Der Franken-Schock hat dem Indigo-Business Auftrieb

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Der Franken-Schock hat dem Indigo-Business Auftrieb
Digitaldruck
Interview
Publisher 3 · 2016
Adrian Meyer, Chromos AG
«Der Franken-Schock hat dem
Indigo-Business Auftrieb gegeben»
Adrian Meyer sieht das Value Printing als vielversprechende Nische für Druck­
dienstleister. Eine Nische, die seiner Meinung nach noch für viele Raum bietet, die
den ­Widrigkeiten des Mainstream-Marktes entkommen wollen.
� PUBLISHER: Sie kennen als Bereichs-
leiter Digital und «Mister Indigo» bei
der Chromos AG den Schweizer Druckmarkt aus nächster Nähe. Was geht da
im Moment ab?
Adrian Meyer: Wir haben Überkapazitäten, nicht zuletzt wegen den immer
leistungsfähigeren Systemen. Das führt
unweigerlich zu einem harten Preiskampf. Jeder Druckdienstleister muss
sich fragen, was er anders machen
kann. Man muss sich am Markt bewegen. Ein Weg ist es, sich über die Qualität zu differenzieren. Interessant ist
in dieser Hinsicht, dass der FrankenSchock dem Indigo-Geschäft Auftrieb
gegeben hat. Der Leidensdruck hat
etwas bewegt – mit Offset im alten
Trott fortzufahren ist da keine Perspektive mehr.
Worin besteht denn konkret die Perspektive, als Druckdienstleister auf ein
HP-Indigo-System zu setzen?
Mit einer Indigo kann man sich als
Druckdienstleister von der Masse differenzieren, weil dieses System einmalige Möglichkeiten bietet. Neben
der Druckqualität hat das Prinzip des
Primern den Vorteil, mit einem Farbsystem alle Medien zu bedrucken, bei
denen der Offsetdruck oder andere
digitalen Drucksysteme anstehen;
beispielsweise alubedampfte Papiere,
Kunststoff oder Canvas. Wir sprechen
da von Value Printing als lukrativer
Nische. Als vor sechs Jahren Weiss als
Zusatzfarbe bei den Indigos eingeführt
wurde, hat dies das Druckvolumen
nochmals beflügelt. Weitere IndigoSpezialitäten sind fluoreszierende
Farben, Lack-Effekte, Metallic-Effekt
auf alubedampftem Papier sowie das
Raised Printing, also haptische Effekte
durch mehrfache Druckdurchgänge. Im
Moment läuft die Sonderfarbe Pink als
Neuheit sehr gut.
Die Drucksache repräsentiert die
Wertigkeit eines Produkts und dieser
Umstand wird dem Value Printing noch
lange ein gutes Wachstum bescheren. Das sehen wir auch bei unseren
Schweizer Kunden. Das Druckvolumen
auf Indigos wächst seit Längerem um
mindestens 18% pro Jahr!
Das ist ja alles schön und gut mit
dieser Qualitätsnische, aber irgend-
«Im alten OffsetTrott weiterzufahren, ist keine
Perspektive»,
meint Adrian
Meyer. Zusammen mit seinen
Kunden ent­
wickelt er
­Stategien und
Konzepte, um für
die künftigen
Herausforde­
rungen gerüstet
zu sein.
wann sind diese Nischen ja auch
besetzt, oder nicht?
Wir haben heute in der Schweiz rund
50 Indigo-Systeme auf gut 1300 Druckereien – da ist das Potenzial noch
längst nicht ausgeschöpft. Dagegen
erwarten wir gemäss Infotrends dieses
Jahr rund 600 Installationen von
Toner-Digitaldrucksystemen; das wird
ein harter Preiskampf an allen Fronten
im Mainstream-Digitaldruck!
Welche Rolle spielen individualisierte
Drucksachen als treibende Kraft zum
Umstieg auf den Digitaldruck?
Da besteht noch viel Potenzial – die
mangelnde Qualität der Datenbanken der Kunden, aber vielleicht auch
fehlende Kreativität sind hier die
hauptsächlichen Bremser. Zudem ist
der ganze Workflow für das individualisierte Drucken auch für die Dienstleister eine grosse Herausforderung.
HP bietet hier viele Lösungen im
Bereich Hardware und Software. Im
Moment ist der Smart Stream Designer
mit Mosaic ein Renner, der attraktive
Möglichkeiten in der Bild- und Textpersonalisierung bietet. Die Triebfeder
für den Digitaldruck ist also weiterhin
der Offset-Transfer. Allerdings wird hier
Offset nicht 1:1 ersetzt, sondern es
kommen ganz neue Workflows und
vor allem Logistik-Konzepte ins Spiel.
Der Kunde verlangt heute mehr und
es geht alles in Richtung on demand.
Gibt es Beispiele von Druckdienstleistern, die diese Art des Offset-Transfers
leben und vorexerzieren?
Speck Print ist da ein aktuelles Pa­
radebeispiel. Die haben im Januar in
eine Indigo 7800 investiert und jetzt
den radikalen Schnitt gemacht und
ihre 70 × 100-Offsetpresse durch eine
Indigo 10 000 ersetzt. Die Wertschöpfung ist im Digitaldruck höher, jedoch
muss man sich als Druckdienstleister
auch entsprechend neu positionieren.
Ist es nicht riskant, alles auf die Karte
Indigo zu setzten?
Das ist eine Option, muss aber nicht
sein. Jedes Unternehmen muss für sich
eine nachhaltige Strategie definieren.
Die meisten Indigos sind in Offsetdruckereien platziert. Es kann aber
durchaus auch sinnvoll sein, neben
der Indigo ein Light-Production-Tonersystem im Einsatz zu haben: also Value
Printing mit der Indigo und das weniger anspruchsvolle mit dem Tonersystem produzieren.
An der Drupa sprach alles von Inkjet
als der Zukunftstechnologie: Sind da
die Indigo-Systeme nicht nur eine Zwischenlösung, die schon bald von Inkjet
abgelöst wird?
Gerade die Drupa hat gezeigt, dass
Indigo neben Inkjet bestehen wird.
HP als grösstes Inkjet-Unternehmen
der Welt investiert noch immer massiv
in die Indigo-Plattform und hat an
der Drupa eine ganze Palette neuer
Systeme lanciert. Wobei Indigo wohl
bewusst ein Nischenprodukt bleiben
wird. Eine Nische allerdings, die sowohl
für HP als auch für die Druckdienstleister sehr lukrativ ist.
Interview: Martin Spaar
�
Adrian Meyer
Adrian Meyer, gelernter Offsetdrucker, ist 2002 in die Chromos
(Verkauf Offset) eingetreten. Sein
weiterer Weg führte ihn über die
Bereiche Label- und Packaging-Printing und die Verkaufsleitung für HP
Indigo in seine heutige Position als
Verantwortlicher für die Bereiche
Digital Druck (HP Indigo), Bogenoffset und Large Format Printing
(Schweiz und Österreich). In dieser
Eigenschaft ist er auch Mitglied der
Geschäftsleitung der Chromos AG.
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