Der Beitrag kultureller Normen bei der Ausbreitung von HIV und

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Der Beitrag kultureller Normen bei der Ausbreitung von HIV und
Der Beitrag kultureller Normen bei der
Ausbreitung von HIV und AIDS
im südlichen Afrika
Barbara Reschka, Dipl.-Soz.
Institut für Frauenforschung und Gender-Studien
Fachhochschule Kiel
Fachtagung: Internationale Situation zu HIV und AIDS, 16.11.04
Der SPIEGEL, Nr. 48/1986
Zitat:
„Wer sich ansteckt, stirbt.
Die Krankenhäuser sind so
gut wie AIDS-frei. Wer die
Seuche hat, wird zum Sterben
nach Hause entlassen.“
Ich beziehe mich in erster Linie auf die Republik Südafrika Zunächst ein kurzer historischer
Überblick, danach gehe ich auf kulturelle Normen ein.
Statt eines Inhaltsverzeichnisses folgt ein Rückgriff auf einen Spiegelartikel aus dem Jahr 1986.
Der Spiegel warnte bereits vor 18 Jahren vor einer drohenden Katastrophe. Damals waren in der
Subsahara Region die Länder Uganda, Kenia, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia und Zaire
betroffen.
In der Republik Südafrika gab es zu diesem Zeitpunkt nur zwölf bekannte Fälle, alles Weiße bis
auf eine Ausnahme.
Subsahara Afrika - Fakten und Prognosen
Es ist interessant zu sehen, welche Erkenntnisse damals vorlagen und welche Prognosen für den
weiteren Verlauf der Pandemie gestellt wurden. Zum Vergleich habe ich Fakten und Prognosen
anhand von Expertenaussagen von 1986 der heutigen Realität nach UNAIDS gegenüber gestellt.
Der SPIEGEL 1986
Realität nach UNAIDS
• Experten schätzen: 5
Mio. HIV-Infizierte in
Subsahara-Afrika
• WHO: Bis 1986 sind
mindestens 50.000
Menschen an AIDS
gestorben
• Prognose: Bis 1996
werden 1,5 Mio.
Menschen in SubsaharaAfrika an AIDS sterben
• 25 Mio. Menschen sind
heute infiziert, mehr als 5
Mio. von ihnen leben in
der Republik Südafrika
Die Zahl der Todesfälle wurde
• weit unterschätzt: allein
im Jahr 1996 starben
über 1 Mio. Menschen an
AIDS in dieser Region
Die Apokalypse hat eine furchtbare
Dimension erreicht.
Ursachen für die Ausbreitung von HIV
Der SPIEGEL 1986
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Heterosexuelle Übertragung,
daher fast genauso viele Frauen
wie Männer betroffen
Polygamie und Promiskuität
Sugar Daddies – transactional sex
Hohe Infektionsraten bei
Prostituierten und Soldaten
Syphilis, andere STDs, TBC,
Armut und Unternährung
begünstigen die HIV-Infektion und
führen zu einem raschen
Ausbruch von AIDS
Nicht sterile Impfnadeln bei
Schutzimpfungen
Realität nach UNAIDS
•
Heute sind deutlich mehr Frauen
als Männer infiziert
2003:
Im Durchschnitt in SubsaharaAfrika:
13 HIV+ ♀ : 10 HIV+ ♂
In Südafrika bei jungen Menschen
zwischen 15-24 Jahren:
20 HIV+ ♀ : 10 HIV+ ♂
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2,5% der Infektionen werden
heute noch durch nicht sterile
medizinische Injektionen
verursacht
Alle vom Spiegel genannten Ursachen sind auch heute noch wirksam.
HIV/AIDS in Südafrika – aktuelle Fakten
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Die Übertragung im südlichen Afrika erfolgt nach wie vor fast ausschließlich über heterosexuelle
Kontakte. Frauen infizieren sich in einem früheren Alter als Männer, im Durchschnitt sechs bis
acht Jahre früher, und der Unterschied bei den Prävalenzraten beider Geschlechter vergrößert sich
stetig.
