„BADESALZ“-PSYCHOSEN - Klinische Erfahrungen – Prof. Felix

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„BADESALZ“-PSYCHOSEN - Klinische Erfahrungen – Prof. Felix
01.09.14
„BADESALZ“-PSYCHOSEN
-  Klinische Erfahrungen –
Prof. Felix Tretter
Bayer. Akademie für Sucht- und
Gesundheitsfragen
Instit. f. Psychologie LMU
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ÜBERSICHT
1. Definition
2. Epidemiologie
3. Klinik
4. Therapie
5. Neurobiologie
6. Perspektiven
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1.  DEFINITION
im Internet als „Badesalz“,
„nicht zum Verzehr“ angeboten,
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Cathinon Derivate
•  Beta-Keton Amphetamine (Kath-Pflanze)
-­‐ Oral, nasal, rektal, pulmonal, i.v. -­‐ Rela5v billig (1g ca. 8 -­‐60 Euro), über Internet bestellbar -­‐ Einzeldosis: ca. 0,1 g -­‐ UK schwierig, Spezial-­‐U. ca. 80 Euro 2
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Badesalz - Wirkstoffe
•  Mephedron (4-Methylmethcathinon, 4-MMC)
•  MDPV (Methylendioxypyrovaleron)
•  Butylon
•  Dimethycathinon
•  Ethcathinon
-­‐ •  Ethylon
•  Fluoromethcathinon
•  Methedron
•  Methylon
•  Pyrovaleron
=> WAS MACHT WELCHE SYMPTOMATIK ?
Mephedron (Methylmethcathinon)
Szene: Meow (ausgesprochen: Miau), Meph (ausgesprochen: Mef)
Wirkungen: Euphorie, gesteigerte Aufmerksamkeit, Wachheit,
Appetithemmung, erhöhtes Redebedürfnis und Offenheit, Mobilisierung von
Kraftreserven, Verringerung des Schlafbedürfnisses,
Nebenwirkungen
Reizung des oberen Rachenbereiches , Halsschmerzen, Belag auf der Zunge.
Reizungen und Verätzungen der Haut (bei Hautkontakt), Brennen in der Nase
(bei nasalem Konsum), Verlangen mehr einzunehmen („Craving“), gestörtes
Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Herzfrequenz,
Angst, depressive Symptome, starkes Schwitzen, erweiterte Pupillen,
Müdigkeit, veränderte Wahrnehmung, Schlaflosigkeit und unklare
Erinnerungen an die Zeit der Drogenwirkung, Schmerzen in der Nierengegend
- erst kurze Zeit im Umlauf wenig medizinische Erkenntnisse, akute
Gefäßverengungen ?
- 2010 UK: 2 JM Mephedron + Alkohol + Methadon
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Drogenforum
Freitag schön gebadet xD
ja echt der hammer, anfang einfach Straight, hat nach gut 10
minuten gut das wirken angefangen! Hab dann nach 1,5h dann
noch n Mix mit Jax probiert (ja ich war lang in der Wanne)
Ne aber mit Jax kommt der Kick wesentlich schneller und is n
hammer gefühl und nein du bekommst kein Kopfweh, den
einzigen nachteil, den ich verspührt hab, war dass ich am nexten
Tag nich schlafen konnte und ich hatte die ganze zeit ein wenig
Zahnweh, aber das geht vorbei.
Verträgt sich aber gut mit Alkohol, also keine Angst, Baden und
Alk is in ordnung, evtl sogar bringt dir das doch noch einen
erholsameren Abend wie sonst, da du am Ende nicht so müde
wirst.
