Stellungnahme der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre eV (SdK)
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Stellungnahme der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre eV (SdK)
Stellungnahme der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V. (SdK) zum Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Massive Kritik der SdK: Unter dem Deckmantel des Anlegerschutzes werden Aktionärsrechte eingeschränkt Vorbemerkung Mit dem am 28.01.2004 vorgelegten Entwurf soll zugleich Punkt 1 des 10-PunkteProgramms der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes umgesetzt werden1. Der erste Punkt dieses Programms hieß damals noch „Persönliche Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft, Verbesserung des Klagerechts der Aktionäre.“ Von diesem hehren Ziel ist nichts mehr übergeblieben, wie sich schon aus der Namenswahl des UMAG ergibt. Es geht nicht mehr um die Verbesserung des Klagerechts der Aktionäre, sondern nun um eine Modernisierung des Anfechtungsrechts. Mit Modernisierung verbindet der unbefangene Betrachter eine Verbesserung des Anfechtungsrechts. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die sowieso schon nicht sonderlich ausgeprägten Rechte der Aktionäre sollen durch den Entwurf weiter eingeschränkt werden. Auch die propagierte Stärkung des Anlegerschutzes durch die Herabsetzung der Quoren ist nur eine vermeintliche Verbesserung, denn mit der Herabsetzung der Quoren wurden auf der anderen Seite solche Hürden eingebaut, dass Vorstand und Aufsichtsrat weiterhin in ihrer bisherigen Sicherheit ruhen können. Mit Klagen werden sie weiterhin kaum zu rechnen haben, wenn der Entwurf tatsächlich Gesetz werden sollte. Genauso verfehlt ist der Hinweis, dass die Unternehmensintegrität verbessert werden soll. Es muss nicht die Integrität der Unternehmen verbessert werden, sondern die der Organe. Diese müssen dazu angehalten werden, endlich zu erkennen, dass sie Sachwalter der Aktionäre sind und nicht selbst das Unternehmen. Das UMAG wird diesbezüglich keine Verbesserungen bringen. Anstatt die Haftung zu verschärfen gewährt man den Organen im Gegenteil Haftungserleichterungen. An dieser Stelle ist auf einen weiteren grundsätzlichen Missstand der Gesetzgebung hinzuweisen: das „Outsorcing“ von Gesetzgebungsarbeiten. Mit großem Befremden hat die SdK zur Kenntnis genommen, dass dieser Entwurf zumindest in wesentlichen Teilen von Herrn Dr. Carsten Schütz, einem Partner von 1 Nachzulesen unter http://www.bundesjustizministerium.de/enid/fcf2a7b96fa589ca6dd7ada0b75e48bb,1349a670726573 7365617274696b656c5f6964092d09313539093a096d795f79656172092d0932303033093a096d795f 6d6f6e7468092d093032/58.html 2 Nörr Stiefenhofer Lutz, stammt und dass die Stellungnahmen von einem Partner der Kanzlei Linklaters eingearbeitet werden sollen. Unabhängig von der Qualifikation der beteiligten Personen, die sicherlich vorhanden ist, hält es die SdK für sehr bedenklich, wenn jetzt bereits Teile der Gesetzgebungsarbeit in die Hände von Dritten gelegt werden. Es ist doch mehr als nachvollziehbar, dass diese Dritten- sei es bewusst oder unbewusst - die Interessen ihrer beruflichen Auftraggeber wahrnehmen bzw. durch ihre jahrelange Tätigkeit auf diesem Gebiet deren Sichtweise übernehmen. Leider sind bisher weder Nörr Stiefenhofer Lutz noch Linklaters als herausragende Vertreter von Aktionärsinteressen aufgefallen. Das Gegenteil ist hingegen häufiger der Fall. Beide Kanzleien vertreten häufig die Gesellschaften gegen deren Aktionäre. Dabei werden sie von den Organen der Gesellschaften beauftragt, so dass sie auf deren Wohlwollen angewiesen sind bzw. davon überzeugt sind, dass die Ansichten der Organe zutreffend sind. Vor diesem Hintergrund ist dann auch nicht verwunderlich, dass das Gesetz in vielen Punkte auf die Interessen der Organe und Großaktionäre zugeschnitten ist. Aus der Sicht der SdK ist besonders verwerflich, dass unter dem Deckmantel des Anlegerschutzes Regelungen eingeführt werden sollen, die die ohnehin schon geringen Rechte der Aktionäre weiter einschränken. Den Aktionären werden „Steine statt Brot gegeben“. Auf der anderen Seite können sich die Organe weiterhin bequem zurücklegen. Sie haben auch zukünftig nichts zu befürchten. Sollte der vorliegende Entwurf Gesetz werden, wird das Vertrauen der Aktionäre in die Aktiengesellschaften weiter reduziert, denn die Organe werden weiterhin für ihr Fehlverhalten kaum zur Rechenschaft gezogen werden können. Aktionäre werden nunmehr endgültig den Eindruck erhalten, dass der Satz, der dem Baron von Fürstenberg zugeschrieben wird, zutreffend ist:„Aktionäre sind dumm und frech. Dumm weil sie den Gesellschaften ihr Geld geben und frech, weil sie dafür auch noch etwas haben wollen.