Der geschlechtsspezifische Unterschied ist bei jungen Menschen im Alter von 15 – 24 Jahren
besonders ausgeprägt.
Zunächst die aktuellen Daten zu HIV/AIDS in Südafrika:
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Südafrikas Infektionsrate gehört zu den höchsten der Welt
Pro Tag infizieren sich 1.600 Menschen neu
60% der Neuinfektionen bei 15-25jährigen, vor allem junge Frauen
5,3 Mio. Menschen von ca. 45 Mio. Einwohnern sind HIV+, darunter 230.000 Kinder.
21,5% der Bevölkerung sind HIV+, das entspricht mehr als einem Fünftel der
Bevölkerung.
Täglich sterben 1.000 Menschen an AIDS
370.000 Menschen starben in 2003, das sind so viele Menschen wie Einwohner in
einer Stadt wie Wuppertal leben.
6 – 10 Millionen Menschen werden in den nächsten 10-15 Jahren an den Folgen von
HIV/AIDS sterben, die Mehrheit bevor sie 35 Jahre alt sind
Die durchschnittliche Lebenserwartung wird bis 2010 auf unter 40 Jahre herabsinken
Die Zahl der Toten ist unvorstellbar groß. Es gibt praktisch keine Familie mehr, die
keine Verwandten verloren hat. Das Leid ist immens, die wirtschaftlichen
Konsequenzen für die Familien katastrophal.
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Mehr als 1 Mio. AIDS Waisen unter 17 Jahren
In wenigen Jahren wird es 3,6 – 4,8 Mio. Waisen geben
Quelle: UNAIDS, South Africa, Epidemiological Fact Sheet on HIV/AIDS and sexually transmitted infections, 2004 Update
Für 2005 geschätzte HIV-Infektionsraten in Südafrika
nach Ethnie, Geschlecht und Altersgruppe in Prozent
Ethnie / Geschlecht
Fakt ist, Mädchen und junge Frauen sind überproportional gefährdet. Gilt das für alle Frauen
gleichermaßen? Welche Bevölkerungsgruppe und welche Altersgruppen besonders von HIV
betroffen sind, lässt sich aus der folgenden Tabelle entnehmen.
15 – 19
20 – 24
25 – 29
30 – 34
Asiatischer Mann
0.4
3.9
6.5
5.3
Asiatische Frau
2.0
8.5
8.4
5.1
Schwarzafrikan. Mann
2.1
21.1
43.6
41.0
Schwarzafrikan. Frau
12.8
52.4
52.4
38.6
„Coloured“ Mann
1.1
10.5
19.9
17.9
„Coloured“ Frau
5.4
23.2
23.4
17.1
Weißer Mann
0.4
3.8
6.3
5.0
Weiße Frau
2.1
8.1
7.7
4.6
Ein Blick auf die Tabelle verrät, dass die schwarzafrikanischen Bevölkerungsgruppen um ein
Vielfaches mehr betroffen sind, als die übrigen in Südafrika lebenden ethnischen Gruppen,
Besonders aber schwarzafrikanische Frauen in den Altersgruppen von 15 – 29 Jahren.
Außerdem sind Frauen aller ethnischen Gruppen stärker von HIV betroffen als Männer.
Gesundheitsversorgung in Südafrika 2003/2004
Auswirkung von HIV/AIDS im Gesundheitssektor
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Die hohen HIV-Infektionsraten und die große Zahl behandlungsbedürftiger Menschen haben
dramatische Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung. Das öffentliche Gesundheitssystem in
Südafrika ist den heutigen Erfordernissen nicht gewachsen. Studien aus dem Jahr 2003 ergaben
folgende Befunde:
Ca. 50% aller Krankenhausbetten sind mit Aids-Patienten belegt. Die
Behandlung ist mit längeren Krankenhausaufenthalten verbunden und
verursacht hohe Kosten. Patienten mit anderen Erkrankungen fühlen sich
aus dem Gesundheitssystem ausgegliedert und unzureichend versorgt.
