Chevrolet Bel Air - Joachim B. Schmidt

Transcription

Chevrolet Bel Air - Joachim B. Schmidt
UNTERWEGS
Die süDosTsCHweiZ am sonnTag | 27. oKToBER 2013
Chevrolet Bel Air
a lT e l i eB e
man hört ja manchmal den spruch, ein auto sei «besser als neu». meistens ist diese
Zustandsbeschreibung ein bisschen übertrieben. aber nicht bei ron andersons 1956er
Von Mark Siegenthaler
Chevrolet Bel air.
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mail aus …
… Reykjavik
Eiríkur Ingi Jóhannsson, 36, ist
Mann des Jahres 2012, gewählt
von den Zuhörern des staatlichen
Radiosenders Rás 2. Er ist kein
Sportler, kein Schauspieler, er hat
keine Preise gewonnen, und er hat
niemandem das Leben gerettet.
Dafür hat er als Einziger ein
Schiffsunglück überlebt. Dreieinhalb Stunden trieb er im eiskalten
Wasser des Nordatlantischen Ozeans, klammerte sich an ein leeres Ölfass und hielt sich
singend und fluchend warm, bis ihn ein Helikopter der
norwegischen Rettungswache aus dem Wasser fischte.
Dabei hätte es eine gemütliche Bootsfahrt werden sollen. Der ausgediente Trawler Hallgrímur SI-77 sollte
nach Norwegen gefahren, um dort verkauft und zerlegt
zu werden. Es war seine letzte Fahrt. Der Wetterbericht
war gut, und so stach die vierköpfige Schiffscrew gut
gelaunt in See. Eiríkur war der Jüngste an Bord; die
drei anderen Seemänner waren, wie auch der Trawler,
etwas rostige, aber erfahrene Oldtimer. Vor der Küste
Norwegens schlug das Wetter um. Bis zu 18 Meter hoch
türmten sich nun die Wellen, der alte Trawler ächzte.
Plötzlich geriet er in Schieflage, und bevor alle Männer
in die lebensrettenden Schwimmanzüge schlüpfen
konnten, kippte er und sank. Zwar war es Eiríkur noch
gelungen, das Rettungsboot rechtzeitig loszulösen,
doch es war havariert und keine grosse Hilfe. Die verzweifelten Männer blieben nur für wenige Momente in
Sichtkontakt zueinander. Die wilde See riss sie auseinander. Bald war Eiríkur allein.
Ron Anderson erfreut sich seit Jugendjahren an seinem Auto, denn der 1956er Chevrolet Bel Air gehört heute zu den beliebtesten US-Oldtimern.
Ron Anderson, seines Zeichens pensionierter Lehrer, lebt
in einer unauffälligen Kleinstadt in den USA namens –
Estherville. Sein Haus steht in einem typisch amerikanischen Einfamilienhausquartier, die Häuser sind gepflegt
und die Rasen wunderschön grün. Das wirkliche Sahnestück des Quartiers ist aber nicht eine der netten Liegenschaften, sondern das, was bei Ron in der Garage steht:
ein 1956er Chevrolet Bel Air, der aussieht, als sei er eben
erst ausgeliefert worden. Oder noch besser: Der Motor
ist so sauber, dass man drauf essen könnte. Wobei das eigentlich schon fast schade wäre. Und dank einiger Modifizierungen fährt sich das Auto auch fast so komfortabel
wie ein Neuwagen. «Meine Frau und ich reisen oft kreuz
und quer durchs Land an Oldtimertreffen», erzählt Ron,
«daher habe ich das Interieur ein bisschen langstreckentauglicher gemacht und auch ein länger übersetztes 4Gang-Automatikgetriebe eingebaut, damit der Motor
nicht immer so hoch drehen muss.» Das Auto kann aber
auch anders – zur Demonstration fährt Ron auf den leeren Highway und lässt dort mal die 300 Pferdestärken
des V8-Triebwerks losgaloppieren. Die Landschaft fliegt
a m s p rung
nur so vorbei. Soll noch einer behaupten, Rentner seien
langsam.
Die Freude am 1956er-Bel-Air-Modell geht bei Ron Anderson übrigens weit zurück: «Ein 56er-Chevy war mein
erstes richtiges Auto», erinnert er sich. Wahrscheinlich
hat Ron aber für sein damaliges Exemplar nicht so viele
Lorbeeren bekommen wie für das heutige – dank Rons
Perfektionismus bei der Aufarbeitung des Chevys gewinnt er immer wieder Pokale. Sie füllen schon ein ganzes Gestell hinten in der Garage. Zum Schluss versorgt
Ron den Bel Air wieder und macht das Garagentor zu.
