres und ggf. die Pflicht des Veranstalters zur Qualitätssicherung und gewisse quantitative Mindestanforderungen hinausgehen (insbesondere: weder ein vertraglich vereinbartes Sendeschema, das den zeitlichen Ablauf des Programms vorgibt, noch sonstige Regelungen zu Inhalt und Ablauf des Programms), hat die KEK das Drittprogramm dem Plattformbetreiber nicht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV zugerechnet. Daher werden der Plattformbetreiberin Premiere u. a. folgende auf ihrer Plattform veranstaltete Pro- 7 gramme nicht zugerechnet: Disney Channel (vgl. Beschluss Az.: KEK 043); Sci-Fi Channel und 13th Street (vgl. zuletzt Az.: KEK 161); MGM Channel (Beschluss Az.: KEK 162); Discovery Channel und Animal Planet (Beschlüsse Az.: KEK 164 und 201) sowie Junior (zuletzt Beschluss Az.: KEK 211). 2.2.3 Der Plattformvertrag zwischen Kinowelt Television und Kabel Deutschland enthält Vorgaben zur Programmgestaltung xxx ... 2.2.4 Dadurch sind wesentliche Entscheidungen über die Programmgestaltung von der Zustimmung der Plattformbetreiberin abhängig. Nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts ist ein Programm eine auf längere Dauer angelegte, planmäßige und strukturierte Abfolge von Sendungen oder Beiträgen; Programmgestaltung bedeutet insbesondere, die Struktur des Programms festzulegen, die Abfolge zu planen, die Sendungen zusammenzustellen und sie unter einer einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anzubieten (vgl. BVerfG – Extraradio – E 97, 298, 310). Ein wesentliches Element der Programmgestaltung ist demnach die zeitliche Strukturierung und Planung der Abfolge des Programms. Gerade für das Programm Kinowelt TV Premium ist dieser Aspekt der Programmgestaltung zentral, da es nach dem vorgelegten Programmschema im Wesentlichen aus einer Folge von (zugelieferten) Spielfilmen besteht, während redaktionell gestalteten Beiträgen, schon vom zeitlichen Umfang her, eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Darüber kann die Veranstalterin aufgrund des vertraglich vereinbarten Sendeschemas nicht mehr autonom entscheiden. Mit der Festlegung des Zeitablaufs und den sonstigen oben (III 2.2.3) genannten Regelungen sind der Veranstalterin die strategischen Entscheidungen über „Markt“ und „Produkt“ vertraglich bindend vorweg genommen. Bei dieser Gestaltung sind bereits bei Abschluss des Plattformvertrages wesentliche Entscheidungen zur Programmgestaltung von der Zustimmung des Plattformbetreibers abhängig und somit die Voraussetzungen für die Zurechnung des Programms zum Plattformbetreiber gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV erfüllt. Kinowelt TV Premium ist daher auch Kabel Deutschland zuzurechnen. 8 2.3 Damit sind umgekehrt auch sonstige von Kabel Deutschland auf ihrer Pay-TVPlattform veranstaltete und ihr zuzurechnende Programme auch der Veranstalterin Kinowelt Television zuzurechnen (arg. e §§ 28 Abs. 1 Satz 3, 29 Satz 2 RStV, st. Spruchpraxis, z. B. Beschluss i. S. Beate Uhse TV, Az.: KEK 160, III 2.2, und i. S. Hit 24, Az.: KEK 200, III 2.1.4). Die KEK konnte bislang über die Zurechnung der beantragten Programme DSF-digital, Nickelodeon, der Contento-Programme und Deluxe TV, die ebenfalls auf der Plattform von Kabel Deutschland veranstaltet werden sollen, zu Kabel Deutschland mangels Vorlage von Plattformverträgen noch nicht entscheiden (Beschlüsse i. S. Nickelodeon, Az.: KEK 207, Contento, Az.: KEK 208, DSF-digital, Az.: KEK 209, und Deluxe TV, Az.: KEK 214). 2.4 Das künftig veranstaltete, frei empfangbare Programm Kinowelt TV wird nicht Kabel Deutschland zugerechnet. 3 Vorherrschende Meinungsmacht Nach dem dargelegten Sachverhalt liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht vor. Der Zulassung der Programme Kinowelt TV und Kinowelt TV Premium stehen daher Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt nicht entgegen. (gez.) Mailänder Lübbert Sjurts Dörr