“ Das UMAG lässt sich in drei große Blöcke teilen: (1.) Haftung der Organe, (2.) die „Reform“ der Hauptversammlung und (3.) die „Modernisierung des Anfechtungsrechts“. Zu den einzelnen Änderungen: I.) Die „Haftung“ der Organe gegenüber der Gesellschaft Eines ist vorab noch klarzustellen: Das UMAG enthält keine Regeln, die die Haftung der Organe gegenüber den Aktionären betreffen (Außenhaftung), sondern nur Regelungen, die sich auf die Haftung der Organe gegenüber den Gesellschaften beziehen (Innenverhältnis). 3 Es geht also nicht um das Problem der Haftung von Vorstand und Unternehmen für fehlerhafte Unternehmensmeldungen. Diese Problematik soll in einem gesonderten Gesetz geregelt werden. 1.) Einführung der so genannten „Business Judgement Rule“ in das Gesetz sollen Arbeitnehmer wirklich stärker haften als Vorstände? Das UMAG sieht vor, dass Organe keine Pflichtverletzung mehr begehen, wenn sie bei einer unternehmerischen Entscheidung ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Aus der Begründung des Entwurfs geht hervor, dass man mit dieser Regelung gewissermaßen ein Gegengewicht zur Erleichterung der Haftungsklage schaffen will. Man will den Organen offensichtlich nicht zu viel zumuten. Die SdK hat immer geäußert, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass falsche Markteinschätzungen, bspw. der immer wieder zitierte Kauf der UMTS-Lizenzen, keine Haftung des Vorstands begründen können. Jede unternehmerische Tätigkeit ist mit dem Risiko von falschen Markteinschätzungen verbunden. Dies nehmen die Aktionäre auch bewusst in Kauf, wenn sie sich an Unternehmen beteiligen. Was sie aber von jedem ihrer Angestellten erwarten, ist ein sorgfältiges Abwägen der Situation, dies gilt sowohl für den Vorstand, wie auch für jeden Angestellten. Grundsätzlich handelt es sich daher bei der Business Judgement Rule um eine Selbstverständlichkeit. Da es sich um eine solche Selbstverständlichkeit handelt, haben solche Fälle bisher auch so gut wie nie die Gerichte beschäftigt und zwar selbst bei solchen (nichtbörsennotierten) Gesellschaften nicht, bei denen es durchaus Großaktionäre gab, die schon nach dem heute geltenden Recht hätten klagen können. Bisher hat man in der Praxis immer mit den Vorgaben gearbeitet, die der Bundesgerichtshof in der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung aufgestellt hat. Es geht dabei letztlich um die Frage, wann das unternehmerische Ermessen überschritten wird. Nun sieht das UMAG aber eine Haftung nur dann vor, wenn der Vorstand grobfahrlässig gehandelt hat. Der Haftungsmaßstab verschiebt sich also ganz entscheidend. Eine grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im besonders schwerem Maße verletzt ist, mit anderen Worten, dass nicht beachtet ist, was jedem hätte einleuchten müssen. Hiermit geht das UMAG über die bisher geltende Rechtslage im Hinblick auf die Freistellung der Organe deutlich hinaus. Bisher haben die Vorstände bereits für einfache Fahrlässigkeit gehaftet, wogegen sie sich selbstverständlich auf Kosten der Gesellschaft über eine so genannte D & O Versicherung versichert haben. Eine persönliche Haftung haben heute die Organe daher so gut wie nie zu befürchten, auch wenn sie Gegenteiliges immer wieder behaupten. Eine Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit sieht das Zivilrecht vor allem für solche Fälle vor, in denen jemand entweder unentgeltlich oder überwiegend im 4 Interesse eines anderen tätig ist. So haften z.B. der Schenker und der Finder nur für grobe Fahrlässigkeit. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass diese Situationen keinesfalls mit den hier relevanten Situationen vergleichbar sind. Die Organe werden für ihre Tätigkeit gut bezahlt und haben zudem die Möglichkeit, sich gegen die Risiken auf Kosten der Gesellschaft zu versichern. Es ist aber noch viel gravierender, wenn man sich den Vorschlag des UMAG im Hinblick auf die allgemeine Arbeitnehmerhaftung ansieht. Arbeitnehmer haften nämlich bereits bei einer so genannten „mittleren“ Fahrlässigkeit, ohne dabei die Möglichkeit zu haben, sich auf Kosten der Gesellschaft zu versichern und ohne dafür extrem hohe Gehälter zu erhalten. Diese Ungleichbehandlung ist durch nichts zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass die Organe durch die ihnen drohende Haftung auch motiviert werden sollen, die nötige Sorgfalt walten zu lassen. Je geringer das Haftungsrisiko ist, desto geringer wird auch die Bereitschaft zu sorgfältigem Verhalten sein. Man muss daher auch eine Regelung dahin treffen, dass die Organe für den Fall, dass sie sich gegen eine solche Haftung auf Kosten der Gesellschaft versichern, einen genügend hohen Selbstbehalt zu tragen haben. Andererseits sieht die SdK auch durchaus die Gefahr einer unbegrenzten Haftung der Organe bereits für einfache Fahrlässigkeit. Die SdK könnte sich daher vorstellen, dass die Haftung der Organe für einfache Fahrlässigkeit im Bereich der „unternehmerischen Entscheidungen“ der Höhe nach begrenzt wird. Zu denken wäre hier bspw. an zwei Jahresgehälter des jeweiligen Organs. Die SdK fordert daher, dass die Beschränkung der Haftung der Organe auf grobe Fahrlässigkeit gestrichen wird. Sie könnte sich vorstellen, für einfache Fahrlässigkeit eine Haftungshöchstgrenze einzuführen. 2.) Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch Aktionäre Als geradezu revolutionär wird die Neuregelung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch die Aktionäre verkauft. Neu geregelt werden die Sonderprüfung und die klageweise Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch Aktionäre der Gesellschaft. a) Die Sonderprüfung nach § 142 AktG Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang die Herabsetzung der Quoren. Nunmehr sollen antragsberechtigt bereits die Aktionäre sein, die entweder 1 % der Aktien an der Gesellschaft haben oder aber Aktien, deren Börsenwert mehr als 100.000 Euro beträgt. Dieser Schritt ist notwendig, da gerade bei Gesellschaften, die von einem Großaktionär beherrscht werden, die Gefahr von nachteiligen Maßnahmen zu Lasten der Minderheitsaktionäre besonders groß ist. Bei diesen Gesellschaften ist es jedoch häufig 5 schwierig, die bisher erforderlichen Quoren zu erreichen. Dies dürfte nunmehr deutlich leichter sein, was sicher dazu führen wird, dass die Großaktionäre sich genauer überlegen werden, ob sie bestimmte Maßnahmen durchführen. Völlig verfehlt ist im Zusammenhang mit der Sonderprüfung die Neufassung des § 145 Abs. 4 AktG, wonach das Gericht auf Antrag des Vorstands zu gestatten hat, dass dem Sonderprüfer bestimmte Auskünfte nicht gegeben werden müssen, soweit überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten. Dies wird in der Praxis dazu führen, dass die Vorstände endgültig gegenüber dem Sonderprüfer „mauern“ werden. Sie werden zunächst in streitigen Situationen behaupten, dass bestimmte Informationen der Gesellschaft schaden werden, wenn diese dem Sonderprüfer zugänglich gemacht werden. Man muss sich vor diesem Hintergrund die Position des Sonderprüfers verdeutlichen. Dieser handelt im Unternehmensinteresse, somit im Interesse aller Aktionäre. Selbstverständlich muss er daher die Möglichkeit haben, sämtliche Informationen zu erhalten. Welche Informationen dann der Allgemeinheit und auch den anderen Aktionären zugänglich gemacht werden, ist eine davon zu trennende Frage. Hier wird man sicher Kompromisse finden können. Geändert werden müssen auch die Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers. Bisher sieht das Gesetz und auch der Entwurf des UMAG vor, dass das Gericht einen Sonderprüfer zu bestellen hat, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Damit wird der Anwendungsbereich der Sonderprüfung zu stark eingeengt. Die Sonderprüfung hat zum Ziel, Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Organe vorzubereiten. Diese haften jedoch nicht nur bei Unredlichkeit und grober Verletzung von Satzung oder Gesetz, sondern bei jeder Pflichtverletzung. Daher muss auch für die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers ausreichend sein, dass der Verdacht einer Pflichtwidrigkeit besteht. Man kann in diesem Zusammenhang jedoch eine zusätzliche Hürde einbauen, nämlich die, dass der Aufsichtsrat nach Aufforderung durch die Minderheit nicht von sich aus eine Sonderprüfung durchführt. Insoweit hätte man eine gewisse Parallele