Greetz Andy
STIMULATION
Amphetamine
Kathinone
Ecstasy
Kokain
Nikotin
Alkohol
LSD
“PSYCHOTOGEN”
Cannabis
Heroin
Benzodiazepine
DÄMPFUNG
Q: Tretter 2000
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2. EPIDEMIOLOGIE
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Epidemiologie
- seit 2008 europaweit bekannt
- im Osten Bayerns Crystal-Metamfetamin
- in München seit 2011 zunehmend, IAK: z.Zt. 2
x / Woche Psychose (N = 500
Drogenabhängige / Jahr, = ca. (2 %) - 5 % der
Aufnahmen
- überwiegend Substituierte
- 10 x mehr Komplikationen mit MMC-User als
Crystal-Komplikatonen
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3. KLINIK
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Klinik
- schwere paranoide Verkennungen, rasch
wechselhafte Aufmerksamkeit, interpretative
Störungen, raptusartige Erregungszustände mit
aggressiven und ängstlicher Tönung, z.T.
wesensfremd, häufig Amnesien
- bis zu drei Wochen anhaltend
- DD:
* Spice-Psychose = eher auch lustige Momente
• Amphetamin-Psychose = etwas konsistenteres
eher manisch gefärbtes Zustandsbild
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Livak et al. 2013, Sucht 59(1):55-60
BADESALZ-PSYCHOSEN – KLINISCHE ASPEKTE
ZUSAMMENFASSUNG I
Seit Ende 2011 ist die Zahl der Aufnahmen von Patienten mit
psychotischer Symptomatik nach Konsum von synthetischen
Cathinonen in unserer Suchtabteilung auf 2 –3 Fälle pro Woche
angestiegen (ca. 3%allerAufnahmen).
Material
Wir berichten über sieben dieser Fälle, die in den letzten acht Monaten
behandelt wurden.
Die Patienten zeigten psychotische Symptomatik mit
Wahn, Denkstörungen und optischen, sowie akustischen
Halluzinationen. Einige waren agitiert, desorientiert, hilflos oder litten an
oralen Dyskinesien.
Die Therapien waren supportiv und beinhalteten typische und atypische
Neuroleptika, Benzodiazepine und Clonidin. Die psychotische
Symptomatik remittierte in fünf der sieben Fälle, zwei Patienten wurden
nach einigen Behandlungstagen mit noch anklingender psychotischer
Symptomatik entlassen.
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Casus # 2 – Anamnese, Klinik
•  43 Jahre, substituiert, Polytoxikomanie
•  Bereits Psychosen durch „Badesalz“
bekannt
•  Nach i.v Konsum : Wahnvorstellung,
paranoide Verkennung der Umwelt, Angst,
raptusartige Erregungszustände.
Casus # 2 - Symptome
•  „ Unter dem Bett liegen 4 kg Gold“
•  „Leute im Zimmer, die mir immer wieder
gegen meinem Willen Doxepin spritzen“
•  „Polizei steckt da auch mit drin“
•  „Ich kann immer erst dann aufhören, wenn
ich psychotisch geworden bin“
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Casus #2 - Behandlung
•  Haldoperdol 9mg/d für 2 d, dann
ausschleichend
•  Quetiapin 350 mg/
•  Lorazepam 5mg /d
•  Symptomatik innerhalb von 2 Tagen
abklingend, Dauer: ca. 10 d
•  Im Nachhinein Amnesie bezüglich der
Aufnahmeumstände
•  Craving während der Wirkung
Casus #5 – Anamnese, Klinik
•  38 Jahre, Polytoxikomanie
•  Insgesamt 1-2 g in den Tagen vor der
Aufnahme i.v
•  Bereits 2 Episoden einer drogeninduzierten
Psychose in der Vorgeschichte
•  Verfolgungswahn,
Beeinträchtigungserleben, akustische
Halluzinationen, Eifersuchtswahn, formale
Denkstörungen
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Casus #5 - Symptome
•  „ Die Wohnung wird überwacht“
•  „Frau dreht in der Wohnung
pornographische Filme und feiert wilde
Orgien“
•  „Stimmen teilen das mit“ (Beschimpfend)
•  Einweisung nachdem der Pat. versucht
hat, die Wohnungstür einzutreten um
seine Kinder zu sehen
Casus #5 - Therapie
•  Risperdal oral 3mg/d und i.m
•  Tavor 4 mg/d
•  Protrahierter Verlauf mit noch ca. 1 Woche
andauernder, wenn auch abnehmender,
aber klinisch relevanter Symptomatik
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4. THERAPIE
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Empfehlungen Akut-Therapie
- Überwachung und Sicherung der Vitalfunktionen
(Kühlung, Herzfrequenz, Flüssigkeitssubstitution,
etc.)
