Laubwandgröße und Traubenwelke

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Laubwandgröße und Traubenwelke
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20. 7. 2012 nr.13 s�dtiroler landwirt
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20. 7. 2012 nr.13 sÜdtiroler landwirt
Schlecht versorgte Beeren durch zu wenig Laubmasse: Sie verlieren bereits bei leichtem Druck Flüssigkeit und bleiben deformiert.
Laubwandgröße und Traubenwelke
Was es mit der Traubenwelke auf sich hat und wie man damit umgehen soll, hat das Versuchszentrum Laimburg untersucht. Hier eine Zusammenfassung der Ergebnisse. von barbara raifer, versuchszentrum laimburg
Die Symptome der Traubenwelke werden
sichtbar, wenn im Fruchtfleisch der Beere
Zellwände abgebaut werden und Zellen absterben. Dieser Vorgang scheint gegen Ende
der Reifeentwicklung normal zu sein. Es gibt
sogar Hinweise darauf, dass hohe Traubenqualität mit diesem Phänomen in Zusammenhang steht. Tritt das Absterben der Zellen
hingegen vorzeitig auf, ist ein „normaler“
Reifefortgang nicht mehr möglich, die Beeren
erschlaffen. Die zentrale Frage bei Traubenwelke ist daher, wie und warum es zum frühzeitigen Abbau von Zellwänden kommt.
Solange dies nicht umfassend geklärt ist,
können nur einzelne Risikofaktoren für die
Traubenwelke ermittelt werden. So kann der
Anbau entsprechend ausgerichtet werden.
Die Summe der bekannten Risikofaktoren
erlaubt aber auch einen Rückschluss auf die
Ursachen der Störung. Ein weiterer, nicht
unbedeutender Risikofaktor für das Entstehen
von Traubenwelke konnte inzwischen eindeutig identifiziert werden: eine zu geringe
Blattfläche im Verhältnis zum Ertrag.
Welke als Folge von falsch ausgeführten Arbeiten am Rebstock
Bereits in früheren Jahren konnte verschiedentlich festgestellt werden, dass Welke in-
folge von Arbeiten in Rebanlagen auftrat. So
zum Beispiel, wenn in der Reifephase ausgedünnt wurde, dabei auch Blätter und Augäste aus der Traubenzone entfernt und anschließend gegipfelt wurde. Wenige Tage danach
war dann in einigen Fällen Traubenwelke zu
beobachten, oft nur begrenzt auf die Teile der
Anlage, in denen diese Arbeiten in den vorangegangenen Tagen ausgeführt worden waren.
Im Jahr 2010 konnte an der Laimburg in
einem Versuch mit verschiedenen Formen
der Laubwandbewirtschaftung in den Parzellen mit niedriger Laubwand ein erhöhtes
Welkeaufkommen festgestellt werden. 2011
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traubenwelke
Darauf ist zu achten
• Bei jedem Gipfeln ist auf das Verbleiben einer ausreichend großen
Blattfläche von durchschnittlich etwa
einem Meter Laubwandhöhe über
der Traubenzone zu achten. Je höher
der angestrebte Ertrag umso mehr
Blattfläche ist erforderlich.
• Ab etwa Traubenschluss ist, besonders in Parzellen die bereits Traubenwelke aufwiesen, vor größeren
Eingriffe in die Blattfläche abzuraten.
Wird ein Gipfeln unbedingt notwendig, etwa in Jahren mit größeren
Niederschlägen in der Reifephase, ist
es besser mehrmals wenig als einmal
stark zu gipfeln.
• Zu Welke neigende Anlagen und
Rebsorten sind, besonders bei
heiß-trockener Sommerwitterung,
rechtzeitig vor Reifebeginn auszudünnen. Die Ertragsregulierung ist
in diesen Anlagen bereits früh, um
und unmittelbar nach der Blüte grob
durchzuführen und etwa zu Traubenschluss abzuschließen.
• Bei anhaltenden Hitze- Trockenphasen ist auf eine maßvolle Wasserversorgung der Anlage größtes
Augenmerk zu legen. Trockenstress
reduziert die tägliche Assimilationszeit der Reben in Hitzephasen
zusätzlich und stellt nur eine sinnlose weitere Belastung dar. Es ist aber
keinesfalls soviel Wasser zu geben,
dass neues Triebwachstum einsetzt.
• Die Anbaumaßnahmen sind langfristig so auszurichten, dass etwa ab
Traubenschluss eine deutliche Beruhigung des vegetativen Wachstums
einsetzt und diese gilt es bestmöglich
bis zur Ernte beizubehalten. Ist kaum
weiterer Blattzuwachs gegeben, werden die Trauben optimal versorgt.
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wurde in derselben Anlage und in einer terrassierten Weißburgunderanlage wieder die
Laubwand deutlich reduziert. In beiden Anlagen konnte dadurch Traubenwelke ausgelöst
werden. Und das obwohl 2011 kein starkes
Welkejahr war.
Auch aus Österreich wird inzwischen der
Zusammenhang zwischen Laubwandgröße
und Traubenwelke bestätigt. Insbesondere in
älteren Anlagen mit dem Erziehungssystem
Lenz Moser, welches oft zu einer Art Drahtrahmen konvertiert wurde. Hier wird bei
weiten Reihenabständen trotzdem ein ähnlich
hoher Ertrag wie in Spalieranlagen angestrebt.
