Test: Karmann Colorado 650
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Test: Karmann Colorado 650
TEST & TECHNIK Text & Fotos: Viktor Lindemann Es war einmal in A...ustria enn die neue Modellreihe von Karmann Mobil auch, ganz getreu der Tradition der Firma, amerikanische Bundesstaaten für die Namensgebung ihrer Reisemobilserien zu verwenden, Colorado heißt, so waren wir Österreicher vom CCA-Journal doch die ersten, die ein solches Mobil in einen Test nehmen konnten, sogar noch vor unseren deutschen Kollegen. W Der Name ist legendär! Karmann – der Name ist eigentlich jedem bekannt – und sei es nur vom Karmann Ghia, diesem flott gestylten Coupè aus den „Roaring Sixties" auf VW Käfer-Basis, das die Biederkeit des millionenfach gebauten Volkswagens vergessen ließ. Gelingt das den Erbauern des Colorado 650 auch? Gehen wir der Frage einmal mehr an Hand des bewährten „Außen – Fahren – Innen – Wohnen – Schlafen – Kochen – Waschen – und sonst?" Schemas nach. Also außen Hm, da steht nun also ein mit 6.69 m Außenlänge doch schon recht ernstzunehmen- des Fahrzeug da, nur wirkt das Mobil irgendwie zierlich und schlank. Wie kommt das? Ist es der Schwung im Dach, der sich wie eine Bugwelle hinter dem Alkoven herzieht? Oder ist es der sanft nach vorne abfallende Alkoven, der sehr zierlich wirkt, dessen Innenmaße aber doch überzeugen können? Oder die schlichte Zweifarbigkeit ohne verkrampft wirkende Farbtupfen, oder gar die geringe Bodenfreiheit, die das Reisemobil eher schon wie ein Rasemobil aussehen lässt? Sicher ist es das alles zusammen. Die Seitenansicht wirkt also, und wie schaut´s vorne Einmal Alkovenansicht von außen und die geräumige Höhle im Inneren. 10 CCA-JOURNAL 3/2004 TEST & TECHNIK und hinten aus? Von vorne wirkt der Karmann eher bullig, aus dieser Perspektive fällt dann doch die Höhe des Aufbaus auf, auch durch das eher niedrige Führerhaus des neuen VW T5 Transporters. Meiner Meinung nach ist die Schokoladenseite am anderen Ende zu finden. Die bauchigen Seitenwände kommen hier am stärksten zur Geltung, die beiden Wülste als Verlängerung der Dachlinie lockern die fensterlose Rückwand auf, die Rückleuchten in LED-Technik tragen auch zum eleganten Auftritt bei. Jetzt schüttelt. Erstaunlich flott geht der kleine, recht brummige und rau laufende Motor in den unteren Geschwindigkeitsbereichen zur Sache, erst ab etwa 80km/h merkt man dann doch den Winddruck auf dem Alkoven. Für den Autobahnbetrieb wäre dann die 2.5-lVariante sicher die bessere Wahl, und für ganz eilige Zeitgenossen hält der VWBaukasten auch noch eine 174 PS-Variante bereit, die dann sicher für recht kostspielige Fotos von der schönen Rückseite sorgen kann. Nichts auszusetzen jedenfalls gibt es an Getriebe und Kupplung, alles geht ganz easy und selbstverständlich von der Hand, lediglich der meiner Meinung nach etwas fad gestylte Fahrerplatz trübt den guten Eindruck ein wenig. Edle Holzoptik in der Oase Bad. Wahrscheinlich fällt das Armanoch ein Rückfahrvideosys- turenbrett nur deshalb auf, tem auf das Heck geschraubt weil sich das Mobil wirklich und der Abschluss ist perfekt. wie ein Pkw fährt und deshalb Perfekt ist auch die Verarbei- viel Zeit zum Betrachten der tung der GfK-Außenwände. näheren Umgebung bleibt – Hier bemerkt man doch die aber das ist, wie gesagt, Routine im Bau hochwertiger Geschmackssache. Fahrzeuge. Selbst die gewölbte Türe passt mit gerinAlso wieder gem Spalt sehr gut und ist halt doch etwas Besonderes, runter von der Piste ... wenn man die geraden Türen ... und hinein in den freundder meisten Mobile gewohnt lichen Wohnraum. Angesichts ist. Kaum erwähnenswert, des etwas unwirtlichen Wetdass auch all die anderen ters wollte ich den Durchstieg Übergänge selbst bei diesem im Inneren nutzen und beVorserienmodell sehr gut aus- trachtete den etwas niedrig geführt sind. geratenen Ausschnitt mit Jetzt aber! Genau, jetzt wird es aber schön langsam Zeit, zu fahren. Wollen wir doch einmal sehen, ob sich das auch so fährt, wie´s ausschaut. Motorisiert war das Testfahrzeug mit der 1.9l-Variante, die 104 PS aus der Kurbelwelle Die Sitzgruppe bietet auch einmal für acht Personen Platz. der Durchstieg doch fast genauso komfortabel wie in einem Vollintegrierten Mobil. Jetzt noch schnell den Durchstieg mit der Sitzgruppe ganz verbaut, und einer gemütlichen Session mit mehreren Gleichgesinnten steht nichts mehr im Weg. Ohne Probleme lassen sich hier wirklich acht Personen kommod unterbringen, so lange diese nicht mit einer Mahlzeit verwöhnt werden wollen. Von der Sitzgruppe aus fällt der Blick dann auf die zweifarbig ausgeführten Möbel. Auch hier gilt wieder: Über Geschmack kann