zu § 147a AktG (dazu später). Verfehlt ist auch die Regelung, dass der Antragsteller die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag auf Sonderprüfung nicht veräußern darf. Das UMAG sieht insoweit alternativ zur bisher erforderlichen gerichtlichen Hinterlegung auch die Option vor, dass der Antragsteller eine Bescheinigung seines depotführenden Kreditinstituts vorlegt, wonach die Aktien bis zur Entscheidung über den Sonderprüfungsantrag nicht veräußert werden. Durch diese Regelung werden viele Aktionäre von einer Antragstellung abgehalten, da sie das Risiko eingehen müssen, ihre Aktien während der Dauer des Verfahrens nicht veräußern zu können und zwar selbst dann nicht, wenn sich das Unternehmen auf Grund des Eintritts neuer, u. U. ad-hoc-pflichtiger Umstände schlecht entwickelt. Dieses Risiko geht kein institutioneller Anleger ein, gerade nicht bei Unternehmen, wo eine Sonderprüfung beantragt wird, weil davon ausgegangen wird, 6 dass in diesem Unternehmen nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Das Veräußerungsverbot muss daher aufgehoben werden. Es muss ausreichend sein, dass das relevante Quorum bei Antragstellung erfüllt ist. Völlig verfehlt ist auch die Regelung der Kostenerstattung in § 146 AktG. Danach soll nämlich künftig auch der Antragsteller für die gesamten Kosten der Sonderprüfung haften, der die gerichtliche Bestellung des Sonderprüfers durch grobfahrlässigen Vortrag erwirkt. Bisher ist es so, dass der Antragsteller nur dann für die Kosten der Sonderprüfung einzustehen hat, wenn er vorsätzlich handelt. Nach der Begründung ist es ein Ziel dieser Regelung, den potentiellen Antragstellern ein spürbares Kostenrisiko vor Augen zu halten. Dies klingt auf den ersten Blick einleuchtend, ist es aber nicht. Der Antragsteller handelt gerade nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse aller anderen Mitaktionäre, denn die Ergebnisse einer Sonderprüfung bereiten regelmäßig Schadensersatzprozesse gegen die Organe vor, an denen dann alle Aktionäre partizipieren. Es besteht daher kaum eine Gefahr des Missbrauchs dieses Instituts. Wenn nun aber den potentiellen Antragstellern, die im Gegensatz zu den Organen keine genauen Kenntnisse über den Sachverhalt haben, (sie vermuten ja lediglich pflichtwidriges Verhalten) und zudem selbst nur im geringen Masse an einem späteren Schadensersatzprozess teilhaben, das gesamte Kostenrisiko vor Augen geführt wird und zwar auch bereits bei grobfahrlässiger Verhaltensweise, so wird es so gut wie niemanden geben, der das Risiko eingeht, eine Sonderprüfung zu beantragen. Es würde damit zu einem Rückschritt gegenüber der bisherigen Regelung kommen. b) Klagezulassungsverfahren gem. §§ 147, 147 a AktG Auf der ersten Blick erscheinen die Neuregelungen in der Tat für eine erhebliche Verbesserung der Situation der Anleger zu sorgen. Auf den zweiten Blick relativiert sich dies jedoch merklich. Wie bereits ausgeführt, ist die Herabsetzung des Quorums für die klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für die Gesellschaft gegenüber den Organen zu begrüßen. Insbesondere die Harmonisierung mit den Vorschriften zur Sonderprüfung sind zu begrüßen. ba) Die Voraussetzungen des § 147 a AktG nach dem Entwurf des UMAG Leider werden diese positiven Ansätze jedoch durch die konkrete Ausgestaltung des § 147 a AktG verwässert. Der Entwurf des UMAG sieht vor, dass Aktionäre deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100.000 Euro erreichen, beantragen können, im eigenen Namen die in § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Ansprüche geltend zu machen. Das Gericht soll die Klage zulassen, wenn (1) die Aktionäre die Aktien erworben haben, bevor sie von den beanstandeten Pflichtverstößen Kenntnis erlangt haben, 7 (2) sie die Gesellschaft unter Fristsetzung aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben, (3) Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist und (4) der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen. Aus der Begründung des Entwurfes wird ersichtlich, dass alles getan werden soll, damit für die so genannten „räuberischen Aktionäre“ kein neues Spielfeld geschaffen wird. Man befürchtet wohl seitens der Unternehmensverbände, dass die Herabsetzung des Quorums zu einer Flut von Anträgen nach § 147 a AktG führen wird. Hiervor sollen die Gesellschaften geschützt werden. Diese