Einige Zehntausend Menschen müssen pro Jahr aufgrund von AIDS
verursachten Erkrankungen behandelt werden.
Öffentliche Gesundheitsdienste sind überfordert.
Bis April 2004 gab es antiretrovirale Medikamente nur unter zwei
Bedingungen: entweder durch privaten Kauf – für die Mehrheit der
Betroffenen unerschwinglich – oder von internationalen Organisationen
(Ärzte ohne Grenzen z.B.) und großen Unternehmen (z.B.
DaimlerChrysler).
Personal:
– hoher Krankenstand (Stress durch hohe Arbeitsbelastung)
– 16-20% sind HIV+ (Es kommt zu Fehlzeiten aufgrund von eigener Erkrankung)
– Geringe Arbeitsmotivation wegen Personalmangels und schlechter Bezahlung
Am 8. August 2003 erkannte die südafrikanische Regierung an, dass antiretrovirale Medikamente
in der Behandlung von AIDS effektiv sind, nachdem sie dieses jahrelang bestritten hat.
Am 19. November 2003 wurde der nationale HIV/AIDS-Plan (Operational Plan for
Comprehensive HIV and Aids Care, Management and Treatment) verabschiedet. Der Plan
markiert eine Abkehr der bisherigen AIDS-Politik von Präsident Thabo Mbekis Regierung, die
national und international kritisiert worden ist.
Seit dem 1. April 2004 behandeln ausgewählte staatliche Krankenhäuser in Südafrika mit
kostenlosen antiretroviralen Medikamenten. Die Aufgabe, flächendeckend eine Infrastruktur sowie
Kapazitäten für die Versorgung der HIV-Positiven und AIDS-Kranken aufzubauen, gestaltet sich
unter den gegeben Umständen schwierig.
Der Plan verfolgt einen integrierten Umsatz von Maßnahmen zur Prävention und Behandlung. Die
Zielvorgaben sehen vor, innerhalb eines Jahres antiretrovirale Medikamente kostenlos über je
einen Service Point pro Gesundheitsdistrikt und innerhalb der nächsten fünf Jahre in jeder
Kommune bereitzustellen. Damit ist Aids kein Todesurteil mehr. Die Aussicht auf eine Therapie,
die Lebensverlängerung ermöglicht, fördert auch die Bereitschaft, sich HIV-Tests zu unterziehen.
Es zeichnet sich allerdings jetzt schon ab, dass die Planvorgaben nicht eingehalten werden können.
Die Infrastruktur fehlt.
Bilanz: Für die meisten der jetzt Betroffenen kommen die Medikamente zu spät. Nach eigenen
Angaben des südafrikanischen Gesundheitsministeriums sind 750.000 der insgesamt 5,3 Millionen
HIV-Positiven derzeit behandlungsbedürftig. Diese Zahl ist wahrscheinlich noch viel zu niedrig
geschätzt. Dennoch stellt das neue kostenlose Behandlungsprogramm einen Hoffnungsschimmer
für die Zukunft dar.
In der Realität heute sehen die Betroffenen selten ein Krankenhaus oder ein Hospiz, so wie hier im
Township Soshanguve, sondern sind auf nachbarschaftliche oder familiäre Hilfen angewiesen.
Zurzeit gibt es für drei Townships in der Nähe der Hauptstadt Pretoria, in denen zusammen über 1
Million Menschen leben, nur ein einziges Hospiz mit 28 Betten in der Nachbar-Community
Winterveldt, in dem seit seiner Eröffnung 1999 schon 1.200 Todkranke bzw. Sterbende betreut
wurden. Die HIV-Infektionsrate in diesen Townships beträgt über 25%. Armut, schlechte
hygienische Bedingungen und Krankheiten sind weit verbreitet.