- Neuroleptische Therapie: welche ?
- Anxyolyse
- Sedierung wg. raptusartigen Erregungszuständen
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5. NEUROBIOLOGIE
Methylon: 5HT–RT-Inhibition vgl. Amphetamin
Mephedron: DA-Konzentration > MDMA, 5HT < MDMA ,
Rückbildung schneller als bei MDMA
Pyrovaleron: stark auf NA-RT u. DA-RT, aber wenig 5HT-RT
Bem: 5HT = Serotonin, DA = Dopamin, NA = Noradrenalin,
RT = Rück-Transporter
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Rewarding Effects of Methylone
Tierexpermente
Ab 150 mg
(Einzeldosis)
hohes
Suchtpotenzial
Lucas R Watterson1,2, Lauren Hood1,2, Kaveish Sewalia1,2, Seven E Tomek1,2, Stephanie, Yahn1,2, Craig
Trevor Johnson1,2, Scott Wegner1,2, Bruce E Blough1,2, Julie A Marusich1,2, and M Foster Olive1,2,*
The Reinforcing and Rewarding Effects of Methylone, a Synthetic Cathinone Commonly Found in “Bath Salts”
J Addict Res Ther . ; Suppl 9: . doi:10.4172/2155-6105.S9-002.
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Bewegung
+
Kognition
+
Lernen
+
+
+
+
Dopamin
Aufmerksamkeit
Gedächtnis
+
Belohnung
-
Stimmung
-
Schlaf
Prolaktin
AMPHETAMINE
0
250
1
2
3
4
Time After Amphetamine
Accumbens
Caudate
150
COCAINE
DA
DOPAC
HVA
200
100
0
0
1
2
3
4
Time After Cocaine
250 Accumbens
5 hr
MORPHINE
Dose (mg/kg)
0.5
1.0
2.5
10
200
150
100
0
Accumbens
300
5 hr
NICOTINE
200
% of Basal Release
DA
DOPAC
HVA
400
% of Basal Release
Accumbens
1100
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
% of Basal Release
% of Basal Release
Effects of Drugs on Dopamine Levels
100
0
1
2
3 hr
Time After Nicotine
0
0
1
2
3
4
Time After Morphine
5hr
26 Source: Di Chiara and Imperato
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NEUROCHEMIE DER PSYCHOTOGENEN DROGENEFFEKTE
Tollkirsche
Kokain,
Amphetamine,
Ecstasy
SSRIs
ACETYLCHOLIN
NORADRENALIN
GLUTAMAT
GABA
SEROTONIN
Psychedelika
z.B. Ketamin
DOPAMIN
Dominanz des Dopamins, Serotonins und/ oder Noradrenalins im
Vergleich zum anderen Bereich des Waagesystems
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(vgl. Tretter 2000).
5HT
NA
Aufmerksamkeit
Angst
Impulsivität
Motivation
Stimmung
Emotion
Kognition
Antrieb
DA
BesessenheitZwanghaftigkeit
Appetit
Sex
Aggression
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DIFFERFENTIELLE PSYCHOMETRIE - RAUSCHSKALEN
1.  Ozeanische Selbstentgrenzung
(OSE)
2.  Angstvolle Ichauflösung (AIA)
3.  Visuelle Umstrukturierung (VUS)
4. Auditive Veränderung (AVE)
5. Vigilanzreduktion (VIR)
(Dittrich u.a. 19…)
WIRKUNGSPROFIL
VON
ECSTASY
VS KETAMIN
VS
PSILOCYBIN
(Vollenweider
2010)
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6. PERSPEKTIVEN
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ZUSAMMENFASSUNG
- schwierige Identifikation / Labor !
- Verbreitung im Dunkelfeld
- komplexe Akutkomplikationen
- Suchtpotenzial
- „Herausforderung“ für Beratung
- Uneinigkeit in der Akutbehandlung
- Erste Orientierungen in der
Etwöhnungstherapie
- Herausforderung für Prävention (Medien)
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VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT
http://opinionator.blogs.nytimes.com/2012/01/28/are-we-ready-for-a-moralitypill/
Leif Parsons32
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