zunächst eingängige Argumentation übersieht jedoch etwas Grundlegendes. Es geht vorliegend darum, dass ein Aktionär auf eigenes Kostenrisiko Ansprüche der Gesellschaft durchzusetzen versucht. Er selbst profitiert nur zu einem sehr geringen Teil von einer etwaigen Schadensersatzzahlung, nämlich in dem Umfang, in dem er selbst am Unternehmen beteiligt ist. Ein solches im Dienste aller Aktionäre liegendes Verhalten ist nach Ansicht der SdK per se zunächst einmal positiv. Das „räuberische Potential“ ist bei diesen Klagen daher sehr begrenzt, nämlich auf die Anwaltsgebühren. Weiter muss man wissen, dass der Bundesgerichtshof in der ARAG/GarmenbeckEntscheidung darauf hingewiesen hat, dass der Aufsichtsrat, wenn er von Umständen erfährt, die zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand führen, grundsätzlich verpflichtet ist, diesen Schaden geltend zu machen, wenn er sich nicht seinerseits schadensersatzpflichtig und unter Umständen sogar strafbar machen möchte. Vor diesem Hintergrund sind die einzelnen Voraussetzungen, die § 147a AktG enthalten soll, kritisch zu hinterfragen. Dabei kommt man zu dem Ergebnis, dass allein die Anforderung, dass die Gesellschaft innerhalb angemessener Frist den Schadensersatz nicht geltend gemacht hat, berechtigt ist. Denn grundsätzlich ist die „Gewaltenteilung“ innerhalb der AG so, dass der Vorstand gegen den Aufsichtsrat und der Aufsichtsrat gegen den Vorstand vorzugehen hat. Erst wenn dieses System nicht funktioniert, soll der Aktionär eingreifen können, da dann die große Gefahr besteht, dass zwischen Vorstand und Aufsichtsrat eine zu enge Nähe gegeben ist. Alle anderen Voraussetzungen sind hingegen entweder überflüssig oder aber fehlerhaft ausgestaltet und nur vor dem Hintergrund verständlich, dass man den so genannten „räuberischen Aktionären“ kein Forum bieten möchte. So leuchtet es zunächst ein, dass nur derjenige zur Klageerhebung berechtigt sein soll, der die Aktien bereits vor Kenntnis von der Pflichtverletzung erworben hat, da bei 8 anderen der Verdacht besteht, diese hätte ihre Aktien nur erworben, um eine Klage anhängig zu machen. Dabei würde man jedoch übersehen, dass dieser Aktionär zugunsten der Gesellschaft handelt. Er versucht nämlich von den Organen Schadensersatz zu erhalten. Hiervon profitieren letztlich alle. Da ist es doch wirklich irrelevant, wann die Aktien erworben wurden (diesbezüglich besteht ein Unterschied zur Anfechtungsklage). Völlig absurd ist die Voraussetzung, dass Tatsachen vorliegen müssen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder eine grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist. Wie bereits dargelegt, haften die Organe grundsätzlich auch für einfache Fahrlässigkeit. Wenn bspw. der Aufsichtsrat Kenntnis von einem solch fahrlässigen Verhalten des Vorstands erhält, so ist er nach den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung grundsätzlich zur Geltendmachung des Schadens verpflichtet. Macht er dies nicht, setzt er sich selbst einer Haftung aus. Wenn der Aufsichtsrat dieser Verpflichtung also trotz Aufforderung durch einen Aktionär oder einer Aktionärsgruppe nicht nachkommt, soll die Aktionärsminderheit keine Möglichkeit haben, den Schadensersatzanspruch für die Gesellschaft geltend zu machen? Wenn dies wirklich so gewollt ist (und das steht in der Begründung) wird das gute Zusammenspiel zwischen Vorstand und Aufsichtsrat weiter funktionieren. Ausreichend muss es daher sein, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass Schadensersatzansprüche gegeben sind. Auch nicht überzeugend ist die vierte Voraussetzung. Es ist nicht erkennbar, wieso die Geltendmachung von berechtigten Schadensersatzansprüchen überwiegende Gründe des Gemeinwohls entgegenstehen können. Wieso ist es für eine Gesellschaft schlecht, Schadensersatz zu erhalten? bb) Das Verfahren und die Kostentragungspflicht Völlig unzureichend sind auch das Verfahren und die Kostentragungspflicht ausgestaltet. Es ist vorgesehen, dass der Antragsteller das Kostenrisiko des Klagezulassungsverfahrens zu tragen hat. Hat er diese Stufe erst einmal überwunden, dann erhält er allerdings die Kosten des Hauptverfahrens regelmäßig auch dann erstattet, wenn dieses wider Erwarten doch verloren geht. Eine Prämie ist für den Aktionär explizit ausgeschlossen. Man verlangt also von dem einzelnen Aktionär, dass er das Kostenrisiko einer