Die Strasse in der amerikanischen Kleinstadt ist wieder
so unauffällig wie vorher.
marke: Chevrolet
modell: Bel Air
Baujahr: 1956
motor / getriebe: V8-Motor/4-Gang automatisch
Hubraum: 5700 ccm
ps / Höchstgeschwindigkeit: 300/etwa 190 Kilometer pro Stunde
neupreis: 2275 US-Dollar
Als er die Tragödie nur wenige Tage später im Fernsehen schilderte, hatte manch ein Zuschauer Tränen in
den Augen. Auch ich. Nichts bedrückt und bewegt die
isländische Volksseele so sehr, wie wenn Seeleute auf
dem Meer ertrinken. Sie sind Helden, und ihre Schicksale werden zu Legenden. Nun wurde so ein Schicksal
verfilmt. In «Djúpið», dem neusten Film von Baltasar
Kormarkur, geht es um ein Schiffsunglück, das sich
1984 ereignete. Der Trawler Hellisey VE 503 sank mit
seiner fünfköpfigen Besatzung in einer harschen Winternacht, drei Seemeilen von den Westmännerinseln
entfernt. Guðlaugur Friðþórsson, ein junger, fülliger
Seemann, überlebte als Einziger. Er schwamm zurück
an Land, war während fünf Stunden im eiskalten Wasser. Doch damit war die Tortur noch nicht zu Ende. Barfuss schleppte er sich nass und erschöpft über scharfkantiges, verschneites Lavagestein zu den rettenden
Wohnhäusern; ein schmerzvoller Dreistundenmarsch.
Was Guðlaugur geleistet hatte, grenzte an ein Wunder
– und warf Fragen auf. Konnte es möglich sein? Forscher unterzogen ihn diversen Tests, setzten ihn auf einen Fahrradergometer und mit britischen Marinesoldaten in eine Wanne voller Eiswasser. Seine körperliche
Kondition war zwar schlecht, aber das Eiswasser verliess er als Letzter. Der Befund war so überraschend
wie einleuchtend: Dank seines Übergewichts ist er
heute noch am Leben.
Joachim B. schmidt (31) ist Schweizer, lebt und arbeitet in
der isländischen Hauptstadt Reykjavik als Rezeptionist, freier
Journalist und Schriftsteller. Sein Erstlingsroman «In Küstennähe» erscheint im Frühling 2013 im Landverlag.
Ein rockiges Konzert- und Musical-Erlebnis
seit 11. Januar ist die show «musical rocks» auf grosser Tournee durch die
schweiz, Deutschland und Österreich. am 2. und 3. Februar gastiert das
musical im Zürcher Kongresshaus.
Aufregend in Szene gesetzt, machen
sechs Stimmen der deutschen Musical-Szene mit acht Tänzern die
Show «Musical rocks!» zu einem
Konzerterlebnis mit vielen musikalischen Ohrwürmern. Mit über 20
Hits aus den 18 beliebtesten Musicals wollen die Musical-Darsteller
die Zuschauer aus den Sitzen reissen und machen aus jeder Show ein
Konzert zum Mitfeiern und Mitrocken. Ob «Tanz der Vampire», «We
Will Rock You», «Dirty Dancing»,
«Lion King», «Mamma Mia!»,
«Grease», «Hair» oder «Elisabeth» –
«Musical rocks!» wird modern und
rockig präsentiert und ist mit energiegeladenen Choreografien gespickt. Für das Publikum ist es
ein mitreissendes Erlebnis fürAugen
und Ohren.
«Musical rocks!» ist seit seiner Premiere 2009 in Wien ein weltweit gefeiertes Musical. Denn in der Show
werden die grössten Rocksongs und
bekanntesten Lieder der MusicalGeschichte präsentiert. Interessierte
Zuschauer dürfen sich auf einen
wahren Musical-Mix mit einer richtigen Lightshow und einem wahren
Rockkonzert freuen.
Das Bühnenspektakel «Musical rocks!» wird
am Samstag/Sonntag, 2./3. Februar, im
Zürcher Kogresshaus aufgeführt. Die Tickets
kosten je nach Sitzplatz zwischen 38 und
88 Franken.
Bei Ticketcorner können die Eintritte unter
der Nummer 0900 800 800 (Fr. 1.19/Min.,
Festnetztarif) oder unter www.ticketcorner.ch
bestellt werden. Weitere Informationen unter
www.musical-rocks.de und www.musical.ch.