Platz für den Digitaldruck
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Platz für den Digitaldruck
betriebswirtschaft Platz für den Digitaldruck Die heute immer noch oft belächelten Digitaldrucker könnten die Gewinner von morgen sein. Dies aber nur, wenn der Digitaldruck kundenorientiert und betriebswirtschaftlich richtig geführt wird. Mit der Digitalisierung der einzelnen Prozessschritte hat sich Urs Baumgartner die handwerklich geprägte ProWirtschaftstechniker SVTS; duktion zur industriellen Fertiviele Jahre für gung gewandelt. Leidtragende die Betriebsbuchhaltung bei war anfänglich die Vorstufe, die der «Basler Zeimancherorts ausgelagert wurde. tung» verantwortlich; heute Geschäftsführer der BirkDoch die einst ausgelagerhäuser+GBC AG, Reinach ten oder oft völlig zusammengeschrumpften Vorstufenabteilungen haben wieder an Bedeutung gewonnen – die Vorstufe ist sogar zu einem der wichtigsten Bindeglieder zum Kunden geworden. Eine Neupositionierung innerhalb der Wertschöpfungsketten drängt sich daher auf und ist umgehend anzugehen. Die Bereiche Montage und Kopie werden bald ganz verschwinden oder noch für Notfälle vorhanden bleiben. Das gibt Platz für den Digitaldruck – nicht wahr? autor Die Druckmaschinenhersteller machen es uns vor Bei den «konventionellen» Druckmaschinen sind die Anbieter aus Deutschland schon immer weltweite Markt- und Technologieführer gewesen. Im schnell wachsenden Markt des Digitaldrucks sieht das anders aus. Die führenden Anbieter kommen aus Belgien Zu berücksichtigen … (Xeikon), Israel (Indigo), Japan Folgende Fragen sollten bei der Evalua(Canon, Epson), tion eines Digitaldrucksystems berückden Niederlanden sichtigt werden (ohne Gewichtung): – Ist die Vorstufe leistungsfähig genug? (Océ) oder den – Können die Aufträge auch weiterverar- USA (HP, Xerox). beitet werden? Deren Laser- oder – Wo liegt der angestrebte Markt? Tintenstrahl– Welches Digitaldrucksystem soll angedrucksysteme werschafft werden? den immer leis– Ist das Personal geschult? tungsfähiger und – Ist der Verkaufsaussendienst mit den machen dem konneuen Möglichkeiten vertraut? ventionellen – Funktioniert die Offerterstellung Druck zunehmend schnell und professionell? Konkurrenz. – Ist genügend Geld vorhanden, um Die traditioauch eine Durststrecke zu überstehen? nellen Druckma- 8 ■ PRODUKTION&PRINT 4/2001 Vorstufe Unternehmen Vorstufe Druck Montage/Kopie Weiterverarbeitung Die vielerorts ausgelagerte Vorstufe muss wieder in die Druckerei eingegliedert werden. Sie wird in Zukunft eine zentrale und noch wichtigere Position einnehmen. schinenhersteller haben sich diesen Herausforderungen angenommen – jeder auf seine Art und Weise. Gemeinsam ist diesen, dass sie auf den Digitaldruck setzen und gleichzeitig das angestammte Geschäft nicht vernachlässigen. Das eine tun, das andere nicht lassen Was für die Maschinenhersteller gilt, sollten auch die klassischen Lohndruckereien beherzigen. Auch sie müssen sich mittelbis langfristig anpassen, um überleben zu können. Eine Variante wäre, den Digitaldruck zusätzlich zu den bestehenden Drucktechnologien und -verfahren anzubieten. Denn schliesslich ist auch der Digitaldruck nichts anderes als ein Druckverfahren. Digitaldruckmaschine kaufen – und los gehts …? Leider ist es mit dem Kauf einer Digitaldruckmaschine nicht getan. Unternehmen, die ohne grosse Vorabklärungen eine Digitaldruckmaschine anschaffen, werden mit grosser Sicherheit auf die Nase fallen. Vorgängig sind die Marktbedürfnisse, die personellen Voraussetzungen, die notwendige Infrastruktur und natürlich eine gesunde Finanzierung bereitzustellen. Marktabklärung: Den Kunden ist es meistens egal, ob ihre Werbemittel mittels konventioneller Drucktechnik oder mit der Digitaldrucktechnik hergestellt werden. Wichtig ist ihnen, dass sie die Aufträge schnell, zu einem fairen Preis und in einer guten Qualität erhalten. Der Digitaldruck eröffnet