400 Mio. - sportcluster

Transcription

400 Mio. - sportcluster
Neuö Zürcör Zäitung
Donnerstag, 5. März 2015 V Nr. 53
29
Recht
...............................................................................................................................................................
.........................................................................................................................................................................................................................................................................................
und Ertragsverbesserung wird das Velogeschäft forciert
Mitarbeiter jede Woche 1000 Paar Ski.
URS FLUEELER / KEYSTONE
Kunden Fans machen
erfolgreich neuer Medien und plant eine Expansion
sich meist in London aufhält, erlangte
einen Bachelor von Stanford und einen
MBA von Harvard. Danach arbeitete er
3 Jahre für Disney und 21⁄2 Jahre bei
McKinsey, bevor er sich vor der Jahrtausendwende als Internet-Unternehmer
versuchte. Er war Mitbegründer von
GoIndustry, einer Auktions-Website,
über die Unternehmen ihre Restposten
vertreiben, nur das Platzen der Dotcom-Blase verhinderte das schnell gemachte Geld. Immerhin glückte dem
Unternehmen 2006, sieben Jahren nach
der Gründung, der Börsengang am
Alternative Investment Market (AIM),
dem Neuen Markt in London. Seither
ist Hoye bei einer Vielzahl von Projekten im Technologiebereich und Einzelhandel als Kapitalgeber involviert. Nebenbei war er Konzernchef von Latitude Digital Marketing.
Von all diesen Erfahrungen profitiert
auch Faction, vor allem in der Entwicklung des Markennamens. Ziel sei es, aus
den Kunden Fans von Faction zu machen. Zur Förderung des Gemeinsamkeits-Gefühls, das der Marke dient, werden alle Kanäle der sozialen Netzwerke
bespielt; man will eine Art Faction-Facebook kreieren. Um dem kollektiven Gedanken des Firmennamens gerecht zu
werden, engagiert sich die Firma bei
Gear4Guides, wo gebrauchtes Sportmaterial für Bergführer aus Kirgistan
gesammelt wird. Als leuchtendes Vorbild erwähnt Hoye das amerikanische
Sportartikelunternehmen
Patagonia,
das schon früh soziale und ökologische
Ziele verfolgt hat. Auch Faction wolle in
Zukunft mehr rezykliertes Material und
weniger Chemikalien in der Skiproduktion einsetzen, sagt McWilliam.
Derzeit werden die Ski noch fast zu
drei Vierteln über den Grosshandel abgesetzt, die wichtigsten Märkte sind die
USA, Kanada und Frankreich. Die Anzahl Verkaufspunkte beträgt etwa 330,
soll aber ausgebaut werden. Auch der
Direktverkauf via Internet soll angekurbelt werden. Nur etwa 10% der Einnahmen werden in Franken generiert, das
meiste in Euro, weshalb die starke
Heimwährung wenig Auswirkungen hat.
Lizenzvertrag mit Roxy
In der Ski-Herstellung, die nach wie vor
viel Handarbeit erfordert, gibt es Parallelen zu Stöckli. Allerdings ist es bei
Faction – mit nur 16 Vollzeit-Mitarbeitern – Auftragsfertigung. Jüngst konnte
ein lukratives Geschäft («achtstellig»)
mit Roxy abgeschlossen werden, der
«Mädchen-Marke» von Quiksilver, für
die Faction die neuen Roxy-Ski herstellt. Ergänzt und zunehmend wichtiger wird auch das Bekleidungsgeschäft,
mit dem die Firma den Markennamen
bekanntmachen und den «Factionados»
Gelegenheit bieten will, sich mit dem
Label auch im Alltag zu identifizieren.
Doch immer stünden hohe Materialqualität und Nutzerfreundlichkeit im
Vordergrund, sagt McWilliam.
Innovation
statt Stagnation
Skihersteller müssen umdenken
Giorgio V. Müller V Die Hersteller von
Ski – und erst recht die Produzenten von
immer unpopuläreren Snowboards –
haben seit Jahren einen schweren Stand.
Vor zwanzig Jahren wurden weltweit
jedes Jahr rund 8 Mio. Paar Ski abgesetzt. Mittlerweile sind es noch rund 3,2
Mio. Paar, wovon 2 Mio. in den europäischen Ländern verkauft werden. Dazu
gesellte sich ein Preiszerfall. Wurden in
den goldenen 1970er und 1980er Jahren
von Schweizer Skienthusiasten ohne
Wimpernzucken noch 1000 Fr. für eine
Skiausrüstung auf den Ladentisch des
heimischen Fachgeschäfts oder des Anbieters in der bevorzugten Feriendestination gelegt, wollen sie heute nur noch
halb so viel für ihre neuen Latten bezahlen – wenn sie nicht sogar mieten statt
kaufen. Im Massengeschäft lassen sich
mit technischen Finessen immer weniger höhere Preise rechtfertigen, denn in
der Herstellungsart ähneln sich die Modelle von Atomic, Head, Salomon und
Konsorten zu sehr. Allein mit Grössenvorteilen und einem geschickten Marketing ist heute im Skigeschäft noch
einigermassen Geld zu verdienen.