Klage, die er für die Gesellschaft führt, trägt, ist jedoch andererseits nicht bereit, ihn an einem eventuellen Erfolg dieser Klage zu beteiligen. Dies wird dazu führen, dass es sich um ein sehr stumpfes Schwert handeln wird. Wer geht denn schon für eine relativ geringe Ertragschance das Risiko ein, die gesamten Kosten zu tragen. Hier sollte eine Regelung aufgenommen werden, dass derjenige, der tatsächlich Schadensersatz für die Gesellschaft erstreitet, hieran auch zu einem Teil partizipiert. Dadurch wird die Bereitschaft, dieses Zulassungsverfahren zu betreiben deutlich steigen, wodurch 9 zugleich gewährleistet werden wird, dass die Kontrolle von Organen im Sinne einer guten Corporate Governance verstärkt wird. Auch nicht nachvollziehbar ist, wieso den Antragstellern die Kosten mehrerer Bevollmächtigter nur dann zu erstatten sind, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung unterlässlich waren. Wenn in der Begründung zu lesen ist, dass zu verhindern ist, dass die einzelnen Organmitglieder mit hohen ungerechtfertigten Kosten belastet werden, dann zeigt dies eindrucksvoll, dass alles getan werden soll, damit die Kontrolle durch die Aktionäre ja nicht zu intensiv wird. Man will offensichtlich lieber Organe schützen, die zum Schadensersatz verpflichtet sind, als die Aktionäre, die berechtigte Interessen durchsetzen wollen. Hinzu kommt, dass sich die Organe in der Regel auf Kosten der Gesellschaft auch von verschiedenen Anwälten beraten lassen. Wenn man eine solche Regelung schon aufnehmen möchte, dann sollte man wenigstens Waffengleichheit herstellen und auch dem Organ, wenn es denn nicht verurteilt wird, nur die Kosten erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Weiterhin muss der Aktionär, der das Hauptverfahren betreibt, zunächst auch sämtliche Vorschüsse zunächst einmal selbst zahlen, was bei hohen Streitwerten unter Umständen einer Klageerhebung entgegenstehen kann. Hier sollte in den § 147a Abs. 6 AktG aufgenommen werden, dass die Gesellschaft zumindest die Vorschüsse für Gerichtskosten und Sachverständigenkosten zu leisten hat. Völlig unzureichend ist auch die Regelung in § 147a Abs. 5 AktG. Hier ist geregelt, dass das Urteil auch, wenn es auf Klageabweisung lautet, für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre wirkt. Entsprechendes soll für einen Vergleich gelten. Es ist absehbar, dass sich einige Organe, wenn sie befürchten, Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu werden, geeignete Aktionäre suchen, die für sie das Klagezulassungsverfahren einleiten werden. Mit diesen wird man sich dann im Hauptverfahren gütlich einigen oder aber den Prozess absichtlich schlecht führen, so dass nach dem Wortlaut der Vorschrift niemand mehr etwas unternehmen kann. Dies Ergebnis ist sicher nicht gewollt und widerspricht im übrigen auch der Regelung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. II. Die Reform der Hauptversammlung Im Rahmen der Verbesserung des Anlegerschutzes hat man sich auch gleich des Themas angenommen, das vielen Organen schon lange „unter den Nägeln brennt“, die Reform der Hauptversammlung. Man konnte in der Vergangenheit immer wieder von verschiedenen Organen hören, dass die Hauptversammlungen deutlich zu lange dauern und dass diese daher grundlegend zu reformieren seien. Herausragenden Vertreter dieser Ansicht ist wohl immer noch Rolf Breuer. Offensichtlich ist es vielen Organen schon zu viel, einmal im Jahr ihren Eigentümern für im Schnitt knapp 7 Stunden (Dax-Gesellschaften), 4 10 Stunden und 33 Minuten (M-Dax), 4 Stunden und 5 Minuten (S-Dax) sowie 3 Stunden und 37 Minuten (TecDAX) Rede und Antwort zu stehen. Dies zeigt frappierend, wie sehr sich viele Organe von ihrer Stellung als Angestellte entfernt haben. In einem mittelständischen Unternehmen ist es undenkbar, dass dem Inhaber nicht jederzeit und wenn es sein muss tagelang jedes einzelne Details der Geschäfte von der Geschäftsführung erklärt werden. 