den Kunden aber vor allem neue Möglichkeiten. Drucksachen lassen sich etwa personalisieren oder individualisieren. Damit ist das Verfahren für das moderne Direktmarketing geeignet, das statt auf Zielgruppen immer mehr auf Zielpersonen setzt. Auch hinter dem Schlagwort Printing on Demand (PoD) verbirgt sich ein für den Kunden interessantes Konzept: Gedruckt wird nur noch, was gebraucht wird. PoD ist eine herausragende Stärke des Digitaldrucks. Doch verfügt die Druckerei über genügend Kunden, welche diese Vorteile sehen oder sich davon überzeugen lassen? Markt Finanzen Mitarbeitende Infrastruktur Markt, Mitarbeitende, Infrastruktur und Finanzen bilden eine Symbiose und sind vor dem Eintritt in den Digitaldruckmarkt zu überprüfen. betriebswirtschaft Ein Beispiel Berechnet werden sollen die Kosten für den Druck von 400 Prospekten, hergestellt mit einem DICOpress-Digitaldrucksystem von MAN Roland. Auftragsbeschreibung Auflage Makulatur Tonerdeckung Papier Daten Produktionszeit 400 Exemplare, beidseitig bedruckt, vierfarbig 1% 25% 80 g/m2 vorhanden, professionell aufbereitet 10 Minuten Kostenzusammenstellung (pro Auftrag): Kosten Material 55 Franken Kosten Lohn 25 Franken Kosten Anlage 85 Franken Total Kosten 165 Franken Die Selbstkosten betragen demnach 165 Franken. Dieser Preis ist natürlich sehr verlockend – ebenso die Produktionszeit von nur 10 Minuten. Bei vier Stunden Produktionszeit ergibt das: Aufträge 24 Druck 9600 Bogen (ohne Zuschuss) In einem Monat müssten demnach 201600 Bogen (504 Aufträge) gedruckt werden. Das ergibt ein Jahresvolumen von rund 2,4 Millionen Exemplaren (6048 Aufträge), was 1008 Produktionsstunden entspricht. Damit ist nicht nur der Druck und die Vorstufe, sondern auch der Aussendienst gefordert. Mitarbeitende: Damit der Digitaldruck erfolgreich eingeführt werden kann, werden Mitarbeitende gebraucht, die verstehen, wie dieses Druckverfahren ideal eingesetzt werden kann. Das heisst, dass sie geschult werden müssen – auch und vor allem Mitarbeitende des Verkaufsaussenund -innendiensts. Das schnelle Produzieren erfordert auch eine dementsprechend schnelle Kalkulation bzw. Offerterstellung. Für einfache Anfragen müssen Preistabellen erarbeitet werden – der Kunde wird kaum lange auf eine Offerte warten. Infrastruktur: Neben einer professionellen Vorstufenabteilung und natürlich der Digitaldruckanlage sind auch entsprechend ausgerüstete Weiterverarbeitungsmaschinen erforderlich. Denn auch ein digital hergestelltes Druckprodukt ist oft erst dann fertig, wenn es weiterverarbeitet wurde. Deshalb werden auch besondere Anforderungen an die Weiterverarbeitung gestellt. Auch hier ist also ein Investitionsbedarf vorhanden! Finanzen: Was bei der Einführung eines Digitaldrucksystems auch erforderlich ist, sind Finanzen. Der Kauf oder das Leasing der Maschine ist dabei nur ein Teil der Investitionssumme. Auch wenn die Finanzierung gesichert ist, müssen sich Unternehmer darüber im Klaren sein, dass innerhalb von nur drei Jahren neue, schnellere und bessere Anlagen auf den Markt kommen. Innerhalb dieser relativ kurzen Zeit müssen die Anlagen in der Regel abgeschrieben werden können – zudem sollte eine anständige Rendite herausschauen. Zu der notwendigen Investitionsrechnung gehört nicht nur der Kaufpreis des Digitaldrucksystems, sondern gehören auch die Markteintritts-, Image- und Schulungskosten – auch eventuelle Schadenfälle sind zu berücksichtigen. Dies ist einzuplanen, bis die neue Technologie beherrscht wird. Kostentreibende Faktoren Es ist richtig, dass beispielsweise der Toner nicht billig ist und die Lohnkosten hoch sind. Das Wichtigste beim Betreiben einer Digitaldruckmaschine sind jedoch nicht die laufenden Kosten. Viel wichtiger ist die kontinuierliche Auslastung des Drucksystems. Hier unterscheidet sich der Digitaldruck vom konventionellen Druck übrigens in keiner Weise. ■ PRODUKTION&PRINT 4/2001 ■ 9