Im künstlichen Vulkan rumort es Geophysik Würzburger Forscher
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Im künstlichen Vulkan rumort es Geophysik Würzburger Forscher
Im künstlichen Vulkan rumort es Geophysik Würzburger Forscher simulieren Vulkanausbrüche und untersuchen deren Folgen. Von Michaela Schneider Würzburg Ein gedämpftes „Puff“, eine drei Meter hohe Aschewolke – und schon nach wenigen Sekunden ist das kleine Spektakel vorbei: Fünf Kilo 9000 Jahre alte Vulkanasche sind vom Winde verweht. Die Eruptionswolke im Kleinformat auf grüner Wiese wirkt auf den ersten Blick nicht weiter spektakulär. Und doch ist das Team des Pysikalisch-Vulkanologischen Labors um den 56-jährigen Geophysiker Bernd Zimanowski weltweit gefragt. Seit 1991 beschäftigen sich Wissenschaftler im Unterfränkischen mit grundlegenden physikalischen Prozessen des Vulkanismus – vor allem mit Eruptionsmechanismen an der Erdoberfläche und unter Wasser. Physikalische Parmater dienen dann der Entwicklung von Modellen. Ziel der Forschungsarbeit ist es auf der einen Seite, Vulkanausbrüche besser vorhersagen zu können. Auf der anderen Seite erforscht man mittels simulierter Ausbrüche deren Auswirkungen. Als vor einem Jahr in Island der Eyafjallajökull ausbrach und seine Aschewolke die gesamte europäische Zivilluftfahrt für Tage lahm legte, wurde hierzulande weiten Teilen der Bevölkerung die Dramatik und Ausstrahlungskraft eines Vulkanausbruchs erst richtig bewusst. Doch schon einige Jahre länger erzeugen die unterfränkischen Forscher ihre kontrollierten Vulkanausbrüche. Dabei geht es vor allem darum, herauszufinden, wie sich die pyroklastischen Staubwolken und Lawinen ausbreiten. Die kleine Apparatur in Würzburg ist dabei nur das Schwesterchen einer wesentlich größeren Anlage, aus deren Turm - vier Meter hoch mit einem Innendurchmesser von 60 Zentimetern - eine ganze Tonne Vulkanasche sowie Magma in die Luft geschossen werden können. Ein künstlicher Vulkan, der vom Prinzip her wie ein Luftgewehr funktioniert mit hochgespanntem Stickstoff als Treibmittel. Bernd Zimanowski Diese Anlage allerdings steht in Süditalien und das Team aus Unterfranken arbeitet hier seit dem Jahr 2005 mit Forschern der Universität Bari am Zivilschutz der Bevölkerung im Ballungsraum Neapel am Fuße des Vesuvs. Forschungsbasis: Der Ausbruch des Vesuvs vor 8900, der – ähnlich dem 100jährigen Hochwasser als Messlatte im Hochwasserschutz – in Süditalien als wahrscheinlichste Gefahr gesehen wird. Untersucht wird natürlich nicht allein die Aschewolke. „Das Gefährlichste bei einem explosiven Vulkanausbruch sind die mehrere hundert Grad heißen, pyroklastischen Ströme“, sagt Zimanowski. Denn: Explodiert ein Vulkan, wird eine Eruptionswolke in die Luft gejagt, kollabiert und rast dann mit bis zu 250 Stundenkilometern als Lava-Lawine aus Asche, Gasen und glühendem Gestein ins Tal. Ein beeindruckendes Naturschauspiel auf der einen, Verderben auf der anderen Seite. Ziel der Süditaliener ist es unter anderem, sichere Schutzräume zu konstruieren und zumindest wichtige Gebäude in der Nähe des Vesuvs wie Krankenhäuser oder Schulen so auszustatten, dass sie einem pyroklastischen Strom standhalten könnten. Zuletzt ist der Vesuv im Jahr 1944 ausgebrochen. Er ist einer der