„ARV Treatment Rollout*“ in Südafrika
Zielvorgaben des Gesundheitsministeriums
Jahr
Neue Patienten
2003/04
53.000
2004/05
138.315
2005/06
215.689
2006/07
299.516
2007/08
411.889
2008/09
551.089
Bis 2008 ist geplant, insgesamt
1,2 Mio. Menschen zu behandeln
Bis Juni 2004 wurden weniger als 10.000 Menschen im Rahmen des
staatlichen ARV Programms behandelt. An 27 Standorten wird behandelt.
12 Standorte in KwaZulu-Natal hatten im Juni noch nicht begonnen.
*Operational Plan for Comprehensive HIV and AIDS Care, Management and Treatment.
Überproportionale Betroffenheit von Frauen und
Mädchen basiert auf dem Geschlechterverhältnis
•
Traditionelle patriarchalische Normen und Wertvorstellungen dominieren
das Verhalten. Der Status der Frau ist niedrig. Daran haben bisher auch
zehn Jahre Demokratie und eine der fortschrittlichsten Verfassungen der
Welt nichts ändern können.
•
Es gilt die Norm, dass der Mann ein Recht auf die Frau hat. Er soll sexuell
erfahren und Mädchen / Frauen fügsam sein.
•
Der Mann ist polygam. Ein großer Teil der erwachsenen männlichen
Bevölkerung hat mehrere Partnerinnen, während von Frauen Treue,
Jungfräulichkeit und Fruchtbarkeit erwartet wird - häufig erfolgt eine
Ansteckung durch den Ehemann.
•
Weitreichende sexuelle Netze, bedingt durch Arbeitsmigration.
Welche kulturellen Normen tragen zur Verbreitung von HIV bei?
Sexuell erfahrene Mädchen in Südafrika sagen….
„Ich wurde zum Sex gezwungen.“
nein: 61%
ja: 39%
„Ich hatte Angst, nein zu Sex zu sagen.“
Kondomgebrauch ist selten, Teenager-Schwangerschaften werden immer häufiger.
Die Anzahl HIV-Positiver junger Mütter nimmt zu und viele der Babys und Kleinkinder sterben,
weil sie infiziert sind und es Nevirapine, das Medikament, das zur Verhinderung der Übertragung
des Virus von der Mutter auf das Kind, nur in einigen Service Points gibt.
Sexueller Zwang wird von Jungen und Mädchen als normal angesehen..
nein: 60%
ja: 33%
k. A.:
7%
„Manchmal möchte ich keinen Sex, aber mein Freund besteht darauf.“
k. A.:
nein: 39%
ja: 55%
6%
Quelle: Kaiser Family Foundation/KLA (2000) South African National Youth Survey
The Global Coalition on Women and AIDS
Die Beziehung zwischen den Geschlechtern ist durch Gewalt geprägt.
Ist die Gefährdung für eine Frau bei ungeschütztem, heterosexuellen Geschlechtsverkehr schon
höher als für einen Mann, steigt das Risiko, je gewalttätiger die Penetration vollzogen wird. Viele
Frauen werden durch Vergewaltigung angesteckt, können aber die Medikamente, die eine
Ansteckung verhindern, nicht erhalten.
In Südafrika ist die Zahl der Vergewaltigungen von Babys und Kleinkindern gestiegen. Als
Erklärung dafür wird in der Presse der „Virgin Myth“, der Mythos, dass der Geschlechtsverkehr
mit einer Jungfrau von HIV/AIDS heilt, als Erklärung für diese brutalen Verbrechen
herangezogen. Um sicherzustellen, dass die Mädchen noch Jungfrauen seien, so die Presse,
komme es zu Vergewaltigungen von Säuglingen. Woher der Jungfrauen Mythos stammt, wo er
seinen Ursprung nahm und ob es sich dabei tatsächlich um eine afrikanische Heilsvorstellung
handeln könnte, ist ungeklärt. Ob dieser Mythos darüber hinaus tatsächlich geglaubt und
handlungswirksam ist, bleibt zu bezweifeln, da z.B. im viktorianischen England, als Syphilis weit
verbreitet war, ebenfalls derartige Vorstellungen kursierten.