man nicht streiten, entweder das Design gefällt oder eben nicht. Ganz sicher aber lockert diese Farbgebung den Innenraum auf, die alufarbigen Leisten zwischen den verschiedenen Hölzern wirken recht edel und würden durchaus einer ele- ganten Yacht auch gut zu Gesicht stehen. Genug gesessen, müde geworden? Na dann ab in den Alkoven. Ausreichend hoch und beidseitig mit Fenstern ausgestattet, ist schon ein Garant für ausreichend Frischluft zum Schlafen. Der gute Liegekomfort rundet gemeinsam mit den edel gestylten Leselampen das Bild vom durchdachten Schlafplatz wieder ab, auch wenn dieser beim ersten Anblick durch die ungewöhnliche Alkovenform etwas beengt zu sein scheint, die Abmessungen von 145x 200cm reichen wirklich aus. Für das Mittagsschläfchen muss es aber gar nicht der Alkoven sein, die Längssitzbank reicht für diese Zwecke auch vollkommen aus. Und Die L-förmige Kochecke mit genügend ARbeitsfläche. wenig Begeisterung. Die Mannen der Konstruktionsabteilung haben aber löblicherweise mitgedacht, und das Ergebnis ist ein mittels Gasfedern unterstütztes Bett im Alkoven, das sich wirklich locker mit einem Finger weggedrückt werden kann. Da war dann die Begeisterung doch schnell vorhanden, ist CCA-JOURNAL 3/2004 11 TEST & TECHNIK sollten es einmal doch vier Personen sein, die sich zur Ruhe begeben wollen, das mittlere Bett ist auch recht schnell gebaut und bietet mit seinen 190x135 cm zwei zierlichen Personen Platz. Wieder wach? Ja? Dann wird es wohl Zeit fürs Frühstück. Die Zubereitung wird in der L-förmigen Küche sicher leicht von der Hand gehen, genug Abstellflächen sind auch vorhanden, um selbst etwas voluminösere Kaffeevollautomaten mit auf die Reise nehmen zu können. Dies scheint auch so beabsichtigt zu sein, denn wieso war das Testfahrzeug mit einer zweiten Aufbaubatterie nebst verstärktem Ladegerät ausgestattet? Wohl, um einen kräftigen Wechselrichter mit ausreichend Strom versorgen zu können. Ein netter Gag ist auch die Beleuchtung in einzelnen unteren Küchenkasteln, so wird die Fahndung nach der Frühstücksmarmelade sicher schnell ein voller Erfolg. Fertig mit dem Frühstück? Na, dann ab zur Morgentoilette. Hygiene on Tour Richtig edel wirkt die „Oase Bad" im Heck. Das Waschbecken in dunkler Optik ist gar nicht einmal so klein, auch rund um die drehbare Toilette ist ausreichend Platz vorhan- 12 CCA-JOURNAL 3/2004 den und die getrennte Duschkabine lässt den Wasserverbrauch durch morgendliche Duschorgien in bedenkliche Höhen steigen. Die Anzahl der Ablagen für die morgendlichen Renovierungsarbeiten ist ausreichend, wenn auch nicht üppig ausgefallen. So, jetzt ist die Tauglichkeit des Mobils erstmal ausreichend getestet worden. Und wie schaut´s mit den kleinen erwähnenswerten Details aus? Und sonst? Die Robustheit der verwendeten Möbel fällt da als erstes auf. Die Beschläge aus Metall stemmen die Klappen zuverlässig in die Höhe und sehen auch so aus, als würden sie dieses in zwei Jahrzehnten auch noch mühelos machen. Der helle und freundliche Innenraum wirkt trotzdem irgendwie edel, auch die Polstervariante „Yellowstone" wirkt trotz der hellen Farben nicht billig, sondern passt stimmig in das Mobil. Das kleine Mistküberl in der Küchenarbeitsplatte ist da schon fast nicht mehr erwähnenswert, die vielen einzeln schaltbaren Lampengruppen aber schon. Sie ermöglichen wirklich die unterschiedlichsten Abendstimmungen in das Mobil zu zaubern. Dass die Stauräume recht großzügig dimensioniert sind, nimmt das Camperherz ebenso mit Freude auf wie frostsichere Tankunterbringung im Installationsboden. Alles in allem also ein würdiger Träger des Namens Karmann, der dem etwas biederen VW T5 ein edles Flair verleiht, und auf Grund des Basisfahrzeuges eben wiederum etwas darstellt, das sich aus der Masse wohltuend hervorhebt, und in dieser Hinsicht ist der Preis des getesteten Fahrzeuges von E 67.181,inklusive einiger Goodies durchaus angemessen. Technische Daten Karmann Colorado 650 Basisfahrzeug: VW T5, 1,9 -lTurbodiesel, 77kW/104PS, Airbags, ABS, FH elekrisch, Tankinhalt 80l. Gesamtlänge 668 cm Gesamtbreite 228 cm Gesamthöhe 288 cm Masse i. f. Zstd. 2.965 kg Gesamtgewicht 3.500 kg Zuladung 535 kg Anhängelast gb. 1.500 kg Liegeflächen: Alkoven 210x145 cm Sitzgruppe 190x135 cm Kühlschrank Dometic 90 l Frischwasser 100 l Abwasser 90 l Trumatic C 3402 Zweifarbiges Möbeldekor in Walliser Birnbaum und Ahorn. Preis: E 67.181,– inkl. aller Steuern und Abgaben, Sonderausstattung und Fahrzeugumrüstung. Zur Verfügung gestellt wurde uns das Fahrzeug von Bikemobil, 7051 Großhöflein, Industriestraße 1. Tel. 0 26 82/656 56. E-Mail: [email protected] Internet: www.bikemobil.at