Besonders schwierig ist die Lage für
die einheimischen Hersteller, haben sie
doch das Handicap hoher Lohnkosten.
Die meisten der einst über dreissig traditionellen Schweizer Skimarken sind
denn auch still und heimlich verschwunden. Von den grossen Schweizer Skimarken spielt nur noch Stöckli eine bedeutende Rolle. Dank einem Direktvertrieb, mit dem die Listenpreise verteidigt
werden können, hat die Marke als eine
der wenigen überlebt. Trotzdem nimmt
die Zahl der heimischen Skihersteller
seit einigen Jahren eher wieder zu.
Hingegen müssen die Hersteller für
ihre Existenzberechtigung mehr tun, als
nur ihre Ski mit der Etikette «Swiss
made» zum doppelten Preis anzubieten.
Die einen setzen auf Super-PremiumProdukte wie Zai und Core, bei denen
eine komplette Skiausrüstung auch einmal einen fünfstelligen Frankenbetrag
kostet. Aber trotz elegantem Marketing
verdient Zai auch zehn Jahre nach der
Gründung noch kein Geld. Dies ist auch
der trendigen Freerider-Marke Faction
noch nicht gelungen. Auch für die Newcomer ist das (Über-)Leben hart. Um
längerfristig zu bestehen, braucht es
eine gehörige Portion Innovationskraft.
In diesem Punkt geht es ihnen wie fast
allen Schweizer Firmen.
ZAHL ZUM THEMA
........................................................................
400 Mio.
Skitage pro Jahr
Seit Jahren stagniert die Gesamtzahl der
Tage, an denen jemand irgendwo auf der
Welt Ski fährt, bei 400 Mio., wenn auch
die Besuche in den Skihallen berücksichtigt werden. Ohne sie bewegen sich
die Besuche konstant zwischen 300 Mio.
und 350 Mio. (vgl. Grafik). Dem Zuwachs
an neuen Destinationen stehen rückläufige Zahlen in den traditionellen Skigebieten gegenüber. Japan erlebte sogar
einen regelrechten Einbruch. Während in
der Schweiz vor zehn Jahren noch knapp
30 Mio. Skitage gezählt wurden, waren
es in der schlechten Wintersaison vor
drei Jahren nur noch 24,8 Mio. Besuche.
Das Handicap einer starken Heimwährung dämpft die Hoffnung auf eine
Besserung.
Verträge in Englisch fordern
hiesige Anwälte heraus
Eugen Stamm V Für Schweizer Wirtschaftsanwälte und Unternehmensjuristen ist Englisch unentbehrlich. Die
Lingua franca des Geschäftsverkehrs
hat sich in Telefonkonferenzen und
Sitzungen durchgesetzt. Ganz gleich
wie viele Teilnehmer Deutsch oder
Französisch sprechen, eine Person, die
beides nicht kann, scheint immer dabei zu sein; selbstverständlich wechseln dann alle auf Englisch.
Auch für das eigentliche rechtliche
Handwerk, die Vertragsgestaltung,
reicht Deutsch nicht mehr. Die Gründe dafür seien divers, sagen die Anwälte Reto Hunsperger und Marquard Christen von der Kanzlei CMS
von Erlach Poncet. Internationale Firmen treiben nicht nur Handel mit Vertragsparteien aus verschiedenen
Sprachregionen, sondern wollen ihre
Dokumente auch sprachlich vereinheitlichen. Sie verwenden überdies
gerne englische Musterverträge.
Um sich die Terminologie des «Legal English» anzueignen, absolvieren
viele Schweizer nach ihrem Rechtsstudium noch einen LL.M., einen
«Master of Laws». Diese Zusatzausbildung ist ein Muss geworden, um bei hiesigen Wirtschaftskanzleien Karriere zu
machen. Ein Doktortitel ist zwar gerne
gesehen und wird honoriert; Conditio
sine qua non ist er aber nicht mehr.
Für das LL.M.-Nachdiplomstudium begeben sich Absolventen ein
bis zwei Jahre nach Grossbritannien
oder in die USA. Man erweitert dort
sein Netzwerk und macht Bekanntschaft mit dem «Common Law». Es
unterscheidet sich grundlegend von
der kontinentaleuropäischen Rechtstradition, die auf römischem Recht
basiert. Common Law stützt sich vor
allem auf Richtersprüche und wird
deshalb auch als Fallrecht bezeichnet.