1.) Die grundsätzlichen Mängel der Hauptversammlung Eine Studie der SdK zur Dauer von Hauptversammlungen im Jahr 2003 hat die oben genannten Durchschnittswerte ergeben. Sie hat weiter ergeben, dass die Hauptversammlungen nur bei solchen Gesellschaften länger dauerten, bei denen wirklich Probleme zu diskutierenwaren. Zu nennen sind hier für den Dax z. B. die HVB (erster Verlust in der Unternehmensgeschichte, Wechsel vom Vorstandsvorsitzenden zum Aufsichtsratsvorsitzenden) und MLP (intransparente Bilanzierung, strafrechtliche Ermittlungen). In solchen Fällen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Eigentümer ihre Angestellten etwas intensiver befragen wollen. Aber auch die SdK ist der Ansicht, dass die Hauptversammlungen in vielen Fällen noch deutlich kürzer sein könnten. Die Möglichkeiten hierfür liegen aber nicht in der Reduktion der Aktionärsrechte, sondern darin, dass die Organe die Hauptversammlung nicht zu Werbeveranstaltungen missbrauchen. Bei vielen Gesellschaften ist es so, dass der Bericht des Vorstands einen Großteil der gesamten Hauptversammlungsdauer einnimmt. Wenn man dann noch hinzunimmt, dass viele Abstimmungen unprofessionell verlaufen, sieht man sofort, wo das Einsparpotential liegt. Leider gibt es in Deutschland kaum Hauptversammlungsleiter, die auch den Vorstand ermahnen, seine Ausführungen auf das Wesentliche zu beschränken. Hier hat man offensichtlich Angst um das gute Verhältnis. Gegenüber dem anonymen Eigentümer tut man sich offensichtlich leichter, wobei das auch nicht uneingeschränkt gilt. Die Erfahrung lehrt, dass man Belegschaftsaktionäre geduldig aussprechen lässt, auch wenn diese sich nicht unbedingt zu Fragen äußern, die unmittelbar mit der Tagesordnung zu tun haben. Gleiches gilt für eine „Spezies“ von Aktionären, die vieles auf der Hauptversammlung zu erzählen haben, bloß wenig, was mit der Tagesordnung zu tun hat. Diesbezüglich bietet bereits das heute geltenden Recht genügend Möglichkeiten, dieser Ausuferung Herr zu werden. Sie werden bloß nicht genutzt. Geradezu abenteuerlich empfindet die SdK die Begründung dafür, dass die Hauptversammlung weiter begrenzt werden soll. Man erhofft sich dadurch, die Präsenz auf den Hauptversammlungen zu erhöhen, weil insbesondere institutionelle Anleger sich durch die Dauer der Hauptversammlungen von deren Besuch abhaltenließen. Wenn es einen institutionellen Investoren tatsächlich interessiert, sein Stimmrecht auszuüben, kann er dies auch über den gesellschaftseigenen Stimmrechtsvertreter machen, ohne 11 anwesend zu sein. Die Erfahrung belegt zudem, dass gerade bei der Hauptversammlungen, die lange gedauert haben, die Vertreter der institutionellen Anleger, die das Thema wirklich interessiert haben, anwesend waren und zwar bis zum Schluss. Der einzige Sinn der „Reform“ der Hauptversammlung besteht dann aus Sicht der SdK darin, den Organen ihr Leben noch einfacher zu machen. Ist man den „vielbeschäftigten“ Aufsichtsräten schon damit entgegen gekommen, dass sie im Wege der Bild- und Tonübertragung an der Hauptversammlung teilnehmen dürfen, so möchte man nun noch einen Schritt weitergehen, indem man die Hauptversammlung als solche verkürzt. 2.) Reduktion des Fragerechts Der Entwurf zum UMAG sieht vor, dass der Hauptversammlungsleiter nunmehr auch das Fragerecht angemessen reduzieren kann. Wenn eine Frage gestellt wird, die nach der festgelegten Rede- und Fragezeit gestellt wurde, so braucht diese nicht mehr beantwortet zu werden. Unabhängig davon, dass es für die SdK schon logisch nicht nachvollziehbar ist, wie eine Frage gestellt werden soll, wenn die Fragezeit abgelaufen war, ist diese Regelung auch grundsätzlich verfehlt. Die Aktionäre üben nach § 118 AktG ihre Rechte in der Hauptversammlung aus. Diese findet regelmäßig nur einmal im Jahr statt. Dann muss der Aktionär auch die Möglichkeit haben, sich intensiv mit der vom Vorstand und Aufsichtsrat festgelegten Tagesordnung zu beschäftigen. Eine Beschneidung dieses Rechts würde den Aktionär in seinen Grundrechten treffen. Zudem sollen zukünftig solche Fragen nicht mehr beantwortet werden müssen, deren Antwort sich aus einer auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglichen Information ergibt. Auch diese Regelung ist verfehlt. Zum einen wird kaum nachzuvollziehen sein, ob die Antwort auf eine ganz bestimmte Frage sich im Internet befindet, so dass Streitigkeiten vorprogrammiert sind. Wichtiger ist aber ein anderes Argument: Die Hauptversammlung ist eine Präsenzveranstaltung. Die Aktionäre geben ihre Stimme in der Hauptversammlung auf Grund der ihnen präsenten Informationen ab. Können sie die Antwort auf eine Frage nicht nachvollziehen, weil sie aktuell in der Hauptversammlung über keinen Internetzugang verfügen, so kann die Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß sein. Aus diesem Grund kann die Antwort auf der Internetseite grundsätzlich die Antwort in der Hauptversammlung nicht ersetzen, eventuell aber ergänzen. Die SdK schlägt daher vor, dass die Veröffentlichung der Antworten im Internet zulässig sein soll, jedoch nicht geeignet ist, die Beantwortung auf der Hauptversammlung zu ersetzen. Es ist aber zu vermuten, dass sich die Zahl der Fragen dann reduzieren wird, wenn die Antworten auf der Internetseite zugänglich ist, denn 12 auch (Klein-)Aktionäre stellen in der Regel nicht solche Fragen, deren Antwort sie schon kennen. III. „Modernisierung des Anfechtungsrechts“ Die angekündigte Modernisierung des Anfechtungsrechts soll so vollzogen werden, dass die Wirksamkeit des Anfechtungsrechts de facto beseitigt wird. Auch hier ist die gesamte Struktur von dem Gedanken geprägt, „räuberischen Aktionären“ ihr Betätigungsfeld zu nehmen. Leider wird auch hier Ursache und Wirkung miteinander verwechselt. So genannte „räuberische Aktionäre“ haben nur deshalb relativ hohe Erfolgschancen, weil Großaktionäre, die bestimmte Unternehmensmaßnahmen durchsetzen wollen, sehr häufig zu Lasten der Kleinaktionäre handeln. (So soll die Anzahl der Spruchstellenverfahren, die gewonnen werden, d. h. zu einer Aufbesserung der Zahlungen für die Aktionäre führen, bei über 90 % liegen. Das heißt im Umkehrschluss, dass in 90 % der relevanten Verfahren der Großaktionär versucht hat, den Kleinaktionär zu übervorteilen, was im übrigen menschlich mehr als nachvollziehbar ist.) Jeder hat das Bestreben etwas besonders günstig zu erhalten und damit seine Rendite zu erhöhen. Es ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers, hier für gleiche Ausgangspositionen zu sorgen, wenn er tatsächlich möchte, dass sich immer größere Teile der Gesellschaft am Produktionsvermögen beteiligen. So sehr die SdK auch „räuberische Aktionäre“ verurteilt, die mit einer Aktie bei jeder Gesellschaft auftauchen, Widerspruch zu Protokoll geben und anschließend hoffen, dass man ihnen die Klage abkauft, so sehr hat sie Verständnis für das berechtigte Anliegen derer, die ihre ökonomischen Interessen mit allen Mitteln durchsetzen wollen, weil sie den Eindruck haben, von Großaktionären übervorteilt zu werden. Es steht zu befürchten, dass die „Modernisierung“ des Anfechtungsrechts dazu führen wird, dass noch mehr Großaktionäre ihre Rechte zu Lasten der Kleinaktionäre nutzen, da das Risiko für sie weiter minimiert wird. Das Gesetz macht aus der „plünderungsoffenen“ die „plünderungseinladende“ Aktiengesellschaft. Leidtragende werden mit Sicherheit die Kleinaktionäre sein, denen Möglichkeiten des effektiven Rechtsschutzes genommen werden. Vor diesem Hintergrund ist die SdK der Ansicht, dass das in § 246 a vorgesehene Freigabeverfahren restriktiver auszugestalten ist. Soist es nicht hinnehmbar, eine Eintragung von rechtswidrigen Beschlüssen zuzulassen, denn wie können rechtswidrige Beschlüsse im Interesse der Gesellschaft liegen? Völlig mißlungen ist auch die Regelung des § 243 Abs. 4, die durch das UMAG geändert werden soll. Hiernach soll eine Anfechtungsklage nicht auf eine unrichtige, unvollständige oder unzureichende Information über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Leistungen, Abfindungen, Zuzahlungen oder über sonstige 13 Bewertungsfragen gestützt werden, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen die Durchführung eines Spruchverfahrens vorsieht. Diese Regelung wird in der Praxis dazu führen, dass fast alle Gesellschaften hinsichtlich dieser Informationen mauern werden, da sie ja nichts zu verlieren haben. Schlimmstenfalls kommt im Spruchverfahren eine höhere Abfindung heraus. Auf der anderen Seite ist jedoch festzuhalten, dass die Antragsteller nach dem Spruchverfahrensneuordnungsgesetz verpflichtet sind, konkrete Bewertungsrügen vorzutragen. Wie sie das machen sollen, ohne Fragen zu diesen relevanten Punkten stellen zu dürfen, bleibt ein Geheimnis der Verfasser dieser Vorschrift. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Hoffnungen, die im Frühjahr 2003 durch die Bundesregierung geweckt worden sind, durch den Entwurf des UMAG weitestgehend zerstört worden sind. Wenn der Entwurf des UMAG tatsächlich Gesetz werden sollte, dann muss man sich als Anleger wirklich fragen, ob es noch sinnvoll ist, in Aktien zu investieren. München, 30. März 2004