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Kanton Bern Canton de Berne Parlamentarische Vorstösse Interventions parlementaires Vorstoss-Nr: Vorstossart: 024-2013 Interpellation Eingereicht am: 21.01.2013 Eingereicht von: Hügli (Biel/Bienne, SP) Weitere Unterschriften: 0 (Sprecher/ -in) Dringlichkeit: Datum Beantwortung: RRB-Nr: Direktion: 19.06.2013 817/2013 ERZ Schleichende Ausdünnung der Berufsbildung auf dem Industrie- und Werkplatz Biel/Bienne-Seeland Die Berufsbildung und die Berufsschulen sind ein sehr wichtiger und tragender Pfeiler für die Zukunft der Gewerbe- und Industriebetriebe. Verschwinden die Berufsschulen, verliert die Berufsbildung an Attraktivität und Bedeutung. Den Schulabgängerinnen und Schulabgängern der Region Biel-Seeland wird so der Zugang zur Berufslehre erschwert. Darunter leiden früher oder später die Unternehmen, die mehr denn je auf qualifizierte, gut ausgebildete Berufsleute angewiesen sind. Schon heute klagen Unternehmer der Region BielSeeland über den zunehmenden Fachkräftemangel. Beim Angebot von Lehrstellen sind aber auch die Unternehmen in der Pflicht. Der Berufsbildungsstandort Biel/Bienne – das wichtigste gewerblich-industrielle Zentrum im Kanton Bern mit Berufsschulen im gewerblich-industriellen, kaufmännischen (BFB) und gestalterischen Bereich – ist bereits seit Jahren einer schleichenden Ausdünnung ausgesetzt. Fakten sind: • Bereits seit Ende der 1990er-Jahre wurden die französischsprachigen Maler, Bauzeichner, Maurer, Bäcker-Konditoren, Schreiner und Mediamatiker nach Delsberg, Moutier und Yverdon ausgelagert. • 2011 wurden das 1. Lehrjahr der Hochbauzeichner, Maurer, Maler und alle Lehrjahre der Informatiker-Klassen mangels Lernendenzahlen in Bern zentralisiert. • 2012 musste das 2. Lehrjahr der Maurer, Maler und Hochbauzeichner an Bern abgegeben werden. • Doch damit nicht genug: 2013 werden auch noch die 3. Lehrjahre der Maler, Hochbauzeichner und Maurer nach Bern und die französischsprachigen AutomobilMechatroniker nach Pruntrut ausgelagert. • 2014 ist zudem die Verlegung des 4. Lehrjahrs der Hochbauzeichner nach Bern geplant, und bereits ab 2013 werden in Biel/Bienne keine neuen MontageelektrikerKlassen mehr geführt. Aufgrund dieser alarmierenden Entwicklungen ersuche ich den Regierungsrat um die Beantwortung bzw. Klärung folgender Fragen: Geschäfts-Nr.: 2013.0069 Seite 1/4 1. Was hat der Regierungsrat unternommen, um diesen Aderlass in der Berufsbildung auf dem Platz Biel/Bienne zu unterbinden und dadurch zu einem Ausgleich im Kanton beizutragen? 2. Stimmt es, dass die Verlagerung der französischsprachigen Vorlehrklassen (Brückenangebote) von Biel in den Berner Jura diskutiert wird? 3. Ist sich der Regierungsrat der Problematik bewusst, dass der drastische Abbau in der Berufsbildung dem geplanten, zukunftsgerechten Aufbau des Bieler Campus der Berner Fachhochschule BFH zuwiderläuft? 4. Teilt der Regierungsrat die Auffassung von Bildungsexperten, wonach Berufs- und Fachhochschulen eng verknüpft werden müssen, weil beide Bildungseinrichtungen gegenseitig von der Durchlässigkeit und vom Austausch an Erfahrung, Wissen, Lernenden und Lehrenden profitieren? 5. Ist der Regierungsrat bereit, den Klassenabbau in Biel/Bienne zu stoppen und den Berufsbildungsstandort im Interesse der Auszubildenden sowie insbesondere der gewerblich-industriellen Betriebe in beiden Sprachen wieder zu stärken? Antwort des Regierungsrates Der Interpellant geht in seinen Fragen an den Regierungsrat davon aus, dass die Berufsbildung und insbesondere die Berufsfachschulen tragende Pfeiler für die Zukunft der Gewerbe- und Industriebetriebe in der Region Biel-Seeland sind. Schulabgängerinnen und Schulabgängern werde der Zugang zu Berufslehre erschwert, wenn die Berufsfachschule mit dem Abzug von Berufen geschwächt werde. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die aus der 9. Klasse austreten, hat in den letzten Jahren im ganzen Kanton Bern abgenommen und wird weiter abnehmen. Allerdings wird Biel/Bienne, das Seeland und der Berner Jura in geringerem Masse davon betroffen sein als die restlichen Regionen des Kantons Bern. Die sinkenden Schülerzahlen haben 2008 zum Projekt Berufsschulorganisation `08 geführt, in dem die Berufsschulstandorte mit kleineren Klassenzahlen teilweise zusammengefasst werden mussten. An der Gewerblichindustriellen Berufsschule in Bern wurden sieben Berufe gestrichen. Im Berufsbildungszentrum BBZ Biel/Bienne waren es vier (Hochbauzeichner, Informatiker, Maler, Maurer). Dafür wurden die Berufe Bäcker-Konditor-Confiseur gestärkt, weil sie in Bern aufgehoben wurden. Zudem hat das BBZ neu die Automatikmonteure und die Produktionsmechaniker erhalten. Das BBZ Biel ist auch der einzige Standort im Kanton Bern für die deutschsprachigen Mediamatiker. Um der speziellen zweisprachigen Situation Rechnung zu