gefährlichsten Vulkane auf dem europäischen Festland. Experten erwarten noch in diesem Jahrhundert den nächsten Ausbruch. Weitere Kunden des Würzburger Labors sitzen in Mexiko, Island, Neuseeland und Japan. In der Regel sind dies Dienste, die bestimmte Vulkane erforschen und mit ganz gezielten Fragestellungen an die Würzburger Forscher herantreten. Weltweit einzigartig: Nur im Physikalisch-Vulkanologischen Labor in Würzburg ist es möglich, Vulkangestein aufzuschmelzen und das ursprüngliche, fein fragmentierte Magma (griechisch: „Bodensatz“) wiederherzustellen. Fast poetisch klingt es, als Bernd Zimanowski erklärt, warum dem Labor dabei die Arbeit nicht ausgeht: „Vulkane sind vergleichbar mit Menschen: Keiner gleicht dem anderen, jeden müssen wir individuell studieren.“ Genauer: Jeder Vulkan hat sein eigenes, ganz spezielles Magma. Um herauszufinden, was genau bei einem Ausbruch passieren könnte, ist also bei jedem Vulkan ein eigener Großversuch nötig. Zimanowski betont in diesem Zusammenhang: Das Würzburger Institut betreibt vor Ort keine Basisforschung, sondern tritt erst auf den Plan, wenn bereits eine etablierte Vulkanüberwachung aufgebaut ist und liefert dann beispielsweise zusätzliche Daten zu Materialeigenschaften oder ermittelt mit der Eruptionsmaschine Energiebilanzen. Derzeit arbeiten die Würzburger Forscher zudem an Systemen, um schon während des Vulkanausbruchs Intensität und Aschemenge genau zu bestimmen. „Für den Erruptionsort selbst haben wir ein gutes System entwickelt“, sagt Zimanowski. Interessant wäre jedoch gerade mit Blick auf die Zivilluftfahrt, die Folgen eines Ausbruchs über Landesgrenzen hinaus vorherzusagen. „Technische Möglichkeiten gäbe es. Die Frage ist, wer die finanziellen Mittel in die Hand nehmen will. Dafür müsste eine europäische Lösung her“, so der 56-Jährige. Wissenschaftlich beschäftigt den Würzburger derzeit ein ganz anderes Thema intensiv: Der Unterwasservulkanismus. Denn 90 Prozent des Vulkanismus spielen sich unter Wasser ab, trotzdem ist dieses Gebiet bislang nahezu unerforscht. Experimentell will der Forscher daher unter anderem untersuchen, ob Vulkanausbrüche theoretisch einen Super- El-Nino auslösen könnten. Wissenschaftler verstehen unter diesem Phänomen nichtzyklische, veränderte Strömungen im ozeanographisch-metereologischen System des Pazifiks, die weltweit Wetterkapriolen auslösen. Schon länger vermuten Experten einen Zusammenhang zwischen vulkanischer Aktivität und klimatischen Unregelmäßigkeiten. In Würzburg simulieren Wissenschaftler einen Vulkanausbruch, bei dem fünf Kilogramm Vulkanasche in die Luft geschleudert werden. Fotos: Michaela Schneider Infokasten: Vulkanausbrüche Im Erdinneren schmilzt mancherorts das Gestein, aus dem der Erdmantel besteht – man spricht vom so genannten Magma. Weil es leichter als kaltes Gestein ist, steigt es auf und beult bildlich gesprochen die Erdkruste aus. Reißt sie schließlich auf und dringt Magma aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche, ist ein Vulkan entstanden. Einmal entstanden können Vulkane mehrere 100 000 Jahre aktiv bleiben und jederzeit wieder ausbrechen. Weltweit gibt es derzeit 50 bis 60 aktive Vulkane. Mehrere 1000 schlafen nur – ihre Überwachung ist für die Bevölkerung lebenswichtig.