Nun wird ein Vertrag, den zwei
Unternehmen dem Schweizer Recht
unterstellen, nicht durch andere rechtliche Prinzipien regiert, nur weil er in
Englisch abgefasst ist. Aber wie bei
allen Übersetzungen gehen einige Bedeutungen von Wörtern verloren, und
neue Nuancen kommen hinzu. Gedichte und Romane nehmen so ein
wenig Schaden – Rechtstexte ebenso.
Was die Parteien wirklich in den
Verträgen vereinbaren wollten, sagen
Hunsperger und Christen, sei häufig
unklar. Wörter wie «guarantee» oder
«indemnity» (Letzteres zu Deutsch
etwa Schadenersatz oder Schadloshaltung) können für verschiedene
rechtliche Konzepte stehen. Begriffe
wie «indirect» oder «consequential
damages» haben zudem im Schweizer
Recht keine klare Bedeutung. Die
Anwälte raten daher dazu, möglichst
präzise zu umschreiben, welche Situationen die Vertragsparteien mit welchen Folgen verknüpfen wollen, und –
falls möglich – noch dazuzuschreiben,
auf welche Artikel im Obligationenrecht sie Bezug nehmen wollen. Am
Zürcher Handelsgericht und an den
meisten anderen Gerichten in der
Schweiz dürfen englische Verträge in
der Regel ohne Übersetzung eingereicht werden – die Klagen selbst hingegen (noch) nicht.
Steuern
...............................................................................................................................................................
Lohnende Deklaration
von Vermögensgegenständen
Derk Nijhof V Jedes Jahr deklarieren
Steuerpflichtige ihre Guthaben, Wertschriften, Motorfahrzeuge, Liegenschaften und rückkauffähigen Lebensversicherungen als steuerbares
Vermögen. Sowohl die Identifikation
dieser Positionen als auch deren Bewertung sind in den meisten Fällen
relativ einfach. Bei der Deklaration
wird jedoch häufig die Zeile «Übrige
Vermögenswerte» überlesen. Es ist
nicht immer intuitiv nachvollziehbar,
welche Vermögenswerte unter dieser
Rubrik deklariert werden müssen und
wie diese zu bewerten sind.
Der Gesetzgeber hat zwei gewichtige Grundsätze zum steuerbaren Vermögen festgelegt. Er definiert alles als
steuerbar, was nicht zum Hausrat
oder zu den persönlichen Gebrauchsgegenständen gehört. Zudem ist das
Vermögen grundsätzlich zum Verkehrswert zu bewerten. Beide Vorschriften führen bei ihrer Auslegung
je nach Situation der Steuerpflichtigen zu Unsicherheiten und möglichen
Differenzen mit dem zuständigen
Steueramt.
Eindeutig nicht zum steuerfreien
Hausrat oder zu den persönlichen Gebrauchsgegenständen gehören Boote,
Flugzeuge, Reitpferde oder ganze
Kunstsammlungen. Nach geltender
Praxis sind jedoch auch einzelne Vermögensgegenstände, deren Wert das
gemeinhin Übliche deutlich übersteigt oder die geeignet sind, erhebliche Wertzuwachsgewinne zu generieren, zum Verkehrswert zu versteuern. Solche Gegenstände werden
selbst dann erfasst, wenn sie vordergründig die Funktion von Hausrat er-
füllen. Eine Ming-Vase, die zur Dekoration ausgestellt ist, oder ein überaus
wertvolles Gemälde, das im Wohnzimmer hängt, sind also steuerbar,
wenn sie in erster Linie den Charakter
einer Kapitalanlage haben. Diesen
haben sehr wertvolle Gegenstände gemäss dem Zürcher Verwaltungsgericht sogar automatisch – ungeachtet
der konkreten Nutzung.
Wird ein Gegenstand oder eine
Sammlung zusätzlich zum übrigen
Hausrat versichert, ist dies für die
Steuerbehörden vielfach schon Indikation genug, dass in solchen Fällen
steuerbares Vermögen vorliegt. Die
Versicherungssumme dient zudem
häufig als Ausgangspunkt für die Feststellung des Verkehrswertes. Andere
Wertangaben wie etwa die Kauf- beziehungsweise Verkaufspreise, Expertenschätzungen oder beobachtbare
Marktpreise bieten sich ebenfalls an,
und im Einzelfall können diese Beträge stark voneinander abweichen.
Verzichten Steuerpflichtige vollständig auf die Deklaration entsprechender Gegenstände, exponieren sie
sich im Hinblick auf ein mögliches
Nachsteuerverfahren wegen Steuerhinterziehung. Deklarieren Ansässige
solche Dinge hingegen proaktiv in der
Steuererklärung, können sie sich auf
einen – realistischen, objektiv nachvollziehbaren und möglicherweise für
sie vorteilhaften – Betrag festlegen.
Dann ist es nämlich die Aufgabe der
Steuerbehörden, einen höheren Vermögenswert nachzuweisen.
.............................................................................
Derk Nijhof, dipl. Steuerexperte, Treureva AG,
Zürich, Mitglied Primeglobal.