Ein Mords-Team, Band 8

Transcription

Ein Mords-Team, Band 8
Ein Mords-Team
Bonusmaterial
Band 11
„1984“
von Andreas Suchanek
Impressum
Cover: Arndt Drechsler
Lektorat: Daniela Höhne, Andreas Böhm
Layout: Andreas Suchanek
Logodesign: Daniel Szentes
Innenillustrationen: Anja Dreher
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://
dnb.dnb.de abrufbar.
© 2015 Andreas Suchanek
Herausgeber: Andreas Suchanek
Herstellung und Verlag:
Greenlight Press
Andreas Suchanek
Leopoldstr. 5b
76133 Karlsruhe
E-Mail-Kontakt: [email protected]
ISBN:
9783958341647 (E-Book Mobipocket)
9783958341654 (E-Book Epub)
9783958341661 (E-Book PDF)
Sie finden uns im Internet unter:
http://www.greenlight-press.de
http://www.twitter.com/Heliosphere2265
https://www.facebook.com/Heliosphere2265
Jetzt auch als App!
Bonusmaterial
1. Ein Sturm zieht auf
Das Sandwich zwischen den Zähnen, die Kaffeetasse in der rechten und die neue Ausgabe der Freie Stimme Barrington Cove in der linken Hand, schob Caleb Moore mit der Schulter die Tür auf. Er hatte einmal mehr das kurze
Streichholz gezogen, eine Doppelschicht stand an.
Nicht, dass es irgendeinem seiner Jungs und Mädels anders gehen würde. Die Wettervorhersage hatte sich in
den letzten Tagen ständig verändert; von schlecht zu noch schlechter zu ganz schlecht.
Er betrat die Kontrollzentrale. Ein runder Raum in Sichtweite des Rathauses, dessen Wände verglast waren.
Überall standen Monitore herum. Aktuell waren nur zwei davon besetzt, Notrufe wurden entgegengenommen
und weitergeleitet.
Caleb wäre lieber im Außeneinsatz gewesen, doch als Chef fiel es ihm häufig zu, die Koordination zu übernehmen.
Er stellte die Kaffeetasse neben die abgelegte Zeitung. Ein Blick auf die Glasfront warf sein Spiegelbild zurück.
Sie bezeichneten ihn meist als blonden Hünen, was ihm in diesem Job zugutekam. Breite Schultern, blondes Haar,
Dreitagebart. Wenn er mit seinen Jungs unterwegs war, konnte er sich vor Angeboten kaum retten. Die eine, die
er wollte, blieb jedoch unerreichbar.
Sie ist verheiratet, betete er zum x-ten mal lautlos herunter. Und dann auch noch mit dem größten Kotzbrocken von Barrington Cove. Schlag sie dir aus dem Kopf, Caleb.
„Chef ?“
„Hmpf ?“ Schnell zog er das Sandwich aus seinem Mund und richtete seine Aufmerksamkeit auf einen seiner
Jungs. „Was gibt’s, Tom?“
„Die neueste Meldung kam gerade herein, der Sturm hat eine Windgeschwindigkeit von 117 km/h.“
Caleb seufzte auf. „Orkanartiger Sturm, kurz vor dem Übergang zu einem Orkan. Shit. Das ist mir zu riskant.
Wir gehen auf das Orkan-Protokoll. Informiere den Bürgermeister und den Sheriff. Channel 5 soll eine Meldung
herausgeben.“
„In Ordnung.“ Tom machte sich ans Werk.
Caleb wollte gar nicht daran denken, was auf sie zukam. Die meisten Einwohner schliefen, würden die Nachrichten erst morgen früh bekommen. Andererseits konnte wohl kaum jemand ignorieren, was gerade passierte.
Er weckte seinen Rechner aus dem Standby und überprüfte die Wetterkarte. Der Sturm würde mitten in der
Nacht auf Barrington Cove treffen. Wenn die Voraussagen stimmten, würde er in den früheren Morgenstunden
seine Wucht verstärken. Aber wie meist waren die Prognosen mit Vorsicht zu genießen.
Sie mussten sich darauf vorbereiten, dass Teile der Katakomben instabil wurden, Häuser in Küstennähe waren
ebenfalls gefährdet. Die Touristen waren natürlich gänzlich unvorbereitet – glücklicherweise gab es im Herbst
recht wenige von ihnen. Trotzdem würden irgendwelche Extremsportler mit dem Surfbrett rausschwimmen, gerade weil ein Sturm aufzog.