tragen, werden in einzelnen Berufen kleinere Klassen als im übrigen Kantonsteil geführt. Da Standortverschiebungen von Berufen jeweils einlaufend vollzogen werden (die bereits Eingeschulten bleiben am bisherigen Standort) ziehen sich solche Reorganisationen über mehrere Jahre hin. Dies erklärt die umfangreiche Aufzählung des Interpellanten in seinem Vorstoss. Zu Frage 1 Das BBZ Biel/Bienne ist die viertgrösste Berufsfachschule im Kanton Bern (nach GIB Bern, WKS Bern, GIB Thun). Die Erziehungsdirektion setzt alles daran, die Position des BBZ Biel/Bienne zu halten. Mit Unterstützung des Mittelschul- und Berufsbildungsamts wurde mit der Direktion des BBZ Biel/Bienne ein Strategieprozess eingeleitet, der die Entwicklung der Schule fördern soll. Wie einleitend bemerkt, war das BBZ nicht nur negativ von der Berufsschulorganisation betroffen, sondern hat vereinzelt auch profitiert. Geschäfts-Nr.: 2013.0069 Seite 2/4 Nebst dem BBZ Biel/Bienne für gewerblich–industrielle Berufe, gibt es in Biel die Berufsfachschule Bildung Formation Biel/Bienne BFB als wichtige KV-Schule, die Schule für Gestaltung und die Handelsmittelschule, alles weitere attraktive Bildungsinstitutionen, welche den Berufsschulstandort in Biel in den Dienstleistungsberufen stärken. So ist die BFB der einzige frankophone und deutschsprachige Berufsschulstandort für die Fachleute Kundendialog EFZ als neuer Beruf für Mitarbeitende in Call Center. Die BFB ist der einzige Standort im Jurabogen für die medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten und die Pharmaassistentinnen und -assistenten. Der Kanton hat zudem in den letzten Jahren viel in die Berufsschulinfrastruktur in Biel investiert. So konnte die BFB im Jahr 2007 ein modernes Gebäude beziehen. Das BBZ hat 2011 für ihre Technische Fachschule (Lehrwerkstätten für Elektroniker/innen, Mikromechaniker/innen, Mikrozeichner/innen, Uhrmacher/innen) ein neues, modern eingerichtetes Gebäude erhalten. Beide Schulen wie auch die Schule für Gestaltung sind direkt neben dem Bahnhof an bester Lage positioniert. Aus den drei Technikerschulen im Jurasüdfuss wurde die private höhere Fachschule Technik Mittelland mit Standorten in Biel und Grenchen gegründet – die viertgrösste Technikerschule der Schweiz. Zu Frage 2 Zweifellos besteht zwischen dem francophonen Teil des BBZ und dem ceff im Berner Jura eine gewisse Konkurrenz um die Lernenden. Diese wird mit einer geschickten Aufteilung der Berufe weitgehend vermieden, so dass gleichwohl effiziente Klassengrössen geführt werden können. Bei den Vorlehren hat sich allerdings gezeigt, dass je ein Angebot an beiden Standorten nicht dem Bedarf entspricht. Die Klassen waren im letzten Jahr deutlich unterdotiert. Deshalb hat sich das Mittelschul- und Berufsbildungsamt dahingehend entschieden, dass 2013 die Vorlehre im Berner Jura geführt wird. Dem BBZ wurde dafür ein neues zweisprachiges Brückenangebot zugewiesen (Aufstarten), das speziell für schulisch schwächere Jugendliche geeignet ist und sich in Bern gut bewährt hat. Zu Frage 3 Nur zwei Berufe, die nicht mehr am BBZ Biel unterrichtet werden, haben einen direkten Bezug zu Fachrichtungen eines künftigen Campus. Das BBZ Biel, insbesondere die Technische Fachschule (Lehrwerkstätten), hat nach wie vor eine starke Affinität zu technischen Berufen. Der Regierungsrat kann deshalb keinen Widerspruch zu den Bestrebungen zu einem Campus Technik in Biel erkennen. Zu Frage 4 Der Regierungsrat sieht die Vorteile von thematischen Clusterbildungen und ist deshalb an einer gegenseitigen Inspiration von einem Campus Technik, von den innovativen Wirtschaftszweigen (Technik- und Uhrenbranche) und einer guten Berufsbildung sehr interessiert. Diese Zusammenarbeit ist mit den getroffenen Massnahmen zu effizienten Bildungsstrukturen am BBZ Biel nicht in Gefahr. Zu Frage 5 Der Regierungsrat erachtet die Berufsbildung in der Region Biel und im Berner Jura als wichtiges Standbein für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region. Die Berufsfachschule kann aber nur soweit ihre Angebote aufrechterhalten, als auch Lernende ausgebildet werGeschäfts-Nr.: 2013.0069 Seite 3/4 den. Es wird deshalb wichtig sein, dass die Branchen mit einem Fachkräftebedarf und die Wirtschaftsverbände ihre Aktivitäten hochhalten, um genügend Lehrstellen zu schaffen und auch Jugendliche für diese Ausbildungen zu begeistern. Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt und das Beco gewähren im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten weiterhin ihre Unterstützung. Die knappen Staatsfinanzen und der demografische Rückgang zwingen allerdings, die Situation laufend zu überprüfen und notfalls weitere Restrukturierungsmassnahmen vorzunehmen, damit auch in der Berufsbildung die Klassen effizient bewirtschaftet werden. An den Grossen Rat Geschäfts-Nr.: 2013.0069 Seite 4/4