Gewalt gegen Mädchen und Frauen erhöht das
Infektionsrisiko
• Vergewaltigung: Südafrika hat die höchste
Vergewaltigungsrate aller Länder, die sich nicht im Krieg
befinden: Alle 35 Sekunden ein Delikt.
• Darunter Gang-Rape als Bestrafung von Untreue und
Vergewaltigung von Babys und Kleinkindern.
• Sexueller Missbrauch von Kindern ist häufig. Die Täter
stammen, wie bei uns, aus dem nächsten Umfeld der
Kinder, häufig sind auch Lehrer Täter.
• Häusliche Gewalt in der Ehe / Beziehung ist weit
verbreitet: jede sechste Frau lebt in einer gewalttätigen
Beziehung, 80% der Frauen aus ländlichen Gebieten
haben Gewalt erfahren.
• Es ist Frauen nicht möglich, Safer Sex in einer
Missbrauchs- und Gewaltbeziehung durchzusetzen.
„Sugar Daddies“- transactional sex
Ein weit verbreitetes Verhaltensmuster in Südafrika ist die „Sugar Dadddy“-Beziehung, wobei Sex
als Tauschmittel für Geld, Güter oder geldwerte Vorteile eingesetzt wird.
• Bei jungen Frauen oder Mädchen, die einen Sugar
Daddy haben, handelt es sich um eine Beziehung, die
durch große Altersunterschiede und von einem
Machtgefälle geprägt ist.
• Der Mann, z.B. ein Lehrer oder jemand mit festem
Einkommen, ist wohlhabend und missbraucht aufgrund
seiner Position junge Frauen.
• Das Mädchen, in der Regel mittellos, tauscht Sex gegen
Essen, Unterkunft, Schulgebühren, gute Noten, für einen
bestimmten Life style oder auch Geschenke.
• Transactional sex wird häufig für die drei Cs eingesetzt:
car, cash, cellphones.
• Der Mann bestimmt, ob er ein Kondom benutzt oder
nicht.
Die Infektionsrisiken, die durch derartige Beziehungen entstehen, wurden in nationalen
Präventionskampagnen aufgegriffen. Im Übrigen hat es viele Präventionskampagnen in Südafrika
gegeben, bis heute hat dies aber noch nicht ausreichend zu entscheidenden Verhaltensänderungen
geführt.
Afrikanische Vorstellungen von Sexualität sind noch weitgehend unerforscht. Im Folgenden
beziehe ich mich auf Forschungsergebnisse des südafrikanischen Anthropologen Robert Thornton.
Thornton hat die komplexen, auch spirituellen Vorstellungssysteme von Sangomas, traditionellen afrikanischen Heilern und Heilerinnen -, und ihrer Klientel untersucht.
In diesem Vorstellungssystem werden die Körper von Mann und Frau beim Sexualakt als
„durchlässig“ gedacht, beide tauschen Körperflüssigkeiten aus, und absorbieren sexuelle
Substanzen von einander, Sperma und Scheidensekret.. Der Sexualakt beinhaltet positive, heilende
Kräfte als auch potenzielle Gefahren, da durchlässige Körper auch gefährliche Substanzen
absorbieren können und verschiedene Tabus beachtet werden müssen.
Beide sexuellen Substanzen werden als Ausprägungen von Blut gedacht, das beim sexuellen
Kontakt beider Partner gemischt wird. Die sexuelle Erregung des Mannes entsteht durch einen
Überschuss an Blut, das in Form von Sperma den Körper verlassen muss. Die sexuelle Erregung
der Frau entsteht wiederum durch Blut, das „heiß wird“.