„Aktiviere unsere Nothelfer, sie sollen sich bereithalten. Wir stationieren die Techniker bei Channel 5, die erfahren dort sofort, wenn irgendwo was nicht stimmt und liegen näher beim Elektrizitätswerk. Stell mir auch einen
Kontakt zur Gazette am Pinehearst her.“ Er massierte sich vorsorglich die Schläfen, während Tom auf einem Block
die Anweisungen niederschrieb. „Außerdem will ich einen direkten Kontakt zur Flugsicherheit und zur Küstenwache. Wenn dort draußen oder dort oben etwas passiert, will ich es wissen.“
„Aye, Sir.“ Tom salutierte.
„Spinner.“ Caleb grinste. „Oh, und vertritt diese Brewster noch immer die Geschäftsleute?“
„Jap.“
„Dann hol sie mir ans Telefon.“
In den nächsten Stunden trafen immer mehr Katastrophenhelfer ein. Caleb war auf das Schlimmste gefasst.
Doch es kam schlimmer.
2. Heute wird keiner schlafen
Patrick Ward saß in seinem Büro und starrte auf die neueste Meldung, die von der Katastrophenhilfe eingegangen war. Als zuständiger Chefredakteur war er für das Programm von Channel 5 verantwortlich.
Normalerweise.
Einmal mehr raufte er sich die wenigen Haare, die ihm noch verblieben waren. Das Orkan-Protokoll war in
Kraft gesetzt worden. Im Regelfall bedeutete das, dass der Bürgermeister eine kleine Ansprache – also eine Warnung – vor laufender Kamera sprach. Jene wurde dann in alle Haushalte übertragen. Über Radio, TV, alle lokalen
Kanäle. Vermutlich würden die überregionalen sowieso verloren gehen.
Es ist also ernst.
Damit war klar: Seine Reporter mussten dort raus, bewaffnet mit einer Kamera.
Er öffnete die Tür und schaute hinaus. Es war nur eine Person anwesend. Innerlich verdrehte er die Augen.
„Anna?“
„Hä? Oh, Boss.“ Sie sprang von ihrem Stuhl auf, wäre beinahe über die eigenen Füße gestolpert und kam herbeigestöckelt. Dabei vergaß sie natürlich nicht, ihre Oberweite nach vorne zu strecken.
Ich vermisse Sonja. „Du hast heute Bereitschaft?“
„Klar. Ich habe gerade mit Lucy telefoniert. Angeblich gab es heute Mittag einen Einbruch im Schuhladen.
Vielleicht sollte ich darüber berichten.“
Patrick schloss die Augen. Dann wünschte er sich etwas. Als er sie wieder öffnete, stand Anna Mulnow leider
immer noch vor ihm. Ich hätte Sonja niemals gehen lassen dürfen. Er verfluchte sich selbst dafür, Halbroke nicht Paroli
geboten zu haben. Doch dem gehörte der Sender nun einmal. Aus irgendeinem Grund hatte er Sonja loswerden
wollen.
Anfangs hatte Annas Oberweite eindeutig für sie gesprochen. Bedauerlicherweise hatte Patrick sich davon
blenden lassen. Seitdem zog sein schwuler Schwager ihn ständig damit auf, dass er so leicht manipulierbar war.
Der muss gerade reden.
„Ja?“, fragte Anna hoffnungsvoll.
„Hm? Ja klar. Nein. Natürlich nicht.“ Er schüttelte den Kopf und kehrte ins Hier und Jetzt zurück. „Du
schnappst dir ein Kamerateam und gehst raus.“
Sie blinzelte ihn an, als habe er gerade die Sprache gewechselt. „Dort. Raus?“ Sie deutete auf das Fenster, vor
dem der Regen zunehmend dichter wurde.
„Nein, in die Karibik.“
„Echt jetzt?“
„Argh. Natürlich nicht! Du gehst dort raus und berichtest über den Sturm, so lange es geht.“
„Oh. Okay.“
Betröppelt stakste sie davon.
Patrick zog sich in seinen Raum zurück. Es war einfach nicht zu fassen. Seitdem Sonja die Freie Stimme Barrington
Cove gegründet hatte, sanken die Quoten von Channel 5 kontinuierlich, während ihre YouTube-Channel immer
mehr Abonnenten zog. Da sie mittlerweile sogar druckte, machte sie auch der Gazette Konkurrenz.