Aus diesem Grund tritt Traubenwelke auf.
Denn es konnte deutlich das ungünstige Verhältnis zwischen Blattfläche und Ertragshöhe
als auslösender Faktor ermittelt werden. Somit
steht fest: eine zu kleine Blattfläche in Relation zum Ertrag stellt einen Risikofaktor für
das Auftreten von Traubenwelke dar.
Reduktion der Welke durch Traubenteilen
Dieses Ergebnis deckt sich zudem mit früheren Erkenntnissen, wonach frühe Ertragsregulierung, etwa Traubenteilen, das Welkeauftreten reduziert. Das Traubenhalbieren
wird eher vor Reifebeginn, vor und um Traubenschluss, ausgeführt. Für die verbleibenden
Trauben steht dadurch bereits vor der kritischen Phase für das Welkeauftreten, also vor
Normale
Laubwandhöhe
Reifebeginn, mehr Blattfläche zur Verfügung.
Bei starkem Gipfeln um Reifebeginn oder in
der Reifephase entsteht hingegen genau der
gegenteilige Effekt: die Blattfläche für die
Versorgung der verbleibenden Trauben wird
verringert.
Ergebnisse des Laimburg-Versuchs
Im Versuch am Versuchszentrum Laimburg
traten im Jahr 2011 eindeutige Symptome der
Traubenwelke erst spät in der Reifephase,
größtenteils erst kurz vor der Ernte, ab dem
24. August, auf. 2010 hingegen waren erste
Anzeichen von Traubenwelke bereits kurz
nach Reifebeginn zu erkennen. Um den 10.
August war das definitive Befallsausmaß erreicht. Später kamen kaum neue Schäden
hinzu. Vergleicht man die klimatischen Gegebenheiten, so fällt auf, dass 2010 der Juli
überdurchschnittlich heiß und trocken war,
2011 kam es aber erst ab dem 16. August zu
einer heißen und trockenen Phase. Sowohl
im Juli 2010, wie auch in der 2. Augusthälfte
» Klimastress und ungünstige Bewirtschaftungsmethoden verursachen Traubenwelke «
Niedrige
Laubwand
Durch niedrige Laubwände kann die Reifeentwicklung der Trauben verzögert werden, zugleich
erhöht sich aber auch das Risiko für das Auftreten von Traubenwelke.
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2011 herrschten in Südtirol klimatische Bedingungen, welche die Assimilation der Rebe
deutlich eingeschränkt haben dürften. Sowohl
die Temperaturen um 35 °C wie auch die
niedrige Luftfeuchte um 20 Prozent und auch
darunter, lassen diesen Schluss zu. Laut Literatur ist die Assimilation der Rebe bereits bei
einer Luftfeuchte um 40 Prozent stark reduziert. Es ist daher wahrscheinlich, dass Traubenwelke das Ergebnis von Klimastress bei
gleichzeitig ungünstigen Bewirtschaftungsmaßnahmen ist. Es erscheint weiters so, dass
im Einzelfall unterschiedliche Stresssituationen am entstehen der Störung beteiligt sein
können. So konnte z.B. in einigen wenigen
Fällen auch in Anlagen mit ausgesprochen
großer Blattfläche Traubenwelke beobachtet
werden. In diesen Fällen scheint eher das
anhaltend starke vegetative Wachstum die
Versorgung der Trauben einzuschränken.
Traubenentwicklung aufmerksam
verfolgen
Es steht heute definitiv fest, dass in den
Tagen vor dem eindeutigen Sichtbarwerden
der Welkesymptome an den Beeren die Zuckereinlagerung stagniert und zwar über einen
Zeitraum von etwa 10 bis 15 Tage. Es steht
weiters fest, dass das Problem bereits in den
Wochen unmittelbar vor Reifebeginn den
Ursprung hat. Ist dies der Fall, so setzt die
Reife, also das Weichwerden und der Farbumschlag der Beeren, verzögert ein.
Die in der Entwicklung zurückgebliebenen
aber nicht definitiv geschädigten Beeren können in der Folge aber normal weiter Zucker
einlagern und auch noch sehr hohe Gradationen erreichen. Das konnte beim Versuch im
Jahr 2010 sehr gut beobachtet und dokumentiert werden.
Es schaut somit danach aus, dass der Prozess, der zu Traubenwelke führt, in der Anfangsphase reversibel ist, also noch nicht zu
einer nachhaltigen Schädigung führt. Erst ab
einem höheren Grad der Schädigung der
Zellen des Fruchtfleisches der Beeren kommt
es zum irreversiblen Schaden und zum Auftreten von Traubenwelke. Es macht daher
Sinn, die Entwicklung der Trauben,aufmerksam
zu verfolgen. Vor allem in Anlagen, die bereits
Welke aufwiesen. Besonders in Vegetations-
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Barbara Raifer vom Versuchszentrum Laimburg
befasst sich eingehend mit der Traubenwelke
und versucht den Bauern hilfreiche Informationen und Tipps zu geben.
perioden, in denen die Pflanzen Klimastress
ausgesetzt sind, sind dann ausgleichende
Maßnahmen zu setzen.
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