Beim Sexualakt wird einerseits Blut an die Kinder weiter gegeben, wenn es zu einer Befruchtung
kommt, und diese Blutlinie verbindet auf diese Art und Weise die Zukunft mit den Ahnen
Kulturelle Vorstellungen von Sexualität und Körper
Schematische Darstellung des Flusses sexueller Substanzen in Zeit und Raum
(vertikale Achse im Schema).
Ahnen, die Vergangenheit
Auf der horizontalen Achse verbinden sich nicht nur Partner im Sexualkontakt, sondern Familien
und Clans miteinander.
Z
e
i
t
Liebende, Ehepartner
Sexualität und Tod sind Tabuthemen im afrikanischen Kontext.
Raum und
Über Sexualität wird zwischen den Generationen nicht gesprochen, nur in geschlechtshomogenen
Gruppen von Gleichaltrigen, oder auch in Subkulturen. Sexualerziehung und Aufklärung über
Risiken und Gefahren von ungeschütztem Sexualkontakt findet in den Familien zwischen Eltern
und Kindern, Müttern und Töchtern, Vätern und Söhnen selten statt. Während Mädchen strengen
sozialen Normen, Regeln und Verboten unterliegen, wird den jungen Männern Raum gegeben,
ihre Sexualität auszuprobieren.
Liebende, Ehepartner
Gesellschaft
Kinder, die Zukunft
Quelle: Robert Thornton, University of the Witwatersrand
Kulturelle Vorstellungen von Sexualität und
Körper, die den Kondomgebrauch beeinträchtigen
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Die traditionellen, südafrikanischen Vorstellungen von Sexualität und Körper haben Einfluss auf
den Kondomgebrauch.
Sexualität wird als ein Austausch von Körperflüssigkeiten zwischen
Mann und Frau gedacht.
Der Austausch von Sperma und Scheidensekret sollte ungehindert
erfolgen, „flesh to flesh contact“ und frei von unreinen, potenziell
gefährlichen Substanzen sein (z.B. Menstruationsblut).
So ist z.B. Sex während der Trauerzeit, nach der Berührung eines
Leichnams und während der Periode sind tabu.
Kondome können gefährlich sein, weil sie zu einem „Spermarückstau“
führen und Krankheiten verursachen.
Viele Menschen glauben, dass das Gleitmittel von Kondomen beim
Sex von Männern und Frauen aufgenommen wird und das Blut
verunreinigt.
Kondome werden selten oder nie benutzt. Ungeschützter Sex gilt als
Liebes- und Vertrauensbeweis.
Männer brauchen häufig und regelmäßig Sex mit vielen Partnerinnen,
sonst werden sie krank.
Quelle: Prof. Robert Thornton, University of the Witwatersrand
Präventionsbotschaften gehen an der
Realität von Frauen vorbei, wenn…
Botschaften
• Abstain from sex
Fazit: Im südafrikanischen, von Gewalt gegen Frauen geprägten Geschlechterkontext, nützt es den
Mädchen und Frauen nicht viel, über HIV/AIDS informiert zu sein, Präventionskenntnisse zu
haben, auch nicht, selbst über Kondome zu verfügen. In der Ehe und Beziehung riskiert die Frau,
als untreu und vielleicht sogar auch krank angesehen zu werden, wenn sie ihren Partner um die
Benutzung von Kondomen bittet. Sie riskiert physische Gewalt und Misshandlung. In jeder
ökonomischen Abhängigkeitsbeziehung fehlt ihr die Möglichkeit, darüber zu bestimmen, ob
Kondome verwendet werden oder nicht.
Sie ist jeder Form von sexueller Gewalt in ihrem Umfeld ist ausgeliefert.
in der Realität
• Vergewaltigung und
erzwungener Sex
„alltäglich“ sind
Frauen haben keine Wahl
• Be faithful
• Monogame Frauen durch
ihre Partner angesteckt
werden
Frauen verhalten sich nicht
riskant, ihre Lebenssituation ist
gefährlich
• Condomise
• Nötigung und Missbrauch
die Beziehungen prägen
Frauen können nicht verhandeln

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