„Vielleicht lässt sich da ja eine Partnerschaft gegen sie schmieden“, überlegte Patrick.
Er mochte Sonja, doch das war Business.
Erst einmal stand jedoch der Sturm an, den sie alle überstehen mussten. Er nahm den Hörer ab, um den Bür-
germeister zu kontaktieren.
3. Erinnerungen
Mit gerunzelter Stirn stand sie am Fenster und starrte hinaus in die Nacht. Ein ungutes Gefühl saß in ihren
Eingeweiden. Weibliche Intuition. Normalerweise konnte sie sich darauf verlassen.
„Unfassbar.“ Walther Browning, der Archivar der Gazette, der selbst einem Mordanschlag durch das Chamäleon nur knapp entkommen war, schüttelte den Kopf.
Erna Brewster nickte. „Das kann man wohl sagen. Ohne Mason Collister und Randy Steinbeck wäre ich tot.
Betäubt mit einem Lama-Narkotikum.“
Walther legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. „Bruker wird ihn finden.“ Auf ihre hochgezogene Braue
fügte er hinzu: „Nun ja, irgendwann. Vielleicht.“
„Dein Chamäleon haben sie ja auch noch nicht“, sagte sie. „Und wenn ich dich erinnern darf, der Mörder läuft
seit dreißig Jahren frei herum. Bruker geht noch immer davon aus, dass Silverman an einem Herzinfarkt starb, dass
die Gazette vermutlich nur abgebrannt ist, weil du eine Zigarette hast herumliegen lassen, und dass der Einbruch
hier von Nick durchgeführt wurde. Nick! Als ob der einer Fliege etwas zuleide tun könnte!“
Walther nahm auf der Couch Platz und schüttelte den Kopf. „Ich denke, wir müssen Randy Steinbeck an seinem nächsten Geburtstag etwas verdammt Großes schenken. Genau genommen hat er uns beide gerettet.“
„Nicht zu vergessen Olivia Young und Mason Collister. Gut, er hat meine Vase zerdeppert.“ Sie deutete in die
Ecke. „Aber was soll’s. Dafür hat er mit dem Mörder gekämpft. Er tut mir leid.“
„Die Anschuldigung?“
Sie nickte. „Nie und nimmer hatte er was mit der Drogensache zu tun. Aber das wird ihm ewig nachhängen.
Dabei ist er ein anständiges Kerlchen.“ Sie lächelte traurig. „Genau wie sein Dad.“
„Wie der Vater so der Sohn.“
Sie grinsten sich an.
Walther hatte bereits 1984 bei der Gazette gearbeitet, und ihren Buchladen hatte es damals auch schon gegeben.
In den Jahren nach dem Tod von Marietta King waren es Jamie Collister, Shannon Jenkins, Harrison Lebovitz und
Billy Tarnowski gewesen, die sich in schöner Regelmäßigkeit in Gefahr gebracht hatten.
„Weißt du noch, wie Collister am Kirchturm hing?“, sagte sie kopfschüttelnd.
„Ehrlich gesagt blieben mir das explodierende Elektrizitätswerk und der stadtweite Stromausfall eher im Gedächtnis. Damals mussten wir Überstunden schieben, weil die Druckerpresse ausfiel.“
Sie sank neben ihm auf die Couch. „Ich hoffe, einer der noch lebenden Drei schreibt eines Tages seine Memoiren. Das wäre zweifellos lustig.“
„Ein Platz in deinem Archiv wäre ihnen sicher.“ Erna nickte. „Bisher stehen da ja leider nur die beiden Bücher von Billy Tarnowski. Shannon Holt hat interessanterweise vor einigen Tagen eines davon angefordert. Bin
gespannt, wann sie es abholt.“
Der Sturm nahm weiter zu. Kurz darauf erhielt Erna einen Anruf von Caleb Moore. Als sie den Hörer auf die
Gabel legte, sagte sie leise: „Das Orkan-Protokoll.“
Walther zuckte zusammen. „So schlimm?“
Erna nickte. „Wohl eher schlimmer.“
Sie schaltete den Fernseher ein. Kurz darauf kam die Durchsage über Channel 5.
Ende

Documents pareils